Julia Wolf
Gebundenes Buch
Walter Nowak bleibt liegen
Roman. Ausgezeichnet mit dem Nicolas-Born-Debütpreis 2017
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Jeden Tag schwimmt Walter Nowak seine Bahnen im Freibad. Eines Morgens bringt eine Begegnung ihn aus der Fassung, mit fatalen Folgen: Der Länge nach ausgestreckt findet er sich wenig später auf dem Boden seines Badezimmers wieder, bewegungsunfähig und auf sich allein gestellt. »Von nun an geht es abwärts, immer abwärts«, schießt es ihm durch den Kopf. Zunehmend verliert er die Kontrolle, Gedankenfetzen, Bilder aus der Vergangenheit stürzen auf ihn ein: das Weihnachtsfest mit seiner ersten Frau Gisela, ihr Schweinebraten, ihre Tränen; der Blick seines Sohnes Felix, als er von der Tren...
Jeden Tag schwimmt Walter Nowak seine Bahnen im Freibad. Eines Morgens bringt eine Begegnung ihn aus der Fassung, mit fatalen Folgen: Der Länge nach ausgestreckt findet er sich wenig später auf dem Boden seines Badezimmers wieder, bewegungsunfähig und auf sich allein gestellt. »Von nun an geht es abwärts, immer abwärts«, schießt es ihm durch den Kopf. Zunehmend verliert er die Kontrolle, Gedankenfetzen, Bilder aus der Vergangenheit stürzen auf ihn ein: das Weihnachtsfest mit seiner ersten Frau Gisela, ihr Schweinebraten, ihre Tränen; der Blick seines Sohnes Felix, als er von der Trennung erfährt; Erinnerungen an seine eigene Kindheit als unehelicher Sohn eines GIs; und, vor kurzem, eine Diagnose seiner Ärztin. Während nach und nach alles vor seinen Augen verschwimmt, ziehen seine Gedanken immer engere Kreise, nähern sich einem verborgenen Zentrum, dem Anfang, dem Ende ...
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Julia Wolf, 1980 in Groß-Gerau geboren, lebt in Berlin und Leipzig. Für ihren Debütroman »Alles ist jetzt« (FVA 2015) erhielt sie den Kunstpreis Literatur der Brandenburg Lotto GmbH. Beim Ingeborg-Bachmann-Preis 2016 las sie einen Auszug aus ihrem Roman »Walter Nowak bleibt liegen« (FVA 2017), für den sie mit dem renommierten 3sat-Preis und dem Nicolas-Born-Debütpreis ausgezeichnet wurde. »Walter Nowak bleibt liegen« wurde 2017 für den Deutschen Buchpreis nominiert.
Produktdetails
- Verlag: Frankfurter Verlagsanstalt
- Seitenzahl: 160
- Erscheinungstermin: 6. März 2017
- Deutsch
- Abmessung: 210mm x 135mm x 15mm
- Gewicht: 294g
- ISBN-13: 9783627002336
- ISBN-10: 3627002334
- Artikelnr.: 47157874
Herstellerkennzeichnung
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Dieses Buch hat zwei Noten verdient. 4 Sterne für den Anfang, 2 fürs Ende.
So witzig der Kurzsatzstil am Anfang wirkt, im Schwimmbad, so sehr zieht sich das zum Glück kurze Buch gegen Ende, das sich zwar als Roman bezeichnet, aber eher eine Novelle ist.
Irgendwann glaubt man den …
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Dieses Buch hat zwei Noten verdient. 4 Sterne für den Anfang, 2 fürs Ende.
So witzig der Kurzsatzstil am Anfang wirkt, im Schwimmbad, so sehr zieht sich das zum Glück kurze Buch gegen Ende, das sich zwar als Roman bezeichnet, aber eher eine Novelle ist.
Irgendwann glaubt man den Herrn Nowak zu kennen, das er im Grunde genommen ein Arsch ist. Das hat auch sein Sohn Felix bemerkt, dessen Beziehung zu seinem Vater der von Altkanzler Kohl und seinen Söhnen gleich.Über die Frauengeschichten muss ich nichts mehr schreiben. Das haben die anderen Rezessionen schon getan.
Eigentlich müsste ich dieses Buch ein zweites Mal lesen, um zu sagen, ab welcher Seite das Buch wegzulegen ist. Aber dazu habe ich keine Lust.
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Er hat sich gut gehalten, richtig fit ist er für seine 68 Jahre. Doch bei einer Routineuntersuchung findet seine Ärztin da etwas; muss nicht schlimm sein, bestimmt operabel, weitere Tests sollen Klarheit bringen. Walter Nowak macht weiter, wie jeden Morgen geht er schwimmen, zieht …
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Er hat sich gut gehalten, richtig fit ist er für seine 68 Jahre. Doch bei einer Routineuntersuchung findet seine Ärztin da etwas; muss nicht schlimm sein, bestimmt operabel, weitere Tests sollen Klarheit bringen. Walter Nowak macht weiter, wie jeden Morgen geht er schwimmen, zieht konsequent seine Bahnen, der Fitness wegen. Doch eine Frau lenkt ihn ab, erinnert ihn an seine zweite Ehefrau Yvonne, noch vor wenigen Jahren hatte sie auch noch so einen Pferdeschwanz – und schon passiert es: Walter Nowak schlägt mit dem Kopf am Beckenrand ein. Ein harter Schlag, der ihn aus der Bahn wirft. Kurz danach ist er bewusstlos am Badezimmerboden, was ist passiert? Erinnerungsfetzen durchziehen seinen Alltag, Erinnerungen an die Zeit mit Gisela, seiner ersten Frau; den gemeinsamen Sohn Felix, von der Schule geflogen wegen Drogenhandels; seinen Job – und immer wieder wacht er auf und findet sich in einer Situation wieder, von der er nicht weiß, wie er überhaupt in sie geraten ist. Gerade eben war er noch völlig gesund und fit und nun scheint er die Kontrolle über sein Leben zu verlieren.
Julia Wolfs zweiter Roman, auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2017, wagt einen Blick in die Tiefen der Psyche eines Mannes, der vom Erfolg verwöhnt war und alles im Griff hatte und sich plötzlich einer ganz neuen Situation gegenübersieht: sein Gehirn liefert ihm Erinnerungen, die schon jahrelang verschüttet waren, gleichzeitig kann er sich an Alltägliches nicht mehr erinnern. Die Suche nach dem Schlüssel gerät zur mühevollen Rekonstruktion des ganzen Morgens; ein Zettel auf dem Schreibtisch seiner Frau lässt ihn Schlimmstes vermuten, hat sie einen anderen oder wer war M. noch gleich? Die Reparatur an der Decke - hat er das Material schon gekauft oder sieht er den Riss zum ersten Mal?
Ein Leben, das scheinbar mit der unheilvollen Diagnose und dem schweren Schlag aus den Fugen gerät. Aber war es vorher in Ordnung? Der vermeintlich plötzliche Bruch – aber wie der Riss in der Decke hatte auch sein Leben schon Risse, da die Perspektive aber nicht stimmte, der Blick stets abgewandt war, musste er sie nicht sehen. Seine Frau geht mehrere Tage auf Reisen, verabschiedet sich jedoch nicht mit einem Kuss, sondern nur mit einem „Ach Walter“. Sein Sohn, der die Erwartungen des Vaters nicht erfüllen konnte und als Tierpfleger endete. Das Leiden des Kindes, von Walter ignoriert, erst mit 30 die notwendige Therapie. Seine Untreue, die er gar nicht als solche wahrhaben will, es gehörte offenbar zu seinem Lebenskonzept als erfolgreicher Mann. Nicht die Frage nach seiner eigenen Herkunft, nach seinem Vater, seinem genetischen Erbe hat ihn je interessiert, aber das Nachlassen der Potenz, die schwindende Möglichkeit sich fortzupflanzen belastet ihn. Gescheiterte Beziehungen pflastern die Straße seines Lebens und nun ist er allein mit seinem Kummer und der Angst. Als draußen das Unwetter tobt, findet er seine Ruhe und schließt ab mit seinem Leben.
Walter Nowak ist nicht sympathisch. Man empfindet nur wenig Mitleid mit ihm. Zu viele Fehler hat er gemacht in seinem Leben. Zu wenig reflektiert er sein eigenes Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen. Doch nun ist er am Ende, kaum einen klaren Satz bringt er zustande. Als Erzähler ist er schwierig, die abgehackten Fragmente spiegeln seinen Zustand wieder, das Springen von einem Gedanken zum nächsten ohne den ersten je zu Ende zu führen. Julia Wolf gelingt es bemerkenswert, das Innenleben ihres Protagonisten auch stilistisch umzusetzen. Nicht einfach zu lesen, aber Walter Nowak ist auch keine einfache Figur und so passt beides hervorragend zusammen.
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Walter Nowak ist einer, der es durch harte Arbeit weit gebracht hat im Leben. Ein eigenes Hochbauunternehmen, das ist doch was, da kann man stolz drauf sein. Zwar ist er inzwischen in Rente, aber er kann sich immer noch einen angenehmen Lebensstil leisten. Zuhause hat er eine schöne Frau, …
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Walter Nowak ist einer, der es durch harte Arbeit weit gebracht hat im Leben. Ein eigenes Hochbauunternehmen, das ist doch was, da kann man stolz drauf sein. Zwar ist er inzwischen in Rente, aber er kann sich immer noch einen angenehmen Lebensstil leisten. Zuhause hat er eine schöne Frau, deutlich jünger als er – die hat die Mutter seines Sohnes als erste Ehefrau ersetzt, aber was soll man machen? Was soll man da machen, wenn eine Frau wie für einen geschnitzt ist?
Walter ist nach wie vor ein echtes Alphatier. Einer, der sich nicht gehenlässt, wo käme man denn da hin? Jeden Morgen schwimmt er seine Bahnen – komme, was wolle! – und ist stolz darauf, dass er körperlich noch was hermacht: kein Tattergreis, sondern ein gestandener Kerl, den die Frauen begehrlich anschauen.
Oder zumindest ist das, wie er seine Welt wahrnimmt.
Man lernt viel über die Schattenseiten des Walter Nowak. Jedoch nicht etwa, weil er sein Verhalten kritisch hinterfragen würde – ganz im Gegenteil. Vielleicht ist gerade das seine größte Sünde: nicht sein notorischer Ehebruch, nicht seine Herabwürdigung der Frauen auf ihre körperlichen Reize, ja, nicht einmal seine Vernachlässigung des eigenen Sohnes. Sondern die Tatsache, dass er all dies entweder vor sich rechtfertigt oder sich dessen gar nicht bewusst ist.
Walter Nowak bleibt liegen, vielleicht blutend, vielleicht sterbend, und stürzt doch haltlos durch sein Leben. Seine Gedanken springen von einem Thema zum nächsten, manchmal gänzlich ohne ersichtlichen Zusammenhang, und dennoch kehren sie immer wieder zurück zu den gleichen Menschen und den gleichen Motiven. Wie ein Blick durchs Kaleidoskop: bunte Erinnerungssplitter, die sich zusammensetzen zu einem unvollständigen, vielleicht sogar verfälschten Bild, denn Walter ist sich selbst nicht mehr sicher, was Wahrheit ist und was Wahn. Hatte er wirklich einen Unfall im Schwimmbad? Ist das Blut in seinem Gesicht oder doch nur Saft? Ihm gehen Minuten verloren, Stunden verloren.
Der Schreibstil gibt Walters Verwirrung, sein Aufbäumen gegen die eigene Hilflosigkeit perfekt wieder. Dazu kommt, was? Eine gewisse Demenz, eine Gehirnerschütterung? Schlimmeres? Im Bewusstseinsstrom brechen Gedanken mitten im Satz ab, nur um später unvermittelt wieder aufgegriffen zu werden. Zeiten, Orte, Personen, alles kann sich plötzlich ändern. Nicht immer einfach zu lesen, dafür aber so immersiv, dass es schmerzt.
Julia Wolf verwendet zahlreiche Bilder für Walters Scheitern. So geht er jeden Tag schwimmen, um sein Selbstbild als toller Hecht zu stärken, zieht sich jedoch mittels Ohrstöpseln und hermetisch dichter Badekappe zumindest akkustisch aus der Wirklichkeit zurück. Sie lässt ihn in angeekelte Panik verfallen, als ihm unter Wasser ein Frauenhaar ins Gesicht geschwemmt wird – überhaupt scheint er sich von Frauen nicht nur angezogen, sondern vage bedroht zu fühlen. Da könnte man ihn ja, also, man könnte ihn als Lustmolch abstempeln. Dabei hat er doch nur... Seine Frau wird das verstehen. Oder nicht? Er hinterfragt nicht, ob an der befürchteten Anschuldigung etwas Wahres sein könnte.
Die Erzählung entbehrt nicht einer gewissen Komik. Dennoch: so unsympathisch Walter manchmal wirkt, so tragisch ist seine Geschichte auch. Vaterlose Kindheit. Erinnerungen an Schläge. Halb bewusste, nie erfüllte Sehnsüchte. Wo hat das Leben ihn hingeführt, diesen überlebensgroßen Frauenheld und Erfolgsmenschen? Zweisame Einsamkeit, ein gescheitertes Verhältnis zum eigenen Sohn.
Obwohl die Autorin niemals rührselig wird, kann einen Walter doch rühren, trotz all seiner Fehler. Man spürt, da ist etwas, eine sensible Seite, ein liebevolles Wesen. Wäre sein Leben anders verlaufen, dann. Vielleicht?
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