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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2156 Bewertungen
Bewertung vom 01.09.2023
Naß, Matthias

Kollision


sehr gut

Supermächte

Kollision hat den dramatischen Untertiel “China, die USA und die weltpolitische Vorherrschaft im Indopazifik“.
Und das nicht ohne Grund, denn da kann es zur Kollision der Supermächte kommen. Verschiebungen im politischen Machtgefüge sind wahrscheinlich.

Es ist ein komplexes politisches Sachbuch, dass sich dem immer rasanteren Aufstieg Chinas widmet und die entstehenden Konflikte klar benennt.
Manche Abschnitte sind vielelicht auch zu detailliert, aber für einen Weg muss man sich halt entscheiden und Mathias Naß zeigt die Positionen vieler Länder, wie Russland, Japan, Indien, Frankreich, Deutschland etc. und der Nato.

Asienexperte Matthias Naß ist ein Experte, der ganz offensichtlich über viel Hintergrundwissen zum Thema verfügt und der in der Lage ist, das Geschehen zu analysieren und in einer Gesamtheit zu zeigen.
Es erscheinen zur Zeit einige Bücher über China, aber Matthias Naß hat hier dieses Jahr einen hohen Maßstab gesetzt.

Bewertung vom 01.09.2023
Giraud, Brigitte

Schnell leben (eBook, ePUB)


gut

Live fast – die young

Die französische Schriftstellerin hat ein Buch über den Unfalltod ihres Mannes geschrieben. Dazu nutzt sie eine ungewöhnliche Struktur. Das ganze Buch kreist um die Fragen, welche Entscheidungen zu einer Änderung dieses Schicksals hätten führen können. Das macht sie kapitelweise in diversen, fast ermüdenden Thesen. Dafür hat die Autorin sogar den bedeutendsten Literaturpreis Frankreich, den Prix Concourt gewonnen, aber für mich hat es auch etwas Vergebliches.
Dennoch ist es ein Stück Bewältigungsarbeit.
Der Stil ist zurückhaltend, relativ sachlich, fast trocken.

Ich halte viel von der Autorin, besonders mag ich ihren Roman Das fremde Jahr. Doch schnell leben erfreute mich weitgehend nicht. Dennoch ist es gut, dass dieses sehr persönliche Buch übersetzt wurde, denn der autofiktionale Text zeigt ein Stück Trauerarbeit.

Bewertung vom 31.08.2023
Mauvignier, Laurent

Geschichten der Nacht


gut

Schwer verdaulich

Geschichten der Nacht ist ein offensichtlich ambitionierter, mit 512 Seiten umfangreicher Roman, der durchaus Anforderungen an den Leser stellt.
Laurent Mauvignier erzählt ausführlich und es ist kein einfaches Buch.
Es geht um eine Familie in der französischen Provinz LaBassseé. Da sind Maron und Patrice, ihre Tochter Ida, der Hund Raja und die Nachbarin Christine.
Nach einer Weile kommen fremde Männer. Es kommt zur Geiselnahme.
Obwohl es jetzt diesen Thrillerplot gibt, wird der Roman nicht zu einem puren Thriller, so wie es auch nicht einfach ein Familienroman ist. Es ist eine menschliche Sozialstudio.
 
Laurent Mauvignier eigenwilliger Stil und das detaillierte Erzählen bestimmen das Buch und kann den Leser zwischen den Zuständen Faszination und Langeweile schwanken lassen. In der Summe war es interessant.

Bewertung vom 31.08.2023
Klüssendorf, Angelika

Risse


sehr gut

Geschichten der Kindheit

Angelika Klüssendorf, die Autorin von Das Mädchen und April hat ein Erzählungsband über die Kindheit vorgelegt. Der Titel Risse ist nicht ohne Grund gewählt. Manche Passagen sind ziemlich bitter,denn die Eltern sind exzentrisch und übergriffig.
Wer die Autorin noch nicht kennt, sollte besser zu den berühmten Romanen greifen, denn Risse ist mehr komplementär.
Davon abgesehen sind die einzelnen Episoden des Buches nicht schlecht gemacht. Wie gewohnt wird schnörkellose erzählt.

Die Autorin schafft es mit ihren sprachlichen Mitteln, die Wirklichkeit nachvollziehbar abzubilden.

Bewertung vom 30.08.2023
Mall, Sepp

Ein Hund kam in die Küche (eBook, ePUB)


sehr gut

Die Option

Ein Hund kam in die Küche ist ein starkes Buch und zu Recht für den deutschen Buchpreis nominiert. Es wirft einen intensiven Blick auf eine schlimme Zeit in Südtirol. Erzählt wird aus der Perspektive eines Kindes, doch die hat nicht viel kindliches mehr, denn seine Familie muss viel durchmachen. Da ist z.B. Ludis kleiner Bruder Hanno, der körperlich und geistig behindert ist. Er soll in eine Heil- und Pflegeanstalt.
Als Leser ahnt man schnell, dass es für Hanno nicht gut ausgehen wird.
Das belastet auch Ludi und Hannos Geist begleitet ihn zukünftig oft im Traum.
 
Die Familie ist beispielhaft für das südtirloische Schicksal vieler, die zwischen Italien und Deutschland zerrissen waren.

Der in Südtirol gebornen Schriftsteller Sepp Mall nutzt eine dichte Sprache. Er setzt sie mit Zurückhaltung ein und berührt doch eine emotionale Seite beim Leser.

Bewertung vom 29.08.2023
Serre, Anne

Die Gouvernanten (eBook, ePUB)


sehr gut

schräg

Anne Serré ist in Frankreich eine anerkannte Autorin. In Deutschland wurde bisher erst ein Erzählungsband übersetzt, und jetzt kommt mit Die Gouvernanten ihr Debütroman.
Das Buch ist ungewöhnlich, denn diese 3 Gouvernanten verhalten sich nicht wie erwartet. Eleonore, Ines, Laura. Sie halten nichts von Regeln oder Einschränkungen. Sie leben sich aus, auch sexuell. Um die Kinder kümmern sie sich nur sporadisch.
Die Gouvernanten toben und tollen, sind unberechenbar.
Die Autorin setzt das sprachlich in sinnlicher wie rasanter Form um.

So ganz fassbar sind die drei Frauen für mich nicht, aber vermutlich hat die weibliche Leserschaft damit keine Probleme.
Man darf gespannt sein, ob weitere Romane von Anne Serré in deutscher Übersetzung folgen.

Bewertung vom 29.08.2023
Rottmann, Eva

Kurz vor dem Rand


ausgezeichnet

Das Löwenmädchen vom Feuerberg

Ein Jugendroman in der Skaterszene. Hier lebt die burschikose, 17jährige Ari und erlebt ihr Coming of age. Dazu gehört die erste Liebe zu den neuen Jungen, Tom, der gerne aggressiv und schnell skatet. Und auch Fanny, Aris unangepasste Mutter, die nach fast 2 Jahren zurückgekehrt ist. Einige Skaterszenen sind dramatisch geschrieben, aber im Vordergrund stehen die Emotionen, die Ari durchlebt. Es geht darum, mit neuen Gefühlen zurecht zu kommen. Auch psychische Erkrankungen und Verluste werden thematisiert. Als Leser ist man schnell nah dran an Ari und kann sie gut verstehen. Das ist eine Qualität, wenn ein Roman das so gut schafft.

Bewertung vom 28.08.2023
Stift-Laube, Andrea

Ehrgeiz


gut

Beleuchtet aus verschiedenen Blickwinkeln

Andrea Stift-Laubes Buch Ehrgeiz ist ein ganz unterhaltsames, wenn auch nicht unbedingt das bedeutendste der Reihe übermorgen.
Es hat einen plaudernden Ton. Die Autorin nimmt Ereignisse ihres eigenes Leben gerne als Beispiel wie auch das von einigen anderen Leuten.
Ihre Einstellung zum Ehrgeiz ist eher kritisch. Nicht umsonst heißt ein Kapitel Ehrgeiz als destruktive Kraft. Ein anderes aber auch Ehrgeiz als konstruktive Kraft.
Es überzeugt, wie die Autorin den Begriff Ehrgeiz unter den verschiedenen möglichen Auslegungen betrachtet.

Bewertung vom 28.08.2023
Hilton, James

Leb wohl, Mister Chips (eBook, ePUB)


sehr gut

Leb wohl, Mr Chips ist ein Roman, der erstmals 1934 erschienen ist und tatsächlich auch heute noch funktioniert. Es ist ein schwelgen in der Vergangenheit, die durch Mr.Chipping, genannt Chips repräsentiert wird. Er war Lehrer und zeitweise sogar Direktor. Er war sehr beliebt an der Schule, an der er für Jahrzehnte tätig war. Im ersten Weltkrieg kehrte er, eigentlich schon im Ruhestand, noch einmal zurück und half der Schule aus. Auch danach stand er Schule und den Schülern weiterhin nahe.

Ich bin sehr damit einverstanden, wie Mr.Chips gefeiert, nahezu verklärt wird, denn er steht für Beständigkeit, Humor, Güte und Toleranz.

Man liest das Buch amüsiert und mit nostalgischen Gefühlen!

Bewertung vom 27.08.2023
Karig, Friedemann

Die Lügnerin (eBook, ePUB)


gut

Übersetzerin der kosmischen Energien

Friedeman Karig hatte mit Dschungel schon einen ungewöhnlichen Roman geschrieben und der neue, Die Lügnerin, ist nicht zuletzt wegen der eigenwilligen Protagonistin Clara Konrad (so nennt sie sich jedenfalls) genauso aus dem Rahmen des üblichen fallend.
Clara arbeitet als Wahrsagerin. Ihr Umgang mit der Wahrheit ist entsprechend frei, doch was sie erzählt, könnte auch stimmen.
Als Zuhörer, und in diese Rolle gerät man als Leser, weiß man es nicht so genau und überlässt sich der Führung des Autors.
Man spürt die Erzählfreude von Friedeman Karig, doch wie schon im letzten Buch, herrscht das Gefühl vor, an kein Ziel zu kommen. Man bleibt am Buch, weil man herausfinden möchte, was die Hauptfigur umtreibt.
Am Anfang, als sie von einer Frau verfolgt wurde, glaubte man noch, ihr auf die Spur kommen zu können, doch der Verlauf der Geschichte wird immer unklarer. Das störte mich mit der Zeit.
Ganz gut gefallen haben mir aber die Passagen aus Claras Kindheit, mit ihrer Mutter und später mit ihrem schmierigen Chef Pavel oder mit Madame Iris Morgenstern.
Clara bleibt eine getriebene. Ich hätte mir ein Ende gewünscht, dass sie irgendwie wirklich befreit.