• Gebundenes Buch

3 Kundenbewertungen

Als dem Königspaar des Unterwasserreiches ein Kind geboren wird, entspricht die kleine Meernixe so gar nicht den Erwartungen der Mutter: das Mädchen guckt spitzbübisch, hat keine zierliche Nixenfigur und singt mit tiefer Stimme. Im Hader verlässt die Mutter die Familie, sucht Erlösung an Land. Dass der König die kleine Prinzessin Rusalka in Rusalko umbenennt, ändert nichts daran, dass das Kind von den Meeresbewohnern scheel angesehen wird, zumal der Meeresgott nichts duldet, was gegen die gewohnte Ordnung verstößt. Rusalko und ihren Freunden gelingt es, ihn zu verjagen, und doch wird längst…mehr

Produktbeschreibung
Als dem Königspaar des Unterwasserreiches ein Kind geboren wird, entspricht die kleine Meernixe so gar nicht den Erwartungen der Mutter: das Mädchen guckt spitzbübisch, hat keine zierliche Nixenfigur und singt mit tiefer Stimme. Im Hader verlässt die Mutter die Familie, sucht Erlösung an Land. Dass der König die kleine Prinzessin Rusalka in Rusalko umbenennt, ändert nichts daran, dass das Kind von den Meeresbewohnern scheel angesehen wird, zumal der Meeresgott nichts duldet, was gegen die gewohnte Ordnung verstößt. Rusalko und ihren Freunden gelingt es, ihn zu verjagen, und doch wird längst nicht alles paradiesisch im Unterwasserreich. - Kerstin Hensel gibt dem alten Märchenstoff ein neues Gewand. Sie erzählt mit poetischer Kraft und der Botschaft, dass nichts so bleiben muss, wie es ist.
Autorenporträt
Kerstin Hensel, geboren 1961 in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz). Nach der 10-Klassen-Schule Ausbildung und Arbeit als Krankenschwester, 1983-1985 Studium am Leipziger Literaturinstitut Johannes R. Becher, Assistentin am Leipziger Kinder- und Jugendtheater, ab 1987 freiberufliche Schriftstellerin, 1995 Aufenthalt in der Villa Massimo in Rom, seit 2000 Dozentin für Deutsche Verssprache an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin. Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste, der Akademie der Künste Berlin sowie des PEN. Preise u.a.: Anna-Seghers-Preis, Leonce-und-Lena-Preis, Lessingpreis des Freistaates Sachsen, Deutsch-niederländischer Kinder- und Jugendtheaterpreis »Kaas & Kappes«. Schreibt Gedichte, Erzählungen, Romane, Theaterstücke, Hörspiele, Essays, Kinderbücher. Cornelia Seelmann, geboren 1962 in Hamburg, wo sie an der Fachschule Grafik mit Schwerpunkt Illustration studierte. Seit 2009 lebt sie als freischaffende Illustratorin und Mutter von Zwillingen in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Eva-Maria Magel freut sich über Kerstin Hensels gendersensible Neuaufbereitung des Meerjungfrauen-Stoffes. In Anlehnung an den Undine-Mythos und an die slawischen Rusalken-Sagen, so Magel, erzählt die Professorin für Deutsche Verssprache und Diktion an der Berliner Schauspielschule Ernst Busch die Geschichte von der 11-jährigen Rusalka, die nicht so richtig Meerjungfrau ist, sondern eher "Meerjungsfrau", "Prinzesserich" und fortan eben Rusalko. Wie die Autorin ihre Leserschaft mit zahlreichen solcher Wortspiele beglückt und dabei eigentlich eher "nebenbei" vom Anderssein erzählt, findet die Kritikerin erfrischend; auch die "leuchtenden" blauen Zeichnungen von Cornelia Seelmann gefallen ihr gut. Manchmal wird es ihr in dem bunten Reigen sogar etwas zu viel der Wortspiele und neuer Figuren - trotzdem werde die Message, dass es okay ist, "nicht Mainstream" zu sein, bestens vermittelt, lobt sie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.12.2022

Wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende
Lust am Wortspiel bis zur Blödelei: Kerstin Hensel erzählt ein queeres Unterwassermärchen vom Nix

Was wünscht sich die Nixe, die sich emanzipieren will? Nicht unbedingt das, was emanzipierte Frauen erwartet hätten: "Zierliche Füße, lackierte Zehennägel, schicke Schuhe, einen Mann, der die Hosen anhat, und endlich Luft zum Atmen" will Unda. Mit Letzterem dürfte sie noch so einigermaßen teilen, was emanzipierte Zweibeinerinnen brauchen. Unda aber will vor allem den Fischschwanz loswerden. Nicht mehr Fensch oder Misch sein, also Mensch und Fisch zugleich und halb, sondern: Frau. Dafür gibt sie den erlösenden Kuss dem Erstbesten, der am Strand herumhockt: Dummerweise ist das ein besoffener Fischer. Und schon drei Flaschen Rum später atmet Unda zwar aus vollen Lungen. Kann sich aber zwischen Netzeflicken und Den-betrunkenen-Gatten-Besänftigen kaum mehr erinnern, dass es mal ein freies, schönes Leben gab. Allerdings unter Wasser und mit Schwanz.

Es gehört zu den gar nicht so offensichtlichen Kunstgriffen in Kerstin Hensels Unterwassermärchen, dass es sich aus zwei überlieferten Nixen- und Wassergeist-Geschichten nährt. Die eine ist die der romantischen Undine oder kleinen Meerjungfrau, die der Liebe wegen die Freiheit des Meeres opfert und selbst zum Opfer wird. Der andere Quell sind die Rusalken-Sagen aus dem slawischen Sprachraum, von denen die Oper "Rusalka" von Antonín Dvorák wohl die bekannteste Bearbeitung ist. Von denen allerdings nimmt sich Hensel, bis auf wenige Details, nur den Namen: Rusalka. Schöner kann ein Mädchen schließlich fast nicht heißen, erst recht nicht, wenn es einen prachtvollen blauen Fischschwanz trägt. Es sei denn, dieses Nixenprinzesschen mit den hellgrünen Haaren wäre gar nicht das, was alle Unterwasserwelt von ihr erwartet. Sondern ein bisschen kräftiger, größer, ein bisschen temperamentvoller, viel weniger Mädchen, als es Tradition ist für Thronfolgerinnen.

Während das Märchen von Undine sich im tristen Fischerdasein an der Seite eines Alkoholikers erst einmal ins Absurde verkehrt und Unda, die Gattin des Nixenkönigs Rochus, ein mehr als tristes Erdendasein als Preis der Selbstverwirklichung fristet, durchleidet die kleine Rusalka, ihre Tochter, die sie für High Heels und Hosenträger verlassen hat, unter Wasser das Mobbing der Meeresbewohner, die Anderssein nicht aushalten. Es ist der Vater, König Rochus, der erkennt und benennt, was sie ist: nicht Nixe, sondern Meerjungsfrau. Nicht Prinzessin, sondern Prinzesserich. Nicht Rusalka, sondern Rusalko. So ist Rusalko mit elf Jahren unübersehbar beides, Nix wie Nixe. Ist man dann nix? Oder nicht vielmehr alles?

Kerstin Hensel, geboren 1961 im damaligen Karl-Marx-Stadt, heute Chemnitz, Schriftstellerin und nun seit 20 Jahren Professorin für Deutsche Verssprache und Diktion an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, nimmt sich das in jeder Hinsicht Besondere vor, um davon zu erzählen, wie Individuen sich aus Zuschreibungen befreien. Klingt sperrig, ist es aber ganz und gar nicht. Denn Hensel, die Fensch und Misch, Meerjungsfrau und Prinzesserich, tuscheln und kuscheln und noch viele Sprachspiele mehr souverän und selbstverständlich in die Welt älterer Vorleser und jüngerer Zuhörer einführt, verwendet sehr viel Bild- und Wortwitz auf ihre Geschichte. Die klingt nicht von ungefähr so, als erzähle eine Großmutter sie als Einschlafmärchen den Enkeln.

Auf dem Deckblatt steht Hensels Dank an ihre Enkelin Dshamilja, die ihr die Idee zu dieser Geschichte gegeben habe. Welche der unzähligen Ideen, die zuweilen das Kinderfabulieren bis zur Blödelei dehnen und noch hier einen Wellengang und dort eine Schlafmuschel in Rusalkos Universum auftun, das gewesen sein mag, wird nicht genannt. Vielleicht war es auch der Wunsch des Kindes, eine alte Geschichte befreit von den Genderklischees ihrer Entstehungszeit zu hören?

Nixen sind schon immer queer, weil im Dazwischen, gewesen, das hat in der Spielzeit 2021/22 die Oper Stuttgart mit einer "Rusalka" deutlich gemacht, die mit lippensynchron agierenden Dragqueens gearbeitet hat. Hensel erzählt dieses Anderssein eher beiläufig. So entwickelt sich "Rusalko" als Erzählung, die vordergründig einen herzhaften Spaß an der Geschichte hat, in der der Wellengott, bestehend aus Wasser und Wut, Rusalkos Vater das Reich streitig machen will. Das ist an manchen Stellen regelrecht schmerzhaft zu viel an Wortspielen und neuem Personal wie dem Kuschelseehund Wubbel, den Wachrochen im Schlafsand und der Seeblume Anemone, aber egal - "Rusalko" signalisiert, auch in den leuchtend blauen Illustrationen Cornelia Seelmanns, dass es absolut in Ordnung ist, nicht Mainstream zu sein. Und dass falsche Entscheidungen nicht das Ende sein müssen. Denn wenn es noch nicht gut ist, ist es eben noch nicht das Ende. Deswegen hat diese Nixengeschichte, anders als die Klassiker, auch ein Happy End - so viel sei verraten. EVA-MARIA MAGEL

Kerstin Hensel: "Rusalko". Ein Unterwassermärchen.

Mit Bildern von Cornelia Seelmann. Eulenspiegel Kinderbuchverlag, Berlin 2022. 40 S., geb., 18,- Euro. Ab 6 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr