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SofieWalden

Bewertungen

Insgesamt 638 Bewertungen
Bewertung vom 21.05.2024
Zwischenschritte
Dragnic, Natasa

Zwischenschritte


ausgezeichnet

Zwei Menschen treten heraus aus ihrem Dunkel, für ein neues Leben

Zwei Menschen, jeder behaftet mit einer Tragödie und tief niedergedrückt im eigenen Sein, treffen aufeinander. Brigitte hat vor einem Jahr ihren Sohn verloren. Ihre Ehe, ihr ja so gutes Leben, die Trauer ist unerträglich und sie flieht. In Frankreich lernt sie Christian kennen. Auch er wird belastet durch ein Geschehen und leidet. Als sich die beiden so unterschiedlichen Menschen kennenlernen, ist es dieses Gefühl der Verzweiflung, das sie trotz Brigittes schon fast kalter auf jeden Fall distanzierter Art auf der einen Seite und dem dazu konträren offenen Wesens dieses Mannes, der die Bücher, die er verkauft, immer mit einer passenden Musik versieht, um seinen Kunden eine noch größere Lesefreude zu bereiten, zusammen finden lässt. Dabei ist es kein kontinuierliches Näherkommen. Es gibt Schritte zurück, anderes nimmt überhand, Zweifel, Verzweiflung, immer wieder die Vergangenheit, und doch gelingt es den beiden, einander Halt zu geben, ein wenig Schutz und letztendlich die Stärke, herauszutreten aus ihrer Blase und wieder so etwas wie Leben tatsächlich zu wollen.
Dies ist ein tolles intensives auch auf seine ganz eigene Art berührendes Buch, in einem von der Autorin individuell kreierten Stil. Hier versteht es jemand, mit Worten umzugehen, damit zu spielen auf eine Weise, die immer genau passt, um uns Leser die Dinge fühlen zu lassen, in jedem einzelnen Augenblick. Dies und das Geschehen in der Geschichte selbst, es ist bringt ein Miterleben, das man nicht so schnell vergisst. Und es hallt nach, mit einem Ende mit vorläufigen Entscheidungen, die sich erst einmal richtig anfühlen, genau jetzt. Was daraus wird, für diese zwei Menschen, die es nun wieder gibt, das wird sich zeigen bzw. es bleibt den Lesern selbst überlassen, wohin die eigenen Gedanken gerne gehen würden. Auch das ein letztes Geschenk der Autorin an ihre, von meiner Seite aus, begeisterte Leserschaft.

Bewertung vom 10.05.2024
Fest im Sattel
Hicks, Faith Erin

Fest im Sattel


ausgezeichnet

Ein neuer Reitstall und Reiten macht immer noch Spaß, aber Freunde?

Viktoria liebt Pferde und das Reiten. Schon sehr lange hat sie einen Reitstall, in dem sie nahezu jeden Tag ist, zusammen mit ihrer besten Freundin. Die Reitstunden zu bezahlen, ist für ihre Mutter nicht leicht und ein eigenes Pferd, das kann diese ihr leider nicht erfüllen. Um mehr Stunden zu bekommen, hilft Viktoria im Stall. Ihre Freundin hat es da besser. Sie muss sich keine Gedanken um Geld machen. Ihre Eltern haben viel davon und eines Tages bekommt sie tatsächlich ein Pferd. Sie möchte richtig gut werden beim Reiten und so viele Abzeichen gewinnen, wie nur möglich. Viktoria dagegen liebt es einfach, mit Pferden zusammen zu sein. Sie möchte das genießen und obwohl sie eine gute Reiterin ist, ist ihr der Wettbewerb nicht so wichtig. Darum geht letztendlich die Freundschaft der beiden Mädchen auseinander, denn Viktorias Freundin kann das nicht akzeptieren. Und deshalb nun der Neuanfang, ein neuer Reitstall, sich am Umgang mit den Pferden erfreuen und keine Freunde, nie wieder. Zu sehr hat sie das Vorgefallene verletzt. Das möchte sie nicht noch einmal erleben.
Was für eine tolle Geschichte, in Comicform erzählt und so richtig nahe dran, an der Liebe zu Pferden, die vor allem Mädchen, obwohl hier gibt es auch einen Jungen, erfüllt. Aber hier geht es um noch viel mehr, um das, was eben so passiert im Leben, um zerbrochene Freundschaften, weil die Akzeptanz fehlt, um Verantwortung, das langsame Erwachsenwerden, das auch dazu führt, das man eben seinen eigenen Weg gehen muss, wenn auch erst einmal nur im Kleinen. Und es geht um einen Neuanfang, der dann auch wirklich einer ist. So sehr man auch glaubt, nun für immer allein zu sein, allein sein zu müssen, um nicht erneut verletzt zu werden, es gibt sie, nette Leute mit gleichen Interessen nicht nur bzgl. Pferden, die sehr in Ordnung sind und die dann irgendwann zu neuen tollen Freunden werden.
Dieses Buch, es zeigt ganz viel von dem, was seine junge Leserschaft so bewegt, schön ausbalanciert und richtig gut.

Bewertung vom 08.05.2024
1 Traumprinz, 100 peinliche Zettel und wie man sich ratzfatz wieder entliebt / Ruby Bd.3
Fülscher, Susanne

1 Traumprinz, 100 peinliche Zettel und wie man sich ratzfatz wieder entliebt / Ruby Bd.3


ausgezeichnet

Ruby mag ihr Leben sehr, mit Pendeln, Schule und letztendlich auch mit der Liebe

Juhu, Ruby ist wieder da, als Buch meine ich natürlich. Etwas älter, inzwischen zwölf, lebt sie, immer abwechselnd, eine Woche mit ihrer Mutter und den Großeltern in einem Haus im grünen Teil von Berlin und eine Woche beim Vater, in seiner WG in Bunt-Berlin, mit 'immer etwas los' und ab und zu einem neuer Untermieter. Und das kann dann auch einmal jemand sein, den Ruby so gar nicht erwartet hat. Und sonst, da sind natürlich auch Rubys tolle Freundinnen, die allerdings momentan alle etwas im 'erste Liebe'-Fieber sind. Für Ruby selbst kommt das so gar nicht in Frage. Das ist doch total nervig und dann auch kompliziert, bis, tja, bis es sie selbst erwischt. Doch es gibt schon noch mehr, was ihr Leben ausmacht. Gerade ist das vor allem die Schule, mit all dem, was gut läuft und dann eben auch mit dem ein oder anderen Schulfach, das einfach nicht hinein will in ihren Kopf. Aber so wirklich ein Problem ist auch das nicht. Rubys Leben ist ziemlich ok und das freut auch ihre Leserschaft sehr. Denn man wächst sozusagen mit ihr mit, mit denselben Problemchen und den gleichen komischen Gefühlen, die einen da ereilen, zum ersten Mal.
Dieser tolle neuer Band der sympathischen Ruby-Buchreihe hat viel Freude gemacht. Und natürlich ist man auch weiter mit dabei, denn Ruby wird älter genau wie wir und das möchten man erleben, bzw. erlesen. Dann also, bis demnächst.

Bewertung vom 27.04.2024
Emmas Herzdilemma
Gerstenberger, Stefanie

Emmas Herzdilemma


ausgezeichnet

Die Sommerferien in zwei Varianten und aus Leichtsinn wird Erwachsenwerden

Emma ist fast 16 und marschiert momentan eher leicht flockig durch die Welt, kleine Pflichten, kein Bock. Es geht um Freundinnen, Chatten, Spaß und auf einen Jungen hat sie auch schon ein Auge geworfen. Verantwortung ist gerade so gar nicht Ihrs. Als dann der Hund ihres Großvaters angefahren wird, weil sie, statt auf ihn aufzupassen, wieder ihr Ding durchgezogen hat, haben die Eltern genug. Statt des Urlaubs soll sie ihrer Tante in ihrer Pension in Rom zur Hand gehen. Und dann wird es spannend, denn nun geht es um 'Was wäre, wenn?' Da ist Emmas Geschichte in Rom, wo sie schon arbeiten muss, aber auch viel erlebt, beschienen von der italienischen Sonne und umhüllt von dem wunderbaren Flair dieser Stadt. Sie lernt die Sprache und erlebt, trotz ihrer Pflichten, einen herrlichen Sommer inkl. Amore, durch den süßen Leo. Und dann gibt es die Köln-Variante. Das mit dem Flug hat nicht geklappt. Emma wird hier die Pflicht auferlegt, ihrem Opa, mit dem sie wenig Verbindung hat, zu helfen. Und, man glaubt es kaum, der Kölner Dom ist natürlich nicht das Kolosseum in Rom und auch das Wetter steht der Leichtigkeit einer guten Zeit eher entgegen, aber es wird. Ihr Opa und sie werden ein echt gutes Team. Etwas für andere tun kann sich auch richtig gut anfühlen. Außerdem macht Emma den Roller-Führerschein und ihr Oscar, auf den sie ja bereits ein Auge geworfen hat, es entwickelt sich.
Also man sieht, hier gibt es zwei Geschichten in einer, recht ähnlich bzgl. dem, was man als Teenager so denkt und fühlt. Und soviel darf man verraten, Emma wird in beiden schon ziemlich anders, erwachsener und strukturierter in dem, was denn nun wirklich wichtig ist, ohne das der Spaß und die Freude dabei zu kurz kommen. Das geht nämlich. Dazu kommt, dass das Ganze toll und leicht geschrieben ist und an das Hin- und Herpendeln zwischen Rom und Köln hat man sich schnell gewöhnt, denn das ist auch visuell gut gemacht mit den verschiedenen Schriftarten und dem jeweiligen Emblem Kolosseum für Rom und andererseits dem Kölner Dom.
Ein tolles Buch mit viel Flair, für einen schönen Sommer und genau dem richtigen Feeling für seine jugendliche Leserschaft.

Bewertung vom 26.04.2024
Nice to miez you / Cat Girls Bd.1
Scharf, Claudia

Nice to miez you / Cat Girls Bd.1


sehr gut

Ein ganz normales Mädchen, plötzlich Superheldin und ein cooles Mangaflair

Minou ist ein ganz normales Mädchen. Gerade war, aufgrund der Arbeit ihrer Mutter, wieder einmal Umziehen angesagt. Eine neue Stadt, eine neue Schule, das ist schon nicht so leicht. Und der erste Schultag, da geht wirklich alles daneben. Minous Familie, da können alle irgendetwas richtig gut, sie selbst nicht. Doch dann merkt sie, dass auch bei ihr etwas besonders ist. Sie hört und sieht besser als andere und richtig hoch springen kann sie auch, fast schon katzenhaft. Ihre Mitschülerin Feline bemerkt das auch und glaubt, dass sie, wie sie selbst, ein CAT GIRL ist. Das muss Minou erst einmal verarbeiten, zumal es da jemanden gibt, der Cat Girls gar nichts Gutes will.
Erzählt wird diese Geschichte sehr flott, ein wenig flippig und ziemlich cool, genau wie man sich das für die jugendliche Zielgruppe wünscht. Und dann ist da noch das Flair des sehr gelungenen Manga-Stils, der sich immer wieder in den Text einbindet und so das Geschehen miterzählt.
Das Buch ist der sehr gelungener Auftakt einer als Reihe angelegten Cat GIRL-Abenteuerserie. Hier geht es erst einmal ums Kennenlernen und das tut man sehr gerne, denn Minou ist in vielem ja einfach wie du und ich, mit den typischen Familien- und Schulproblemen. Und auch ein Junge, bei dem es mit Minou im wahrsten Sinne des Wortes so richtig rumst, ist mit im Gepäck. Die großen Abenteuer werden dann sicher in den Folgebänden in den Vordergrund treten, hier ist es vor allem die tolle Gestaltung, Text und Manga-Elemente im Wechsel und dazwischen auch noch die ein oder andere kreative Zeichnung, Sprechblase inklusive, die hervorsticht. Die Geschichte verspricht mehr, für die Zukunft, Manga-Outfit und Co sind schon jetzt der Hammer.
Ich bin sehr gespannt wie es weitergeht für die frisch gebackene Superheldin und vielleicht gesellen sich ja noch ein paar Freunde dazu.

Bewertung vom 25.04.2024
Unter dem Moor
Weber, Tanja

Unter dem Moor


ausgezeichnet

Drei Frauen zu unterschiedlicher Zeit, Sehnsucht, Aufbegehren, Freiheit

Dies ist die Geschichte dreier Frauen, getrennt durch die Zeit und die jeweilige Situation, mit der sie in ihrem Leben fertig werden müssen. Später, nahe am Ende, wird man auch eine Verbindung entdecken zwischen ihnen. Aber was sie alle drei ausmacht, von Beginn an, ist ihre Sehnsucht, den engen Grenzen, teilweise gesetzt durch staatliche Vorgaben und sogar Gewalt, Paroli zu bieten. Sie begehren auf, so gut es eben geht in dem Bestreben nach Freiheit.
Da ist unser Heute und da ist Nina, eine junge Ärztin, die einfach nicht mehr kann. Die Jahre an der Charité, die Zeit von Corona, dringend braucht sie eine Auszeit. Als man ihr diese so nicht gewährt, kündigt sie ihre Arbeit und sucht, begleitet von einem tierischen Neuzugang, Hund Ayla, Ruhe und die Zeit für Selbstreflektion am Stettiner Haff. Und dann kommt der Tag, an dem ihre Hündin etwas ausgräbt, was Nina umtreibt. Und sie macht sich auf die Suche nach Antworten.
Viele Jahre davor, hier lernen wir Sigrun kennen. Sehr jung geheiratet lebt die 20-Jährige mit Mann und Kind in der DDR und spürt die ganz normale staatliche Ein- und Begrenzung ihres Seins täglich in einer Weise, die sie dazu bringt, aufbegehren zu wollen. Sie sehnt sich nach Freiheit, wie sie sie versteht, aber um ihre Familie und speziell das Fortkommen ihres Mannes nicht zu gefährden, versucht sie, weiterzumachen wie bisher.
Und dann gibt es Gine, wieder eine Generation davor. Es ist die Zeit der NS-Diktatur und die 14-jährige wird zum Landjahr ins Stettiner Haff berufen. Die sogenante Belohnung ist ein harter erzwungener Arbeitsdienst. Und dann wird es noch viel schlimmer, denn man vergeht sich an ihr.
Drei Frauen, wir erfahren ihre Geschichten, authentisch, sehr nahe dran und wir fühlen mit, erleben die Ohnmacht, die Sehnsucht nach einem anderen, ihrer Person, auch ihrem Frausein, geachtetem Leben.
Dieses Buch, es wühlt auf und es treibt um, uns Leser in unserem auch so gar nicht perfekten Heute, aber es ist schon etwas anderes mit seinen doch demokratischen Strukturen und den Möglichkeiten, jemand zu sein. Und dazu die Natur des Stettiner Haffs, die Landschaft, das Moor, das Meer, die herrlichen Wege, die man sich erschließen kann, in einer gefühlt echten Freiheit. Und glücklicherweise ist dieses Gefühl für uns auch die Wirklichkeit. Das weiß man zu schätzen, nach diesem Buch aufs Neue sehr bewusst.
Ein guter duchdachter Roman, der sehr anrührt.

Bewertung vom 24.04.2024
Als das Dromedar in meinem Garten stand
Hofer, Severin

Als das Dromedar in meinem Garten stand


ausgezeichnet

Woher kommt das Dromedar, originelle Fotointeraktion mit neuem Plüschfreund

Plötzlich steht es da, das menschhohe Plüschdromedar. Es sucht wahrscheinlich einen Freund und der Erzähler dieses besonderen Fotobilderbuchs, er könnte es wohl sein. Woher kommst du denn, ist seine erste Frage. Viele mögliche Orte.zählt er auf, vielleicht aus dem Wald, aus einem Bunker, bist du her geschwommen oder per Schiff zu mir gekommen, hast du einfach diese Treppe genommen, sag es mir. Von jedem dieser Orte kann man ein Foto sehen, mit dem braunen Dromedar und ihm selbst darauf, immer ziemlich lustig drapiert und in schöner Eintracht miteinander. Man kommt sich näher, sitzt bzw. verrenkt sich gemeinsam auf einer Bank oder geht, das ist dann schon ganz am Ende des Buches, zusammen einen Weg entlang. Woher das Dromedar dann wirklich kommt, seine Antworten sind originell, aber letztendlich ist es immer ein Nein. Doch dann rückt es doch noch damit heraus. Es ist einfach über einen Zaun gesprungen und nun ist es da, bereit für gemeinsame Unternehmungen. Man könnte ja zusammen durch die Lande fahren und nicht nur Fotos machen von sich selbst, sondern sich mit all den neugierigen Menschen am Wegesrand unterhalten, in Interaktion treten, wie man so schön sagt. Aber das wäre dann wohl der zweite Band dieser Geschichte.
Sehr originell ist dieses Buch, ein wenig schräg und sehr passend zusammengeführt in seiner Kombination aus Foto und Text. Gedacht ist es für Kinder und die haben viel Spaß dabei,. Aber ihre Vorleser, die Erwachsenen sind hier mit genauso viel Freude mit dabei und gerade sie hätte die Einbindung von ein paar mehr Menschen, ein paar mehr Begegnungen, zu einem noch zufriedeneren Gesamterlebnis geführt.
Aber wir hoffen auf Band 2, denn die beiden haben sich jetzt doch wohl gefunden und wollen nun als Freunde gemeinsam hinaus in die Welt.

Bewertung vom 18.04.2024
Treibgut
Brodeur, Adrienne

Treibgut


ausgezeichnet

Eine individuelle Familiengeschichte mit allem was dazugehört

Der angesehene Meeresbiologe Adam Gardener steht kurz vor seinem 70.Geburtstag und will dort noch einmal ein forscherisches Highlight präsentieren. Deshalb setzt er die Medikamente, die ihn beeinträchtigen, heimlich ab. Seine zwei Kinder, Ken und Abbey hat er nach dem sehr frühen Tod seiner Frau alleine großgezogen. Sein Sohn, ein gutsituierter Geschäftsmann, mit Frau und zwei Kindern, strebt eine politische Karriere an. Da ist heile Welt natürlich sehr wichtig, auch wenn es nur Fassade ist. Denn in seiner Ehe gibt es massive Probleme. Abbey ist Künstlerin geworden. Die enge Beziehung der beiden Geschwister in ihrer Kindheit hat sich inzwischen zu einem sehr angespannten kontroversen Verhältnis gewandelt, was sich aufgrund von Kens notwendigem Wohlwollen ihr gegenüber, ihr Atelier gehört ihm und sie nutzt es kostenlos, als noch problematischer darstellt. Auch die anderen Protagonisten in diesem Familiengefüge stellen durchaus starke Charaktere da und als dann, gerade vor dem Hintergrund der hochgehaltenen konservativ vorgelebten Lebensweise auch noch eine uneheliche Tochter mit Frau und Kind auftaucht, ist eine noch weiter gesteigerte 'Turbulenz' in all den Gegensätzlichkeiten vorprogrammiert.
Und dann der große Tag, da kann man sich schon ein bisschen denken, dass es dann herausbricht wie ein Vulkan, all das Ungesagte und noch ein paar vergrabene Geheimnisse mit dazu.
Dies ist eine sehr lebendige Geschichte rund um eine Familie und ihr 'Treibgut', fein und präzise miteinander verwoben in ihrem Mit- und Gegeneinander, in ihrem Aufbegehren und auch dem Versuch auf Versöhnung.
Das Ganze hat genau die richtige Balance, um gut zu sein und trotzdem den Anspruch auf angenehme Unterhaltung nicht zu sprengen.
Ich mochte es sehr.

Bewertung vom 15.04.2024
Der Wind kennt meinen Namen
Allende, Isabel

Der Wind kennt meinen Namen


ausgezeichnet

Als Kind Flüchtling zu sein, allein in einem neuen Land und doch ist da viel Menschlichkeit

Kinder, die ihre Heimat verlassen müssen, aus purer Not, um dem Tod zu entrinnen und dann ein neues Land, das einen nicht willkommen heißt, oft zumindest, davon handelt Isabel Allendes neues Werk. Da ist der 6-jährige Samuel, der 1938 von seiner Mutter, als letzter rettender Ausweg, mit einem Kindertransport nach England geschickt wird. Und da ist Anita, mehr wie 80 Jahre später flüchtet ihre Mutter mit dem fast blinden Mädchen aus ihrer Heimat El Salvator, um in den USA Zuflucht zu suchen. An der Grenze werden die beiden getrennt und Anita kommt in ein Lager. Beide Kinder versuchern zu überleben, gerade auch in sich selbst. Bei Samuel ist es vor allem die Musik, die ihn die lange Litanei ertragen lässt, bis er irgendwann ankommt, bei neuen Eltern, die alles tun, um ihm ein zuhause zu geben. Und Anita, sie schafft sich eine eigene Welt, in ihrer Fantasie, mit einer imaginären Freundin, die ihr das Gefühl gibt, nicht so unendlich allein zu sein.
Und so zeigt die Autorin uns auf, einprägsam und wie immer in ihrem sehr gut lesbaren Stil, was Flüchtlingsein bedeutet, egal, zu welcher Zeit, egal, mit welchem Hintergrund. Und dass es Kinder sind, das gräbt sich nochmal so tief ein, in unser Bewusstsein und rüttelt auf. Unsere eigene Einstellung auch zur aktuellen Lage, die so viele weitere Menschen in Not 'produziert', diese Geschichte hilft, sie, falls das so ist, vielleicht wieder zurechtzurücken, hin zu Empathie und Menschlichkeit. Und genau diese Menschlichkeit, sie kommt letztendlich auch in diesem Buch nicht zu kurz und lässt die Hoffnungslosigkeit zu Hoffnung werden, hier ganz konkret für diese beiden Kinder. Und irgendwann, nach ein wenig langer Zeit, findet sich die Verbindung, die die Handlungsstränge zusammenführt und dieser Geschichte ein gutes Ende gibt. Einige der Protagonisten werden verdienterweise etwas 'belohnt' und dem Leser hilft es, den, man muss es wohl tatsächlich Mut nennen, aufzubringen, um, wo immer es geht, menschlich zu sein.
Dieses Buch, es bietet richtig gute Unterhaltung, mit Themen, die ihre Aktualität nie verlieren werden. Auch die politischen Vorgaben werden nicht ausgespart und trotzdem bleibt es persönlich.
Fiktion, die der Realität in nichts nachsteht!
Der neue Allende-Roman.

Bewertung vom 14.04.2024
Paare
Millner, Maggie

Paare


sehr gut

Mit Lyrik erzählt, das unstete Gefühl einer Liebesbeziehung

Kein Gedicht, eine ganze Geschichte, wird hier erzählt durch die Lyrik, ein Experiment, das sich das Thema Liebe auf die Fahnen schreibt.
Eine Frau lebt mit Mann und Katze in einer funktionierenden Zweierbeziehung. Ein wenig gelangweilt sucht sie nach Anderem, will sich ausprobieren in neuen 'Konstellationen'. Die Beziehung zu einer anderen Frau, gerne auch im Einklang und unter Fortführung ihrer bisherigen Partnerschaft, dazu war ihr Mann nicht bereit und so kommt es zur Trennung. Es folgt eine wilde komplizierte Liebe, in der die eine der anderen nicht genügt und die Protagonistin gerade auch das sucht, von dem sie sich zuvor abgewendet hat, Stabilität und Zweisamkeit. Und so kommt es, wie es sicherlich auch zu erwarten war. Und dann geht die Geschichte noch etwas weiter.
Das Geschehen an sich, eine Episode aus einem Leben, ein Ausbruch, der scheitert oder vielleicht eher die Erkenntnis bringt, dass jemand das Falsche gewollt hat, wo er meinte, es wäre sein Weg. Das ist nicht aufregend, aber es ist authentisch und real, kurzweilig und fokussiert auf das Wesentliche.
Das Besondere daran ist die Erzählform, Paarreimlyrik im Ich-Erzählerstil und dazwischen etwas Prosa, mit einem Perspektivwechsel verbunden. Es ist experimentell, kreativ und auch durchaus spannend, vor allem aus der Sicht des Lesers, der sich bisher noch nicht unbedingt an dichterische Ausdrucksweisen herangetraut hat.
Und natürlich fragt man sich, ob es funktioniert. Tut es, wenn man es einfach einmal anders mag, sich auch ein wenig herausfordern will.
Mir hat es gefallen, im Namen der Kunst und im Umgang mit dem Wort.