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Benutzername: 
Stanzick
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Ober-Ramstadt

Bewertungen

Insgesamt 587 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2019
Blödes Bild!
Thydell, Johanna

Blödes Bild!


ausgezeichnet

Johanna Tydell, Emma Adbage, Blödes Bild, Kunstmann Verlag 2019, ISBN 978-3-95614-327-4

Die in Schweden sehr bekannte und erfolgreiche Schriftstellerin für Jugend- und Kinderbücher hat in ihrem hier in der deutschen Übersetzung von Maike Dörrie vorliegenden zweiten Bilderbuch eine schöne Geschichte erzählt, die allen kleinen Schwestern, größeren Brüdern und allen anderen Kindern, die manchmal etwas so richtig blöd finden, sicher gefallen wird.

Dazu tragen auch die witzigen und originellen Illustrationen von Emma Adbage bei, die die Geschichte auf ihre eigene Weise erzählen.

Das Buch handelt von der kleinen Minze. Wir wissen nicht ganz genau, wie alt sie ist, nur eins steht fest: ihr Bruder Max ist drei Jahre älter als sie. Und deshalb kann er auch vieles besser und schöner als Minze, zum Beispiel Malen.

Minze möchte auch so schön malen wie ihr Bruder, doch als sie, wohl an einem Wintertag, zusammen am Küchentisch sitzen, fällt ihr noch nicht einmal etwas ein, während ihr Bruder konzentriert an seinem Bild arbeitet, um das er seinen Arm wie eine Mauer legt, dass Minze nichts abschauen kann.

Doch dann hat Minze eine Idee: sie könnte doch Schnee malen. Doch weiß auf weiß geht nicht. Und dann geht alles schief. Kater Klas springt auf den Tisch und stösst die Blumenvase um. Während Max sein Bild rechtzeitig weggenommen hat, ist das von Minze klatschnass. Nachdem Minze es mit dem Fön getrocknet hat, sieht es furchtbar aus und aus lauter Wut knüllt sie es zusammen und schneidet mit ihrer Schere in den Papierball hinein.

Sie findet alles blöd, und schaut wütend aus dem Fenster, als ihr Bruder sie ruft und ihr zeigt, was aus dem zerschnittenen Papierball geworden ist: eine perfekte Schneeflocke. Max zeigt ihr sein Bild, ein schönes Porträt von Minze.

Und dann machen sie noch mehr Schneeflocken, die sie ans Fenster hängen. Und Minze zeigt ihren großen Bruder, wie es geht.

„Blödes Bild“ ist nicht nur eine warmherzig erzählte und witzig illustrierte Geschichte über Lust und Frust des kreativen Schaffens, sondern auch das wunderbare Porträt einer kleinen Schwester, die gerne alles so gut können möchte wie ihr Bruder und die sehr, sehr wütend wird, wenn nichts so gelingt, wie sie sich das vorstellt. Und es ist das sympathische Beispiel eines älteren Bruders, der seine Schwester sehr lieb hat und ihr am Ende ein große Freude macht, indem er ihr zeigt, dass sie viel mehr kann, als sie glaubt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.09.2019
Bei mir zu Hause wohnt ein Tiger
Inden, Charlotte

Bei mir zu Hause wohnt ein Tiger


ausgezeichnet

Charlotte Inden, Bei mir zu Hause wohnt ein Tiger. Kleine Geschichten zum Vorlesen, Hanser 2019, ISBN 978-3-446-26215-7

Charlotte Inden hat für ihr neues Kinderbuch bei Hanser die Figur des kleinen dreijährigen Oskar erfunden. Oskar geht in den Kindergarten, hat eine größere Schwester namens Klara und hat immer seinen Plüschtiger Theo dabei, den er zu seinem zweiten Geburtstag bekam.

Charlotte Inden lässt den kleinen Oskar in kurzen Sätzen in insgesamt 42 kleinen Geschichten erzählen, was er in dem Jahr zwischen seinem dritten und vierten Geburtstag alles erlebt. Es sind Alltagsgeschichten ohne besondere Botschaft. Sie erzählen einfach aus dem Leben eines kleinen Jungen. Vom ungeliebten Haarewaschen, vom Puppentheater mit seinem Papa, von besonderen Ereignissen im Kindergarten, von seinem Roller, seinem Bett, seinen Großeltern und dem unvergesslichen Urlaub mit den beiden in den Bergen. Und von vielem mehr.

Viele alltägliche Tätigkeiten beschreibt Oskar und viele Erlebnisse auf dem Weg zum Kindergarten und zurück. Er besucht den Zoo, die Bibliothek und isst gerne Eis, leidet unter der Hitze im Sommer und freut sich auf Weihnachten und über Silvester.

Und bald wird er schon vier! Deshalb schläft er schon lange nicht mehr im Kindergarten, denn er ist ja kein Baby mehr. Nein, sondern ein sympathischer kleiner Junge, dessen Geschichten Kinder in seinem Alter im Kindergarten und zu Hause gerne hören werden.

Die lustigen Illustrationen von Pe Grigo tun ihr Übriges, dass Kinder immer wieder aus diesem Buch vorgelesen haben wollen. Und sie werden sich nicht mit nur einer Geschichte zufrieden geben, denn sie können sich gut mit diesem kleinen Jungen, seiner Familie und seinem Alltag identifizieren.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.09.2019
Keine halben Sachen
Herden, Antje

Keine halben Sachen


ausgezeichnet

Antje Herden, Keine halben Sachen, Beltz & Gelberg 2019, ISBN 978-3-407-81248-3


Die in Darmstadt als freie Autorin lebende Schriftstellerin Antje Herden hat für ihren hier vorliegenden ersten Jugendroman den Peter-Härtling-Preis 2019 erhalten.
Die ich-erzählende Hauptfigur in diesem knappen, aber dicht erzählten Jugendroman ist der fünfzehnjährige Robin. Er lebt allein mit seiner Mutter, pubertiert heftig und findet ansonsten sein Leben und die Schule extrem langweilig. Er fühlt sich einsam, hat keine Freunde und auch keine richtigen Plan für sein Leben. Langweilig und „grauschwarz“ ziehen sich seine Tage dahin.

Dann trifft Robin den coolen und selbstsicheren Leo, der mit seinem Auftreten und seiner Art all das verkörpert, wie Robin auch gerne wäre. Leo fällt es nicht schwer, den labilen und unsicheren Robin bald schon zum Rauchen, Kiffen und zum Saufen zu verführen. Sie verbringen nach der Schule viel Zeit zusammen in einem Park, und unterhakten sich über ihre Zweifel, Ängste, Hoffnungen und Träume. Wobei es immer Robin ist, der spricht, während Leo nur zuhört und von sich kaum etwas preisgibt.
Als die beiden Anna und Karla kennenlernen, erfährt Robin mit Karla, in die er sich verliebt auch den körperlichen Rausch. Während Robin immer mehr abstürzt, bleibt Leo scheinbar cool und gelassen.

Schonungslos lässt Antje Herden ihre Hauptfigur Robin die Geschichte seines Absturzes erzählen. Obwohl er nicht unbedingt sympathisch für den jungen Leser rüberkommt, fühlt man doch gespannt mit ihm und glaubt bald, das dramatische Ende schon zu kennen.

Die Jury des Peter-Härtling-Preises schreibt treffend zu diesem von ihr preisgekrönten Buch:
„Meisterhaft und äußerst glaubwürdig erzählt Antje Herden, wie sich ein Junge auf der Suche nach dem richtigen Leben in einer Parallelwelt verliert. Diese Erzählung vermeidet glücklicherweise jeden pädagogischen Eifer. Sie nimmt ihre Protagonisten ernst und konfrontiert sie zugleich mit einer klaren Haltung, die aus der Geschichte heraus erwächst. Ungeheuer nuanciert und konsequent aus der Sicht von Robin erzählt, der seine Selbstironie nie verliert, führt Antje Herden den Leser durch ein echtes Leben – mit einem glänzend entworfenen, fulminanten Ende, das alles auf den Kopf stellt.«

Ein starkes Jugendbuch, das seine Leser sehr schnell in einen regelrechten Sog zieht und ihn in seinem Spannungsbogen bis zu einem sehr überraschenden Ende nicht mehr los lässt.

5 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.09.2019
Helden der Meere
Hovest, York

Helden der Meere


ausgezeichnet

York Hovest, Helden der Meere, teNeues 2019, ISBN 978-3-96171-214-4

Seit es Menschen gibt, haben sie sich angezogen gefühlt von der Kraft, der Gewalt und der Schönheit des Meeres. Es gab ihnen Nahrung und bot ihnen Wege zu anderen neuen Kontinenten. Immer aber löste das Meer im Menschen so etwas wie Ehrfrucht aus.

Doch seit längerer Zeit schon sind unsere Weltmeere bedroht und die Bedrohung nimmt mit jedem Jahr zu. Zunächst war es die Überfischung, die lange im Zentrum der Kritik stand. Mittlerweile ist es die grassierende und alle Meereslebewesen bedrohende Verschmutzung der Meere durch Plastik, die die Meere in den Fokus weltweiter Aufmerksamkeit rücken. Und dazu kommt unaufhaltbar: Die Erderwärmung und der daraus resultierende Klimawandel führen zu immer größeren Schäden im marinen Ökosystem.

York Hovest, erfolgreicher Fotograf, Abenteurer und Autor, hat sich zur Aufgabe gemacht, dieser Entwicklung entgegenzutreten. Er hat die unterschiedlichsten „Helden der Meere“ begleitet, Menschen, die der oben beschriebenen Entwicklung etwas entgegensetzen wollen. Hoivest hat mit ihnen gesprochen und ihre Lösungen beschrieben. Da sind Wissenschaftler, Aktivisten und Visionäre, die Projekte entwickelt haben, wie unsere Ozeane gerettet werden können. Doch auf diesen Reisen in alle Teile der Welt hat er auch wunderbare Bilder gemacht, Bilder, die die Schönheit und die Bedrohung des Meeres gleichermaßen zeigen über und unter Wasser.

Der Dalai Lama hat für dieses Buch ein Vorwort geschrieben, in dem er die Bedeutung von Mitgefühl ausweitet auf die gesamte Schöpfung, auch auf die bedrohten Meere.

Ein beeindruckender Band, der betroffen macht, aber auch durch die Beschreibung der Arbeit der „Helden der Meere“ Hoffnung macht.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.09.2019
Käfer-Helden
Blanck, Christian

Käfer-Helden


ausgezeichnet

Christian Banck, Käfer-Helden. Die VW –Edition, Delius Klasing 2019, ISBN 978-3-667-11688-8

Schon in seinem Buch „Kinderzimmerhelden“ ließ der Fotograf Christian Blanck die Modellautos seiner Kindheit wiederauferstehen, setzte das dann in einem Buch mit Porschemodellautos fort und legt nun ein drittes Buch vor, in dem er seine Sammlung von VW Käfer Spielzeugautos unverwechselbar in Szene setzt.

Kratzer und Dellen zeugen von heißen Rennen, bei denen sich die Kontrahenten nichts geschenkt haben. Hier blättert die Farbe ab, dort fehlt ein Rad, dort eine Tür. Sie sind alle das, was man abgespielt nennen würde. Verkratz, zerbeult, aber in der Kindheit unendlich geliebt.

Blanck hat seine Sammlung in verschiedene Kapitel unterteilt und sie zum schnellen Wiederfinden mit Symbolen versehen. Jedes Kapitel (z.B. Helden der Arbeit, Blumenkinder, dein Freund und Helfer) hat er mit einem einseitigen Text eingeleitet, die erklären, in welcher Vielfalt die VW-Helden über viele Jahrzehnte eingesetzt waren und ihren Dienst taten.
Wunderschöne VW-Käfer – Modellautos, liebevoll und einzigartig fotografiert. Eine sehr persönlicher Liebeserklärung, bei der der eine oder andere Leser sicher das eine oder andere Auto wiederfinden wird, das er selbst besaß und bespielte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.09.2019
Das große Handbuch der Abenteuer
Beaupère, Paul

Das große Handbuch der Abenteuer


ausgezeichnet

Paul Beaupere, Das große Handbuch der Abenteuer, für drinnen und draußen, Ravensburger Verlag 2019, ISBN 978-3-473-55464-5

Das vorliegende zuerst in Frankreich erschienene und von Silvia Bartholl ins Deutsche übertragene Buch für Kinder und Jugendliche will sie locken. Weglocken vom Smartphone und von anderen digitalen Spielzeugen, hin zu Beschäftigungen und Abenteuern, die sie sowohl in der Wohnung als auch draußen erleben können.

„Sei dein eigener Held!“ fordert es seine jungen Leser auf und entführt sie an unzählige Stellen zuhause, in der Stadt, auf dem Land, im Wald, in den Bergen oder am Meer.

Überall entdeckt Paul Beaupere spannende Abenteuer und interessante Tätigkeiten, die die Langeweile vor dem digitalen Spielzeug vertreiben helfen.

Da werden viele Spiel-und Bastelideen, Experimente und Aktionen vorgestellt. Anleitungen zum Selbermachen dominieren, und viele praktische Hinweise wollen die Kinder dazu verführen, sich zu trauen, aufzustehen, nach draußen zu gehen, Abenteuer zu erleben, neue Erfahrungen zu machen und vor allen Dingen vieles selbst zu tun.

Vielleicht finden sich ein oder zwei Freunde oder auch mehr, denn die meisten der in diesem Buch vorgestellten und beschriebenen Abenteuer machen in der Gemeinschaft mehr Spaß und man kann sich gegenseitig helfen.

In einer Zeit, in der meisten Kinder aus verschiedenen Gründen nicht mehr draußen spielen und dort ihre Erfahrungen machen, ist das Buch eine Einladung, ihr Spektrum zu erweitern, ihre Hände und Füße zu benutzen und der Langeweile etwas entgegenzusetzen. Und mit anderen zusammen mehr zu erleben, als das Handy bieten kann.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.09.2019
Neil Armstrong
Hahnemann, Katrin

Neil Armstrong


ausgezeichnet

Katrin Hahnemann, Neil Armstrong. Der erste Mensch auf dem Mond, arsedition 2019, ISBN 978-.3-8458-3434-4

Fünfzig Jahre ist es jetzt her, dass mit Neil Armstrong mit 39 Jahren als erster Mensch den Mond betrat und so zu einer lebenden Legende wurde, bis er 2012 nach einer Herzoperation starb.

Ich kann mich sehr gut daran erinnern, wie ich am 20. Juli 1969 mitten in der Nacht zusammen mit meinem Vater vor dem neu angeschafften schwarz-weiß Fernseher atemlos diese Mondlandung beobachtet habe.

Das vorliegende reich bebilderte und mit Illustrationen von Uwe Mayer versehene Sachbuch für Kinder ab etwa 8 Jahren erzählt, wie es dazu kam, dass Neil Armstrong an diesem Tag seine berühmten Worte sprach: „Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen - ein großer Sprung für die Menschheit.“

Katrin Hahnemann beschreibt lebendig und kindgerecht das Leben von Neil Armstrong, seinen frühen Traum vom Fliegen und seinen Weg als Student und Soldat bis hin zu seiner Berufung als Astronaut.

Spannend erzählt, können die Kinder und Jugendlichen in diesem empfehlenswerten Sachbuch nachvollziehen, wie aus einem stillen, flugzeugbegeisterten Jungen der Mann geworden ist, den die NASA auswählte, um als Erster einen fremden Himmelskörper zu betreten?

Auch die mit vielen Problemen, Schwierigkeiten und Rückschlägen behaftete Geschichte vor der schließlich mit Apollo 11 gelungenen ersten Mondlandung wird ausführlich beschrieben. Der Wettlauf mit der Sowjetunion und die hohe Bedeutung, die diese Mission in den USA hatte.

Auch Neil Armstrongs persönliches Erleben dieser Mission kommt ausführlich zur Sprache und wie er später damit umging, wegen dieser einen Tat für alle Zeiten berühmt zu sein?

Für alle kleinen und großen Fans von Weltraum und Raumfahrt liefert das Buch detaillierte Informationen über Raumschiffe, das Leben der Astronauten und die Reise zu fremden Planeten.

Ein gut gemachtes und spannend erzähltes Buch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.09.2019
Geblendet / Jenny Aaron Bd.3 (eBook, ePUB)
Pflüger, Andreas

Geblendet / Jenny Aaron Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Andreas Pflüger, Geblendet, Suhrkamp 2019, ISBN 978-3-518-42895-5

Mit dem vorliegenden dritten Band der Thrillerreihe um die blinde Elitepolizistin Jenny Aaron schließt Andreas Pflüger seine Trilogie ab. Viele Fragen blieben nach dem zweiten Band offen, die nun geklärt und zu einem vorläufigen (?) Abschluss gebracht werden.

Dazu führt er zu Beginn der wieder absolut spannenden und auch sprachlich mitreißenden Handlung eine neue Figur ein. Zunächst weiß man bei der Geschichte des 12-jährigen Mädchens und ihres Vaters, die im Prolog erzählt wird, nicht, um wen es sich handelt, aber sie wird später einen Namen, ein Gesicht und eine Geschichte bekommen, die der von Jenny Aaron wie ein Spiegelbild ähnelt und ihr auf eine beeindruckende Weise helfen wird, endlich zu sich selbst zu kommen.

Zunächst hält sie sich in den USA auf bei einem spirituellen Lehrer fernöstlicher Kampf- und Meditationstechniken. Von dort kehrt sie nach Berlin zurück, um sich einer lange verschobenen speziellen Therapie zu unterziehen, die ihr das Augenlicht zurückbringen soll.

Diese Therapie bei Dr. Reimers aber bringt Jenny schnell an ihre Grenzen. Trugbilder verstören zunehmend ihre Wahrnehmung, die regelrecht verrücktspielt. Was noch schlimmer ist: mit zunehmendem Sehen entwickeln sich ihre überscharfen anderen Sinne zurück auf das normale Maß.

Mitten in diese vom Autor lang und ausführlich geschilderte prekäre persönliche Situation ereilt Jenny Aaron eine Bitte der Abteilung, wie ihre Eliteeinheit genannt wird. Die Abteilung unter der Leitung von Demirci hat die Möglichkeit, den Mann im Hintergrund zur Strecke zu bringen, jene dunkle Gestalt, die für den Tod so manches ehemaligen Mitglieds der Abteilung verantwortlich ist. Dafür brauchen sie Jennys schnelle Hilfe.

Und nun entspannt sich ein Kampf zwischen diesen beiden Mächten und das am Anfang beschriebene, mittlerweile erwachsen gewordene Mädchen spielt eine entscheidende Rolle auf der anderen, feindlichen Seite.

Zu diesem Kampf, der die Abteilung fast auszulöschen droht, kommt für Jenny noch ein dramatischer innerer Kampf dazu. Wieder mit zahlreichen Rückblicken in Jennys früheres Leben versehen (dennoch sollte man die beiden ersten Bände gelesen haben, um in diesen dritten, die Reihe abschließenden wirklich hinein zu kommen), schildert Pflüger in einem aus den anderen Büchern bekannten Wechsel zwischen Action und Reflexion, auch spiritueller Reflexion, den Kampf der Abteilung gegen ihre Feinde, die auch im deutschen Geheimdienstsystem sich befinden und befanden und den tapferen Kampf Jennys mit sich selbst. Die zu Anfang des Buches beschriebene Person wird dabei eine wichtige Rolle spielen und sie auf eine völlig überraschende Art und Weise retten.

Am Ende sagt sie sich, dass nichts, was sie in den letzten Jahren erlebt hat, vergebens war. Und sie hätte gar nicht früher erkennen können, was sie jetzt weiß und wo sie nun angekommen ist: „dass es ihr nicht bestimmt war, wieder zu sehen, sondern wieder zu lieben.“

Vielleicht hängt mein durchgängiger Eindruck beim Lesen, dass der abschließende Band schwächer ist als die beiden ersten, auch damit zusammen. Dass nämlich die Geschichte von Jenny Aaron an ein Ende kommt, ein offenes Ende zwar, aber wohl ein endgültiges.

Was wird sie als Liebende in Zukunft mit all ihren Fähigkeiten anfangen? Wie wird sie leben, was wird sie tun und für wen? Wird sie ihre Vergangenheit je wieder einholen?

Ob Andreas Pflüger dem Reiz widerstehen kann, sie in einer neuen Reihe noch einmal in anderer Konstellation ins literarische Leben zu rufen?

Bewertung vom 12.09.2019
Alles richtig gemacht
Sander, Gregor

Alles richtig gemacht


ausgezeichnet

Gregor Sander, Alles richtig gemacht, Penguin 2019, ISBN 978-3-328-60667-3

Gregor Sanders hier vorliegender mittlerweile dritter Roman ist eine funkelnde Geschichte über die frühen und die späten Jahre des wiedervereinten Deutschlands am Beispiel einer Freundschaft zweier Männer.

Thomas, der die Geschichte als Ich-Erzähler erzählt kommt genau wie Daniel aus Rostock. Als die DDR zusammenbricht, brechen sie gemeinsam auf nach Berlin. Sie probieren dies und das. Ihr Leben ist unbeschwert und kommt ihnen vor wie eine einzige Party.

Doch irgendwann ist Daniel weg. Spurlos verschwunden. Thomas studiert Jura, gründet eine Familie und ist bald schon Partner in einer eigenen Rechtsanwaltspraxis.

Als das Buch beginnt, ist Thomas 50 Jahre alt. Er ist auch als Rechtsanwalt mittlerweile ziemlich bürgerlich geworden und hat Mandanten, die er früher sofort abgelehnt hätte. Er ist ziemlich durch den Wind, denn seine Frau hat ihn verlassen und seine beiden Töchter mitgenommen.

Als in dieser Phase seines Lebens sein alter Freund Daniel wieder auftaucht, fragt sich Thomas sehr schnell, ob dieser etwa mit dem Auszug seiner Frau zu tun hat. Offenbar ist Daniel mit dem Gesetz in Konflikt geraten.

Hier an dieser Stelle setzen zahlreiche Rückblicke in die Zeit vor dem Fall der DDR ein, in die Kindheit und Jugend der beiden Freunde. Thomas erzählt von ihrer gemeinsamen Zeit in Berlin und so manchem Abenteuer auch abseits der Regeln und Gesetze.
Über die ganze, am Ende des unterhaltssamen Buches doch sehr überraschend Handlung über gelingt es Gregor Sander, das Lebensgefühl einer jungen Generation nach der Wende einzufangen. Aber auch die Schilderung der Verbürgerlichung von Thomas Existenz und Leben und des Absturzes von Daniel als zwei sich entgegenstehenden Lebensentwürfen ist ihm hervorragend gelungen.

Wer hat in seinem Leben was richtig gemacht? Das fragt sich am Ende auch ein von dem Buch angenehm unterhaltener Rezensent. Denn die Frage „Wer waren wir, wer sind wir geworden?“ sind nicht nur die des Autors und seiner Hauptfiguren. Jeder Mensch über 50 stellt sie sich irgendwann einmal. Der Roman tut dies auf eine witzige, ehrliche, stellenweise bestürzende aber immer sehr liebevolle Weise.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.09.2019
Dieser weite Weg
Allende, Isabel

Dieser weite Weg


ausgezeichnet

Isabel Allende, Dieser weite Weg, Suhrkamp 2019, ISBN 978-3-518-42880-1

In ihrem neuen Roman, der in seiner epischen Kraft und sprachlichen Qualität nach vielen anderen Romanen endlich wieder an den Zauber von „ Das Geisterhaus“ anschließen kann, spannt Isabel ihren erzählerischen Bogen vom spanischen Bürgerkrieg bis ins Chile Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts.

„Dieser weite Weg“ ist die Geschichte des Schicksals der Familie der Dalmaus. Seit Generationen ist diese gebildete und wohlhabende Familie in Barcelona ansässig. Das Leben dieser katalanischen Familie ändert sich schlagartig, als 1936 der Spanische Bürgerkrieg beginnt. Victor Dalmau, der gerade kurz zuvor begonnen hat, als Arzt zu praktizieren, tut in den Reihen der Republikaner als Sanitäter und Arzt Dienst an der Front. Während des Bürgerkrieges stirbt sein Vater an einem Herzinfarkt und sein Bruder Guillem findet auf dem Schlachtfeld den Tod.

Nachdem Franco nach seinem Militärputsch eine Diktatur errichtet, flieht Victor Dalmau aus Barcelona nach Frankreich. Bei ihm ist die talentierte Pianistin Roser Bruguera, die von seinem toten Bruder schwanger ist. Victor bringt es lange Zeit nicht über sich, Roser die Wahrheit über den Tod des Bruders zu sagen. Auf dieser Flucht verschwindet die Mutter Victors und alle, auch der schon hier gebannte Leser, glauben, sie sei tot. Die Szenen, die sich in Frankreich abspielen, die Ablehnung, die den politischen Flüchtlingen dort begegnet, erinnert in vielem an heutige Zustände: "Niemand wollte diese Ausländer haben, diese Roten, diese widerwärtigen, dreckigen Fahnenflüchtigen und Verbrecher, wie sie in der Zeitung genannt wurden, sie würden Seuchen verbreiten, stehlen und vergewaltigen und einen kommunistischen Umsturz anzetteln."

An dieser Stelle baut Isabel Allende zum ersten Mal den Teil ihres Romans ein, der in Chile spielt. Sie lässt den damals noch jungen Dichter Pablo Neruda ein Schiff namens „Winnipeg“ chartern, das weit über tausend spanische Bürgerkriegsflüchtlingen nach Südamerika bringen soll. Er sorgt selbst dafür, dass auch Intellektuelle und politisch links verorte Menschen auf das Schiff dürfen, darunter Viktor Dalmau und Roser, die der als seine Frau ausgibt.

In Chile angekommen, holt Viktor sein Arztdiplom an der Universität Santiago nach und Roser macht Karriere als Pianistin. Über die Jahre und Jahrzehnte wird aus einer liebe- und respektvollen Vernunftehe eine große Liebe.

Viktor wird den noch jungen Salvador Allende kennenlernen, mit ihm regelmäßig Schach spielen, aber er kritisiert auch seine "bourgeoise Gewohnheiten, seine Maßanzüge, sein erlesener Geschmack, der sich in den Kunstgegenständen zeigte, mit denen er sich umgab."

Isabel Allende erzählt mit viel Temperament, wie Victor und Roser und deren Sohn Marcel sich in Chile einen Namen schaffen und versuchen, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich in der chilenischen Klassengesellschaft zurechtzufinden. Doch der Leser ahnt schon früh, dass der Militärputsch 1973 die Familie erneut zur Flucht zwingen wird, dieses Mal nach Venezuela. Dort, so berichtet Isabel Allende, habe sie auch während ihres eigenen Exils jenen Victor Pey getroffen, der für die Romanfigur des Victor Pate stand und erst im Alter von 103 gestorben ist.

„Dieser weite Weg“ ist die bewegende und auf vielen historischen Tatsachen beruhende Geschichte eines Paares durch die turbulenten Zeitläufe des vergangenen Jahrhunderts.
Wie weit ist der Weg, den Menschen manchmal gehen müssen, um im Leben anzukommen? Eine Geschichte von Flucht und Neuanfang, von politischem Engagement und von Intrigen und Gewalt.
Und eine wundervolle Liebesgeschichte zweier Menschen, die sich erst langsam näher kommen, nachdem sie vorher schon unendlich viel miteinander erlebt und bewältigt haben.

Mit diesem neuen Roman hat Isabel Allende nach etlichen eher durchschnittlichen Romanen zu ihrer alten Qualität zurückgefunden. Weil besonders die Teile, die nach der

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.