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In E. M. Forsters Dystopie leben die Menschen in einer unterirdischen, abgekapselten Welt mit allem Komfort: Das ganze Leben ist durch die Dienstleistungen der »Maschine« perfekt geregelt. Die Menschen haben kein Bedürfnis mehr nach persönlichen Begegnungen, man kommuniziert nur über die Maschine, die über allem wacht. Ihr Handbuch ist zu einer Art Bibel geworden, die Menschen sind gefangen in ihrer absoluten Abhängigkeit von der Technik, die sie nicht mehr kontrollieren können. Doch nach und nach geht das Wissen, das hinter der Maschine steckt, verloren und das System wird anfällig für Pannen…mehr

Produktbeschreibung
In E. M. Forsters Dystopie leben die Menschen in einer unterirdischen, abgekapselten Welt mit allem Komfort: Das ganze Leben ist durch die Dienstleistungen der »Maschine« perfekt geregelt. Die Menschen haben kein Bedürfnis mehr nach persönlichen Begegnungen, man kommuniziert nur über die Maschine, die über allem wacht. Ihr Handbuch ist zu einer Art Bibel geworden, die Menschen sind gefangen in ihrer absoluten Abhängigkeit von der Technik, die sie nicht mehr kontrollieren können. Doch nach und nach geht das Wissen, das hinter der Maschine steckt, verloren und das System wird anfällig für Pannen ... E. M. Forsters visionäres Werk wirft Fragen auf, die von großer Aktualität sind: Wie kann der Mensch seine Selbstbestimmung wahren gegenüber Maschinen, die immer stärker unser Leben bestimmen?
Autorenporträt
E. M. Forster (1879–1970) gehört zu Englands bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts, Romane wie Wiedersehen in Howards End oder Zimmer mit Aussicht sind Klassiker der Moderne. In seinem Roman Maurice behandelte er das zu damaliger Zeit tabuisierte Thema der Homosexualität. Forster hielt den Roman, der erst postum erschien, fast ein halbes Jahrhundert geheim. Seine dystopische Erzählung Die Maschine steht still ist erst vor kurzem im englischsprachigen Raum von Lesern wiederentdeckt worden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.11.2016

Als Facebook in Leinen gebunden war
In seiner Erzählung „Die Maschine steht still“ sah E. M. Forster im Jahr 1909 das Internet voraus
Im Verlag Hoffmann und Campe hielt man es für eine gute Idee, ein 107 Jahre altes Buch neu zu veröffentlichen und es mit einem Klappentext des Friedenspreisträgers und Gegenwartshassers Jaron Lanier zu verzieren, der nahelegt, dass es sich bei eben jenem im Jahr 1909 erstmals publizierten Buch vermutlich um „die früheste und wahrscheinlich auch heute noch treffendste Beschreibung des Internets“ handele. Was ist das für ein Marketing?
  Man beschließt also, diese gerade mal achtzig Seiten zügig runterzulesen. Wie es sich für wiederentdeckte, auf mysteriöse Weise präzise Vorhersagen aus vergangenen Zeiten gehört, ist der Band trotz seiner schmalen Maße in Leinen gebunden. Und dann das: Lanier wie auch der Verlag haben kein bisschen übertrieben. „Die Maschine steht still“ zu lesen, bedeutet, im Schnitt alle drei Seiten verblüfft zu sein und zu grübeln über den sanften Horror, der dem eigenen Alltag viel näher kommt, als einem angenehm wäre. Denn da folgen Sätze um Sätze, die, heute gelesen, lakonische, entlarvende Anmerkungen zum Zustand der Welt im Facebook-Zeitalter sind.
  E. M. Forster (1879 – 1970) erzählt die Geschichte einer Frau und ihres Sohnes; beide stehen für zwei unterschiedliche Typen in einer Welt, die von einer geheimnisvollen Maschine kontrolliert und betrieben wird. Die Menschen leben in kleinen Räumen unter der Erde, im Glauben, die Erdoberfläche sei nach diversen Katastrophen vernichtet. In ihren tatsächlich sechseckigen Waben verfügen sie über eine große Anzahl an Knöpfen, durch die sie mit Essen und medizinischer Hilfe von einem in die Zelle eingebauten Roboter versorgt werden. All dies stellt die Maschine, die gleichzeitig ein technisches System ist und längst auch eine Art sinnstiftende Gottheit, für die Menschen in ihren Waben bereit.
  Wenngleich bekannt ist, dass die Maschine einst von Menschen erbaut wurde, darf sie nicht kritisiert werden. Da hat sich Forster eine sehr frühe Version von George Orwells Big Brother ausgedacht, der erst vierzig Jahre später mit dem Überwachungsroman „1984“ in die Welt kam, ganz zu schweigen von der realen Variante, mit der rund neunzig Jahre später Larry Page und Sergey Brin und noch ein wenig später Mark Zuckerberg die Welt beglückten, nämlich mit Google und Facebook.
  Persönlich treffen sich Forsters Menschen im Grunde nie, aber die Maschine stellt, ganz wie es Facebook-Messenger oder Skype ermöglichen, jederzeit Bildtelefonate her. Über die Mutter, Vashti, heißt es zum Beispiel: „Sie hatte Abertausend Bekannte. In gewissen Bereichen konnte die menschliche Kommunikation erhebliche Fortschritte verzeichnen.“
  Diese Frau ist mit ihrem Leben als menschliches Insekt zufrieden. Sie ist der Protoyp des Menschen, den die Maschine geschaffen hat. Ihr Körper ist schwach, vollkommen an das Leben unter der Erde angepasst, ihr Geist so fixiert auf die Maschine, dass Fragen gar nicht erst aufkommen. Die Bedienungsanleitung der Maschine dient ihr als Bibel. Ob Forster wohl gelacht oder geweint hätte, wenn er den Herbst 2016 miterlebt hätte, in dem Apple, der sektenartigste Konzern unter den derzeit existierenden „Maschinen“, ein Buch in den Handel gebracht hat, das 300 Euro kostet? In dem Werk aus Cupertino sind Bilder von Apple-Produkten abgebildet, sonst nichts.
  Jedenfalls erreicht Vashti eines Tages ein Anruf von Kuno, ihrem Sohn, der ihr weit weniger entfremdet ist, als die Maschine das eigentlich für menschliche Bindungen vorgesehen hat. Kuno schlägt ganz offensichtlich aus der Art des modernen Menschen. Die Bildtelefonie der Maschine reicht ihm nicht: „Obwohl ich auf dieser Scheibe etwas sehe, das dir ähnlich ist, sehe ich dich nicht. Obwohl ich durch den Fernsprecher etwas höre, das dir ähnlich ist, höre ich dich nicht … Komm und bleib ein wenig.“ Die nur zunächst unerhörte Forderung nach einem Besuch der eigenen Mutter ist noch nicht alles. Kuno wird immer absonderlicher. Der junge Mann spricht von den Sternen, er trainiert seinen Körper, obgleich die Maschine muskulöse Menschen in der Regel schon kurz nach der Geburt zuverlässig tötet, und Kuno plant etwas Ungeheures: Er möchte die Maschine verlassen.
  Vashti macht sich währenddessen auf und tritt die erste und einzige Reise ihres Lebens an, in deren Verlauf für sie furchtbare Dinge geschehen, einmal berührt sie sogar ein anderer Mensch. Doch natürlich ist es dann Kunos Geschichte, die die Katastrophe vorwegnimmt. Sein verhängnisvolles Handeln gründet auf eine simple Erkenntnis: „Der Mensch ist das Maß“, erkennt Kuno. Sollte er tatsächlich und heute an die Erdoberfläche klettern, es wäre schön, er täte dies im Silicon Valley oder in Fort Meade, dem Hauptquartier der NSA.
JOHANNES BOIE
Forsters Geschichte ist eine
frühe Version von George Orwells
Überwachungsroman „1984“
  
  
  
E. M. Forster:
Die Maschine steht still.
Aus dem Englischen
von Gregor Runge. Verlag
Hoffmann und Campe,
Hamburg 2016. 89 Seiten,
15 Euro. E-Book 10,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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»In der dystopischen Welt von E. M. Forsters Erzählung leben alle Menschen sehr vernetzt und gleichzeitig sehr vereinzelt in honigwabenartigen Einzelzellen unter der Erde.« 5.11.2016 Die Welt, Marc Reichwein
»Was für ein packender und vor allem visionärer Text! Eine großartige literarische Wiederentdeckung!« Deutsche Welle