Nicht lieferbar

Versandkostenfrei!
Nicht lieferbar
New York Times-Bestseller und Gewinner des National Book AwardEine Frau, die um ihren Freund trauert, ein riesiger Hund - und die berührende Geschichte ihres gemeinsamen Wegs zurück ins Leben Als die Ich-Erzählerin, eine in New York City lebende Schriftstellerin, ihren besten Freund verliert, bekommt sie überraschend dessen Hund vermacht. Apollo ist eine riesige Dogge, die achtzig Kilo wiegt. Ihr Apartment ist eigentlich viel zu klein für ihn, außerdem sind Hunde in ihrem Mietshaus nicht erlaubt. Aber irgendwie kann sie nicht Nein sagen und nimmt Apollo bei sich auf, der wie sie in tiefe...
New York Times-Bestseller und Gewinner des National Book Award
Eine Frau, die um ihren Freund trauert, ein riesiger Hund - und die berührende Geschichte ihres gemeinsamen Wegs zurück ins Leben Als die Ich-Erzählerin, eine in New York City lebende Schriftstellerin, ihren besten Freund verliert, bekommt sie überraschend dessen Hund vermacht. Apollo ist eine riesige Dogge, die achtzig Kilo wiegt. Ihr Apartment ist eigentlich viel zu klein für ihn, außerdem sind Hunde in ihrem Mietshaus nicht erlaubt. Aber irgendwie kann sie nicht Nein sagen und nimmt Apollo bei sich auf, der wie sie in tiefer Trauer ist. Stück für Stück finden die beiden gemeinsam zurück ins Leben. Ein Roman über Liebe, Freundschaft und die Kraft des Erzählens -- und die tröstliche Verbindung zwischen Mensch und Hund.
»Auf fast jeder Seite wollte ich mir mehrere Sätze anstreichen, bis ich es irgendwann gelassen habe, man kann ja nicht ein ganzes Buch anstreichen. Es handelt von Freundschaft, Trauerund Schreiben, könnte nicht knapper und eleganter formuliert sein.« Johanna Adorján
»Mit "Der Freund" ist Sigrid Nunez über Nacht berühmt geworden als Titanin der amerikanischen Gegenwartsliteratur.« The New York Times
»Eine der schwindelerregend genialsten Autorinnen überhaupt.« Gary Shteyngart
»Nunez erzählt über das Schreiben, das Lesen, die Freundschaft, den Tod und das Leben. Man gleitet durch Nunez' ruhige, weise Sätze und den Raum, den sie dem Leser lässt. Dort ist man ganz bei sich, und neben den vielen Dingen, die dieses Buch einen lehrt, versteht man auch endlich den Hype um den Begriff Achtsamkeit.« Jackie Thomae, SZ
»Nunez' Art zu schreiben hat etwas Erhebendes, ihr direkter und entschiedener Stil, die Musikalität in ihren Sätzen und ihre lebenskluge Intelligenz sind beglückend.« The New York Times Book Review
Eine Frau, die um ihren Freund trauert, ein riesiger Hund - und die berührende Geschichte ihres gemeinsamen Wegs zurück ins Leben Als die Ich-Erzählerin, eine in New York City lebende Schriftstellerin, ihren besten Freund verliert, bekommt sie überraschend dessen Hund vermacht. Apollo ist eine riesige Dogge, die achtzig Kilo wiegt. Ihr Apartment ist eigentlich viel zu klein für ihn, außerdem sind Hunde in ihrem Mietshaus nicht erlaubt. Aber irgendwie kann sie nicht Nein sagen und nimmt Apollo bei sich auf, der wie sie in tiefer Trauer ist. Stück für Stück finden die beiden gemeinsam zurück ins Leben. Ein Roman über Liebe, Freundschaft und die Kraft des Erzählens -- und die tröstliche Verbindung zwischen Mensch und Hund.
»Auf fast jeder Seite wollte ich mir mehrere Sätze anstreichen, bis ich es irgendwann gelassen habe, man kann ja nicht ein ganzes Buch anstreichen. Es handelt von Freundschaft, Trauerund Schreiben, könnte nicht knapper und eleganter formuliert sein.« Johanna Adorján
»Mit "Der Freund" ist Sigrid Nunez über Nacht berühmt geworden als Titanin der amerikanischen Gegenwartsliteratur.« The New York Times
»Eine der schwindelerregend genialsten Autorinnen überhaupt.« Gary Shteyngart
»Nunez erzählt über das Schreiben, das Lesen, die Freundschaft, den Tod und das Leben. Man gleitet durch Nunez' ruhige, weise Sätze und den Raum, den sie dem Leser lässt. Dort ist man ganz bei sich, und neben den vielen Dingen, die dieses Buch einen lehrt, versteht man auch endlich den Hype um den Begriff Achtsamkeit.« Jackie Thomae, SZ
»Nunez' Art zu schreiben hat etwas Erhebendes, ihr direkter und entschiedener Stil, die Musikalität in ihren Sätzen und ihre lebenskluge Intelligenz sind beglückend.« The New York Times Book Review
Sigrid Nunez ist eine der beliebtesten Autorinnen der amerikanischen Gegenwartsliteratur. Für ihr viel bewundertes Werk wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Für "Der Freund" erhielt sie 2018 den National Book Award und erreichte ein großes Publikum. Sie lebt in New York City. Mehr zur Autorin unter sigridnunez.com Anette Grube ist die Übersetzerin von Arundhati Roy, Vikram Seth, Chimamanda Ngozi Adichie, Mordecai Richler, Yaa Gyasi, Kate Atkinson, Monica Ali, Richard Yates u.a. Sie lebt in Berlin.
Produktdetails
- Verlag: Aufbau-Verlag
- Originaltitel: The Friend
- Artikelnr. des Verlages: 641/13486
- 5. Aufl.
- Seitenzahl: 235
- Erscheinungstermin: 21. Januar 2020
- Deutsch
- Abmessung: 218mm x 136mm x 25mm
- Gewicht: 339g
- ISBN-13: 9783351034863
- ISBN-10: 3351034865
- Artikelnr.: 58268163
Herstellerkennzeichnung
Aufbau Verlagsgruppe GmbH
Neue Promenade 6
10178 Berlin
info@aufbau-verlag.de
www.aufbau-verlag.de
+49 (030) 28394-0
Mein Freund mit der kalten Schnauze
Die Amerikanerin Sigrid Nunez hat einen hinreißenden Roman über Leben, Sterben und die Tücken der Gegenwart geschrieben.
Von Sandra Kegel
Wenn Lesen die Fähigkeit zur Empathie tatsächlich fördert, wie uns ständig erzählt wird, dann scheint Schreiben sie zu vermindern." Das ist einer dieser Sätze von Sigrid Nunez, die sie wie kleine Bömbchen in ihrem Roman plaziert, der eigentlich ein Brief ist, der Brief an einen Selbstmörder, der am Ende vielleicht gar nicht tot ist, und zugleich eine Reflexion, eine Autofiktion, aber auch Trauererzählung, Literaturbetriebssaga, Hundebuch und Märchen. Beispiele für ihre These findet sie zuhauf: Im Geständnis des Vielschreibers Georges
Die Amerikanerin Sigrid Nunez hat einen hinreißenden Roman über Leben, Sterben und die Tücken der Gegenwart geschrieben.
Von Sandra Kegel
Wenn Lesen die Fähigkeit zur Empathie tatsächlich fördert, wie uns ständig erzählt wird, dann scheint Schreiben sie zu vermindern." Das ist einer dieser Sätze von Sigrid Nunez, die sie wie kleine Bömbchen in ihrem Roman plaziert, der eigentlich ein Brief ist, der Brief an einen Selbstmörder, der am Ende vielleicht gar nicht tot ist, und zugleich eine Reflexion, eine Autofiktion, aber auch Trauererzählung, Literaturbetriebssaga, Hundebuch und Märchen. Beispiele für ihre These findet sie zuhauf: Im Geständnis des Vielschreibers Georges
Mehr anzeigen
Simenon etwa, der Hass auf die eigene Mutter habe ihn zum Schriftsteller gemacht, oder bei Joan Didion, die meinte: "Schreiben ist ein aggressiver, ja sogar feindseliger Akt", gar "die Taktik eines heimlichen Tyrannen". Oder bei Beckett, der, eines Frühlingsmorgens gefragt, ob er sich an einem so schönen Tag freue, am Leben zu sein, entgegnete: "So weit würde ich nicht gehen."
Ted Bundy war zwar kein Schriftsteller, aber dass der bekannteste Serienmörder Amerikas einst bei einer Selbstmordhotline gearbeitet hat, ist in dieser Recherche so aufschlussreich wie Nunez' eigenes Bekenntnis, in Märchen stets auf Seiten der Hexe zu stehen. Die hätte sich schließlich jahrelang gekümmert: "Es schien nicht fair, dass der erste gutaussehende junge Mann, der zufällig vorbeikam, sie ihr wegnehmen sollte."
Der Freund, von dem in diesem klugen, traurigen, komischen und ergreifenden Buch schon im Titel die Rede ist, meint dabei nicht nur den New Yorker Schriftstellerfreund der Ich-Erzählerin, der hier meist in direkter Rede angesprochen wird und sich unlängst eben das Leben genommen hat. Zum Freund wird außerdem - erst widerwillig, dann herzergreifend real - ein Hund. Kein Schoßhündchen, wie er in eine dieser beengten Wohnungen Manhattans passen würde, sondern eine raumgreifende Dänische Dogge. Apollo, achtzig Kilo schwer und arthritisch, ist tatsächlich das einzige Lebewesen in diesem Roman, das durch einen Namen geadelt wird.
Über den Verlust seines Herrchens, des verstorbenen Autors, schwermütig geworden, wird er zum Objekt einer verzweifelten Bitte, der sich die Erzählerin bald nicht mehr entziehen kann. Die letzte, dritte Ehefrau des Verstorbenen will Apollo nicht behalten, die Tierheime sind überfüllt, und eine Hundepension ist auf Dauer zu teuer, weshalb die Erzählerin sich schließlich breitschlagen lässt, Apollo in ihrer 57-Quadratmeter-Wohnung aufzunehmen. Wider besseren Wissens, denn bald schon steht sie vor dem Dilemma, sich entweder von Apollo zu trennen oder von ihrem günstigen Apartment, in dem Hunde nicht erlaubt sind.
Dabei war der Erzählerin, von Haus aus ein überzeugter Katzenmensch, hündische Devotheit immer suspekt gewesen. Plötzlich aber beginnt sie der kalten Schnauze etwas abzugewinnen und von ihrem Standpunkt immer mehr abzurücken. In kurzen federleichten Episoden wird erzählt, wie da so etwas wie Nähe entsteht zwischen ihr und ihm, zwei Fremden, die irgendwie übriggeblieben scheinen in der lauten, umtriebigen Welt. Die Menage-à-deux ist für beide ungewohnt, irritierend auch, dann wieder zärtlich, fast wie eine Liebesgeschichte. Begleitet wird das von Schubert-Liedern, besonderen Lektüren über Hunde und Menschen sowie Momentaufnahmen aus dem Alltag. Diese vor allem sind es, die das Buch aus dem so beliebten und vielfach bedienten Genre "Hundeerzählung" hervorstechen lassen. So elegant wie beiläufig entwickelt die Erzählerin hieraus Überlegungen zu den großen Fragen unserer Zeit. Wenn sie, aus dem Seminar kommend, die Veränderungen an den Universitäten durch MeToo und Identitätspolitik kommentiert. Sie ist, wie die Autorin Nunez selbst, Lehrerin für kreatives Schreiben in New York. Dem neuen Hang zur Bekenntnisliteratur steht sie skeptisch gegenüber. Sie gehe nie davon aus, dass ein Werk autobiographisch sei, klärt sie einmal einen Studenten auf: "Über wen soll ich denn sonst schreiben?", fragt der irritiert zurück.
Für Toni Morrison war es eine Urheberrechtsverletzung, einer realen Person eine fiktive Figur nachzuempfinden. Bei Nunez, die einst Assistentin von Susan Sontag war und mit deren Sohn liiert, ist es Apollo, der ausgerechnet ein Exemplar von Knausgårds Überwältigungsepos der Selbsterforschung, "Mein Kampf", zernagt. Doch auch die sogenannte Beweisliteratur, wie sie etwa die Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch betreibt, die Stimmen nicht etwa erfindet, sondern aus der Wirklichkeit nimmt und dokumentarisch montiert, wird hinterfragt.
Wie sehr der einst gefeierte, gutaussehende Selbstmörder-Schriftsteller mit dem britischen Akzent gerade in seinen letzten Lebensjahren aus der Zeit gefallen schien, auch das ergründet die Autorin luzide. Er, ein Womanizer, der jeden Seminarraum zum erotischen Spannungsjagdfeld erklärte, ein Egomane, aber auch ein Künstler, fühlte sich fremd in einem Milieu, in dem Studenten persönliche Schwächen und Makel nicht mehr tolerieren.
Dass ein Seminar einstimmig beschließt, Nabokov gehöre auf keine Leseliste mehr, da er ein Snob und Perverser gewesen sei, zählt zu den Auswüchsen dieser neuen Form von Selbstgerechtigkeit. Die Geltungssucht von Schriftstellern zu beklagen, das sei, heißt es an einer Stelle im Roman, als würde man Gewalt bei Boxern kritisieren.
Dass die Fiktion in der Krise sei, befeuert durch die Extrempositionen der biographischen und der dokumentarischen Literatur, ist ein Befund, den man neuerdings häufiger hört. Das Buch von Sigrid Nunez hat den besonderen Reiz, dass sie diese poetologischen Positionen und Diskurse einerseits kenntlich und andererseits große Kunst daraus macht, ganz so wie es in dem Spielfilm "Ist das Leben nicht schön?" (1946) geschah. Darin hält ein Engel den traurigen Helden James Stewart vom Selbstmord ab, indem er ihm zeigt, was für ein großer Verlust es für die Welt gewesen wäre, hätte er nie existiert. Mit "Der Freund" von Sigrid Nunez verhält es sich ganz ähnlich. Denn so ist es nicht gewesen, und doch war es genauso.
Sigrid Nunez: "Der Freund". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Anette Grube. Aufbau Verlag, Berlin 2020. 235 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ted Bundy war zwar kein Schriftsteller, aber dass der bekannteste Serienmörder Amerikas einst bei einer Selbstmordhotline gearbeitet hat, ist in dieser Recherche so aufschlussreich wie Nunez' eigenes Bekenntnis, in Märchen stets auf Seiten der Hexe zu stehen. Die hätte sich schließlich jahrelang gekümmert: "Es schien nicht fair, dass der erste gutaussehende junge Mann, der zufällig vorbeikam, sie ihr wegnehmen sollte."
Der Freund, von dem in diesem klugen, traurigen, komischen und ergreifenden Buch schon im Titel die Rede ist, meint dabei nicht nur den New Yorker Schriftstellerfreund der Ich-Erzählerin, der hier meist in direkter Rede angesprochen wird und sich unlängst eben das Leben genommen hat. Zum Freund wird außerdem - erst widerwillig, dann herzergreifend real - ein Hund. Kein Schoßhündchen, wie er in eine dieser beengten Wohnungen Manhattans passen würde, sondern eine raumgreifende Dänische Dogge. Apollo, achtzig Kilo schwer und arthritisch, ist tatsächlich das einzige Lebewesen in diesem Roman, das durch einen Namen geadelt wird.
Über den Verlust seines Herrchens, des verstorbenen Autors, schwermütig geworden, wird er zum Objekt einer verzweifelten Bitte, der sich die Erzählerin bald nicht mehr entziehen kann. Die letzte, dritte Ehefrau des Verstorbenen will Apollo nicht behalten, die Tierheime sind überfüllt, und eine Hundepension ist auf Dauer zu teuer, weshalb die Erzählerin sich schließlich breitschlagen lässt, Apollo in ihrer 57-Quadratmeter-Wohnung aufzunehmen. Wider besseren Wissens, denn bald schon steht sie vor dem Dilemma, sich entweder von Apollo zu trennen oder von ihrem günstigen Apartment, in dem Hunde nicht erlaubt sind.
Dabei war der Erzählerin, von Haus aus ein überzeugter Katzenmensch, hündische Devotheit immer suspekt gewesen. Plötzlich aber beginnt sie der kalten Schnauze etwas abzugewinnen und von ihrem Standpunkt immer mehr abzurücken. In kurzen federleichten Episoden wird erzählt, wie da so etwas wie Nähe entsteht zwischen ihr und ihm, zwei Fremden, die irgendwie übriggeblieben scheinen in der lauten, umtriebigen Welt. Die Menage-à-deux ist für beide ungewohnt, irritierend auch, dann wieder zärtlich, fast wie eine Liebesgeschichte. Begleitet wird das von Schubert-Liedern, besonderen Lektüren über Hunde und Menschen sowie Momentaufnahmen aus dem Alltag. Diese vor allem sind es, die das Buch aus dem so beliebten und vielfach bedienten Genre "Hundeerzählung" hervorstechen lassen. So elegant wie beiläufig entwickelt die Erzählerin hieraus Überlegungen zu den großen Fragen unserer Zeit. Wenn sie, aus dem Seminar kommend, die Veränderungen an den Universitäten durch MeToo und Identitätspolitik kommentiert. Sie ist, wie die Autorin Nunez selbst, Lehrerin für kreatives Schreiben in New York. Dem neuen Hang zur Bekenntnisliteratur steht sie skeptisch gegenüber. Sie gehe nie davon aus, dass ein Werk autobiographisch sei, klärt sie einmal einen Studenten auf: "Über wen soll ich denn sonst schreiben?", fragt der irritiert zurück.
Für Toni Morrison war es eine Urheberrechtsverletzung, einer realen Person eine fiktive Figur nachzuempfinden. Bei Nunez, die einst Assistentin von Susan Sontag war und mit deren Sohn liiert, ist es Apollo, der ausgerechnet ein Exemplar von Knausgårds Überwältigungsepos der Selbsterforschung, "Mein Kampf", zernagt. Doch auch die sogenannte Beweisliteratur, wie sie etwa die Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch betreibt, die Stimmen nicht etwa erfindet, sondern aus der Wirklichkeit nimmt und dokumentarisch montiert, wird hinterfragt.
Wie sehr der einst gefeierte, gutaussehende Selbstmörder-Schriftsteller mit dem britischen Akzent gerade in seinen letzten Lebensjahren aus der Zeit gefallen schien, auch das ergründet die Autorin luzide. Er, ein Womanizer, der jeden Seminarraum zum erotischen Spannungsjagdfeld erklärte, ein Egomane, aber auch ein Künstler, fühlte sich fremd in einem Milieu, in dem Studenten persönliche Schwächen und Makel nicht mehr tolerieren.
Dass ein Seminar einstimmig beschließt, Nabokov gehöre auf keine Leseliste mehr, da er ein Snob und Perverser gewesen sei, zählt zu den Auswüchsen dieser neuen Form von Selbstgerechtigkeit. Die Geltungssucht von Schriftstellern zu beklagen, das sei, heißt es an einer Stelle im Roman, als würde man Gewalt bei Boxern kritisieren.
Dass die Fiktion in der Krise sei, befeuert durch die Extrempositionen der biographischen und der dokumentarischen Literatur, ist ein Befund, den man neuerdings häufiger hört. Das Buch von Sigrid Nunez hat den besonderen Reiz, dass sie diese poetologischen Positionen und Diskurse einerseits kenntlich und andererseits große Kunst daraus macht, ganz so wie es in dem Spielfilm "Ist das Leben nicht schön?" (1946) geschah. Darin hält ein Engel den traurigen Helden James Stewart vom Selbstmord ab, indem er ihm zeigt, was für ein großer Verlust es für die Welt gewesen wäre, hätte er nie existiert. Mit "Der Freund" von Sigrid Nunez verhält es sich ganz ähnlich. Denn so ist es nicht gewesen, und doch war es genauso.
Sigrid Nunez: "Der Freund". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Anette Grube. Aufbau Verlag, Berlin 2020. 235 S., geb., 20,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
»Nunez, einst Assistentin der Schriftstellerin Susan Sontag, gelingt mit 'Der Freund' große Literatur ... Man muss nicht übertrieben tierlieb sein, um dieses Buch mit großem Gewinn zu lesen.« Katharina Stegelmann Der SPIEGEL 20200125
Der Förderer und ehemalige Lehrer, der der Protagonistin vor allem jedoch ein langjähriger Freund war, ist gegangen - selbst hat er ein Ende gesetzt, sich das Leben genommen. Es ist nicht so, dass sie es gar nicht kommen sah, dennoch geschieht es überraschend. Und noch …
Mehr
Der Förderer und ehemalige Lehrer, der der Protagonistin vor allem jedoch ein langjähriger Freund war, ist gegangen - selbst hat er ein Ende gesetzt, sich das Leben genommen. Es ist nicht so, dass sie es gar nicht kommen sah, dennoch geschieht es überraschend. Und noch überraschender ist, was, beziehungsweise wer übrigbleibt. Seine Frau natürlich, die Dritte, aber nicht nur sie. Nein, er wird auch von einem, von seinem Hund betrauert, den die Witwe nicht behalten will. Im Gegenteil, der Verstorbene hatte ihn gegen ihren Willen behalten, ein Fund im Park sozusagen. Und zwar nicht irgendeiner, sondern eine riesige Dogge, älteren Semesters noch dazu - Apollo mit Namen
Angeblich war es der Verstorbene selbst, der mal bemerkt hatte, dass im Fall der Fälle die Protagonistin sich um das Tier kümmern würde. Und das, obwohl sie in ihrer winzigen New Yorker Wohnung gar kein Tier halten darf.
Nun, es kommt, wie es kommen muss, irgendwann ist Apollo da und nimmt gleich das Bett in Beschlag. Die beiden gewöhnen sich rasch aneinander, sie sind beide schon in dem Alter, in dem sie gemächlicher spazieren, gerne zu Hause sind und sich irgendwann aneinander gewöhnen. Abgesehen von der nächtlichen Ruhe im Bett mag Apollo es, vorgelesen zu bekommen. Ob er Musik mag, lässt sich hingegen nicht so recht herausfinden.
Auf jeden Fall verleitet er die Protagonistin zu diversen Überlegungen und Bezugnahmen zum Werk anderer Autoren, sowohl im Hinblick auf Hunde als auch auf weitere Themen , die sich ihr ohne Apollos Anwesenheit möglicherweise nicht erschlossen hätten.
Bald schon kann sie gar nicht mehr ohne den Hund sein - obowohl es Hürden gibt. Aber auch Wunder.
Ich habe mich wirklich schwer getan in dieses Buch hineinzufinden, irgendwann jedoch konnte ich nicht mehr davon lassen. Es ist anders als alles, was ich bisher gelesen habe. Haben Sie schon oft vernommen, diese Worte? Ich auch - aber wagen Sie sich heran, es ist wirklich komplett anders. Eine Mischung aus Memoir. Oft habe ich mich gefragt, ob das tatsächlich alles Fiktion ist, was hier vorkommt. Um plötzlich, schon ziemlich zum Ende hin, zu erkennen, dass die Autorin mich ganz schön an der Nase herumgeführt hat. Oder doch nicht?
Fakt ist, dass das Werk ein absolutes Novum in vielerlei Hinsicht ist und schon deswegen - und natürlich auch wegen der Erzählkunst der Autorin -den National Book Award 2018 vollkommen zu Recht errungen hat!
Weniger
Antworten 3 von 3 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 3 von 3 finden diese Rezension hilfreich
Nachdem ihr Mentor und bester Freund sich selbst das Leben genommen hat, erbt die Ich-Erzählerin einen Hund. Kein kleines Schoßhündchen, sondern eine riesige Dogge, die viel zu groß für ihre kleine New Yorker Wohnung ist, in der sie ohnehin keine Hunde halten darf. Aber …
Mehr
Nachdem ihr Mentor und bester Freund sich selbst das Leben genommen hat, erbt die Ich-Erzählerin einen Hund. Kein kleines Schoßhündchen, sondern eine riesige Dogge, die viel zu groß für ihre kleine New Yorker Wohnung ist, in der sie ohnehin keine Hunde halten darf. Aber irgendwer muss das Tier ja nehmen, das genau wie sie den Verlust des Gefährten betrauert. Die Annäherung an Apollo – der einzig wirklich passende Name für ein solch imposantes und schönes Tier – ist nicht einfach, doch nach und nach finden sie zusammen in ihrer Trauerbewältigung, die sich für die Erzählerin gedanklich zwischen Erinnerungen an den Freund, literarischen Analysen und den Studenten ihrer Creative Writing Kurse abspielt. So befremdlich der neue Mitbewohner für sie zunächst ist, so groß stellt er sich emotionale Stütze heraus.
Sigrid Nunez achter Roman katapultierte die Autorin schlagartig ins öffentliche Interesse, da sie mit diesem 2018 den National Book Award gewann und für zahlreiche weitere literarische Preise nominiert wurde. Der Roman besticht weniger durch die Handlung, diese ist recht reduziert, sondern letztlich durch den geschickten Genremix, der Nunez überzeugend gelungen ist. Literarische Betrachtungen, philosophische Spaziergänge, Erinnerungen, psychologische Analyse und geradezu banale Alltagssorgen im Zusammenleben mit einem Hund werden durch eine mal melancholische, mal heitere, mal fast wütende Erzählstimme zusammengehalten.
Im Zentrum steht Apollo – die einzige Figur, die einen Namen erhalten hat. Apollo hat keine Vergangenheit, er war irgendwann einfach da, und aufgrund seines Alters hat er auch keine Zukunft. Ebenso wie die Erzählerin trauert er offenkundig und die Frage, wer eigentlich wen tröstet, wer wessen Trauerbegleiter ist, bleibt letztlich offen.
Besonders gefallen haben mir die Grübeleien über das Schreiben und die Literatur, die Nunez mit pointiert ironischem Unterton präsentiert.
„Wenn Lesen die Fähigkeit zur Empathie tatsächlich fördert, wie uns ständig erzählt wird, dann scheint Schreiben sie zu vermindern.“
Die Überhöhung der Autoren, die in der Realität jedoch oft ein prekäres Dasein führen und häufig das Hadern mit ihren Emotionen und ihrer psychischen Instabilität als primäre Inspirationsquelle nutzen, greift sie direkt an und stürzt die Literaten vom gesellschaftlichen Thron. Doch wer eine Gedenkfeier nicht zum Erinnern an den Verstorbenen, sondern zum Netzwerken nutzt, hat es wohl auch nicht besser verdient. Nicht viel besser ergeht es den akademischen Institutionen, an denen keine kritische Auseinandersetzung und offene Diskussion ohne Rede- und Denkverbote mehr erfolgt, sondern die sich mit selbstauferlegten Beschränkungen vor Sorge um die augenscheinlich immer geringer werdende Belastbarkeit der Jugend zunehmend selbst in ihrer Gedankenwelt limitieren.
Unprätentiös und erfrischend amüsant lässt uns die Erzählerin an ihren Gedanken teilhaben und erfindet so den wahren literarischen Freigeist neu und macht neugierig auf ihre früheren Werke.
Weniger
Antworten 2 von 3 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 2 von 3 finden diese Rezension hilfreich
Abschied nehmen
Eine in New York zurückgezogend lebende Schriftstellerin verliert plötzlich ihren besten Freund und Mentor. Er hat für sich den Freitod gewählt, was ihr als zusätzliche Last zur Trauerbewältigung auferlegt wird. Die zurückgebliebene dritte …
Mehr
Abschied nehmen
Eine in New York zurückgezogend lebende Schriftstellerin verliert plötzlich ihren besten Freund und Mentor. Er hat für sich den Freitod gewählt, was ihr als zusätzliche Last zur Trauerbewältigung auferlegt wird. Die zurückgebliebene dritte Ehefrau konfrontiert die Schriftstellerin kurz nach dem Tod mit einem angeblichen Wunsch ihres Ehemannes, sie, die Schriftstellerin, solle sich seines Hundes Apollo annehmen. Die Katzenliebhaberin hat bisher noch keine wirkliche Berührung mit Hunden gehabt und dabei auch eigentlich nichts vermisst. Sie nimmt ihn dennoch bei sich auf, was aufgrund seiner Größe, der kleinen Wohnung und dem Haustierverbot durchaus nicht unproblematisch ist...
Die in Amerika beliebte Gegenwartsautorin Sigrid Nunez hat für ihren achten Roman "Der Freund" den "National Book Award" erhalten, was meine Aufmerksamkeit geweckt hat. Sie erzählt ihre Geschichte in einem aus meiner Sicht durchaus anspruchsvollen und auf diese Art auch fesselnden Schreibstil und thematisiert die Trauerbewältigung. Ihre namenlose Haupt-Protagonistin muss den Schmerz und die hinterlassenen Lücke, die ihr bester Freund hinterlassen hat, überbrücken. Dabei steht ihr die Harlekin-Dogge ihres verstorbenen Freundes zur Seite, die bei ihr eine völlig neue Sicht auf die Welt ermöglicht. Sie sieht in ihm ihren Freund zu dem sie niemals so vor-gedrungen ist, wie sie es gerne gehabt hätte. Es war immer eine Beziehung auf der Freundschaftsebene, aber dadurch auch viel intensiver als die drei Ehen, die er in der Zeit eingegangen ist. Gerade der Punkt des Freitodes kann sie nicht verstehen und lässt in ihr auch immer wieder Zweifel aufkommen, ob sie es nicht hätte verhindern können. Sie flüchtet sich in die Literatur und versucht so zu einer Erklärung und Ruhe zu kommen.
Insgesamt ist "Der Freund" von Sigrid Nunez für mich ein nicht immer einfach zu lesender, aber sehr tiefgehender und berührender Roman. Die erhaltende Auszeichnung hat sich die Autorin aufgrund ihres Erzähltalents redlich verdient, so dass ich das Buch sehr gerne weiterempfehle und mit den vollen fünf von fünf Sternen bewerte.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für