Im Mondschein sieht man eine Räuberfamilie mit roten Köfferchen durch den Wald traben. Warum? Weil die Räuberkinder mal bei ihrem Papa sind und mal bei ihrer Mama. Die Kinder haben zwei Zuhause, daher die Köfferchen. Sie haben auch doppelte Geburtstage, doppelte Regeln und doppelte Zahnbürsten. Allerdings haben sie erst keine Lust, Papas neue Freundin und ihre zahlreichen Prinzen- und Prinzessinnenkinder in ihr Herz zu schließen. Als sie den gesamten Prinzessinnenhaushalt erfolgreich verjagt haben, merken die Räuberkinder aber, dass das keine Lösung ist. Sie nehmen die Sache erneut in die Hand - und sorgen für ein fulminantes Ende dieser originellen, frechen und optimistischen Patchwork-Familiengeschichte.
"Das Thema Patchworkfamilien wurde selten so frech und witzig, märchenhaft und optimistisch behandelt wie in Ute Krauses Geschichte." Familie & Co
Was eine „Patchworkfamilie“ ist, weiß heute jedes Kind. Sie ist nur eine Variante der vielen Familienmodelle, in denen Kinder aufwachsen. Auch im Bilderbuch wird immer öfter unkonventionelles Familienleben gezeigt, zum Glück meist ohne Wertung und erhobenen Zeigefinger. So porträtiert Ute Krause in ihrem Bilderbuch Wann gehen die wieder? mit herrlich ironischem Text und witzigen Bildern eine Patchworkfamilie der ganz besonderen Art.
„Früher hatten wir keine Koffer. Früher waren wir eine ganz normale Familie“, erzählt der kleine Räuberjunge. Aber dann haben sich die Räubereltern immer öfter gestritten, und eines Tages ist der Räuberpapa ausgezogen. Jetzt tragen alle sieben Räuberkinder immerzu ihr Köfferchen hin und her, denn sie leben abwechselnd bei Mama oder Papa. „Multilokalität“ nennen die Sozialwissenschaftler dieses Phänomen, das die Kinder zu Familiennomaden macht. Besonders glücklich sehen sie denn auch nicht aus, die sieben kleine Nomaden mit spitzen Räuberhüten und roten Köfferchen, die mit schnellem Schritt unter den Bäumen unterwegs sind. Das siebte, jüngste Räuberkind samt Schnuller wuselt mit einigem Abstand hinter seinen Geschwistern her und erregt Mitleid beim Betrachter und der prächtigen Eule hoch oben im Baum.
Doch eines Tages ist der Vater nicht mehr allein. Eine Prinzessin mit vielen Prinzessinnenkindern ist zu ihm gezogen. „Wann gehen die wieder?“, fragt der kleine Ich-Erzähler und der Papa antwortet lapidar: „Die gehören jetzt zur Familie.“ Das gefällt den Räuberkindern nun ganz und gar nicht und gemeinsam hecken sie einen teuflischen Plan aus, wie sie die lästigen neuen Familienmitglieder wieder loswerden.
Ein einsamer, trauriger Papa ist allerdings auch nicht das Wahre, und so werden die Prinzessinnenkinder wieder heim geholt. Gerechtigkeit muss schließlich sein, denn inzwischen hat sich auch ihre Mama neu verliebt, und eine muntere Drachenfamilie ist bei ihr eingezogen. Was für eine große, bunte, fröhliche Familie! „Irgendwann hatten wir es dann satt, mit unseren Köfferchen hin und her zu reisen. Deswegen bauten wir unsere Häuser nah beieinander. Und manchmal machten wir ein großes Fest, zu dem auch die Erwachsenen eingeladen waren.“
So unbeschwert und harmonisch geht es wohl nicht zu in der Wirklichkeit heutiger Patchworkfamilien. Doch Ute Krauses farbenfrohe, heiter-bewegte Bilder, die ihre Herkunft als Filmerin und Drehbuchautorin verraten, sind bestens geeignet, Ängste zu überwinden und betroffenen Kindern Mut zu machen. (ab 5 Jahre) HILDE ELISABETH MENZEL
UTE KRAUSE: Wann gehen die wieder? Bloomsbury 2010. 24 Seiten, 13,90 Euro.
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»Das zugrundeliegende Bilderbuch wurde hier mit lustigen Geräuschen, verfremdeten Stimmen und viel Musik von Wolfgang von Henko als originelles Hörspiel umgesetzt, in dem die Räuberkinder erfahren, dass das Leben in solch einer Großfamilie auch schön sein kann.« hr2-Hörbuchbestenliste »Das Thema Patchworkfamilien wurde selten so frech und witzig, märchenhaft und optimistisch behandelt wie in Ute Krauses Geschichte.« Familie & Co »Das Hörspiel >Wann gehen die wieder?< geht witzig, einfühlsam und ohne jegliches Pathos auf das Thema Patchworkfamilien ein. Die respektvolle Zurücknahme der Produktion schafft einen ungewohnten, aber gelungenen Zugang in eine komplexe emotionale Thematik.« Stiftung Zuhören »Zuversichtlich!« ELTERN Family