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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2102 Bewertungen
Bewertung vom 14.09.2023
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


sehr gut

Das Buch mit dem Hahn auf dem Cover.
Helga Bürster schreibt ihren Roman „Als wir an Wunder glaubten“, den sie ins Jahr 1949 legt, so, dass es glaubhaftes Bild dieser schweren Zeit zeigt. Wie die Leuten reden und sich verhalten ist sowohl typisch für die Zeit, aber auch für die Gegend, in Nähe von Moorlandschaft.
Sowohl das Dorf als auch die Landschaft lernt man beim Lesen kennen.
Das Personal des Romans ist die Stärke des Buches.
Da ist die 11jährige Betty Abels, dann Edith, ihre Mutter und die Nachbarin Annie.
Schwer mitgenommen kehrt deren Mann Josef aus dem Krieg zurück. Er ist in einem schlechten Zustand.

Man denkt manchmal, dass Buch wäre altmodisch geschrieben, aber das stimmt eigentlich nicht. Es ist gut strukturiert und zeigt glaubhaft eine schwere Zeit. Man spürt, dass Helga Bürster eine erfahrene Autorin ist.
Das Lesen war nicht durchgehend ein Vergnügen, aber beeindruckt hat mich das Buch!

Bewertung vom 12.09.2023
Buoro, Stephen

Andy Africa


sehr gut

Es ist die Stimme eines 16jährigen aus Nigeria, der den Ton dieses Romans ganz und gar bestimmt.
Andrew, Spitznamme Andy Africa, lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter zusammen, die sich weigert, den Namen seiens Vaters zu verraten.
Andy ist fasziniert von weißen, blonden Mädchen, auch wenn er in echt noch nie eins gesehen hat. Davon abgesehen ist er ein intelligenter Junge.
Dann lernt er mit Eileen tatsächlich ein blondes Mädchen kennen und seine Gefühle fließen über.

Andy Africa (Originaltitel The five sorrowful mysteries of Andy Africa)
ist ein Stück sehr lebendige, zeitgenössische Literatur aus Afrika.

Bewertung vom 12.09.2023
Brück, Christa Anita

Ein Mädchen mit Prokura / rororo Entdeckungen Bd.1


sehr gut

Ein Angestelltenroman


Ein Mädchen mit Prokura ist der erste Band der Buch-Reihe Entdeckungen.
Das Buch wirft einen Blick auf die schwierige Zeit der Weimarer Republik, als viele unter der Weltwirtschaftskrise leiden. Betrachtet wird die Zeit zwischen 1923 bis 1931.
Im Mittelpunkt steht Thea Iken, eine Frau im Angestelltenmilieu. Sie arbeitet in einer Bank in Berlin.
Ihre Stellung als Frau in dieser Männerwelt ist nicht einfach, doch sie setzt sich durch, wird Prokuristin und genießt das Vertrauen des Direktors.

Überraschenderweise wird das Ganze von einem Kriminalplot begleitet.
Theas Chef, zu dem sie ein besonderes Vertrauensverhältnis hatte, wird ermordet. Thea gerät in Verdacht und es kommt zum Prozess.

Gelegentlich erscheinen einige Szenen im Zusammenhang mit dem Prozess überspitzt, doch es ist ganz spannend gemacht.

Es macht Sinn, alte Romane von nahezu vergessenen Autorinnen neu herauszubringen, solange sie eine Relevanz haben und das ist hier klar der Fall.
Denn das Buch zeigt die Realität der damaligen Zeit, und ist glaubhafter als Bücher, die erst jetzt über die damalige Zeit geschrieben werden.
Es ist damit ein Zeitporträt.

Das Buch wurde übrigens 1934 auch verfilmt. Darauf geht auch das Nachwort von Magda Birkmann ein. Ein gutes Nachwort, dass eine richtige Einordnung des Buches in einen Kontext ermöglicht.

Bewertung vom 12.09.2023
Renault, Mary

Freundliche junge Damen / rororo Entdeckungen Bd.2


sehr gut

Ein Hausboot auf der Themse

Freundliche junge Damen von Mary Renault ist der zweite Band aus der Reihe Entdeckungen und es ist entsprechend alt, schon 1944 geschrieben.
Aber eigentlich liest es sich frisch und amüsant. Keinen Moment denkt man beim Lesen an einen altmodischen Roman.

Die sensible 17jährige Elsie hält den Dauerstreit der Eltern nicht mehr aus und entflieht zum Hausboot der älteren Schwester Leo, die die Familie schon vor Jahren verlassen hatte.
Leo lebt ein freies, eigenständiges Leben als Westernschriftstellerin und in einer langjährigen, aber offenen Beziehung mit Helen.
Elsie ist naiv und schätzt die Situation nicht richtig ein.
Dann kommt auch noch der junge Arzt Peter dazu, in den Elise sich verliebt hat, der aber Interesse für Leo und Helen entwickelt. Das Ganze hat Screwball-Elemente, bis man schließlich nicht mehr weiß, wer mit wem.

Bis zur Mitte dominiert Eliese Perspektive, später ist es mehr die von Leo.
Mary Renault schreibt völlig entspannt und das verleiht dem Buch den Ton.

Bewertung vom 10.09.2023
Molinari, Gianna

Hinter der Hecke die Welt


gut

Veränderungen

Es ist ein Buch über Veränderungen, dem möglichen Untergang, dem Verschwinden.
Zentral wird die Geschichte eines Dorfes erzählt, indem eine große, wachsende Hecke steht.
Über diese Hecke gehen verschiedene Mythen, die im Buch aufgeführt werden.
Das Dorf setzt auf den Tourismus, um zu überleben.
Es gibt außer der Hecke auch weitere Merkwürdigkeiten, zum Beispiel, dass die Kinder des Dorfes aufgehört haben zu wachsen.
Zu diesen Kindern gehört Pina, die eine Zuneigung zur Hecke hat.
Dora, die Forscherin in der Antarktis, ist die abwesende Mutter von Pina. Sie sieht die Auswirkungen der klimatischen Veränderungen.

Die Schweizer Schriftstellerin Gianna Molinari hat einen eigentümlichen Stil, der streckenweise eine ganz eigene Poetik enthält. Einige Passagen sind sprachlich bemerkenswert.
Was das Buch jetzt weniger stark bietet sind ein direkter Spannungsfaden oder hohe Identifikation mit den Figuren. Aber Leser, die anspruchsvolle Literatur suchen, und zu denen zähle ich mich, sind hier richtig.
Dennoch würde ich den Roman als deutlich schwächer als das erste Buch der Autorin einstufen.
Meine Wertung: 6 von 10 Punkte.

Bewertung vom 09.09.2023
Faw, Katherine

Young God (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Young God ist kein gewöhnlicher Thriller, wenn es denn überhaupt einer ist.
Das liegt an der sprachlichen Ausführung, die in knapper Form mit kurzen Absätzen gehalten ist. So stehen manchmal nur wenige Sätze auf einer Seite.

Die Mutter der 13 Jahre jungen Nikki ist tödlich verunglückt. Sie macht sich daher auf zu ihrem Vater Coy Hawkins, der gerade erst aus dem Knast gekommen ist. Jetzt hält er sich als Zuhälter über Wasser. Er ist ein kalter, gefährlicher Hund, der mit Brutalität voegeht.
Nikki taucht da in eine dunkle Welt ein, versucht aber, sich zu behaupten. Sie will kein Opfer sein und fängt an, Drogen zu nehmen und auch zu verkaufen.

Manche Sätze erschienen mir manchmal nicht ganz stimmig. Da habe ich die Befürchtung, dass nicht alles ganz einfach zu übersetzen war und im Deutschen vielleicht sprachlich nicht so gut funktioniert.

Für das Buch spricht das enorme erzählerische Tempo, die Dichte und Konzentration des Stils und der einzelnen Abschnitte. Bemerkenswert für einen Debütroman, der offensichtlich sehr gründlich durchgearbeitet wurde.

Bewertung vom 09.09.2023
Haas, Wolf

Eigentum


sehr gut

kraftvolle Prosa

Es gibt in der deutschsprachigen Weltliteratur schon einige bedeutende Mütterbücher (Handke, Meckel). Mit Eigentum kommt jetzt ein aktuelles dazu, dass sich durch eine wütende Ironie auszeichnet.
Wolf Haas betractet die 2 letzten Tage sener 95jährigen Mutter, erlebt aber auch das ganze Leben mit ihr mit.
Sein Großvater war Wagnermeister. Ein Beruf, den es heute nicht mehr gibt. Haas bringt mehrfach den Kontrast Vergangenheit und Gegenwart ins Spiel.
Er zeigt verschiedene Lebenszeiten der Mutter, auch gerade die schweren der Kriegs- und Nachkriegszeit und damit ihre geschichte und was sie prägte. Das lässt mich als Leser nicht kalt, ebenso wie die Beziehung zwischen Mutter und Sohn.
Ich denke, das Buch ist besonders für Leser der ungefähren Altersklasse des Autors interessant. Ich jedenfalls habe das Buc stilistisch genossen und würde es nicht gering einschätzen.

Bewertung vom 07.09.2023
Reisinger, Eva

Männer töten


sehr gut

Männer töten. Ein provokanter Titel, aber hier geht es in erster Linie um feministische Anklänge. Der Autorin Eva Reisinger gelingt es, dem Leser nahe an der Protagonistin Anna Maria zu führen. Man versteht ihre emotionale und gedankliche Lage. Sie hatte zuletzt Pech. Ein Fahrradunfall, eine Entlassung und es gab Gewalt, die sie erfuhr.
Dann führt die Autorin die Vision einer matriarchalischen Gemeinschaft in einem Dorf ein. Für Anna Maria vielleicht ein Möglichkeit, sich ihren Erfahrungen entgegenzustellen. Opfer- und Täterschaft können sich auch drehen.
Als Gedankenspiel gut, ob es irgendwohin führt, bleibt offen.
Der Roman ist gut geschrieben und dürfte seine Leserschaft finden und die Nominierung für den Shortlist-Debütpreis es Österreichischen Buchpreises dürfte erfreulicherweise Aufmerksamkeit sichern.

Bewertung vom 07.09.2023
Hell, Bodo

Begabte Bäume (eBook, ePUB)


sehr gut

eigentümlich-verschmitzt

Ein schön gestaltetes Buch mit 23 Zeichnnungen von Linda Wolfsgruber
Ein Buch über Bäume, das keine weitere Handung im herkömmlichen Sinne benötigt. Und doch ist da viel an Themen versteckt.

Der 80jährige Bodo Hell ist eine Ikone der Avantgarde und ein Sprachkünstler. Und daher sopllte man sich die Texte vorgelesen vorstellen. Dann entfalten sich die oftmals erstaunlichen Details, von denen es viele gibt.
Verschachtelte Sätze gibt es viele. Auch mal ein Gedicht.
Dann kommt auch mal zu den Bäumen etwas hinzu, wie z.B. der Text über Ilse Aichinger.
In vielen Texte blitzt immer wieder ein eigentümlicher Witz auf!

Begabte Bäume ist kein Buch, das man am Stück durchliest. Besser wirkt es in kleinen Portionen. Daher denke ich auch nicht, mit dem Buch schon fertig zu sein.

Bewertung vom 07.09.2023
Hettche, Thomas

Sinkende Sterne


ausgezeichnet

Ich bin eine Kraft der Vergangenheit

Was im Klappentext beschrieben ist, wird auf leicht poetische und reflektierende Art erzählt.
Der Erzähler reist in  die Schweiz in das Ferienhaus seiner Eltern, das seiner Jugend. Dss erweckt natürlich Erinnerungen. Und sie führen ihn weiter durch Stationen seines Lebens.
Hettches Blick auf die Vergangenheit ist teils wehmütig verklärend, teils bereuend und desilludioniert, doch die Gegenwart ist erschreckend.

Beeindruckend auch die vielen Zitate aus Film und Literatur sowie Philosophie. Dennoch behindert dass das handlungsorientierte.

Es tat gut, mal wieder ein Buch von einem Autor zu lesen, dem die Sprache wichtig ist und die er sorgfältig einsetzt.

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