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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 510 Bewertungen
Bewertung vom 25.09.2023
Frankenstein
Shelley, Mary

Frankenstein


ausgezeichnet

Lange hat mich kein Buch mehr derart positiv überrascht wie Mary Shelleys berühmter "Frankenstein". Ich hatte den Schauerroman bislang nicht gelesen, meinte aber aufgrund der zahlreichen Verfilmungen und sonstiger Zitate in der Populärkultur die Handlung zumindest grob zu kennen. Doch dies war weit gefehlt.

Vor allem meine Rezeption der von Viktor Frankenstein geschaffenen Kreatur hat sich nach der Lektüre sehr verändert. Mitnichten ist das künstlich erzeugte Wesen eindeutig ein gruseliges, abscheuliches und abgrundtief böses Monster, wie es die Verfilmungen zeigen. Nein, Shelley erzählt von einem komplexen Charakter, der auf der Suche nach der eigenen Identität und dem Wunsch nach Anerkennung und Liebe zunächst von seinem Schöpfer, in Folge von vielen anderen Menschen angewidert zurückgestoßen, ja sogar körperlich attackiert wird. Erst durch diese Erfahrungen sinnt er auf Rache. Frankenstein hingegen zeichnet eine geradezu manische Besessenheit aus, zunächst richtet sich sein ganzes Streben auf den Wunsch, künstliches Leben zu schaffen. Als ihm dies gelingt,, tritt sein wissenschaftlicher Erfolg plötzlich völlig in den Hintergrund und er ist - lediglich aufgrund des abstoßenden Äußeren - von seiner Kreatur angewidert.

Shelley stellt mit ihrem Roman viele philosophische und moralische Fragen, die auch heute noch aktuell sind. Was macht das Menschsein aus? Welche Verantwortung hat die Wissenschaft? Was ist der Grund für böses Verhalten? Was sind mögliche Reaktionen eines Individuums, das aus der Gesellschaft verstoßen wird?

Shelleys Sprache wirkt heute - verständlicherweise - recht altertümlich. Tat ich mich in den ersten Kapiteln mit der teils etwas schwülstigen Ausdrucksweise noch schwer, gewöhnte ich mich im Lauf der Lektüre daran. Der Aufbau der Erzählung ist anspruchsvoll und sehr unterhaltsam: Die Rahmenhandlung ist als Briefroman geschrieben, im Hauptteil kommen sowohl Frankenstein als auch sein Geschöpf als Ich-Erzähler zu Wort.

Die Schmuckausgabe des Coppenrath-Verlags ist nicht nur eine wahre Augenweide, sondern bereichert die Lektüre zusätzlich: zehn kreative und mit viel Liebe fürs Detail gestaltete Extras sind als Einleger beigefügt, mal steckt ein Brief in einem Kuvert, mal ist eine Reiseroute als Karte verzeichnet. Die zahlreichen wunderschönen Illustrationen von Stefanie Bartsch, das hochwertige Papier und der edle metallisch glänzende Farbschnitt lassen mein bibliophiles Herz höher schlagen!

Bewertung vom 18.09.2023
Teufelsfrucht / Xavier Kieffer Bd.1
Hillenbrand, Tom

Teufelsfrucht / Xavier Kieffer Bd.1


ausgezeichnet

Mit "Teufelsfrucht" hat Tom Hillenbrand den Auftakt zu einer cleveren Krimireihe abseits des Mainstream geschaffen: Das beginnt schon damit, dass große Teile des Plots im winzigen Großherzogtum Luxemburg spielen. Außerdem bewegt sich die Handlung im Spannungsfeld zwischen gehobener Sterneküche, Slow-Food-Bewegung und extrem gewinnorientierter Lebensmittelindustrie.

Protagonist Xavier führt ein kleines, aber feines Restaurant in der Luxemburger Unterstadt. Als eines Tages ein Gastrokritiker in seinem Wirtshaus tot zusammenbricht, gerät er unversehens in den Fokus polizeilicher Ermittlungen und forscht zu seiner Entlastung auf eigene Faust weiter.

Der Krimi liest sich flott dahin, netterweise findet sich im Anhang ein Glossar der zahlreichen verwendeten kulinarischen Fachbegriffe. Die Story wird höchst spannend und kurzweilig erzählt, sie ist tempo- und detailreich sowie erschreckend glaubhaft. Lediglich die Charakterisierung einiger Nebenfiguren ist für meinen Geschmack ein klein wenig zu oberflächlich und schablonenhaft geraten.

Bewertung vom 18.09.2023
Tweed Time
Baumgärtner, Theresa

Tweed Time


sehr gut

Was zuallererst positiv auffällt, wenn man das neueste Buch von Theresa Baumgärtner durchblättert, ist die äußerst hochwertige und liebevolle Ausstattung. Das dicke (und recht schwere) Hardcover bleibt dank der Fadenbindung gut an der gewünschten Stelle aufgeschlagen, ein Detail, das ich an Kochbüchern sehr schätze. Die stimmungsvoll-rustikalen Fotos lassen einen gedanklich mit der Autorin ins herbstliche Schottland reisen. Geradezu genial ist die Haptik des Einbands: Keine Ahnung, wie der Brandstätter Verlag das hinbekommen hat, aber die Oberflächeist derart angeraut, dass man den Eindruck hat, das Buch sei in echten Tweedstoff eingeschlagen.

Die 54 Rezepte - je etwa zur Hälfte Süßes und Herzhaftes - sind nicht durchweg original, aber zumindest von der schottischen Küche inspiriert, und ich habe sehr viel Neues für mich entdecken können. Es gibt Suppen, Pasta und Tartes, Fischgerichte und Vegetarisches, Desserts und Gebäck; eine schöne, durchweg fleischlose Auswahl.

Aber Tweed Time ist kein reines Koch- und Backbuch, sondern Theresa Baumgärtner regt dazu an, den Herbst auf vielfältige Weise zu genießen und zu feiern: Eine Handvoll einfacher Bastelanleitungen sind ein schönes Extra, und drei ausgewählte Gedichte laden dazu ein, die Gedanken schweifen zu lassen. Überhaupt eignet sich "Tweed Time" gut dazu, immer mal wieder durchs Buch zu blättern. Stimmungsvolle Berichte über Stationen der Schottlandreise der Autorin geben einen kurzen Einblick in Land und Leute, etwas über eine traditionelle Tweedweberei oder die Highland Flower School.

Allerdings hat mich der allgemeine Textteil leider auch reichlich verwirrt, denn die eigentliche Schottlandreise nimmt nur den mittleren Teil des Buchs ein, ohne dass dies zu Beginn deutlich gemacht würde. Und da ich die Vita der Autorin nicht kannte, dachte ich während der ersten Kapitel, "Hazelnut House" läge in Schottland. In Wahrheit ist es jedoch das familieneigene Hotel und Restaurant in Luxemburg, das am Ende des Buchs auch ausführlich beworben wird.

Dafür entschädigen jedoch die wirklich schmackhaften Rezepte, die - bis auf die fehlenden Zubereitungszeit - sehr übersichtlich beschrieben sind.

Bewertung vom 04.09.2023
Kleine Probleme
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


ausgezeichnet

Der Protagonist dieses überaus witzigen Romans ist ein Prokrastinierer wie er im Buche steht; ob Abwasch oder Reparatur der Regenrinne, er verschiebt es auf später. Doch nun, am letzten Tag des Jahres, will er sein Leben von Grund auf ändern und beschließt, seiner "Aufschieberitis" ein Ende zu machen. Er erstellt eine 13 Punkte umfassende Liste, die er unbedingt vor Jahreswechsel erledigen möchte.

Nele Pollatschek erzählt diesen Stoff als fulminant komisches Kammerspiel, voller Referenzen aus der Populärkultur und gespickt mit philosophischen Fragestellungen. Die Lektüre bietet ein Potpourri an Gefühlen, ich habe laut aufgelacht, als der Literaturbetrieb mit seinen Hypes um non-binäre Autofiktion auf den Arm genommen wird, ich musste bei slapstick-artigen Einlagen des Protagonisten schmunzeln, habe mich dabei ertappt, mich in der ein oder anderen Aufschiebe-Situation wieder zu erkennen, war von der Unfähigkeit der Romanfigur genervt, aber auch schnell wieder mit der Geschichte versöhnt.

Fazit: Wirklich lustige Unterhaltung auf hohem Niveau, unbedingt lesen! Und der hochwertige Schutzumschlag mit Prägung macht noch mehr Lust, immer wieder zu diesem Buch zu greifen.

Bewertung vom 28.08.2023
Mary & Claire
Orths, Markus

Mary & Claire


ausgezeichnet

Nach "Max" und "Picknick im Dunkeln" greift Markus Orths auch für seinen aktuellen Roman wieder zu prominenten Figuren: Die titelgebenden Protagonistinnen sind die Stiefschwestern Mary Shelly und Claire Clairmont. Während letztere vor allem als Geliebte des schillernden Pop-Literaten Lord Byron bekannt wurde, ist Mary als Autorin von "Frankenstein" in die Literaturgeschichte eingegangen.

Orths zeichnet die vielfältig verflochtenen Lebensläufe der ungewöhnlichen Frauen mit viel Liebe zum Detail, es entsteht eine mitreißende Geschichte, die die Ménage-à-trois mit dem jungen Schriftsteller (und späterem Ehemann Marys) Percy Shelly als abenteuerlich und dennoch völlig glaubwürdig darstellt. Gut gefällt mir, dass auch Claires Talent zum Schreiben gewürdigt wird; ist sie doch landläufig weniger als Schriftstellerin der Romantik sondern vielmehr als Gouvernante und für Ihre Liebschaften bekannt.

Es fällt auf, dass in diesem Roman nahezu alle Figuren für die Literatur brennen, ja dass sie dem Schreiben eine zentrale Bedeutung für ihr Sein zuweisen. Und Markus Orths verfügt glücklicherweise selbst über die nötige Leidenschaft für Sprache, um diese Hingabe ans Schreiben in faszinierende Wortbilder zu kleiden. So etwa, wenn es über Marys Vater heißt: "William muss Gedanken aus dem Kopf pflücken oder meißeln und anschließend zu Papier bringen."

Ein mitreißender Roman voller Sprachwucht, der mich für Stunden beinahe alles um mich herum vergessen ließ. So muss Literatur sein.

Bewertung vom 21.08.2023
Tasmanien
Giordano, Paolo

Tasmanien


weniger gut

??? - Noch nie habe ich eine Rezension mit Fragezeichen begonnen, aber der neueste Roman von Paolo Giordano lässt mich mit derart vielen Fragen zurück, dass ich nicht recht weiß, wie ich meine Bewertung anders anfangen soll.

Da wäre zunächst das Offensichtliche: Der Protagonist des Romans weist zahlreiche Übereinstimmungen zur Vita des Autors auf, gleicher Vorname, gleiches Alter, beide sind Physiker, arbeiten aber als Journalisten und Romanautoren. Es bleibt Giordano zu wünschen, dass dies die einzigen Parallelen zwischen ihm und seiner Romanfigur sind, zu kaputt ist nämlich sein Alter Ego. Der erfundene Paolo sieht sich Enthauptungsvideos an, entflieht seiner dysfunktionalen Ehe und masturbiert in wechselnden Hotelzimmern wochenlang exzessiv, kommt mit seinem Roman nicht so recht voran, und auch die Beziehungen zu seinen Freunden sind gelinde gesagt sehr seltsam. Eine Entwicklung der Figur war für mich nicht erkennbar, und es bleibt die Frage: Was will mir der Autor damit sagen?

Das Cover erinnert deutlich an das Gemälde "Der Wanderer über dem Nebelmeer" von Caspar David Friedrich. Das Bild wird als Lebensallegorie gedeutet, ein Mann steht auf dem Gipfel und blickt in die Ferne, das kann als Metapher für Leben und Todesahnung, bislang Erreichtes und Hoffnung für die Zukunft gesehen werden. Der Wanderer im Roman ist auf der Suche, aber wieso er so unzufrieden ist, erschließt sich mir nicht. Sucht er nach einem Sinn? Was ist die Ursache für seine große Lebenskrise?

Zudem ist die wörtliche Rede nicht durch Anführungszeichen markiert, dies erschwert die Lektüre leider deutlich. Der Stil ist sehr unterschiedlich - in großen Teilen recht nüchtern, eher wie in wissenschaftlichen Veröffentlichungen als so wie man es in einem Roman erwarten würde. Dann aber gibt es brutal detaillierte Schilderungen der Folgen der über Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben. Leider habe ich nicht den Hauch einer Ahnung, was das in diesem Roman zu suchen hat. Ja, Paolo möchte einen Roman über die Bomben schreiben, aber wieso? Es gibt davon schon viele, und was bewegt ausgerechnet ihn dazu?

Ebenso wenig konnte ich mich den Schilderungen terroristischer Anschläge der letzten Jahre anfangen. Sie werden relativ distanziert aufgezählt, aber wozu?

Mein Fazit: Eine Ansammlung wichtiger aktueller Themen, von Klimakatastrophe über Terrorismus zu atomarer Bedrohung, aber leider gelingt es Giordano nicht, dies in eine lesenswerte Geschichte zu bringen, die wirre Erzählung ist misslungen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.08.2023
Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2
Yokomizo, Seishi

Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Sehsüchtig hatte ich gehofft, dass nach "Die rätselhaften Honjin-Morde" auch weitere Bände der Reihe um den kauzigen Privatdetektiv Kosuke Kindaichi ins Deutsche übersetzt würden. Nun liegt endlich "Mord auf der Insel Gokumon" vor, und ich wurde nicht enttäuscht.
Schon das Setting bietet reichlich Grusel, war die karge Felseninsel doch einst Piatenstützpunkt und später Sträflingskolonie. Die Geschichte spielt im Japan kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges und erschien im Original bereits 1971. Ich habe mich sehr gerne auf die spannende Zeitreise eingelassen.
Im Vordergrund stehen natürlich die Morde und deren Aufklärung, und Seishi Yokomizo versteht es ebenso meisterlich wie seine britischen Kolleg*innen Arthur Conan Doyle und Agatha Christie, zahlreiche Hinweise auf den Tathergang, aber auch falsche Fährten einzubauen, so dass man fieberhaft miträtselt und letztendlich doch von der Auflösung überrascht wird. Neben dem Kriminalfall kann man aber auch einiges über die japanische Gesellschaft vor gut 70 Jahren erfahren. Diese war nach dem zweiten Weltkrieg sehr gebeutelt; einerseits wirtschaftlich, andererseits werden starre Traditionen in Frage gestellt, etwa der bedingungslose Gehorsam und ein - aus heutiger und westeuropäischer Sicht - seltsam anmutender Ehrbegriff.
Ursula Gräfe hat diesen Whodunit (inklusive einiger Haikus) nicht nur großartig übersetzt, sondern auch um ein hilfreiches Glossar ergänzt. Bleibt zu hoffen, dass sie noch viele der 77 Originalbände der deutschsprachigen Leserschaft zugänglich macht.

Bewertung vom 07.08.2023
Marianengraben
Schreiber, Jasmin

Marianengraben


gut

O.k., die Romanidee ist jetzt nicht sonderlich originell: Eine junge Frau, die sich die Schuld am Tod ihres kleinen Bruders gibt und letztlich am Weiterleben verzweifelt, trifft auf einen schrulligen alten todkranken Mann und hilft ihm (zunächst widerwillig) seine letzte Mission zu erfüllen. Das hat man so oder so ähnlich schon Dutzende Male gelesen oder im Kino gesehen. Und doch habe ich diese Geschichte gern gelesen.

Zum einen erzählt Jasmin Schreiber herrlich unpathetisch und meist kitschbefreit von emotional hoch aufgeladenen Themen wie dem Tod und davon, wie zurückbleibende Familienangehörige es schaffen können, nicht dauerhaft in Trauer zu versinken, sondern wieder ins Leben zurück zu finden. Und zweitens ist der Roadtrip des ungleichen Duos zwar immer wieder mehr als seltsam, um nicht zu sagen: Eine Unwahrscheinlichkeit reiht sich an die andere. Aber die Dialoge der beiden, die noch dazu oft unvermittelt abbrechen, weil der alte Herr keine Lust hat, sich zu öffnen, sind einfach zu witzig.

"Marianengraben" ist sicher kein Ersatz für eine Psychotherapie, aber ein leichter, unterhaltsamer Roman zu schweren Themen.

Bewertung vom 07.08.2023
Lass mich dir von einem Mann erzählen, den ich kannte
Fletcher, Susan

Lass mich dir von einem Mann erzählen, den ich kannte


sehr gut

Die britische Autorin Susan Fletcher zeichnet in diesem Roman ein eindrucksvolles Porträt einer Ehe. Ihre Protagonisten Jeanne und Charles Trabuc haben wirklich gelebt - Monsieur Trabuc leitete die Nervenheilanstalt in Saint-Rémy, deren bekanntester Patient wohl der Maler Vincent van Gogh war.

Vincent spielt auch eine Rolle im Roman, denn Jeanne ist auf besondere Weise von dem sehr eigensinnigen, aber auch sehr kranken Künstler angezogen. Sehr einfühlsam schildert Fletcher das Gefühlsleben Jeannes, die seit dem Auszug ihrer erwachsenen Söhne sehr einsam geworden ist. Von der Dorfgemeinschaft wird sie als Zugezogene abgelehnt, ihr Mann kommt praktisch nur noch zum Essen und Schlafen nach Hause. Wirkliche Gespräche gibt es zwischen den Eheleuten längst nicht mehr, der letzte Sex liegt Jahre zurück und selbst Zärtlichkeiten werden kaum noch ausgetauscht.

In Rückblenden erfährt man, dass die Ehe anfangs sehr glücklich war. Natürlich habe ich während der Lektüre spekuliert, was wohl dazu geführt haben mag, dass die Beziehung der Trabucs so kalt und lieblos wurde. Und wie so oft ist nicht alles so, wie es zunächst den Anschein hat.

Fletchers Stil ist sehr eigen, manchmal etwas arg abgehackt, das war für mich anfangs durchaus gewöhnungsbedürftig. Aber sie versteht es bestens, Stimmungen zu vermitteln, die Erzählung steckt voller feiner Zwischentöne. Da ich darstellende Kunst sehr schätze, haben mir auch die Beschreibungen von van Goghs Bildern sehr gefallen.

Der Roman ist eine besondere Zeitreise in die Provence Ende des 19. Jahrhunderts und eine eindrucksvolle Aufforderung, auch in einer langjährigen Ehe nie aufzuhören, ehrlich und offen miteinander zu sprechen.

Bewertung vom 31.07.2023
Reisehandbuch Costa Brava und Girona
Biarnés, Nicole

Reisehandbuch Costa Brava und Girona


sehr gut

Autorin und Übersetzerin Nicole Biarnés zog bereits vor zwei Jahrzehnten nach Katalonien, wo sie inzwischen auch als Reiseführerin tätig ist. Mit dem vorliegenden Handbuch teilt sie ihr umfangreiches Wissen über ihre Wahlheimat mit reiselustigen, kulturell interessierten Leser*innen.

Auf den ersten Seiten erfährt man Grundlegendes zur "Wilden Küste", von Transportmittel über einen interessanten geschichtlichen Abriss bis zu hilfreichen Verhaltenstipps, um nicht unabsichtlich anzuecken.

Dann geht es auch schon los, von Alt Empordà im Norden bis zu den südlichen Ausläufern der Costa Brava. Biarnés führt ihre Leserschaft nicht nur die Küste entlang, sondern zeigt ebenso das reizvolle Hinterland. Besonders gefallen mir dabei außergewöhnliche Tipps, die nicht in klassischen Reiseführern zu finden sind, wie z. B. Girona anhand eines Kräuterspaziergangs mitten durch die Stadt zu entdecken, oder eine kleine Strandbar in der Nähe von Empuriabrava, in der Einheimische zum Sonnenuntergang tanzen.

Zahlreiche Karten geben Orientierung, wobei ich es praktisch gefunden hätte, wenn Übersichtskarten in den Innenseiten der Klappenbroschur abgebildet wären. Doch hier findet sich - wie bei allen Reisehandbüchern des Reisedepeschen Verlags - der nördliche und der südliche Sternenhimmel. Die Texte sind sehr persönlich geschrieben, die Autorin erzählt von ihren Vorlieben, aber auch von besonderen Menschen, denen sie begegnet ist. Dazu passen die zahlreichen Farbfotos mit ganz eigenem Reiz; sie wirken oft wie aus einem privaten Fotoalbum, nicht so "aalglatt" und poppig, wie in den Hochglanzprospekten der Tourismusbüros.

Die Fülle an Informationen geht leider etwas zu Lasten der Lesbarkeit: Manche Anschriften, websites etc. sind doch arg klein geraten und (vor allem auf farbigem Hintergrund) nur schwer zu entziffern.

Davon abgesehen sind die Reisetipps für die Costa Brava rundum gelungen, und ich freue mich schon sehr darauf, diese Region in ein paar Wochen selbst zu erkunden.