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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Herbert Huber
Wohnort: 
Wasserburg am Inn

Bewertungen

Insgesamt 206 Bewertungen
Bewertung vom 31.05.2023
A Sicilian Romance
Radcliffe, Ann

A Sicilian Romance


sehr gut

In diesem Schauerroman verliebt sich Julia Mazzini Knall auf Fall in Graf Hippolitus. Ihr Vater hat jedoch den Herzog de Luovo als ihren Gatten vorgesehen. Die Handlung kreist darum: können Marquis Ferdinand (der Vater) und der Herzog Julia zur Heirat zwingen? Dafür muss sie erstmal erwischt werden.
Es beginnt eine turbulente Verfolgungsjagd durch Sizilien und das angrenzende Italien, durch uneinnehmbare Schlösser, schaurige Burgruinen und abgeschiedene Klöster.
Julia (und andere) fallen reihenweise in Ohnmacht.
Einige zweifelhafte Charaktere (um es milde auszudrücken) tummeln sich im Roman, beispielsweise der Vater. Der grausame Marquis hat charakterlich entgegengesetzte Kinder und eine liebevolle erste Frau, von der man sich fragt: Wie konnte Louisa diesen Mann heiraten?
Der hinterhältigste und unberechenbarste aber ist Abt Abate. Mehrfach versichert er Julia, dass sie nichts zu befürchten hätte. Dann jedoch verknüpft er es an die Bedingung, dass Julia den Schleier nehmen müsse. Ein Euphemismus für: den Rest ihres Lebens kann Julia abschreiben.
Der Grusel entsteht durch zahlreiche geheime, offen zugängliche und verbotene Türen und die Zeichen (Licht, Gestöhne, Schreie) aus einem unbewohnten Teil des Schlosses der Mazzini. Damit gibt es am Ende einen besonderen Twist.
Ann Ward Radcliffe beschreibt alles wunderbar. Über die vielen Zufälle im Plot und einige, die Handlung aufhaltende Gedichte kann man hinweglesen.
Ich jedenfalls war von diesem Schauerroman begeistert.

Bewertung vom 24.05.2023
Pride and Prejudice/Stolz und Vorurteil, englische Ausgabe
Austen, Jane

Pride and Prejudice/Stolz und Vorurteil, englische Ausgabe


ausgezeichnet

Pride and Prejudice handelt oberflächlich gelesen davon wie Mrs Bennet versucht ihre fünf Töchter unter die Haube zu bringen. Gerade bei der im Mittelpunkt des Romans stehenden Elizabeth gelingt ihr das nicht. Elizabeth trifft zwar den wohlhabenden Fitzwilliam Darcy, aber ihre Vorurteile (er steht Klassen über ihr) und sein (vermeintlicher) Stolz stehen einer Verbindung im Wege.
Freilich steckt hinter den zahlreichen Tändeleien, Anbahnungen und Beziehungen mehr als in einer Romanze.
Ohne es zu kommentieren wird Austen nicht müde die lebensdurchdringenden und -bestimmenden Formalien der sozialen und monetären Klassen im England des frühen 19. Jhdts. zu betonen. Das wird in zahlreiche witzige Dialoge und komische Situationen verpackt. Nur ein kleines Beispiel: Die Vertreterin der nobelsten Klasse des Romans Lady Catherine de Bourgh urteilt gegenüber Mrs Bennet über deren Anwesen: ein sehr kleiner Park. Diese kontert: aber größer als der von Sir William Luca.
Elizabeth ist im Laufe des Romans fähig ihre Vorurteile zu überwinden. Fitzwilliam gibt sich weniger dünkelhaft und stellt sich gegen seine Tante Lady Catherine. Beide erweisen sich als selbstbestimmt ihren eigenen Weg gehend.
Das Leseverständnis steigerte ein parallel gelesener Essay über die Klassenverhältnisse im damaligen England.
Das Lesevergnügen steigerte die mitlaufende Lesung von Alison Larkin. Wenige leerlaufende Dialoge & Situationen mindern den ausgezeichneten Eindruck kaum.

Bewertung vom 07.05.2023
The Valley of Fear. Penguin English Library Edition
Conan Doyle, Arthur

The Valley of Fear. Penguin English Library Edition


ausgezeichnet

Einige Youtuber empfehlen als Einstieg bestimmte Kurzgeschichten um Sherlock Holmes von A.C. Doyle, wenn es ein Roman sein soll, wird als Einstieg The Hound of the Baskervilles empfohlen. Daran ist nichts grundlegend falsch. Allein, mich fesselten die beiden zweiteiligen Romane A Study in Scarlet und The Valley of Fear noch mehr.
Im ersten Romanteil von The Valley of Fear wird der Mord in Birlstone, England, in üblicher Holmes-Watson-Manier teilaufgeklärt. Im zweiten Romanteil wird die Vorgeschichte in den USA erzählt. Wie in A Study in Scarlet herrscht dort eine Terrororganisation. Ihre Lahmlegung erfordert äußerste Raffinesse.
Doyles vielseitige Sprache glänzt, auch mit Redewendungen wie „we'll talk till the cows come home“.
The Valley of Fear ist spannend bis zum Epilogue, in dem es Doyle gelingt, die Aufmerksamkeit auf Holmes' großen Widersacher Moriarty zu lenken. Die Leserinnen sollen bei der Stange bleiben. Das gelingt: ich werde alles von Sherlock Holmes lesen.

Bewertung vom 02.05.2023
Wind in the Rose Bush (eBook, ePUB)
Freeman, Mary E. Wilkins

Wind in the Rose Bush (eBook, ePUB)


sehr gut

Dieser Sammelband enthält die Stories:
The Wind in the Rose Bush
The Shadows on the Wall
Luella Miller
The Southwest Chamber
The Vacant Lot
The Lost Ghost.
Ausgenommen die erste Story sind es nett geschriebene, aber „normale“ Geschichten mit erwartbarem übernatürlichen Gehalt. Eine böse Tat in der Vergangenheit wirkt bis in die Gegenwart. Ein Haus, ein Platz, eine Kammer werden heimgesucht.
Mary E. Wilkins Freeman versteht ihr Handwerk.
Die Titelstory „The Wind in the Rose Bush“ dagegen ist packend, mit unerwarteten Wendungen und Tiefgang. Sie läßt viele Deutungen zu und lohnt daher die mehrfache Lektüre. Diese Story erhält 6 Sterne, die anderen zwischen 3 und 4.

Bewertung vom 26.04.2023
The Hound of the Baskervilles. Arthur Conan Doyle (englische Ausgabe)
Doyle, Arthur Conan

The Hound of the Baskervilles. Arthur Conan Doyle (englische Ausgabe)


sehr gut

Vor Jahren habe ich „The Hound of the Baskervilles“ schon mal gelesen, doch mich nur noch schemenhaft erinnert. Das Wiederlesen machte großen Lesespass.
Neben Doyles angenehmen Schreibstil und prägnanten Charakterisierungen profitiert der Roman von mehreren verwobenen Handlungssträngen und dem Verhältnis Holmes und Dr. Watson. Holmes lobt seinen Hilfsarbeiter zwar öfters, aber nur, um das Lob gleich wieder einzuschränken. Amüsant!
Bis ziemlich zum Ende kommt hinzu, dass die Leser im Unklaren bleiben, ob nicht doch eine übernatürliche Kraft durch die Jahrhunderte die Baskervilles heimsucht. Trotz Schrecken und Horror bleibt „The Hound of the Baskervilles“ eine köstliche Kaminlektüre.
Verbreitet wird „The Hound of the Baskervilles“ als bester Sherlock-Holmes-Roman angesehen. Ich fand „A Study in Scarlet“ mindestens genauso gut. 4.4 Sterne

Bewertung vom 24.04.2023
Das Lied vom Wind - bk938
Horst Wolfram Geißler

Das Lied vom Wind - bk938


sehr gut

Der zweiten Roman Horst Wolfram Geisslers „Das Lied vom Wind“ (1916) verrät im Untertitel „Ein Roman aus dem deutschen Rokoko“ wohin die Reise geht. In einer ungenannten Stadt entspinnen sich Beziehungen zwischen den Bürgern und der gräflichen Familie in Schloß Montabel. Das Titelbild der Goldmann-Taschenbuchausgabe von1978 suggeriert einen Schmachtfetzen. Das ist „Das Lied vom Wind“ nicht, wenngleich es rokokohaft gemächlich zugeht. Obwohl es einmal sogar zum Duell kommt. Geissler versteht es den Ablauf des Geschehens in bilderreicher Sprache zu beschleunigen oder anzuhalten. Seine Personen reden oft genug theatralisch, die Metapher mit dem Wind wird überstrapaziert. Zwanzig Jahre später wird der wehende Wind zum Welterfolg.
Ein lesenswerter Roman für die Liebhaber zarter Freundschaftsbande.

Bewertung vom 10.04.2023
Down the Rabbit Hole. An Echo Falls Mystery
Peter Abrahams

Down the Rabbit Hole. An Echo Falls Mystery


ausgezeichnet

Die dreizehnjährige Irene Levin-Hill im fiktiven Echo Falls ist Fan der Detektivgeschichten um Sherlock Holmes. Doch der Kriminalfall in „Down the Rabbit Hole“ hat wenig mit dessen Fällen zu tun. Während Holmes und Watson geradeaus zur Lösung kommen, geht es hier kunterbunt und aufregend zur Sache. Das erinnert an den Kinothriller „Lola rennt“ und an Carlo Lucarelli: „Laura di Rimini“. Mit dem Kniff der geplanten Theateraufführung von „Alice in Wonderland“ weitet der Autor den Erzählraum. Trotz Turbulenzen (am Ende etwas dick aufgetragen) gibt es auch Tiefgang: „Maybe everything human ended up being subjective and nothing could be known for sure“ (S. 217). Irene spielt zwar nicht Schach, aber ihr Freund Joey und dessen Vater (S. 171).
Handlung und schnörkellose Sprache passen zusammen. Beste
Leseempfehlung für jedes Alter über 12.

Bewertung vom 30.03.2023
Lebende Schatten
Beil, Lilo

Lebende Schatten


sehr gut

Der pensionierte Kommissar Friedrich Gontard ermittelt in einem Fall aus den 40-er Jahren des 20.Jhdts. in der Pfalz. Die Nazis werfen ihre unheilvollen Schatten bis in die Gegenwart.
Trotzdem kommt der Krimi leichtfüßig bei den Lesern an. Die Autorin bindet die grausigen Taten in ein angenehmes Regionalkolorit ein. Gelegentlich trägt sie zu dick auf. Björn Möckel mit „fiesem Charakter“ tritt auf und die Leser wissen wo es lang geht. Der Neonazi Kuno erfüllt natürlich alle Klischees. Die anderen Personen des Krimis reden sich auffallend oft mit „liebe Karolin“, „liebe Frau Kern“, ... an.
Der Regionalkrimi „Lebende Schatten“ bietet einige Stunden Lesevergnügen für alle Leser, die über das Verbrechen hinaus mehr intellektuelles Futter erwarten.

Bewertung vom 25.03.2023
Krieg und Frieden
Tolstoi, Leo N.

Krieg und Frieden


sehr gut

Ich habe den Mammutroman fertig gelesen. Eine substantielle Inhaltsangabe würde den Rahmen sprengen. Gemäß dem Titel wechseln sich Kapitel in der friedvollen Welt Russlands zur Zeit Napoleons mit Kapiteln des Kriegsgeschehen ab. Der Krieg im frühen 19. Jhdt. wirbelt das mondäne Leben in Moskau, Sankt Petersburg und Umgebung gehörig durcheinander. Auch wenn Tolstoi seinen Patriotismus nicht versteckt, ist Krieg und Frieden doch gegen den Krieg gerichtet und damit auf seine Art ein Vorläufer von Catch 22. Joseph Heller hat Krieg und Frieden gelesen, denn wie Pierre seine Besucher austrickst (11. Teil, 18. Kap.) ist die Blaupause für Major Major im Roman von 1961. Es freute mich, dass ein paar Mal auch Schach gespielt wird und es überraschte mich, dass man schon damals für flottes Mundwerk nach Sibirien wandern konnte (8. Teil, 16. Kap.).
Manche Kriegskapitel überflog ich, für die anderen lag neben dem Buch die Personalliste, damit ich nachvollziehen konnte, wer zu wem in welcher Beziehung steht.