„Bauchentscheidung“ von Lucy Hay wird vom Rowohlt Verlag als Jugendbuch deklariert und eignet sich meiner Meinung nach einerseits für Jugendliche ab etwa zwölf Jahren, je nach Entwicklungsstand, aber auch für interessierte Erwachsene, da es sich um ein recht ungewöhnliches Buch handelt. Die noch
relativ junge Autorin stammt aus England, was auch der Handlungsort der Geschichte ist, und arbeitet…mehr„Bauchentscheidung“ von Lucy Hay wird vom Rowohlt Verlag als Jugendbuch deklariert und eignet sich meiner Meinung nach einerseits für Jugendliche ab etwa zwölf Jahren, je nach Entwicklungsstand, aber auch für interessierte Erwachsene, da es sich um ein recht ungewöhnliches Buch handelt. Die noch relativ junge Autorin stammt aus England, was auch der Handlungsort der Geschichte ist, und arbeitet normalerweise als Werbetexterin, Drehbuchautorin und Journalistin.
Im Mittelpunkt des Buches steht Lizzie, eine 17-Jährige kurz vor ihrem Schulabschluss und mit großen Plänen für die Zukunft. Sie will studieren und so herauskommen aus ihrem recht trostlosen Heimatort und den eher bescheidenen Verhältnissen, in denen sie mit ihrer Mutter und ihren fünf jüngeren Schwestern lebt. Doch es kommt anders, zu Beginn der Geschichte findet sich Lizzie in einer schäbigen öffentlichen Toilette wieder und ein Teststäbchen sagt ihr, dass sie schwanger ist. Schwanger von ihrem Freund Mike, der aber alles andere als erwachsen und bereit für ein Kind ist, und mit dem sie zusammen zu sein scheint, weil es sich eben so ergeben hat, und nicht, weil sie meint, er sei ihre große Liebe.
So oder ähnlich fangen sicher einige Jugendbücher an, aber nun geht es ungewöhnlich weiter. Es folgen fünf verschiedene Episoden, in denen Lizzie jeweils von anderen Personen aus ihrem Umfeld Unterstützung erhält und eine sechste, in der Lizzie nur auf ihr eigenes Gefühl hören will. Jeder Teil kommt zu einem anderen Schluss, wie es mit Lizzie, Mike und dem Baby weiter geht oder eben aus bestimmten Gründen auch nicht weitergeht. So kommen neben dem Austragen des Kindes unterstützt durch ihre Familie, auch die Möglichkeiten der Abtreibung, einer Fehlgeburt oder einer Adoption zur Sprache. Eine Bewertung der jeweiligen Entscheidung erfolgt aber nicht, diese bleibt dem Leser überlassen.
Mir hat das Buch insgesamt gefallen, weil es der Autorin gut gelungen ist, die Gefühle und Beweggründe von Lizzie zu schildern. Man kann sich als Leser in ihre Situation versetzen, auch wenn man nicht alle ihre Entscheidungen verstehen kann. Aber das passt ja auch zu ihrer Person, da es sich um ein 17-jähriges Mädchen und nicht um eine Erwachsene handelt. Auch alle anderen Beteiligten sind sehr authentisch gestaltet. Lizzies Eltern werden dadurch, wie sie mit ihrer Tochter umgehen, trotz ihrer Eigenheiten immer mehr zu Sympathieträgern. Bei Mike, dem Vater des Ungeborenen dagegen, wird in vielen Situationen klar deutlich, dass er nicht der richtige Mann für Lizzie ist. Der Schreibstil der Autorin ist sehr jung und lebendig, aber auch anschaulich und passt gut zu diesem Buch. Das Aufzeigen der verschiedenen Varianten ist eine sehr gute Möglichkeit, den Leser zum Nachdenken anzuregen, wie er in dieser Situation handeln würde. Gegen Ende des Buches, hatte ich dann aber doch manchmal den Eindruck, dass sich manches wiederholt und nicht zu sehr vom Vorangegangenen unterscheidet. Andererseits hatte ich den Eindruck, dass die Entscheidungen im Laufe des Buches reflektierter und reifer werden. Nicht ganz glücklich war ich damit, dass die Episode zu Beginn, die auf eine Abtreibung hinausläuft, doch den Eindruck vermittelt, dass dies alles recht unkompliziert und komplikationslos verläuft. Aber das liegt wohl auch an den britischen Gesetzen, die in der Hinsicht lascher ausfallen, als bei uns. Vielleicht sollte man darüber dann auch mit den Jugendlichen sprechen, die das Buch lesen, falls es sich um die eigenen Kinder oder die Lektüre in einer Schulklasse handelt. Den deutschen Titel „Bauchentscheidung“ finde ich nicht ganz glücklich gewählt, er passt zwar gut zum Cover, aber suggeriert eben, dass hier eine Entscheidung aus dem Bauch heraus getroffen wird, was dem Buch nicht gerecht wird, da die Protagonistin es sich insgesamt nicht leicht macht, eine so tiefgreifende Entscheidung zu treffen.