Über die Sehnsucht nach einem anderen Leben
Lynn putzt im Hotel Eden, und sie putzt gründlich. Immer länger bleibt sie in den Zimmern, gebannt von allem, was sie dort findet: Zettel, Bücher, Kulturbeutel. Zunächst ist Lynn vorsichtig, dann wird sie immer dreister. An einem Dienstag hört sie Schritte auf dem Flur und weiß sofort, sie werden haltmachen vor dem Zimmer, in dem sie längst nicht mehr stehen darf. Ihr bleibt nur ein Zufluchtsort: Lynn kriecht unters Bett und verbringt dort die Nacht. Mit dem Gast über ihr. Von nun an liegt sie jeden Dienstag unter den Betten der Gäste. Den Menschen nah und zugleich fern, wie unsichtbar.
2008 beim Bachmann-Wettbewerb ausgezeichnet.
Lynn putzt im Hotel Eden, und sie putzt gründlich. Immer länger bleibt sie in den Zimmern, gebannt von allem, was sie dort findet: Zettel, Bücher, Kulturbeutel. Zunächst ist Lynn vorsichtig, dann wird sie immer dreister. An einem Dienstag hört sie Schritte auf dem Flur und weiß sofort, sie werden haltmachen vor dem Zimmer, in dem sie längst nicht mehr stehen darf. Ihr bleibt nur ein Zufluchtsort: Lynn kriecht unters Bett und verbringt dort die Nacht. Mit dem Gast über ihr. Von nun an liegt sie jeden Dienstag unter den Betten der Gäste. Den Menschen nah und zugleich fern, wie unsichtbar.
2008 beim Bachmann-Wettbewerb ausgezeichnet.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.04.2018NEUE TASCHENBÜCHER
Der Sinn
unterm Bett
An fremdem Ort zu nächtigen, hat immer Stoff geliefert für schriftstellerische Fantasien. So muss es gar keine skurrile Idee sein, die Markus Orths dazu gebracht haben könnte, von der jungen Linda „Lynn“ Zapatek zu schreiben. Lynn, Reinigungskraft in einem Hotel und durch ihre Hartnäckigkeit beim Putzen aufgefallen, sucht die Nähe von Menschen und ist fasziniert von den Dingen, die in den Zimmern herumliegen. Aber es verlangt sie nach mehr davon. Ein Zufall lässt sie schließlich ihre Erfüllung finden – erst unter den Betten der Hotelgäste, wenn diese darin sind, dann im Kontakt mit einem Callgirl, dessen Dienstleistungen sie akustisch miterlebt. Ist es nur ein Spleen, nur das Capriccio eines Autors, der viel auf Lesereise ist und immer in fremden Betten schlafen muss? Markus Orths hat sich des Themas auf moderne, einfache Art angenommen: Lynn ist ein zarter Mensch, der die Welt auf eigene Art erlebt. Längst ist die Geschichte verarbeitet worden zu Film und Hörspiel, aber als Buch erschließen sich über das unwidersprochen Lustige an der Sache eben noch ganz andere, psychologische, ja philosophische Aspekte. Sehr gehaltvoll für die wenigen Seiten. RUDOLF VON BITTER
Marcus Orths: Das Zimmermädchen. Roman.
Wagenbach Verlag, Berlin 2018. 112 Seiten,
10 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Der Sinn
unterm Bett
An fremdem Ort zu nächtigen, hat immer Stoff geliefert für schriftstellerische Fantasien. So muss es gar keine skurrile Idee sein, die Markus Orths dazu gebracht haben könnte, von der jungen Linda „Lynn“ Zapatek zu schreiben. Lynn, Reinigungskraft in einem Hotel und durch ihre Hartnäckigkeit beim Putzen aufgefallen, sucht die Nähe von Menschen und ist fasziniert von den Dingen, die in den Zimmern herumliegen. Aber es verlangt sie nach mehr davon. Ein Zufall lässt sie schließlich ihre Erfüllung finden – erst unter den Betten der Hotelgäste, wenn diese darin sind, dann im Kontakt mit einem Callgirl, dessen Dienstleistungen sie akustisch miterlebt. Ist es nur ein Spleen, nur das Capriccio eines Autors, der viel auf Lesereise ist und immer in fremden Betten schlafen muss? Markus Orths hat sich des Themas auf moderne, einfache Art angenommen: Lynn ist ein zarter Mensch, der die Welt auf eigene Art erlebt. Längst ist die Geschichte verarbeitet worden zu Film und Hörspiel, aber als Buch erschließen sich über das unwidersprochen Lustige an der Sache eben noch ganz andere, psychologische, ja philosophische Aspekte. Sehr gehaltvoll für die wenigen Seiten. RUDOLF VON BITTER
Marcus Orths: Das Zimmermädchen. Roman.
Wagenbach Verlag, Berlin 2018. 112 Seiten,
10 Euro.
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»Man wird an 'Das Zimmermädchen' denken, bei der nächsten Buchung eines Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels.« Hajo Steinert, Die Welt