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Köln 1952: Der Krieg ist noch nicht lange vorüber, als Wilhelm im Zimmer einer Wohnung steht, in das er eine Wand einziehen soll. Ein Auftrag, auf den der Handwerker sich keinen Reim machen kann, wo die Wand doch Licht wegnehmen wird. Die Bewohner aber, Margot und ihr Sohn Fred, gehen ihm danach nicht mehr aus dem Kopf. Margot ist Luxemburgerin und stammt aus großbürgerlichem Milieu, doch als sie mit siebzehn ein uneheliches Kind erwartet, steht sie vor den Trümmern ihrer Existenz. Sie muss ihre Heimat verlassen und ist mitten im Krieg auf sich allein gestellt. Als sie Jahre später nach Köln…mehr

Produktbeschreibung
Köln 1952: Der Krieg ist noch nicht lange vorüber, als Wilhelm im Zimmer einer Wohnung steht, in das er eine Wand einziehen soll. Ein Auftrag, auf den der Handwerker sich keinen Reim machen kann, wo die Wand doch Licht wegnehmen wird. Die Bewohner aber, Margot und ihr Sohn Fred, gehen ihm danach nicht mehr aus dem Kopf. Margot ist Luxemburgerin und stammt aus großbürgerlichem Milieu, doch als sie mit siebzehn ein uneheliches Kind erwartet, steht sie vor den Trümmern ihrer Existenz. Sie muss ihre Heimat verlassen und ist mitten im Krieg auf sich allein gestellt. Als sie Jahre später nach Köln kommt, hat Margot Schuld auf sich geladen, und auch Wilhelm hat der Krieg traumatisiert. Wilhelm, Margot und Fred sind Verlorene - auf der Suche nach einem Zuhause, wie kein Ort es einem bieten kann. Also suchen sie das Zuhause beieinander, ohne zu wissen, ob dieses fragile Gebilde namens Familie halten wird.In ihrem autobiografisch grundierten, generationenübergreifenden Roman erzählt AndreaHeuser von Schuld und Verdrängung, dem Wunsch nach Verwurzelung und einem Leben im Modus der Suche und des Weitermachens. 'Wenn wir heimkehren' ist gleichermaßen Gesellschaftsepos, psychologisch nuancierte Familien- und bewegende Liebesgeschichte. Ein großer, poetischer, ebenso tiefgründiger wie anrührender Roman.
Autorenporträt
Heuser, AndreaAndrea Heuser wurde 1972 in Köln geboren. Sie studierte Germanistik, Politik und Vergleichende Religionswissenschaften in Köln und Bonn und promovierte mit einer Studie zur deutsch-jüdischen Gegenwartsliteratur. Sie schreibt Lyrik, Libretti und Romane. Für ihre literarischen Arbeiten wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis für Lyrik sowie 2016, 2017 und 2019 mit den Literaturstipendien des Freistaats Bayern, der Kunststiftung NRW und der Stadt München für di
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.10.2021

Dezenter Glamour
Ein Glücksfall: Andrea Heusers Roman „Wenn wir heimkehren“
Als die Berliner Schriftstellerin Eva Sichelschmidt, durch Erfahrungen aus anderen Branchen in Marketingfragen versiert, im vorigen Jahr von einem Buchhandelsmagazin gebeten wurde, ihr aktuelles Werk in drei Worten „optimal“ zu beschreiben, lautete ihre Antwort: „Familiengeheimnisse – Zeitgeschichte – Schmerz“. Zusätzlich lieferte sie ein Verkaufsargument in Satzform: „Die jüngere Geschichte hat bei deutschen Lesern Konjunktur – während der Familienroman niemals aus der Mode kommt.“
Kein Wunder, könnte man ergänzen, lässt sich dieses Genre doch, wie seine kurvenreiche Historie seit dem 18. Jahrhundert zeigt, auf jedem Niveau zwischen Trivial- und Hochliteratur wirkungsvoll bespielen. Und die jüngere deutsche Geschichte ist nun mal, was familiäre Vernebelungen und deren potenziell schmerzhafte Aufdeckung angeht, besonders ergiebig.
In den Nullerjahren setzte aus verschiedenen Gründen, zu denen sich sehr bald die passenden soziologischen Theorien bildeten, ein regelrechter Boom deutschsprachiger Familienromane ein. Damals verglich die Literaturkritikerin Sigrid Löffler das Genre, das nun etwas vornehmer „Generationenroman“ hieß, boshaft mit einem abgetragenen, aber bequemen Pullover, der flexibel und dehnbar sei und die Leserseele warmhalte.
Gegenwärtig erreicht der Boom einen neuen Gipfel, nur trägt man inzwischen auch zuhause keine alten Pullis mehr, sondern sorgfältig designte Homewear-Teile, und ebenso scheint das Generationen-Epos von heute gewissen Trendmustern zu folgen, die das „optimale“ Schema erweitern. Dazu gehört die Autofiktion, also die explizite Beschäftigung mit der eigenen Familiengeschichte, in deren Protagonisten man sich - nach intensiver Recherche - erzählend einfühlt, um ihre Lebensläufe, ihre Handlungen und Entscheidungen besser zu verstehen.
Vordergründig geht es dabei immer noch um Schuld und Verdrängung, doch ein stärkerer Antrieb ist offenbar das Bedürfnis, in Zeiten ungewisser Zukunft wenigstens die eigene Herkunft zu erhellen, sich zu verankern in einer Tradition interessanter Schicksale, die sich zum Romanstoff adeln lassen. Ein Paradebeispiel für dieses Format ist Andrea Heusers 600-Seiten-Epos „Wenn wir heimkehren“, das die Sehnsucht nach Geborgenheit und Verwurzelung schon im Titel trägt. Die Autorin, 1972 in Köln geboren, debütierte 2008 als Lyrikerin und ließ 2014 den Roman „Augustas Garten“ folgen, der das Herkunfts-Thema in bescheideneren Dimensionen verhandelt. Jetzt hat sie, angeregt durch Leerstellen und Fragezeichen in der Familienchronik, den Lebensgang ihrer Großeltern und ihres Vaters rekonstruiert und ist dabei auf so viele Verstrickungen, Irrungen und Wirrungen gestoßen, dass man unter dem Aspekt der erzählerischen Ausbeute von einem Glücksfall sprechen darf.
Die Großmutter Margot, in großbürgerlichen Verhältnissen in Luxemburg aufgewachsen, wird als 17-jährige von einem verheirateten deutschen Besatzer geschwängert und von ihren Eltern zur Ehe mit einem seiner Nazi-Kameraden gedrängt, dem sie nach Trier folgen muss. Der Stiefvater hasst den Sohn und malträtiert ihn, bis Margot mit dem sechsjährigen Fred das Weite sucht; ihre später geborene Tochter Agnes lässt sie zurück.
Fred verbringt zwei Jahre in einem Kinderheim, bevor seine Mutter mit ihm im zerbombten Köln einen Neuanfang wagt. Aus der Begegnung mit dem jungen Handwerker Willi entwickelt sich eine Liebe, die lebenslang hält und alle Hindernisse und Umwege übersteht, unter anderem Margots zweite Ehe, diesmal mit einem großzügigen holländischen Unternehmer. Fred verdankt ihm seine Ausbildung, die zu einer akademischen Doppelkarriere führt, doch die Traumata seiner Kindheit wird er nicht los. Später fahndet er nach seinem leiblichen Vater, und seine Halbschwester Agnes bemüht sich um Kontakt zu ihrer Mutter – beide Versuche scheitern. Margot und Willi aber sind das Großelternpaar, bei dem die Autorin als Freds Tochter aufwächst; im Schlussteil macht sie sich schließlich selbst zu einer Romanfigur, die sie von der Geburt bis in die Gegenwart begleitet.
Welch ein Material! Und man kann Andrea Heuser nicht vorwerfen, dass sie irgendeinen Effekt vernachlässigt hätte, der sich hier aus Zeitgeschichte und Lokalkolorit, Milieukontrasten und nachempfundenen Gefühlslagen herausholen ließ. Der dezente Glamour der Luxemburger Großbürgersippe, die von Tragödien und Zerwürfnissen gezeichnet ist und sich gegenüber den Nazis ambivalent verhält, wird ebenso verfilmungsträchtig skizziert wie die Kölner Nachkriegsatmosphäre mit beginnendem Wirtschaftswunder; die Schilderungen von Willis Kriegserlebnissen oder Margots Niederkunft nach einem Luftangriff setzen dramatisch-realistische Akzente.
Mit dem Wechsel der Erzählperspektive werden Empathie und Distanz geschickt dosiert: Wo aus der Sicht des kleinen Fred berichtet wird, sind Rührung und Mitleid unausweichlich; die Sympathie für die willensstarke, aber oft rücksichtslose Margot hält sich in Grenzen; der redliche, treue Willi nimmt umso mehr für sich ein. Spürbar ist das Bemühen, auch den Nebenfiguren Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die unkomplizierte Sprache, das rasche Erzähltempo mit vielen Dialogen garantieren trotz des Umfangs eine leichtgewichtige Lektüre.
Da muss man nun doch wieder an den Genre-Pullover denken: Hier scheint er eine universelle Passform mit einem angesagtem Design zu vereinen. Wie warm er empfängliche Leserseelen einpackt, verrät schon der Schlusssatz: „Und vielleicht ist es ja das, was Liebe ist.“ Der Winter steht vor der Tür – und vielleicht ja auch noch ein paar Romane über Schriftstellerfamilien, zum Wärmen.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
Die Luxemburger Familie
ist von Tragödien
und Zerwürfnissen gezeichnet
Andrea Heuser:
Wenn wir heimkehren. Roman.
Dumont, Köln 2021.
590 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Kristina Maidt-Zinke hat im Grunde ein wenig die Nase voll vom deutschen Generationenroman, vor allem wenn er autofiktional daherkommt. Aber für Andrea Heusers knapp 600-seitiges Epos macht die Kritikerin gern eine Ausnahme: Denn wenn die Autorin hier von den Großeltern ihres Vaters erzählt, vor allem von Großmutter Margot, die in Luxemburg aufwuchs, in jungen Jahren von einem deutschen Besatzer geschwängert und von den Eltern mit einem Nazi verheiratet wird, verfällt die Rezensentin schnell dem Bann des Romans. Margot flieht bald mit ihrem Sohn nach Köln, die Tochter lässt sie zurück, einen Neuanfang samt großer Liebe findet sie mit Handwerker Willi. All das erzählt Heuser rasant, dialogreich und warm, mit viel "Zeitgeschichte und Lokalkolorit", meint die Kritikerin, die das Buch vor allem für lange Winterabende empfiehlt.

© Perlentaucher Medien GmbH
Rezensentin Kristina Maidt-Zinke hat im Grunde ein wenig die Nase voll vom deutschen Generationenroman, vor allem wenn er autofiktional daherkommt. Aber für Andrea Heusers knapp 600-seitiges Epos macht die Kritikerin gern eine Ausnahme: Denn wenn die Autorin hier von den Großeltern ihres Vaters erzählt, vor allem von Großmutter Margot, die in Luxemburg aufwuchs, in jungen Jahren von einem deutschen Besatzer geschwängert und von den Eltern mit einem Nazi verheiratet wird, verfällt die Rezensentin schnell dem Bann des Romans. Margot flieht bald mit ihrem Sohn nach Köln, die Tochter lässt sie zurück, einen Neuanfang samt großer Liebe findet sie mit Handwerker Willi. All das erzählt Heuser rasant, dialogreich und warm, mit viel "Zeitgeschichte und Lokalkolorit", meint die Kritikerin, die das Buch vor allem für lange Winterabende empfiehlt.

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