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SofieWalden

Bewertungen

Insgesamt 691 Bewertungen
Bewertung vom 07.03.2025
Unter Grund
Liepold, Annegret

Unter Grund


sehr gut

Abdriften in die rechte Szene und aus Gedanken werden Taten

Franka ist in einem Dorf in Franken aufgewachsen, in einer Gesellschaft, in der, wenn auch unterdrückte, rechte Tendenzen hinter den Gardinen der Häuser durchaus eine Rolle spielten. Als die junge Referendarin mit ihrer Klasse einen Prozesstag zu den NSU-Morden besucht, löst das bei ihr aufwühlende Erinnerungen aus, an das, was einige Jahre zuvor in ihrem eigenen Leben passiert ist. Sie sucht einen Weg, nicht mehr fortzulaufen, sondern sich den Ereignissen von damals zu stellen. Und so beschließt sie, in ihr Dorf zurückzukehren und aufzuarbeiten, was eben geht. Einst, als Kind, brach für sie eine Welt zusammen, als ihr Vater starb. Sie suchte nach einem Halt in diesem kleindörflichen Umfeld. Freunde hatte sie eigentlich nur einen, doch hier kam es schließlich zum Bruch. Und dann traf sie auf Patrick und Janna. Irgendwo dazuzugehören war so schön. Dass dem Zusammenhalt eine rechtsextreme Haltung zugrunde lag, dass nahm sie hin. Doch daraus wurde mehr, die Feindseligkeit gegen 'die Anderen' wurde zu Hass, auf das Reden folgte die Tat und es kam zur gewalttätigen Eskalation.
Ein Werdegang, der von 'Aussteigern' schon mehr als einmal öffentlich gemacht wurde, die Suche nach Zugehörigkeit, die Aufnahme in rechtsgerichtete Kreise und letztendlich die Rolle als Täter von fremdenfeindlicher Gewalt, die man irgendwann nicht mehr will. Aber dann wird es schwer.
Hier in dieser fiktiven Geschichte nimmt das alles ein Ende, dem ich nicht vorgreifen will, aber ein bisschen kann man es sich ja schon denken.
Ein schweres und leider auch hochaktuelles Thema, das dieses Buch hier umsetzt und man fühlt sich als Leser sehr nah dran an Franka und dem gut beleuchteten Umfeld, aus dem Dinge erwachsen können wie diese. Aber sie müssen es nicht.

Bewertung vom 06.03.2025
Valdombra (Bd. 1)
Folena, Martina

Valdombra (Bd. 1)


ausgezeichnet

Am Ende nur eine Legende oder doch magische Wirklichkeit

Das kleine Dorf Talsend ist die Heimat von Isa und ihrem kleiner Bruder Teo. Nur wenige Stunden am Tag bescheint die Sonne die Häuser, da das Gebiet von Bergen umgeben ist. Und so ist der Vater der Geschwister ein wichtiger Mann, denn er ist hier der Kerzenmacher und Kerzen bescheren das Licht, wo sonst keines ist. Eines Tages erschüttert ein gewaltiges Erdbeben das Dorf und viele der Häuser stürzen ein. Bis man hier wieder gut leben kann, wird einige Zeit vergehen und so werden die Geschwister in Begleitung des Postboten Anselmo zu einem Verwandten geschickt, wo es ihnen solange besser gehen soll. Doch Isa hat erfahren, dass der sagenumwobene Kryptid, ein Drache, der unter der Erde lebt, für das Beben verantwortlich sein soll. Immer, wenn dieser sich zu heftig bewegt, wackelt ihre Welt. Das darf nicht so bleiben und so fasst das Mädchen den Plan, dieses Drachenwesen zu finden und die immerwährende Gefahr für die Menschen in dieser Region abzuwenden.
Wie man sich vorstellen kann, wird daraus ein spannendes Abenteuer und schon auf der Reise selbst erleben Isa, Teo und Anselmo, der, wie sich herausstellt, einst ein Ritter war, eine Menge gefährlicher Dinge. Das wird teilweise richtig heftig und ob hinter der Legende tatsächlich etwas Wahres steckt, ob es Rettung gibt und was die drei Helden dafür dann tun müssen, man wird sehen.
Dies ist auf jeden Fall eine tolle Geschichte mit sehr verschiedenen aber eng miteinander verbundenen Protagonisten, die man einfach mögen muss. Und am Ende hat man das Gefühl, da geht doch noch mehr. Und das tut es auch. Bald geht es weiter. Und ich freue mich darauf.

Bewertung vom 03.03.2025
Die Fletchers von Long Island
Brodesser-Akner, Taffy

Die Fletchers von Long Island


sehr gut

Eine reiche Familie, die große Tragödie und ein Trauma für alle, über die Generationen

Die Fletchers, eine reiche jüdisch-amerikanische Familie mit einem herrlichen Domizil auf Long Island, Carl und Ruth, zwei Kinder, das dritte ist gerade unterwegs, sie leben ein glückliches äußerst vorzeigbares und privilegiertes Leben. Doch dann, eines Tages im Jahr 1980, wird Carl entführt. Nach Zahlung einer hohen Geldsumme ist er nach fünf Tagen wieder Zuhause bei seiner Familie. Das gute Ende eines Albtraums, doch nichts ist mehr wie es vorher war. Aber es wird weitergemacht und geschwiegen, über die speziellen Traumata, die sich bei jedem Einzelnen eingestellt haben. Keine Aufarbeitung und so zieht sich die Bürde dieses Ereignisses über die Jahre durch all ihre Leben. Ruth kümmert sich nur noch um ihren Mann, Carl selbst lebt wie in einer Wolke und die Kinder, sie müssen ihren eigenen Weg finden. Was dabei herauskommt? Der älteste Sohn wird ein vor sich dahin dümpelnder Anwalt mit psychischen Problemen, der zweitgeborene versucht sich als Drehbuchautor, fixiert auf Entführungsthemen und liebt es, sich sexuell erniedrigen zu lassen. Und die damals noch nicht einmal geborene Tochter weiß auch nicht recht, wohin es gehen soll.
Jede Figur in dieser Geschichte bekommt ihre Zeit, wird regelrecht beleuchtet in ihrem wenig glücklichen Dasein. Und natürlich hat auch die Familie an sich, eingebunden in die amerikanische Gesellschaft, hier ihren Part, in einem kurzen Davor und dem großen Danach, mit seinem gestörten und zerstörerischen Miteinander, das sie trotz allem irgendwie noch zusammenhält.
Das alles ist sehr gut geschrieben, die Balance stimmt und man begleitet diesen familiären Menschenverbund mit Interesse und gut unterhalten durch die Zeit. Die eigenen Emotionen dabei, man schaut ihnen zu. Für mehr fehlt vielleicht auch eine wirkliche Sympathie für die einzelnen Protagonisten. Aber das Leben hat nun mal seine eigenen Gesetze und das Geld nicht immer glücklich macht, weiß man ja sowieso schon länger.
In seiner Gesamtheit ein sehr gelungener lesenswerter Familienroman, der auch das Gesellschaftliche nicht außen vor lässt.

Bewertung vom 26.02.2025
Maggie Blue - Das Portal zur Düsterwelt
Goodall, Anna

Maggie Blue - Das Portal zur Düsterwelt


sehr gut

Hinein in die Düsterwelt, magisch und dazu ein großes Abenteuer

Maggie lebt seit einiger Zeit bei ihrer Tante Esme. Die Verhältnisse dort sind eher bescheiden und an ihrer neuen Schule wird sie als Außenseiterin schlecht behandelt. Gerade auch ihre Mitschülerin Ida, die Maggie insgeheim bewundert und so gerne ihre Freundin wäre, ist gar nicht nett zu ihr. Und trotzdem springt sie hinterher, mitten hinein in die Düsterwelt, als sie sieht, wie Ida dorthin entführt wird. Zum Glück an ihrer Seite ist der sprechende Kater Hoagy, der, das werdet ihr dann noch sehen, einen ganz wichtigen Part in diesem magischen Abenteuer übernehmen wird, das jetzt beginnt. Und das genau deshalb vielleicht nicht richtig böse ausgehen wird, weil Freundschaft eine starke Kraft ist, wenn man das rechtzeitig versteht.
Was für eine spannende und absolut magische Geschichte, in dieser Düsterwelt, die wirklich düster ist, mit all den fantastischen Kreaturen, die zum Teil wenig freundlich daher kommen und den Ereignissen, die auf ein großes Finale zulaufen. Und mitten drin, drei Wesen aus der realen Welt jenseits von hier. Und sie bringen etwas mit, keine Superkräfte, aber Zusammenhalt, Freundschaft und Mut und das zählt viel.
Wirklich toll, dieses Buch, richtig gut zu lesen und ein paar offene Fragen dürfen da ja ruhig auch noch sein, denn es geht weiter, bald.

Bewertung vom 22.02.2025
Tinte, Staub und Schatten: Das Buch der Verlorenen
Metz, Alina

Tinte, Staub und Schatten: Das Buch der Verlorenen


ausgezeichnet

Als Buchsucherin auf den Spuren der Mutter und ein spannendes Abenteuer

Die 16-jährige Minna will Buchsucherin werden, wie einst ihre Mutter. Vor vielen Jahren ist diese mit ihr an der Hand durch das unterirdische Bücherlabyrinth geschritten und hat erzählt, was es damit auf sich hat. Von diesem Moment an war für Minna klar, das auch sie später genau dies tun will und nun ist sie, mit viel Hartnäckigkeit, als Lehrling bei dem krummeligen Raban Krull aufgenommen worden. Dass es in den dunklen Gängen ziemlich gefährlich werden kann, wenn man sich nicht an Anweisungen hält, merkt sie ziemlich schnell, aber auf andere zu hören, war noch nie so ihr Ding. Als sie dann erfährt, dass ihre tot geglaubte Mutter vielleicht noch lebt und irgendwo in dieser geheimnisvoll gefährlichen Bücherwelt festgehalten wird, gibt es für Minna kein Halten mehr. Sie muss ihre Mutter wiederfinden und retten.
Was für eine spannende absolut magische Geschichte, in einer wunderbar kreierten unterirdischen Bücherwelt, dunkel, geheimnisvoll, gefährlich und von den Ereignissen her manchmal schon ein wenig heftig, aber mitreißend in wirklich jeder Hinsicht und ein großes Lesevergnügen.
Und dabei haben auch Themen, die im Leben unserer realen Welt eine Rolle spielen, ihren Platz, sehr gut eingebunden ins Geschehen.
Anbei noch etwas Positives am Rande, es geht weiter, dazu in diesem Jahr.

Bewertung vom 19.02.2025
Willkommen in Gravity Falls - Verschollene Legenden
Hirsch, Alex;Disney, Walt

Willkommen in Gravity Falls - Verschollene Legenden


ausgezeichnet

Die einzigartigen Gravity Falls-Geschichten, auch im Comicstyle eine Wucht

In Gravity Falls wird es nie langweilig und dem Ideengeber der Geschichten rund um die Zwillinge Dipper und Mabel gehen auch nach Ende der Animationsserie die Einfälle nicht aus, um die immer noch zahlreiche Fangemeinde erneut gut zu unterhalten. In Buchform verewigt kann es natürlich nur ein Comic sein, das das Flair des Orts und seiner zum größten Teil sehr fantastischen Bewohner so richtig voll zur Blüte bringt. Und als besonderes Highlight obendrauf werden die vier neuen Abenteuer erzählt von, man glaubt es kaum, Shmebulock, dem Zwerg, der nur seinen Namen sagen kann, bis auf genau jetzt. Alle 1000 Jahre darf er dem Fluch entrinnen und kann uns Lesern nun endlich von diesen neuen Geschichten berichten, die eben nur er kennt und jetzt wir auch. Wie immer herrlich schräg, mit viel Humor, Kreativität ohne Ende und ab und zu auch einer ernsten Erkenntnis mit dabei, ist das, nach doch einigen Jahren, wieder ein richtiges Gravity Falls Ding geworden.
Und wenn einen Shmebulock am Ende des Buches verabschiedet, bleibt man, umweht von einem Hauch Nostalgie, gerade als inzwischen durchaus etwas älterer Fan, zufrieden zurück.

Bewertung vom 03.02.2025
Tomke gräbt
Hach, Lena

Tomke gräbt


sehr gut

Ein Bilderbuch mit wenig Worten, aber einer Botschaft, die in sich ruht

Tomke marschiert in den Garten, mit einer Schaufel und einer, ihrer ganz persönlichen Mission. Sie kniet sich hin und gräbt. Erst ist das Loch im Boden klein, doch es wird immer größer und vor allem tiefer. Immer wieder schlendert ein Familienmitglied vorbei und fragt nach, für was das Loch denn mal nützlich sein soll. Doch Tomke ist beschäftigt und gräbt. Jeder stellt seine eigenen Spekulationen an, was vielleicht auch für sie Schönes hier gerade entsteht. Aber Tomke tut es einfach nur, sie gräbt.
Ein tolles Buch, mit wenigen 'unaufgeregten' Sätzen, die alles sagen und mittendrin dieses Mädchen Tomke, umgeben von einem herrlichen Drumherum an Bildern, die so wunderbar ausdrücken, was hier die Botschaft ist. Man tut etwas, ruhend in sich selbst und im Reinen mit der Welt, für eine kurze Zeit. Nicht alles muss ein Ziel haben, nicht immer muss am Ende etwas geschafft sein. Man ist gerade jetzt einfach nur man selbst.
Die Jüngeren werden Tomke mögen und die Erwachsenen, sie werden sie gut verstehen. Und wenn die letzte Seite umgeblättert ist, verharrt man gerne noch einen Augenblick, mit einem Lächeln im Gesicht. Vielleicht könnte man auch mal wieder, für ein kurze Weile, Tomke sein.

Bewertung vom 25.01.2025
Als der Wald erwachte
Karinsdotter, Emma;Widmark, Martin

Als der Wald erwachte


ausgezeichnet

Eine fantastisch angehauchte Geschichte über Mitgefühl und Freundschaft und tolle Bilder dazu

Mutter und Sohn spazieren durch den Wald. Die Mutter erlebt all das Schöne, das einen hier umgibt, ihr Sohn schaut gar nicht auf und redet muffelig vor sich hin. Doch dann sieht er am Boden ein kleines Wesen, die Spinatfrau, ebenfalls schlecht gelaunt und gerade hat diese, obwohl der Frühling doch so wunderbar erwacht, das wieder einmal an Dachs, Leberblümchen und Co., den Bewohnern dieses Waldes, ausgelassen. Ganz plötzlich packt der Junge die winzige Gestalt, steckt sie in seine Tasche und nimmt sie mit zu der Hütte, in der er mit seiner Mutter übernachtet. Da sitzen sie also nun, die Spinatfrau, so wütend, weil jemand, den sie sehr lieb hatte, vor einiger Zeit gestorben ist und der Junge, der seinen Freund so sehr vermisst. Und plötzlich klopft es an die Scheibe. Davor sieht man den Dachs und all die anderen, die ihre Spinatfrau retten wollen, denn, auch wenn sie nicht nett zu ihnen war, sie gehört dazu und ist irgendwie auch eine Freundin. Was wird nun geschehen, was wird der Junge tun?
Diese Geschichte handelt davon, dass oft etwas anderes dahinter steckt, wenn jemand nicht nett zu anderen ist und von dem Mitgefühl und gar der Freundschaft, die man dann trotzdem aufbringen sollte, um zu zeigen, derjenige ist nicht allein und darf ruhig sagen, wie es ihm wirklich geht. Denn das hilft. Und dieses Buch tut es auch. Es zeigt einen guten Weg auf, den auch schon die Kleinsten verstehen. Und die Bilder, die die Handlung begleiten, sie erzeugen ein ruhiges heimeliges Flair, das Zutrauen schafft, dafür, sich zu öffnen für diese schöne Botschaft.

Bewertung vom 20.12.2024
Roter Sommer
Harbour, Berna Gonzalez

Roter Sommer


ausgezeichnet

Der Fußballsommer 2010 und ein mit dem Klerus verwobenes Verbrechen

2010, das Flair des spanischen Sommers vermischt sich mit der Fußballweltmeisterschaft, die in diesem Jahr in Südafrika stattfindet. Das ganze Land fiebert mit und wird bald belohnt werden, mit dem Titel für seine Mannschaft. Doch gerade steht das Viertelfinale an und fast alle schauen zu. Doch das Verbrechen ruht nicht und so wartet auf Comisaria María Ruiz statt des Spiels eine junge männliche Leiche. Bald darauf gibt es einen zweiten Mord und eine Verbindung, die zu der von beiden besuchten katholischen Schule führt. Und es gibt Beweisstücke, Bilder von Missbrauchshandlungen, auf denen einer der dortigen Lehrer zu sehen ist, ein Priester. Im klerikalen Umfeld zu ermitteln ist schwer und das Vordringen in diese Abgründe seitens der Comisaria werden abgeblockt. Doch der Investigativreporter Luna, gerade frisch ausgemustert und arbeitslos, bietet seine Hilfe an. Schon in den 1970er Jahren hat er zu diesem Thema Recherchen angestellt und bereits damals tauchte der Name des Geistlichen in einem solchen Zusammenhang auf.
Dies ist ein packender und wirklich heftiger Ermittlungsroman mit einer sehr eigenen Hauptfigur, eben dieser Maria Ruiz und einem Thema, das heute in einem noch viel größerem Maße aktuell ist, nicht weil erst jetzt solche schlimmen Dinge passieren, sondern weil es noch nicht so lange her ist, dass die Mauern des Schweigens eingerissen werden konnten, weitgehend nicht freiwillig von kirchlicher Seite. Aber, das muss man sagen, es tut sich inzwischen etwas, leider viel zu langsam. Es ist viel passiert. Vertrauen wurde missbraucht und das Handeln der Obrigkeit war skandalös. Nun, dieser Kriminalroman, er handelt davon. Und gerade die Begründungen, Ausflüchte, Entschuldigungen? der klerikalen Institutionen, die hier offenbart werden, machen einen fassungslos.
Ein sehr spannendes Debüt, das Potential zeigt für mehr und dies ja auch bereits eingelöst hat. Vier Bände umfasst diese spanische Krimireihe inzwischen. Der letzte davon wurde sogar mit dem spanischen Krimipreis Premio Hammett ausgezeichnet und sicherlich auch auf Grund dessen als Vorreiter für die ganze Serie ins Deutsche übersetzt.
Ich bin mir sicher, wir werden noch viel Weiteres erleben, wenn die Comisaria sich durchkämpft, durch neue Morde, durch das intensive Drumherum und ein bisschen auch durch ihr eigenes Leben.

Bewertung vom 01.12.2024
Wie wir waren
Duken, Heike

Wie wir waren


ausgezeichnet

Eine Freundschaft, die Entwicklung bringt, mit viel Intensität und Lebendigkeit

Dies ist die Geschichte zweier Frauen und ihrer Freundschaft. Paula und Zett sind schon seit Kindertagen Freundinnen und das, obwohl sie schon damals sehr verschieden waren, sowohl bzgl. ihrer Lebensumstände wie auch in ihrem eigenen Sein. Paula, die bei ihrer Mutter aufwächst, will immer alles richtig machen und schaut sehnsüchtig auf das schöne Familienleben, das Zett in ihrem wohlhabenden Zuhause zu haben scheint. Und Zett, sie ist wild, sagt, was sie denkt und strahlt eine große Lebenslust aus, macht sich unabhängig von den Vorgaben, die die Gesellschaft einem aufdoktrieren will. Dann der erste Bruch, als die beiden mit 19, es ist 1986, zusammen Urlaub in Griechenland machen und Zett nicht akzeptieren kann, dass Paula zu ihrem gewalttätigen Freund zurückkehren will. Es ist Paula, die Zett, durch die Einladung zu ihrer Hochzeit, erneut die Hand reicht und die Freundschaft wiederbelebt. Und von da an begleiten sie sich gegenseitig, stehen sich bei, rütteln den jeweils anderen auf, wenn es sein muss. Da ist viel Intensität im Geschehen. Harte Auseinandersetzungen, ein sich Zurückziehen, lange Zeiten der Funkstille und dann wieder Annäherung, auch das gehört zu ihrer Freundschaft dazu. Wenn man sich braucht, ist man füreinander da, das wissen inzwischen beide, ohne dies aussprechen zu müssen. Man arbeitet sich aneinander ab und wächst daran. Konflikte werden ausgetragen und doch gibt es Geheimnisse, die lange verborgen bleiben, deren Preisgebung aber dann auch sehr hilft, beiden.
Dieses Buch, es verlangt einem einiges ab. Kein Friede, Freude, Eierkuchen, sondern Lebensrealität, ungeschönt, intensiv und irgendwie auch mitreißend in ihrer bedingten Wahrhaftigkeit, die sich diese beiden Frauen hier 'antun'. Und als Leser ist man dabei, nimmt Anteil, fühlt es mit, empfindet das Zurückgestoßen werden, ist mal näher der Einen, mal der Anderen, indem was sie erleben, was sie tun.
Manchmal ist Realität erträglicher wie aufgetischter Zuckerguss, der doch eher selten dem wirklichen Leben entspricht und davon gibt es hier jede Menge.
Ein tolles Buch, das auch viel Kraft in sich trägt und lange nachhallt.