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LaberLili

Bewertungen

Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 05.12.2022
Sehnsucht nach Sunset Rock (eBook, ePUB)
Feger, Nadine; Zille, C. K.

Sehnsucht nach Sunset Rock (eBook, ePUB)


sehr gut

Die Prämisse der Geschichte finde ich definitiv ein wenig konstruiert: da hat die Krebserkrankung eines schwerreichen Magnaten inzwischen gar das Endstadium erreicht und hier wird er sich plötzlich bewusst, dass seine vor zig Jahren verstorbene Frau davon geträumt hat, ein Hotel in ihrer Heimatstadt zu erbauen, weswegen sein letzter Wunsch nun ist, dass dieser Traum noch wahrwerden möge. Da stellt sich natürlich die Frage, wieso er sich diesem Hotelbau nicht selbst schon sehr viel früher verschrieben hat oder wieso seine Krebserkrankung nun das Endstadium erreichen musste, bis seine Tochter plötzlich völlig überhastet agieren muss, um noch ganz schnell vor dem Tod des Vaters einen Hotelneubau vom Zaun zu brechen.
Auch dass Nathan, der sich selbst um den Kauf des mutmaßlichen Hotelgrundstückes bemüht, um dort eine Art Baumhaus-Ferienclub zu errichten, genau da bereits „einfach so“ einen Prototyp errichtet hat, wirkte ein wenig seltsam, zumal er in der direkten Nähe im Wald bereits eine Art Naturferienpark besaß, in dem er sicherlich auf eigenem Grund ein entsprechendes Baumhaus hätte bauen können, ohne sich wundern zu müssen, dass er sein Baumhaus nun noch wieder von einem fremden Grundstück abbauen sollte.
Da wirkte niemand auf mich wie wer, mit dem man größere Geschäfte abschließen sollte.

Aber gut, da ist nun also das Grundstück, auf dem so oder so Hotellerie betrieben werden soll: Der Eine, fest verwurzelt in der zugehörigen Stadt, will alles naturnah gestalten, die Andere, immerhin noch eine Großtante dort vorweisen könnend, erstmal den Wald abholzen – Letzteres sorgte in dem kleinen Städtchen abseits von Nathans empörter Familie für eher wenig Aufruhr, was ich auch schon eher unglaubwürdig fand. Da im Grunde nun beide Hauptfiguren letztlich das gleiche Ziel haben, ist das Ende jedoch von vornherein absehbar, erst recht, wenn man das Genre berücksichtigt sowie den Klappentext, der suggeriert, dass hiermit eine Reihe „mit ganz viel Baumhausromantik“ beginnt.
Da ist „Sehnsucht nach Sunset Rock“ (angesichts der Tatsache, dass sich fast die gesamte Handlung hier vor Ort zuträgt, ist der Titel, so romantisch er auch klingt, dabei doch eher seltsam gewählt) ein absolut typischer Romance-Vertreter; ich habe die Geschichte aber ganz gerne gelesen, zumal ich zuletzt einige teils sehr düstere Thriller gelesen hatte und es mich darum, und auch zur Einstimmung auf die Adventszeit, nach etwas Kuschlig-Romantischem und eher Leichtfüßigem verlangte. Zudem ist Nathans Familie sehr toll, und ich hoffe wirklich, dass es im nächsten Band dann um Nathans Schwester gehen würde. Ein Buch mit ihr als Hauptfigur würde mich wirklich reizen.
Was „Sunset Rock“ angeht, räume ich allerdings ein, dass es ungefähr das komplette letzte Fünftel für mich nimmer gebraucht haben würde; die Geschichte war eigentlich völlig auserzählt, als noch ein dramatischer Auftritt von Nathans Ex stattfand, von der ich mir (wie wohl auch Nathans Schwester) ohnehin nicht erklären habe können, wieso die Beiden je ein Paar waren. Dieser „Konflikt“ war da völlig überflüssig und passte für mich auch nicht so wirklich in das sonstige Gefüge der Handlung; irgendwie hatte das alles was von einer Schauspielerin, die sich einen Cameoauftritt eingeklagt hat, den niemand sehen, und das ganze Team auch nicht drehen, will.

In meinen Augen ist „Sehnsucht nach Sunset Rock“ ein geeigneter Kitschroman, wenn man mal was eher Schmalziges lesen möchte, das ohne besonderen Tiefgang daherkommt und im weitesten Sinne auch eher clean romance ist, denn heiße Szenen fehlen hier eigentlich komplett, ohne dass sie wirklich „fehlen“. Wer es gerne steamy mag, ist von daher eher fehl am Platz; hitzig sind hier allenfalls die ersten Aufeinandertreffen der Konkurrenten um das Grundstück. Also meiner groschenromanbegeisterten Großmutter würde ich diesen Roman durchaus empfohlen haben und ich bin mir sehr sicher, dass sie mir nach dem Lesen vorgeschwärmt hätte, „wie schöööööööön“ diese Geschichte doch war.

Bewertung vom 05.12.2022
Zweimal Weihnachten ist einmal zu viel (eBook, ePUB)
Harlow, Lotti

Zweimal Weihnachten ist einmal zu viel (eBook, ePUB)


sehr gut

Lily entstammt aus einer, in einem kleinen Dorf in Cornwall ansässigen, Whisky-Dynastie, hat sich aber inzwischen nach London abgesetzt, wo sie ihre eigene Eventagentur betreibt – zum Missfallen vor Allem ihrer Mutter, zu der sie schon immer ein angespanntes Verhältnis hatte, welche ihrer Tochter in der Leitung der Destillerie sieht. Da ihre Firma in Finanznot geraten ist, sieht Lily sich gezwungen, ihre Eltern um ein Darlehen zu bitten, woraufhin ihre Mutter nach einer völlig schiefgegangenen Probe-Weihnachtsfeier aushandelt, dass Lily die „echte“ große Weihnachtsfeier organisieren muss, um das Geld zur Rettung ihrer Firma vorgestreckt zu bekommen. Der Deal platzt außerdem, sollte Lily nicht ein spezielles Weihnachtsbild eines Künstlers zu Dekozwecken für die Weihnachtsfeier auftreiben können, um dessen Verbleib niemand weiß und auch vom Maler ist nur dessen Pseudonym bekannt… Ich fand die Voraussetzungen zu dieser Geschichte ein wenig wild: bei Lilys Heimatdorf handelt es sich wirklich um ein absolutes Kaff, in dem ihre Eltern dennoch absolut nicht eingebunden sind, während Lily quasi mit allen befreundet ist und im Allgemeinen da eine richtig herzliche Dorfgemeinschaft besteht. Lilys Vater sitzt in diesem Roman wenn überhaupt eigentlich immer nur schweigend da, ihre Mutter ist schnippisch und kein Elternteil wirkt da wie der Boss einer weltweit anerkannten Premium-Marke. Als erwähnt wurde, dass Lilys Bruder sehr in das Familienunternehmen und dessen Leitung involviert ist, habe ich es zum Einen noch weniger verstanden, wieso ihre Mutter Lily unbedingt auch zurück in der Destillerie haben wollte, deren Übernahme ja gesichert war, und zum Anderen blieb es mir bis zuletzt unerklärlich, wieso sich Lily nicht einfach direkt an ihren Bruder gewandt hat, zu dem sie ein sehr gutes Verhältnis hatte und der ja nu auch nicht nur nen Appel und ein Ei auf dem Konto gehabt haben dürfte.
Also dieser Deal zwischen ihrer Mutter und Lily hätte meines Erachtens deutlich besser begründet werden können/müssen; da war mir die Basis der Geschichte einfach viel zu unglaubwürdig.

Nachdem ich mich dann dazu entschlossen hatte, über diese seltsame Hintergrundgeschichte hinwegzusehen, wurde „Zweimal Weihnachten ist einmal zu viel“ dann zu einer leicht schnulzigen, aber halt sehr typischen Weihnachtsgeschichte: Die Identität des geheimnisvollen Künstlers wurde für mich sehr schnell offensichtlich; kurz bevor es erklärt wurde, hatte ich dann auch den Geistesblitz, wofür sein Pseudonym I.L.N. tatsächlich stand; und bei ungefähr 60% Lesefortschritt im eBook schwante mir dann endgültig auch der Verbleib des Bildes, den man sich theoretisch bereits in dem Moment denken kann, in dem ihre Mutter dessen Fund zur Voraussetzung macht. Die ganze Geschichte ist zweifelsohne sehr vorhersehbar, aber von einem „Wohlfühlroman“ sind da wohl auch keine großen Überraschungen und Mega-Spannungsmomente zu erwarten.

Ich habe das eBook tatsächlich auch sehr gerne gelesen; es ist halt etwas Heimeliges fürs Herz, was trotz aller geschilderten stressigen Situationen doch ein sehr gemütliches und stimmungsvolles Weihnachtsflair vermittelt und ganz unterhaltsam geschrieben ist. Im Großen und Ganzen ist dieser Roman einfach ein bisschen wie ein geschriebener Hallmark-Weihnachtsmovie.

Bewertung vom 05.12.2022
Happy New Year - Zwei Familien, ein Albtraum
Stehn, Malin

Happy New Year - Zwei Familien, ein Albtraum


gut

“Happy New Year” erzählt vornehmlich von zwei früher eng miteinander befreundeten, heute entfremdeten Paaren, die allerdings noch immer daran festhalten, Silvester zusammen zu verbringen. Auch in diesem Jahr begeben sich Nina und Fredrik mit ihren jüngeren Söhnen zu einer entsprechenden Party bei Lollo und Max, während bei ihnen daheim die jugendlichen Töchter der beiden Paare zum ersten Mal eine gemeinsame Party schmeißen dürfen. Doch am Ende der Nacht ist Jennifer, die Tochter von Lollo und Max, spurlos verschwunden… der Roman wird nun abwechselnd aus den Perspektiven von Nina und Fredrik sowie Lollo erzählt, wobei ich es, je weiter die Geschichte voranschritt, immer merkwürdiger fand, dass Max hier außen vor blieb ebenso wie ich es schade fand, dass mit Smilla, der Tochter Ninas und Fredriks, eher beiläufig umgegangen wurde, zumal so deutlich betont wurde, dass die Elternpaare nur noch wenig Bezug zueinander haben, aber die Töchter waren immerhin noch vertraut genug miteinander, um zusammen mit Freund*innen zu feiern. Zudem sah Lollo Nina eher als unnötig überbesorgte Glucke an, die sich schwerer damit tat, ihre Kinder ein bisschen mehr loszulassen, aber statt sich verstärkt um Smilla zu kümmern, die Jennifer als eine der letzten Personen gesehen haben muss, machte sich Nina eher Gedanken um Lollo – und allenfalls noch um Fredrik, den Jennifers Verschwinden offensichtlich direkt in eine depressive Episode stürzt?
Für mich blieb Smilla hier eindeutig die tragischste Figur, zumal sich für mich vor Allem in einer Szene mit zwei weiteren Jugendlichen aus Jennifers Freundeskreis später zeigte, wie sehr da Halt benötigt wurde.

Generell wartete für mich hier niemand der Erwachsenen mit einem höheren Sympathiefaktor auf: Fredrik deutet schnell eine geheime Verbindung zu Jennifer an, die ihn dem Lesepublikum nur noch verdächtiger macht, und ich habe auch Nina hier für sehr schwer von Begriff gehalten, dass sie eher an eine Ehekrise denkt als daran, dass ihr Mann womöglich etwas mit Jennifers Verschwinden zu tun haben könnte, nachdem es ihn direkt regelrecht zu Boden wirft, als bekannt wird, dass Jennifer noch immer nicht heimgekommen ist.
Lollo wurde von Anfang an als ziemliche Diva geschildert, deren Fassade zwar bald ziemliche Risse bekam, aber auch als verzweifelte Mutter einer verschwundenen Teenagerin wirkte sie noch sehr aufgesetzt, und die dritte Freundin Malena wird zwar im Klappentext erwähnt, spielt aber während der Geschichte kaum mehr eine Rolle als irgendwelche Nachbarn von Lollo und Max, die auch auf deren Silvesterparty zu Gast sind.
Dass hier früher mal innigere Freundschaften geherrscht haben sollten, war für mich kaum greifbar; generell blieben auch die Paarbeziehungen sehr blass. Auf diffuse Weise wirkten für mich hier alle Kontakte zueinander wie Zweckbeziehungen, die nur notdürftig für die Erzählung konstruiert worden waren.

Ich hatte eine hochexplosive Geschichte erwartet voller Reibungen, da diese Ausnahmesituation bestimmt alle zermürben und überfordern würde; stattdessen wurde aber komplett auf Abstand zueinander gegangen und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Ich fand es seltsam, dass diese extreme Stresssituation da nicht eine der Figuren wirklich auf Konfrontationskurs gehen ließ.
Was ich allerdings sehr gelungen fand, war, dass sehr gut herüberkam, wie sich die Zeit hier ziehen konnte; denn eigentlich spielte sich alles innert recht kurzer Zeit ab, aber ich hatte schon am ersten Abend nach Jennifers Verschwinden das Gefühl, als wären alle bereits seit Wochen in dieser Ungewissheit gefangen.

Leider hat sich für mich auch die Lektüre gezogen: Ich habe insgesamt fünf Abende daran gelesen und zwischendrin sogar noch pausiert; dabei hatte ich diesen Roman, den ich eher als Psychodrama und weniger als Thriller ansehe, im Vorfeld als ein Buch eingestuft, das ich bestimmt an einem Abend komplett „fressen“ oder zumindest direkt am nächsten Abend zu Ende lesen würde. Abbrechen wollte ich in diesem Fall aber doch nicht, weil es mich schon interessiert hat, was genau mit Jennifer passiert war. Im Nachhinein hätte ich vor dem letzten Fünftel das Buch aber schließen sollen, und mir mein eigenes Ende ausdenken. Denn die Auflösung fand ich hier absolut schwach und während sich vorher Alles in Allem verlor, war hier plötzlich alles sonnenklar und offensichtlich. Der Schluss wirkte in meinen Augen ein wenig so als wäre die Autorin inzwischen von der ganzen Palaverigkeit ihrer eigenen Figuren gewesen, dass auch sie die Geschichte nur noch schnell zum Ende hatte bringen wollen.

Bewertung vom 19.11.2022
Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1 (eBook, ePUB)
Sten, Viveca

Kalt und still / Hanna Ahlander Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Der „erste Fall“ für Hanna Ahlander ist natürlich nicht ihr erster Fall, sondern lediglich ihr erster Fall in einem neuen Umfeld: Infolge einer gegen ihr Dafürhalten eingestellten Ermittlung gegen einen Kollegen, der verdächtigt wird, Gewalt gegenüber seiner Frau ausgeübt zu haben, wird sie auf ihrer bisherigen Dienststelle bei der Stockholmer Citypolizei, wo sie auf häusliche Gewalt spezialisiert ist, geschasst und vorerst beurlaubt, mit der dringenden Empfehlung, sich einen neuen Job zu suchen. Als ihr Lebensgefährte sich zeitgleich von ihr trennt und sie auffordert, in Bälde aus seiner, bislang von beiden bewohnten Wohnung auszuziehen, flüchtet sie sich auf Geheiß ihrer Schwester in das abgelegene Åre, wo eine 18jährige Schülerin nach einer Luciafeier spurlos verschwunden ist – und wo Hanna bald in Kontakt mit der dortigen, personell unterbesetzten Polizeidienststelle kommt… Tatsächlich beginnt die Hanna-Ahlander-Reihe somit reichlich typisch für eine Reihe Regionalkrimis: Man wird mit einer Gegend vertraut gemacht, in der sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen, und in der die Polizei kaum mal etwas zu tun hat; dennoch wird deren Unterbesetzung ausschweifend beklagt und als total überraschend ein Kapitalverbrechen geschieht, taucht ebenso überraschend eine spezialisierte Person von sonstwo auf, die sich gleich in Pussemuckel anwerben lässt, wo ab da Roman um Roman ständig Schwerverbrechen passieren werden.
Was mir allerdings gefallen hat, war, dass der Fokus hier nicht ausschließlich auf Hanna lag, sondern die Perspektive immer wieder zwischen wesentlichen Figuren geswitcht ist; so wurden neben Hanna auch noch der örtliche Polizist und Ermittlungsleiter Daniel, der erst vor drei Monaten Vater geworden ist und sich nun schwertut, seiner Familie gerecht zu werden, sowie die Familie der verschwundenen Amanda, insbesondere ihre Eltern, näher beleuchtet. Häufig nervt es mich in Krimis, wenn neben dem Fall noch sehr viel Privatleben geschildert wird, aber hier empfand ich das als sehr angemessen und ausgewogen, da eben alles auch einen Bezug zur Polizeiarbeit hatte (wie ergeht es Opferfamilien; wie sehr belastet die Arbeit am Fall, grad wenn es noch dazu privat zuletzt große Veränderungen gegeben hat…?).
Das Einzige, was mich hier nun genervt hat, war, dass Hanna Blessuren an der verschreckten Reinigungskraft, die das Haus ihrer Schwester putzte, entdeckte und sofort stur deren Hintergründe klären wollte; das passte zwar einerseits zu ihrem Engagement und ihrer Profession in Sachen häuslicher Gewalt, aber andererseits unternahm sie hier sofort einen absoluten Alleingang, noch ehe sie überhaupt von der lokalen Polizei als Unterstützung angefragt worden war, und schreckte da auch nicht vor Einbruch zurück. Auch wenn sie dabei letztlich Relevantes entdeckte: Das hätte man auch deutlich „offizieller“ in die Handlung einbauen können; mir ist es da echt ein wenig aufgestoßen, dass Hanna, die sich dem Schutz vor körperlichen Übergriffen verschrieben hatte, da dann doch selbst in gewisser Weise ebenfalls übergriffig wurde und der Reinigungskraft, von der sie sicher war, dass sie ein Gewaltopfer war, und von der sie ganz genau wusste, wie sehr es sie zuvor erschreckt hatte, im vermeintlich leeren Haus von deren Schwester plötzlich Hanna gegenüberzustehen, letztlich in ein weiteres, fremdes Haus nachstellte und da wiederum plötzlich neben ihr auftauchte.

Generell bin ich aber an weiteren Hanna-Ahlander-Bänden interessiert; die Auflösung, nachdem bereits mehrere Verdächtige präsentiert worden waren, war hier zwar nicht völlig unerwartet, aber eben doch auch keine „Klischee-Lösung“, die man gleich zu Anfang schon hätte vorhersehen können; ich mochte es eben, wie auch die Auswirkungen der psychischen Belastung auf diverse Figuren beschrieben wurden und auch der Lokalkolorit der einsamen, in Schnee versinkenden Gegend und die Gefährdung durch die unwirtliche, eisige Wetterlage wurden sehr gut und quasi fühlbar (ich habe mich tatsächlich beim Lesen zum Schluss hin mit einer Wärmflasche eingemummelt) herübergebracht. Durchaus ein gelungener Reihenauftakt!

Bewertung vom 14.11.2022
Der Horror der frühen Chirurgie
Fitzharris, Lindsey

Der Horror der frühen Chirurgie


sehr gut

Der Titel dieses Sachbuchs ist ein wenig irreführend, denn wie sich bereits aus dem Klappentext beschreiben lässt, geht es hier vielmehr um den „Horror der frühen plastischen Chirurgie“, beginnend ab Anfang des 20. Jahrhunderts, und dieser Teilbereich der Chirurgie bleibt auch bis zuletzt im Fokus. Das fand ich ein wenig schade, zumal es in den letzten 100 Jahren nun doch diverse krasse Weiterentwicklungen/Entdeckungen/Möglichkeiten im Bereich der Chirurgie (man denke nur an Organtransplantationen, oder simpler: inzwischen häufig minimal-invasive Eingriffe, die ambulant erfolgen können, wo früher noch ein großer Schnitt, gefolgt von zig Tagen Bettruhe, vonnöten war ) gab und ich mir doch gewünscht hätte, im Verlauf des Buchs auch etwas darüber zu lesen, wie die Allgemeinchirurgie vor 100 Jahren noch aussah.
Der Teil rund um die plastische Chirurgie war allerdings dennoch auch derjenige, der mein Interesse geweckt hatte: mein Urgroßvater, den ich noch kannte, hatte im Krieg ein Auge eingebüßt und bis ich auf die Leseprobe zu diesem Buch stieß, war seine Verletzung kein großes Thema und auch, wenn es mir durchaus aufgefallen war, hatte ich mir nie Gedanken darüber gemacht, dass sein Gesicht bis ins hohe Alter hinein sehr glattgezogen und leicht wächsern wirkte bzw. dass eine Granate ihm gezielt das Auge hatte wegsplittern können, während sein Gesicht ansonsten unverletzt geblieben war. Da hat mich tatsächlich erst die Leseprobe „Mooooment!“ denken lassen und dass mein Uropa (der auch nie ein Glasauge oder Ähnliches besaß; er hatte an Stelle des eingebüßten Auges tatsächlich einfach nur eine tiefere Delle im Gesicht) wohl doch eher eine „Schönheits-OP“ durchlaufen hatte als dass er ein sauber, punktuell getroffenes Wunder war. Da war ich dann schon neugierig, zu erfahren, wie das früher wohl gelaufen war und wie sich das alles entwickelt hatte.
Jetzt bin ich in der Hinsicht definitiv schlauer; „Der Horror der frühen Medizin“ beschäftigt sich da auch sehr mit der Biografie Harold Gillies und kommt immer wieder auf diesen zurück; das hatte mich doch etwas überrascht, denn ich hatte eher erwartet, dass er hier eher als „grober Begründer“ gelten würde, dessen Ideen dann direkt von bereits spezialisierteren Ärzten und Organisationen weiterentwickelt worden wären. Ich kann es gar nicht begründen, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass er weiterhin so sehr involviert gewesen war und nicht einfach nur vom Schlachtfeld in Richtung Hospitäler in sicheren Gebieten: „Hey, man könnte ja mal probieren….“ vermeldet hatte.

„Der Horror der frühen Chirurgie“ scheut dabei keine Details, und ja, die sind manchmal schon sehr horrormäßig; leider, oder glücklicherweise, gibt es keine Bilder im Buch. Man kann sich die Dinge sehr genau vorstellen; also in der Hinsicht habe ich Fotos nicht so sehr vermisst, für mich war das mehr: „Hm, ein Foto wäre jetzt ganz nett. Vielleicht stelle ich mir das nun einfach nur zu extrem vor?“, gepaart mit der Angst, dass ich es mir doch noch viel zu harmlos vorstellen könnte und lieber keine Bilder sehen wollte.
Ich habe zugegeben an diesem Buch auch für meine Verhältnisse sehr lange gelesen, weil ich immer mal wieder dachte, dass es mir nun doch zu viel werden würde und ich erst ein paar Tage Pause vom Horror bräuchte. Horror-Romane kann ich definitiv sehr viel besser abhaken, aber dieses Sachbuch war mir da doch zu real, wobei ich mir unsicher bin, ob es mich ähnlich heftig verschreckt haben könnte, hätte ich während des Lesens nun nicht ständig meinen Uropa im Kopf gehabt und was man, ab Lazarett, wohl mit ihm angestellt hatte.
Ich fand das alles sehr interessant, aber man sollte sich schon im Klaren sein, dass der Titel hier nicht unbedingt eine Übertreibung ist – denn Schönheitschirurgie hin oder her: schön sind die Ausführungen hier wirklich eher rein gar nicht.

Bewertung vom 09.11.2022
Die Schatten über uns
Marrs, John

Die Schatten über uns


ausgezeichnet

Wow… dies war das erste Mal, dass ich nach dem Lesen eines Buches; und ich habe in meinem Leben schon sehr viele Bücher gelesen; Alpträume hatte. „Die Schatten über uns“ erzählt in erster Linie die Geschichte Mias, die zusammen mit ihrem Mann ein altes leerstehendes Haus ersteigert, um endlich aus dem Anbau des schwiegerelterlichen Hauses auszuziehen, nicht zuletzt, da das Verhältnis zwischen ihrer Schwiegermutter und Mia sehr angespannt ist. Doch kaum können sie das Haus ihres nennen, entdecken sie versteckt auf dem Dachboden mehrere Koffer, welche die sterblichen Überreste von Kindern enthalten. (Das passiert schon am Anfang der Geschichte, und ich möchte nicht groß spoilern, finde es in diesem Fall aber aufgrund der Intensität des Romans und der Triggergefahr wichtig, im Vorfeld darauf hinzuweisen, dass es hier um Kindermorde, und noch dazu um Serientaten, geht.) Mia belastet das alles sehr stark und sie hat das Gefühl, dass es ihr erst dann bessergehen wird, wenn die Hintergründe dieses Fundes geklärt werden konnten; und während sie sich bemüht, eine Verbindung zwischen ihrem Haus und den identifizierten Opfern herzustellen, deutet immer mehr daraufhin, dass sich der Serienkiller in ihrem direkten Umfeld befindet.

Die Perspektive wechselt hier häufig, neben Mia kommen auch ihr Mann, ihr Schwiegervater und ihre Schwiegermutter zu sprechen; ferner gibt es zwischendurch immer wieder Schübe, in denen Interviews oder Presseberichte zu den Vorkommnissen wiedergegeben werden. Die ganze Geschichte wird also von mehreren Seiten aus beleuchtet; die namentlich bekannten Ich-Erzähler haben alle einen gewissen Tunnelblick und da wird sehr deutlich, dass diese Vier auch untereinander, teils miteinander, Geheimnisse voreinander haben. Die ganze Atmosphäre ist sehr „sticky“ und unangenehm.
Weiterhin gibt es auch noch einen namentlich nicht genannten Erzähler, dessen Erzählstrang sich mehrere Jahrzehnte zuvor abspielt, und bei dem es sich ganz offensichtlich um das Kind handelt, das die in der Buchbeschreibung genannten Worte in die Fußleiste gekratzt hatte – das war ein bisschen unglücklich, denn in diesen Schilderungen kommt in der deutschen Übersetzung nun einmal ein einziges, sehr spezifisches Wort vor, das dem aufmerksam Lesenden die Auflösung verrät. Nicht den kompletten Schluss (der wird nämlich nochmal krasser), aber man wundert sich, sofern man diesen Begriff nicht überliest, hier nicht, wenn die Täterschaft „überraschend“ enthüllt wird.

Diese gesamte Szenerie ist letztlich so unglaublich, und alles wird gefühlt Seite um Seite nochmals krasser und ich bin mir nicht sicher, ob mir der Schluss bzw. der Epilog nicht doch auch schon ein bisschen zu viel Drama war; ich war im Vorfeld darauf eingestellt, dass ein John-Marrs-Thriller sicher extrem sein und mich an mehreren Stellen verblüffen könnte; „Die Schatten über uns“ ist ein bisschen wie die erst wirklich dunkle Version von Marrs‘ „The Good Samaritan“, oder auch von Ketchums „Evil“. Ich weiß, dass das komplett auf wahren Ereignissen basierende „Evil“ sehr viele Leser*innen zwar völlig gefesselt, aber auch total verstört, hat und viele mit bestimmten Szenen zu kämpfen hatten, die ich ganz gut weggesteckt habe, weil ich deren Schilderung gar nicht als so intensiv empfand (wobei ich zugegeben aber auch den zugrundeliegenden Kriminalfall vorher kannte und darum mit den entsprechenden Taten im Buch schon im Vorfeld rechnen konnte). „Die Schatten über uns“ ist nun fiktional, aber Marrs erklärt im Nachwort, mit welchen berüchtigten (realen) Serienkillern er sich für diese Geschichte näher befasst hat und an wem sich einige Darstellungen des Buches orientieren, und ja, man liest hier unter Anderem aus Tätersicht, wie großartig es jemand findet zu morden und Reue spielt hier gar keine Rolle.

„Die Schatten über uns“ ist ein durch und durch böses Serienkillerbuch, bei dem es kaum einmal um die Opfer geht – und das ich nicht einem Menschen, ob Freund oder Feind, empfehlen würde, dem „Evil“ eigentlich schon zu viel war. Für mich besteht die Zielgruppe in diesem Fall wirklich aus den Leser*innen von „Evil“, die von dessen Geschichte eben nicht bereits verstört wurden. Thrillerfan hin oder her, man sollte hier definitiv zusätzlich einen Hang zum Horrorgenre hin haben.
Für mich war „Die Schatten über uns“ nun mit Abstand mein bisheriges Lesehighlight 2022, und ja, ich habe danach sehr schlecht und mit wirklich heftigen Träumen geschlafen, aber ich habe das Buch auch einfach nicht aus der Hand legen können, weil ich während des Lesens wiederholte „Nicht dein Ernst jetzt? Ich fasse nicht, was ich da grad gelesen habe: Okay, also das nächste Kapitel noch!“-Momente hatte.

Bewertung vom 30.10.2022
Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen (eBook, ePUB)
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen (eBook, ePUB)


gut

Ich finde es großartig, dass Torsten Sträter (s)einen „Depressionstext“ mit in dieses Buch gepackt hat: auf den ersten Blick wirkt es womöglich seltsam, mitten in einem ansonsten doch sehr humoristischen Buch über einen derart ernsten Erfahrungsbericht zu stoßen, aber zum Einen fügt sich dieser hier irgendwie doch ein und zum Anderen ist Sträter seit ein paar Jahren für sein immenses Engagement und seine Offenheit in punkto Depression bekannt, dass es noch viel seltsamer wäre, würde er das Thema völlig außen vor lassen.
„Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen“ sammelt nun die (besten) Texte der letzten drei Jahre, was bedeutet, dass sie nicht nur sehr coronageprägt sind (wofür sich im Vorfeld direkt entschuldigt wird), sondern dass sich hier vor Allem auch Texte finden lassen, die bei Kurzauftritten im Fernsehen vorgetragen wurden, und weniger längere Geschichten enthalten sind, wie sie für Solo-Veranstaltungen üblich wären. Von daher ist dieses Buch für mich nun auch eher an Sammelsurium an öffentlich-rechtlichen Anekdoten und weniger Geschichtensammlung gewesen; da zeigte sich auch das für mich größte Manko: Ich höre Sträter zwar ohnehin lieber zu, als dass ich ihn lese, wobei ich inzwischen auch schnell seine Stimme und den typischen Ton im Ohr habe, wenn ich seine Geschichten lese, aber den Dingen, die er bereits in Fernsehsendungen vorgetragen hat, merkt man meiner Meinung nach doch sehr deutlich an, dass sie angesichts bestimmter zu jener Zeit diskutierten Themen und eben speziell fürs Fernsehen geschrieben wurden. Die Ansprachen ans Volk, die Pressesprecher-Aussagen… haben sich dabei mitunter selbst längst überlebt; der Johnson-Text ist z.B. noch kein ganzes Jahr her, und wir sind schon zwei britische Premierminister weiter; ich weiß auch gar nicht, wie es mit dem Mangel an LKW-Fahrer*innen auf der Insel weitergegangen ist, und da haftete vielen Dingen etwas von „ach ja, das war ja dann auch noch gewesen“ an. Da hatte ich nun schon häufiger das Gefühl, dass ich dieses Buch in 20 Jahren mehr schätzen würde, um mich an das alles zurückzuerinnern und mich mit späteren Generationen darüber zu amüsieren, wie völlig absurd diese letzten Jahre waren. Aber gegenwärtig hatte es für mich da eher was von Zettelsammlung mit diversen Glossen.
Beim Teil „Pandemie-Papiere“ fand ich es beim durchgehenden Lesen zudem verwirrend, dass diese zeitlich nicht geordnet waren. Warum? Das ergab gar keinen Sinn, dass man thematisch vom Jahresanfang 2022 wieder zum Frühling 2021 zurücksprang. Selbiges galt für den 8. Teil, in dem September, August und April aufeinanderfolgten.

Was ich für mich nun auch gemerkt habe: Nicht nur, dass ich den „Stories“-Teil klar am Unterhaltsamsten fand, sondern auch ansonsten finde ich Torsten Sträters Texte offensichtlich dann am Überzeugendsten, wenn sie für seine eigene Sendung anstatt für „fremde“ Formate geschrieben wurden. Die Rubrik „Kammanommakucken“ finde ich auch in der „Sträter“-TV-Show z.B. auch immer ungemein unterhaltsam (ich verfolge auch sehr gerne den nerdigen „Sträter Bender Streberg“-Podcast; viele Filme kenn ich gar nicht, habe nun aber dank dieser Drei zu all diesen eine Meinung) und ganz ehrlich, ein Buch, das nur daraus besteht, dass Sträter Filme beschreibt, zerreißt und empfiehlt, würde ich sofort kaufen. Da war ich definitiv enttäuscht, dass nach der „Poltergeist“-Bewertung dieses Buch plötzlich gefühlt einfach aufhörte.

Rein wegen des Kapitels „Warum ich kein Buch über meine Depression schreibe“ würde ich dies Buch hier nun zwar doch einfach allen empfehlen, aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist es doch eher was für die Fans, die gerne auch seine Fernseh-Fremdformate-Kurztexte gerne verschriftlicht vorliegen haben möchten. Ich wünsche mir ansonsten, dass im nächsten Buch eben wieder mehr, auf Tour gelesene, „Lang-Stories“ erzählt werden. Oder dass es eben rein aus Filmkritiken besteht.

Bewertung vom 27.10.2022
Ihr könnt doch noch nicht satt sein!
Bergmann, Renate

Ihr könnt doch noch nicht satt sein!


sehr gut

Dieses Kochbuch kommt genretypisch zum Einen in gebundener Form daher und ist zum Anderen ca. doppelt so groß wie die sonstigen broschierten Erzählbände der Online-Omi. Die Aufmachung entspricht mit der weiß-roten Karooptik (jene ist übrigens auch im Prägedruck gestaltet, man kann den „Stoff“ quasi fühlen) nicht nur traditionellen Geschirrtüchern, sondern eben auch jenen Notizbüchern von einst, in dem bereits Uroma ihre Rezepte handschriftlich vermerkt hatte; selbst ohne die Online-Omi zu kennen, würde mir das Motiv da „Ommas Rezepte!!!“ auf den ersten Blick entgegenschreien.
Tatsächlich konzentriert sich dieses Buch auch voll und ganz auf die Rezepte: Es gibt ein kurzes Vorwort sowie zu jedem Rezept einen knappen, zumeist heiteren Kommentar Renate Bergmanns, aber auf launige Anekdoten muss man hier ansonsten komplett verzichten. Die Rezepte erstrecken sich jeweils über eine Doppelseite, wobei auf einer Hälfte davon ein Bild des fertigen Gerichts abgebildet ist und die andere Seite jeweils das Rezept bereithält. Was mir bei den Fotos positiv aufgefallen ist: die Essen sehen alle sehr gut ausgeleuchtet und minimal kontrastreicher gefiltert aus, wirken dabei aber weder gekünstelt noch so als würde das nachgekochte Gericht bei einem daheim doch immer komplett anders aussehen.

Nicht nur die Buchgestaltung sieht von vornherein nach Omas Rezepten aus, sondern ganz erwartungsgemäß präsentiert die Online-Omi auch ebensolche. Da ist dieses Kochbuch sehr traditionell, und es gibt nun auch eine kurze Abteilung „Wenn Kirsten kommt“, in der vegetarische Rezepte aufgeführt sind (zudem gibt es noch die Sektion „Beilagen“, in der auch diverse vegetarische Gemüserezepte zu finden sind; find ich im Übrigen gut, dass jene Beilagen nicht auch mehr oder minder verlegenheitstechnisch einfach mit bei den vollwertigen vegetarischen Gerichten einsortiert wurden), aber Veganer*innen kommen hier definitiv zu kurz: Oma kocht halt viel mit Sahne und Butter, oder brät in Schmalz an.
Die enthaltenen Rezepte sind definitiv auch nicht überraschend: das Buch enthält die typische deutsche Hausmannskost (Falscher Hase, Käse-Hack-Lauch-Suppe, Königsberger Klopse, Rahmwirsing, Grießklößchen, Erbsensuppe, Möhreneintopf, Serviettenknödel…) wie Mama, Oma, Uroma sie eben gerne auf den Tisch gestellt haben. Ich koche fast jeden Tag, quer durch die Weltgeschichte, und vor Allem quer durch diverse online verfügbare Rezeptsammlungen, und dabei kommen „Rezepte von Omma“ zugegeben sehr kurz; bei der einen Oma wüsste ich außerdem gar nicht, ob noch irgendwo irgendwelche Rezeptkladden vorhanden wären, und bei der anderen Oma hatte sowas zwar mal existiert, wobei sie ihre Rezepte immer in Sütterlin aufschrieb, was ein weniger großes Problem gewesen wäre, wenn sie nicht zusätzlich, und auch laut eigener Aussage, eine absolute Sauklaue gehabt hätte. Selbst wenn deren Notizbücher plötzlich wieder auftauchen würden, könnte ich also eher rein gar nix damit anfangen.
Das Kochbuch der Online-Omi wollte ich von daher nach einem kurzen Blick ins Buch unbedingt haben, einfach um so eine gedruckte, ordentliche Sammlung typischer Oma-Rezepte zu haben, die zudem vor Allem nicht wie in vielen Onlinedatenbanken „auf einem Rezept meiner Oma basieren, aber ich habe es auf diese und jene dann noch eine ganz andere Weise aufgepimpt“, sondern ohne verändertes Klimbim eben an der Basis geblieben sind.

Ich mag dieses Kochbuch nun wirklich sehr; es ist genau so sehr Oma-Rezepte, wie ich es mir gewünscht habe. Für jemand, der aber genau derlei Hausmannskost ständig zubereitet, dürfte es ein eher uninteressantes Buch sein; meine Mama täte z.B. vermutlich nur darauf hinweisen, dass sie schon zig Landfrauen-Kochbücher besitzt und außerdem doch genau weiß, wie man Kohlrouladen zubereitet und dass sie auch ohne nachzuschlagen einen Tortenboden backen kann. Mir fehlt dieses Wissen hingegen. Naja, jetzt nicht mehr. ;)

Bewertung vom 11.10.2022
Spiegelmädchen (eBook, ePUB)
Montejano, Katja

Spiegelmädchen (eBook, ePUB)


sehr gut

Diese Lektüre hätte ich fast frühzeitig abgebrochen; nicht nur, dass ich den Anfang recht hakelig empfand, sondern ich war mir, eigentlich während der kompletten ersten Hälfte, auch völlig unsicher, ob es sich hierbei um einen „regulären“ Thriller oder um einen Jugendthriller handeln würde: Dass Jazz im Spektrum ist, wird als Tatsache zwar deutlich herausgestellt, äußert sich aber hauptsächlich dadurch, dass sie neben einem gewissen Ordnungsspleen, absolut jede Redewendung wörtlich nimmt und da ständig mit einem ungläubigen „das geht ja gar nicht!“ reagiert und immer wieder nachhaken muss, was etwas eigentlich bedeutet.
Zugleich wurde später deutlich, dass Jazz sich regulär durch das Abitur gekämpft hatte, und nun ja, ich habe vorletzten Monat einer 7Jährigen erklärt, was gemeint war, als jemand zu ihr sagte, sie wolle immer mit dem Kopf durch die Wand – und ich finde es nach wie vor unglaubwürdig, dass eine junge Erwachsene mit Abitur, und ob nun mit oder ohne Autismus, bis dahin niemals über absolut gängige Redewendungen und Sprichwörter gestolpert sein sollte, deren Bedeutung sie nicht längst erklärt bekommen, und sich vor Allem gemerkt, hätte. Jazz war mir da weniger autistisch als viel mehr völlig weltfremd dargestellt, denn ich kann mich nun an eigentlich keine Unterhaltung erinnern, in der sie ihrem Gegenüber nicht attestierte, „komisch“ zu sein und etwas (faktisch) völlig Unmögliches gesagt zu haben. Das war mir einfach zu viel, zumal es sämtlich um alltägliche Idiome ging und an keiner Stelle um eine Redensart oder Metapher, die generell eher unbekannt gewesen wäre.

Dann beginnt der Roman damit, dass Jazz‘ Zwillingsschwester nach einem Casting spurlos verschwindet (was im Übrigen eher lässig abgehandelt wurde), ihre Mutter zuvor schon nicht zu erreichen war… und einer Rückblende, in der ein offensichtlicher Kidnapper ein Opfer ermordet, wobei in kursiven Einschüben kapitelweise immer wieder erzählt wird, was dieser Täter aktuell anstellt – ohne dass sich ein Zusammenhang erschließt, zumal Jazz‘ und Danikas Mutter absolut nicht so dargestellt wird, als fiele sie da in das offensichtliche Beuteschema. Da verbarg sich für mich auch mein größtes Problem mit der Geschichte: Die Auflösung ist letztlich zwar in sich schlüssig, aber zunächst deutet alles daraufhin, dass der Täter lediglich ein bestimmtes Beuteschema verfolgt, das seine Opfer zufällig erfüllen, und plötzlich klingt es als wäre hier nun eine ganze Familie gezielt anvisiert worden. Da habe ich tatsächlich auch überlegt, ob es da überhaupt den einen „Tätererzähler“ gäbe (obschon dessen Stil immer gleich blieb) oder diese Einschübe von mehreren Personen stammen könnten, weil es einfach so zusammenhanglos wirkte, dass nun eben eine Familie attackiert werden sollte – zumal aus diesen Schilderungen auch nicht klar hervorging, wen der erzählende Täter da aktuell folterte; das hätte einfach jede Frau sein können.

Nach dem ersten Fünftel schien mir der Roman aber weitaus strukturierter; ein bisschen so als habe die Autorin nun endlich den Faden ergreifen können, von dem sie wirklich erzählen wolle, und ab da habe ich „Spiegelmädchen“ auch als soliden, aber bösen Thriller (hier wird wirklich viel gefoltert und gemordet; das war für mich nun lediglich eine Stufe unter Simone Trojahns Büchern) empfunden. Ein bisschen schwer habe ich mich allerdings damit getan, dass sich zwischen Jazz und einem der Polizisten noch eine Romanze anbahnte; das war in meinen Augen eher überflüssig und von seiner Seite aus auch absolut unprofessionell.
Aber die letzten 80% waren meinem Empfinden nach sehr spannend erzählt; ab da habe ich den Roman auch in einem Rutsch gelesen und das ist es, was mich dann doch vier Sterne vergeben lässt. Dezimalstellen erlaubend würde ich „Spiegelmädchen“ nun bei 3,8 Sternen eingeordnet haben, wobei ich wirklich mit mir geringen habe, ob ich diesem Buch nicht eher nur abgestufte drei Sterne geben solle, denn fast wäre er ja einfach nur ein DNF (did not finish) geworden. Allerdings kann ich mir sehr gut vorstellen, auch einem weiteren Werk Montejanos noch eine Chance zu geben, vor Allem in der Hoffnung, dass es dabei eingangs nicht noch so hakt.

Bewertung vom 10.10.2022
This Charming Man / The Stranger Times Bd.2
McDonnell, C. K.

This Charming Man / The Stranger Times Bd.2


sehr gut

Wenn ich im Buchladen ein Regal ignoriere, ist es häufig mit “Fantasy” angeschrieben: Mit diesem Genre tue ich mich generell eher schwer und liebe Bücher dieses Fachs mitunter aber dann doch sehr, wenn sie zugleich unter „Humor“ fallen, und skurriler Humor von der Insel sammelt generell zusätzliche Pluspunkte bei mir: Den ersten Band der (voraussichtlichen) Trilogie rund um die Stranger-Times-Redaktion hatte ich sehr gefeiert, da ist „This Charming Man“ nun in sehr große Fußstapfen getreten – und obschon ich diesen Roman wiederum sehr gerne gelesen habe, hat er die vorgelegten Spuren doch nicht ganz ausfüllen können.
Ein bisschen krankt „This Charming Man“ ebenfalls am für mich häufig typischen Problem des Serien-Mittelbandes: Dass er eine eigene Geschichte erzählen muss, die an den vorhergehenden Band anknüpft, aber noch genug erwartbare Handlung für den nächsten Band offenlässt, in dem sich erst wirklich alles aufklären darf.
Dass „This Charming Man“ nun mit einer Vampir-Thematik aufwartete, habe ich als sehr positiv empfunden; nicht, weil ich Vampirgeschichten ganz gerne mag, sondern weil im ersten Band eben null Vampirismus auftauchte und es hier somit um ganz andere „Monster“ ging, wobei die bereits bekannten magischen Gestalten allesamt abstritten, dass es Vampire überhaupt gäbe – was nun den Kern der Recherchen der Redaktion abbildete: denn da draußen fielen ganz eindeutig Menschen auf, die plötzlich alle Merkmale von Vampiren aufwiesen, aber wenn es doch keine Vampire gäbe, hätte doch auch niemand derart auffallen können?!

Manny kam in diesem Band nun kaum vor, was ich schade fand, aber dafür traf man umso mehr, auch abseits Hannahs, mit den restlichen Redaktionsmitgliedern zusammen; während sich Band 1 noch sehr auf Hannah fokussiert hatte, gab es in diesem Fall nun nicht den einen übermäßig in den Mittelpunkt gestellten Mitarbeitenden der Stranger Times. Da fand ich das „Aufmerksamkeitsverhältnis“ nun deutlich gleichmäßiger und mir ist aufgefallen, dass ich auch gar nicht den oder die eine von der Stranger Times benennen könnte, der oder die mir am Liebsten ist. Da sind mir alle gleichermaßen ans Herz gewachsen, selbst der bärbeißige Banecroft, der hier mitunter erstaunlich freundschaftliche und einfühlsame Züge zeigt.
Allerdings zerstreut sich die Redaktion hier wiederum frühzeitig und ermittelt in kleineren Teams in diverse Richtungen: hier treten sehr viele neue Figuren auf den Plan, dass es tatsächlich sinnvoll sein kann, sich während des Lesens eine grobe Personenübersicht zu notieren. Einige dieser Charaktere spielen für die Hauptgeschichte hier letztlich keine Rolle und da ist zu vermuten, dass sie in Zusammenhang mit ein paar offenbleibenden Dingen stehen und entsprechend im dritten Band nochmals einen (größeren) Auftritt haben werden. Da könnte es sich dann auch als praktisch erweisen, wenn man da während des Lesens noch auf diese Notizen zurückgreifen könnte. (Ich hatte vor „This Charming Man“ tatsächlich den ersten Band nochmals überflogen; generell würde ich auch unbedingt dazu raten; und es gab nun dennoch Momente, während derer ich dachte: „Warte mal… wurde das im ersten Band schon erwähnt, was mit dieser oder jener Person (geschehen) ist?“ Ich bin festen Willens, den dritten Teil definitiv auch zu lesen und werde zuvor die ersten beiden Bände bestimmt nochmals lesen und mir dabei auch eine Personenkarte erstellen. Prinzipiell wäre es natürlich schön, wenn es in den einzelnen Bänden nun entsprechende „Stammbäume“ gäbe.)

Der Schluss von „This Charming Man“, erneut ein Showdown, hat mir im Übrigen besser als jener des vorgängigen Bandes gefallen: Der war dieses Mal „geordneter“ und meinem Empfinden nach klarer nachzuvollziehen; die anschließende Danksagung war auch wieder sehr lesenswert, wobei mir das „Zukunftsorakel“ aus dem ersten Teil doch noch klar besser gefallen hatte.

Insgesamt war „This Charming Man“ für mich nun eine durchaus gelungene Fortsetzung, die einem mittleren Band entsprechend aber doch auch irgendwie in der Schwebe hängenblieb und mir einmal mehr deutlich machte, dass ich Reihen Serien definitiv vorziehe. Aber ich werde garantiert nicht ohne den dritten Band dieser Serie bleiben!