Zwei Schwestern. Die eine auf der Rückbank, die andere auf dem Beifahrersitz, die eine scharfzüngig und kampflustig, die andere nachsichtig und höflich: Sie sind unterwegs im heutigen Bulgarien. Auf der ersten Hälfte ihrer Reise waren sie Teil eines prächtigen Limousinenkonvois, der die Leichen von 19 Exilbulgaren in ihre alte Heimat überführte. Darunter der frühverstorbene Vater der Schwestern. Jetzt sind sie Touristinnen, chauffiert vom langmütigen Rumen Apostoloff. Der möchte den beiden die Schätze seines Landes zeigen, doch seine Vermittlungsversuche sind wenig erfolgreich. (Laufzeit: 5h 31)
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Lewitscharoff hat eine eigene, einzigartige Sprache entwickelt, die bis an die Grenzen dessen geht, in Schönheit und Ausdruckskraft, was man auf Deutsch überhaupt ausdrücken kann.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.06.2013Apostoloff
„Apostoloff“ ( Suhrkamp, Berlin 2009 ) heißt der vierte Roman von Sibylle Lewitscharoff und der erste, der bei Suhrkamp erschien. Dieses stark autobiografisch gefärbte Buch ist ihr persönlichstes. Es schildert in einer so halsbrecherischen wie furiosen Suada eine Reise von Stuttgart nach Sofia, die sich zu einer Abrechnung mit der Herkunftswelt auswächst, dem Vaterland in zweifacher Bedeutung. Denn der Vater im Buch, ein Exil-Bulgare wie Lewitscharoffs eigener, hatte sich am Dachsparren erhängt, als die Ich-Erzählerin neun Jahre alt war. Nun überführt sie zusammen mit ihrer Schwester seine exhumierten sterblichen Überreste in die alte Heimat. Während der Fahrer des Daihatsu, ein Mann namens Apostoloff, in Balkan-Folklore schwelgt, reißt man auf der Rückbank das Steuer des Erinnerungsarbeit herum. Die Schwestern lästern genüsslich über Land und Leute und die postsozialistische Plattenbau-Tristesse. „Landhass und Vaterhass“ befeuern sich gegenseitig, doch die Hasstiraden sind nichts anderes als eine umgekehrte Klage über den frühen Verlust des Vaters und die Verstoßung aus dem Paradies der Kindheit. Gift und Galle werden zum Antidot, um die Familientragödie zu bannen. So treibt Lewitscharoff die bösen Geister ihrer Lebensgeschichte aus. Ein finsterfröhlicher Exorzismus.
MIDT
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„Apostoloff“ ( Suhrkamp, Berlin 2009 ) heißt der vierte Roman von Sibylle Lewitscharoff und der erste, der bei Suhrkamp erschien. Dieses stark autobiografisch gefärbte Buch ist ihr persönlichstes. Es schildert in einer so halsbrecherischen wie furiosen Suada eine Reise von Stuttgart nach Sofia, die sich zu einer Abrechnung mit der Herkunftswelt auswächst, dem Vaterland in zweifacher Bedeutung. Denn der Vater im Buch, ein Exil-Bulgare wie Lewitscharoffs eigener, hatte sich am Dachsparren erhängt, als die Ich-Erzählerin neun Jahre alt war. Nun überführt sie zusammen mit ihrer Schwester seine exhumierten sterblichen Überreste in die alte Heimat. Während der Fahrer des Daihatsu, ein Mann namens Apostoloff, in Balkan-Folklore schwelgt, reißt man auf der Rückbank das Steuer des Erinnerungsarbeit herum. Die Schwestern lästern genüsslich über Land und Leute und die postsozialistische Plattenbau-Tristesse. „Landhass und Vaterhass“ befeuern sich gegenseitig, doch die Hasstiraden sind nichts anderes als eine umgekehrte Klage über den frühen Verlust des Vaters und die Verstoßung aus dem Paradies der Kindheit. Gift und Galle werden zum Antidot, um die Familientragödie zu bannen. So treibt Lewitscharoff die bösen Geister ihrer Lebensgeschichte aus. Ein finsterfröhlicher Exorzismus.
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»Die glanzvollste Stilistin der deutschen Gegenwartsliteratur lässt eine Suada gegen Bulgarien los.« Tilman Krause DIE WELT 20090916