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Benutzername: 
skiaddict7
Wohnort: 
Zürich

Bewertungen

Insgesamt 105 Bewertungen
Bewertung vom 07.04.2019
Niemals ohne sie
Saucier, Jocelyne

Niemals ohne sie


ausgezeichnet

Eine unglaubliche, poetisch erzählte Geschichte - ein Meisterwerk

“In dieser Familie ging es nie darum, glücklich zu sein. Also kann man sich auch nicht beschweren, dass wir es nicht geschafft haben.”

Die Cardinals sind wie niemand sonst: eine Großfamilie mit 21 Kindern, welche in Norco im französischsprachigen Teil Kanadas aufwachsen. Norco ist eine Minenstadt. Hier wird Erz abgebaut, und die ganze Stadt existiert nur wegen der Mine. Der Vater hat die Mine ursprünglich entdeckt, trotzdem blieb das erwartete Geld aus. Und so leben die Cardinals arm aber glücklich in den Tag hinein, immer auf der Suche nach einer weiteren Erz- oder sonstigen Ader. Der Vater scheint nur für den Bergbau zu leben, die Mutter ist mit ihren vielen Aufgaben sehr beschäftigt und meist in der Küche, und so scheinen die älteren Kinder die jüngeren zu erziehen.

30 Jahre später findet zum ersten Mal seit Jahrzehnten ein Familientreffen statt. Der inzwischen über 80-jährige Vater soll eine Auszeichnung bekommen. Hierzu finden sich alle Kinder sowie die Eltern in einem Hotel ein. Doch wieso hat es die Familie ursprünglich in alle Himmelsrichtungen zerstreut? Welches Geheimnis verschweigen sie?

Es hat mich ein bisschen Zeit gekostet, um in das Buch hineinzufinden. Dann jedoch hat es mich nicht mehr losgelassen. Saucier beschreibt wunderbar poetisch, unaufgeregt wie auch realistisch die Geschichte einer Großfamilie mit 21 Kindern in einem Bergbaudorf in Kanada. Jedes Kapitel wird aus der Perspektive eines anderen Kindes erzählt. Die Autorin ist eine wunderbare Erzählerin. Ihre Charaktere sind vielschichtig und stark, jeder der Protagonisten auf seine eigene Art. Im Leben dieser Familie gibt es unglaublich viel Liebe, aber auch unglaublich viel Leid. Die Geschichte zog mich völlig in seinen Bann, ein wahres Meisterwerk!

Bewertung vom 02.04.2019
Der Welt nicht mehr verbunden
Hari, Johann

Der Welt nicht mehr verbunden


ausgezeichnet

Ein sehr wichtiges Buch zu einem Thema, das uns alle etwas angeht.

„Du bist keine Maschine mit kaputten Komponenten. Du bist ein Tier, dessen Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Du brauchst eine Gemeinschaft. Du brauchst sinnvolle Werte, nicht die Schrottwerte, mit denen du dein Leben lang vollgestopft wurdest und die dir versichert haben, Glück entstehe durch Geld und den Kauf von Sachen. Du brauchst sinnvolle Arbeit. Du brauchst die Natur. Du brauchst das Gefühl, dass du in der Welt respektiert wirst. Du brauchst eine sichere Zukunft. Du brauchst Bezug zu all diesen Dingen. Du musst die Schamgefühle loslassen, die entstehen können, wenn man missbraucht worden ist.“

Jeder von uns hat jemanden im Bekanntenkreis, der an Depressionen leidet. Vielleicht sind es sogar wir selbst, aktuell oder in der Vergangenheit. Egal was die Verbindung zur Depression ist, jeder hat im Leben auf irgendeine Weise ein- oder mehrmals Kontakt mit dieser Krankheit.

Johann Hari war noch ein Teenager, als bei ihm eine Depression diagnostiziert wurde. Er bekam Antidepressiva und ihm wurde gesagt, es handle sich um ein Ungleichgewicht von Neurotransmittern im Gehirn. Jahrelang nahm er langsam immer höhere Dosen von Antidepressiva – jedoch ohne relevanten Effekt. In diesem Buch präsentiert Hari seine Recherchen zu dem Thema Depression und Angststörungen. Er ist um die Welt gereist, hat sich mit hunderten von Betroffenen und Ärzten und Psychologen unterhalten, und hat sich in die aktuelle Studienlage eingelesen. Dadurch hat er schließlich acht „Auslöser“ von Depressionen identifiziert. Die Auslöser sind schlüssig und man fragt sich, wieso dies neue Erkenntnisse sein sollen. Jedoch werden diese bisher von behandelnden Fachpersonen nicht unbedingt als solche beachtet. Häufig werden Patienten mit Depressionen einfach Antidepressiva verschrieben, ohne zu beachten, was eigentlich der Grund für die Episode war. Und, solange der Auslöser weiter besteht, ist die Tablette häufig nicht genug. Hari schlägt im Verlauf des Buches Lösungen für die jeweiligen Auslöser vor, die, wie er zugibt, jedoch nicht immer einfach umzusetzen sind. Dieses Buch ist ein Ansatz, damit wir als Gesellschaft endlich umdenken, und depressive Menschen besser unterstützen können. Ich kann Hari nicht bei all seinen Aussagen zustimmen. Teilweise ist das Buch schwer zu lesen, manche Punkte sind für meinen Geschmack ein bisschen zu ausführlich beschrieben. Dennoch ein außerordentlich wichtiges Buch, das JEDER lesen sollte, egal, ob er selbst betroffen ist oder nicht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.02.2019
Die zehn Lieben des Nishino
Kawakami, Hiromi

Die zehn Lieben des Nishino


sehr gut

Ungewöhnlich faszinierend

„Hin und wieder wurden die Wellen lauter. Unaufhörlich stieg die Flut. Und wir saßen mit klopfenden Herzen in der Nacht.“

Hiromi Kawakami beschreibt auf ruhige und poetische Art in zehn Kapiteln das Leben und die Lieben des Yukihiko Nishino. Zehn Kapitel, zehn Liebhaberinnen: stets erzählt eine Frau in der ich-Form darüber, wie sie Yukihiko kennenlernt und wie sich das ganze zu einer Beziehung entwickelt. Nishino ist eine Art japanischer Playboy; charmant, unnahbar und beliebt bei Frauen, und doch irgendwie undurchsichtig. Häufig hat er mehrere Frauen gleichzeitig, stets telefoniert er mit vielen Frauen. Die meisten scheinen es zumindest zu ahnen, dass sie nicht die einzigen sind – obwohl er es nicht immer offen ausspricht. Bei jeder nimmt er eine andere Rolle ein. Schon in der Schule scheint Nishino nach Liebe zu suchen und möchte mehr darüber erfahren – seit er seine geliebte ältere Schwester verloren hat. Er ist überzeugt, nicht lieben zu können und somit stets auf der Suche nach der wahren Liebe.

Die Idee dieses Buches, eine Person durch die Sicht mehrerer anderer zu beschreiben, fand ich faszinierend. Kawakami beschreibt nüchtern und bedacht eine Reihe von Szenen, die uns Nishinos Art und Persönlichkeit näherbringen. Die Geschichten sind nur annähernd chronologisch, dennoch ergibt sich in der Gesamtheit ein Bild des Lebens von Nishino. Ein Leben getrieben durch die Suche nach einer Liebe, die nie gefunden werden kann. Insgesamt wird das Buch wohl noch länger nachwirken. Hiromi Kawakami hat ein beeindruckendes Werk geschaffen, welches ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 03.02.2019
Ofirs Küche
Graizer, Ofir Raul

Ofirs Küche


ausgezeichnet

Wunderschönes, liebevoll gestaltetes Kochbuch mit tollen Rezepten

Als erstes möchte ich sagen wie wunderschön das Buch gehalten ist. Ofir erzählt viele persönliche Geschichten über seine Heimat, seine Familie und das Kochen. Die Rezepte sind liebevoll gestaltet, komplett vegetarisch und teilweise vegan. Jedes Rezept hat ein Bild dazu, was ich hilfreich finde, weil ich mir sonst oft nicht vorstellen kann, wie die Speise auszusehen hat. Bisher habe ich erst einige wenige Rezepte ausprobiert, die jedoch alle gelungen sind. Die über 70 enthaltenen Rezepte beinhalten verschiedene Brote, Beilagen (Salate und Dips), geröstete Gemüsegerichte, Saucen, verschiedene Tahin-Variationen, Gerichte mit Eiern, Gerichte mit Gemüse, Suppen und Eintöpfe, Salate, sowie Desserts. Die meisten Gerichte sind einfach zuzubereiten. Die Zubereitung wird genau beschrieben. Lediglich bei manchen Zutaten hatte ich Mühe, sie zu bekommen. Fazit: ein wunderschön gestaltetes Kochbuch, ein Muss für jeden Vegetarier!

Bewertung vom 06.01.2019
Good Night Stories for Rebel Girls 2
Favilli, Elena;Cavallo, Francesca

Good Night Stories for Rebel Girls 2


sehr gut

Ein schönes, inspirierendes Buch für junge Mädchen
Dies ist kein Buch, das man einfach von vorne bis hinten durchliest. Jede linke Seite enthält eine Geschichte zu einer besonderen Frau, rechts ist ein Bild derjenigen. Der Text ist stets eine Seite lang und beginnt mit „es war einmal…“ was dem Ganzen ein bisschen den Charakter eines Märchenbuches gibt. Die Bilder sind künstlerisch gestaltet und wirklich besonders. Es ist ein perfektes Buch, um Mädchen oder auch Jungs am Abend ein bis zwei der Geschichten daraus vorzulesen. Wenn eine Person einen mehr inspiriert könnte man sich dann auch in deren Geschichte mit anderen Büchern oder Ressourcen mehr vertiefen. Die Frauen sind bunt gemischt von Wissenschaftlerinnen, Künstlerinnen und politisch aktiven Frauen. Allen gemeinsam: es sind starke, inspirierende Frauen, von denen wir lernen können und sollten!
Ein tolles, wirklich inspirierendes Gute-Nacht-Geschichten-Buch für Jung und Alt.

Bewertung vom 08.10.2018
Befreit
Westover, Tara

Befreit


ausgezeichnet

Eine herausragende Biographie

„Sollte die Welt der Menschen scheitern, würde meine Familie davon unberührt weitermachen.“

Tara Westover ist in Idaho aufgewachsen. In einem Dorf am Fuß eines Berges, die jüngste von sieben Kindern fundamentalistischer Mormonen. Zuhause geboren hatte sie keine Geburtsurkunde, ihr genauer Geburtstag ist nicht einmal bekannt. Die Regierung wusste nicht von ihrer Existenz oder der ihrer Geschwister. Sie hatte keinen Pass und ist nie zur Schule gegangen. Es gab aber auch keinen Unterricht zu hause. Dafür gab es genügend "life lessons" am Schrottplatz und im Bauunternehmen des Vaters, sowie mit den Kräutertinkturen der Mutter, die nebenbei als (nicht lizenzierte oder registrierte) Hebamme Geld verdiente. Arztbesuche gab es keine. Krankheiten waren gottgewollt und wurden mit Kräutern geheilt. Und Krankheiten bzw. Unfälle gab es viele, mit einigem an häuslicher Gewalt. Mit jedem Jahr schien der Vater weiter in seine eingebildete Welt abzurutschen, und nahm seine Familie mit. Wie Tara es trotzdem an die Universität geschafft hat und wie sie es schließlich geschafft hat, aus dieser Welt auszubrechen, erklärt sie in diesem Buch.

Das Buch ist herausragend geschrieben. Obwohl das Thema sehr ernst ist schafft Westover, dies mit etwas Humor zu erzählen. In jedem Kapitel kommt wieder ein neuer Aspekt dieser verkorksten Welt zur Schau. Westover ist eine herausragende, inspirierende Biographie gelungen, die sehr zum Nachdenken anregt und hoffentlich auch Dankbarkeit bei uns hervorruft, dass wir eine Ausbildung bekommen durften. Ich möchte dieses Buch wirklich jedem empfehlen! Von mir gibt es 5 Sterne.

Bewertung vom 08.10.2018
Manhattan Beach
Egan, Jennifer

Manhattan Beach


sehr gut

Anna Kerrigan wächst in den 1930er Jahren in New York City auf. Durch die Weltwirtschaftskrise wurde die Familie auf eine Probe gestellt. Die Mutter ist Zuhause und pflegt die behinderte Schwester. Der Vater erledigt halb legale Botengänge für Reiche, doch auch das wird immer weniger lukrativ, sodass er sich schließlich einen neuen Job suchen muss. Eines Tages verschwindet der Vater, und wird nie mehr gesehen. Von nun an muss Anna die Familie versorgen. Sie findet Arbeit in der Marinewerft von New York. Doch ihr großer Traum ist, eines Tages als Taucherin in der Marine Kriegsschiffe zu reparieren. Eine Arbeit, die bisher Männern vorbehalten war. Doch der Krieg öffnet bekanntlicherweise Türen...

Egans Buch ist komplex und umfasst eine Reihe von Erzählsträngen. Sowohl Anna, als auch ihre Vater Eddie und dessen Geschäftspartner Dexter Styles erzählen abwechselnd, wobei Anna in jeder der Erzählstränge präsent ist. Die Geschichte beginnt schleppend, bedarf es doch einiger Erklärungen und Hintergründe. Erst nach ca. 200 Seiten nimmt der Roman Fahrt auf - von dort an wollte ich ihn nicht mehr aus der Hand legen. Egan schafft es, die Fäden gekonnt zusammenlaufen zu lassen - bis es soweit kommt benötigt der Leser jedoch etwas Geduld. Voller Spannung läuft die Handlung von hier an ab - mitten im zweiten Weltkrieg. Ich fand das Buch sehr gut geschrieben (sobald man es durch die anfänglichen, ausführlichen Erklärungen geschafft hat), sowohl spannend als auch informativ. Eine besondere Art, den zweiten Weltkrieg durch einen Roman zu beleuchten.

Bewertung vom 08.10.2018
Loyalitäten
Vigan, Delphine

Loyalitäten


ausgezeichnet

Ein Meisterwerk

"Übrigens seltsam, dieses Gefühl einer Besänftigung, wenn schließlich das hervorkommt, was man nie sehen wollte, obwohl man wusste, dass es ganz in der Nähe vergraben war, dieses Gefühl Von Erleichterung, wenn sich das Schlimmste bestätigt."


Der zwölfjährige Theo ist sehr still, scheint aber mit den Mitschülern gut auszukommen. Er ist ein guter Schüler. Sein einziger Freund ist Mathis, ein Mitschüler. Dennoch hat Helene, seine Biologielehrerin, das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Sie selbst kennt die Anzeichen einer Misshandlung, und versucht, Theo näher zu kommen. Aus Angst kann sich dieser jedoch nicht anvertrauen. Er kann schließlich nicht verraten, dass seine Mutter häufig traurig und allein ist, und der Vater arbeitslos und depressiv. Theo muss dafür sorgen, dass alles funktioniert. Der Alkohol ist das einzige, was diese Probleme mindert. Am liebsten würde er sich in die Bewusstlosigkeit trinken, bis er nichts mehr spürt...


De Vigan zeichnet ein Bild von einem alltäglichen Leben. Allerlei Beziehungen, die alle nicht wie vorgesehen funktionieren, die jedoch trotzdem von Liebe gekennzeichnet sind. Sie wählt die Worte sehr gekonnt; vieles hätte ich mir gerne herausgeschrieben. Abwechselnd wird aus Sicht von Theo und Mathis erzählt, jeweils in der dritten Person; sowie aus der Sicht von Helene, der Lehrerin, und Cecile, Mathis Mutter, in der Ich-Form. Alle haben ihre eigenen Dämonen zu bekämpfen, und alle kämpfen mit der Frage, was Loyalität gegenüber den Liebsten bedeutet. Ein erschütterndes Porträt unserer Gesellschaft, das mich noch lange begleiten wird und das ich sicher noch ein zweites Mal lesen werde.

Bewertung vom 16.09.2018
Die Gesichter
Rachman, Tom

Die Gesichter


ausgezeichnet

Die Suche nach Anerkennung

„Den gefeierten Künstler – der nur sein Werkzeug benötigt und nichts weiter von der Welt will -, den gibt es nicht, hat es vielleicht nie gegeben.“

In diesem Meisterwerk erzählt Tom Rachmann das Leben von Charles „Pinch“ Bavinsky, vom Kleinkind (1955) bis 2018. Pinch wird als Sohn eines amerikanischen Malers und einer kanadischen Töpferin in Italien geboren. Sein ganzes Leben strebt er nach der Gunst des Vaters Bear Bavinsky. Dieser bleibt meist unnahbar, beschäftigt entweder mit seiner Kunst oder mit Frauen. Eine Affäre nach der anderen, eine Ehe nach der anderen, fast 20 Kinder… Als der Vater die Familie verlässt stürzt dies die Mutter in eine Depression. Charles muss früh erwachsen werden. Er ist entschlossen, ebenfalls ein großer Künstler zu werden, dem Vater nachzueifern, um endlich dessen Stolz zu erlangen – doch dieser beachtet ihn nicht und erstickt seine Versuche, Bilder zu malen, praktisch im Keim. Die Jahre vergehen, Charles wird erwachsen. Alle paar Jahre kommt es zu lang antizipierten Treffen mit dem Vater. Jedes Mal schafft er es, Charles Leben auf eine andere Art und Weise zu ruinieren. Doch der liebende Sohn, der sich die Anerkennung des Vaters mehr als alles andere wünscht, ist hierfür blind. Und so verfolgen wir Charles sein ganzes Leben. Studium, gescheiterte Beziehungen, schließlich das Niederlassen als Sprachlehrer in London.

Anfangs war ich nicht sicher, was ich von der Geschichte halte, der Erzähler scheint teilnahmslos und distanziert. Dennoch schafft Rachmann, eine komplex versponnene Geschichte zu erzählen, ohne dem Leser zu viel an Meinung in den Mund zu legen, so dass sich jeder seine eigene Meinung über die verschiedenen Beziehungen zwischen den Charakteren bilden kann. Die Protagonisten sind sehr lebensnah und gut aufgebaut. Der Kunst-Aspekt bringt interessante Gedanken zu Tage. Es gefiel mir, Charles sein ganzes Leben lang zu verfolgen – viele Abschnitte regen zum Nachdenken an oder machen traurig. Im Gesamten ein großartiges Werk. Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 10.09.2018
Weit weg von Verona
Gardam, Jane

Weit weg von Verona


ausgezeichnet

Eigenwillig, poetisch und skurril

„Ich weiß nicht, ob es Ihnen schon mal aufgefallen ist, aber wenn Sie ein Englischer Klassiker werden möchten, empfiehlt es sich, im vorderen Teil des Alphabets zu stehen. Es gibt jede Menge A und B und D, das geht weiter bis ungefähr H.“

Jessica Vye ist gerade mal neun Jahre alt, als ein Autor an ihre Schule kommt und den Schülern etwas vorliest. Inspiriert gibt sie ihm einige ihrer Texte zu lesen – zurück kommt ein Brief: „Jessica Vye, du bist ohne jeden Zweifel eine echte Schriftstellerin!“

Drei Jahre später begleiten wir die zwölf- bzw. dreizehnjährige Jessica in ihrem täglichen Leben, das seit dem Erlebnis begleitet ist von dem Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Vor allem nach Beginn des zweiten Weltkrieges ist Jessicas Alltag alles andere als normal – Gasmasken, Bombenangriffe, Schutzkeller und Lebensmittelmarken. Trotzdem gibt es die ganz normalen Probleme: Jungs, die Schule, ihre einzige Freundin, Bücher lesen, dichten. Und so nimmt die Geschichte, durch die uns Jessica liebenswerterweise führt, ihren Lauf.

Jessica ist eine sehr besondere, eigenwillige Protagonistin, die dennoch auf ihre Art wunderbar liebenswürdig ist. Auch ihr trockener Humor macht sie sympathisch. Der Schreibstil ist auf eine eigene Weise poetisch. Jessica ist für ihr Alter schon recht erwachsen und wird mit dem Buch noch einmal ein Stück älter. Ihre Erlebnisse sind teils alltäglich, teils so skurril, dass man sich fragt, ob sie sich das nicht ausgedacht hat. Mit ihrem Vater und einer Lehrerin hat sie zwei wichtige Bezugspersonen, die sie unterstützen. Ich finde es sehr schwierig, die richtigen Worte für dieses Buch zu finden – für mich ein großartiges Werk, das ich ganz klar empfehlen kann.