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FrauSchafski

Bewertungen

Insgesamt 131 Bewertungen
Bewertung vom 22.03.2020
Terra
Orgel, T. S.

Terra


weniger gut

Charaktertiefe? Fehlanzeige

Zunächst beginnt noch alles ziemlich gut. Eine Astronautin stirbt unter mysteriösen Umständen. Das erschien vielversprechend. Doch danach beginnt die Verwirrung, denn mit jedem neuen Kapitel werden neue Figuren eingeführt. Die sind alle irgendwie cool und individuell oder auch mal etwas sperrig. Alle sprühen nur so vor klamaukigen, markigen Sprüchen. Das mag eine Weile unterhalten, es wird jedoch irgendwann ermüdend. Hinzu kommt, dass das nicht ausreicht, um den Figuren Tiefe oder gar einen echten Wiedererkennungswert zu geben. Insbesondere die Nebenfiguren konnte ich bis zum Schluss nicht auseinanderhalten, weil sie absolut beliebig und nicht wirklich notwendig für den eigentlichen Handlungsverlauf sind. Selbst die beiden Hauptfiguren Sal und Jak gewinnen nicht wirklich an Tiefe, sondern hetzen von einer Actionszene zur nächsten. Trotz dieses hohen Tempos hatte ich große Schwierigkeiten, der Story zu folgen bzw. überhaupt dabei zu bleiben. Immer wieder ertappte ich mich selbst, wie ich mit den Gedanken abschweifte, nur um dann die gerade gelesene Passage erneut zu lesen. Nach einigem Grübeln, woran das denn wohl liegen mag, bin ich zu dem Schluss gekommen: Die Story entwickelte für mich überhaupt keine Sogwirkung. Die letzten 50 Seiten habe ich schließlich nur noch quergelesen. Das Ende erschien so offensichtlich, dass es mich noch nicht einmal mehr interessiert hat, wie sie denn nun dorthin kommen.

Fazit: Viel zu hohe Erwartungen wegen der vielen positiven Bewertungen – das geht eben manchmal auch schief. In diesem Fall tut es mir ganz besonders leid.

Bewertung vom 08.03.2020
Das letzte Ritual / Anwältin Dóra Gudmundsdóttir Bd.1
Sigurdardóttir, Yrsa

Das letzte Ritual / Anwältin Dóra Gudmundsdóttir Bd.1


gut

Im Zinnsoldatenkabinett

Als zentrales Thema wählt die Autorin die Hexenverfolgung in Island und Deutschland, denn der Tote, der in der Universität gefunden wird, ist ein deutscher Student. Damit kann sie punkten. Denn vor dem Hintergrund des universitären Umfelds, können jede Menge historische Fakten zur Hexenverfolgung in die Geschichte einfließen. Die Autorin hat für dieses Buch sicher viel recherchiert und versorgt den Leser ganz nebenbei mit einem Abriss dieser grausamen Zeit. Gleichzeitig bilden die damals vollzogenen Praktiken auch Grundlage für so manche gruseligen Momente, denn die Studierendengruppe um den Ermordeten ist der Faszination von alten Hexenriten verfallen. So weit, so positiv.

Leider gibt es in meinen Augen auch einen dicken Kritikpunkt: Die Autorin schafft es noch nicht, ihre Figuren glaubhaft darzustellen. Im Gegenteil wirken sie alle wie aus einem Zinnfigurenkabinett entnommen. Sie gebären sich in ihrer Interaktion furchtbar steif, die Dialoge sind hölzern und wirken stellenweise befremdlich und künstlich, sodass sie wenig natürlich und glaubhaft sind. Außerdem fehlt ihnen die Tiefe. Alles bleibt oberflächlich, Emotionen sind kaum zu erkennen und das, obwohl die Autorin durchaus versucht, die private Hintergrundgeschichte von Dóra mit einfließen zu lassen. Das wirkt nur leider nicht echt, sodass hier noch viel Luft nach oben bleibt. Wie gut, dass sich das bis zu ihrer aktuellen Reihe ändern wird, sonst hätte ich vermutlich kein weiteres Buch von ihr gelesen. Stattdessen finde ich es nun spannend zu sehen, wie sich dieser Umstand nach und nach verbessert.

Fazit: Die Qualität der späteren Bücher lässt sich bereits erkennen, aber da ist noch deutlich Luft nach oben.

Bewertung vom 22.02.2020
Qube
Hillenbrand, Tom

Qube


sehr gut

Die Suche nach dem Heiligen Gral als Dystopie

Mit “Qube” ist Hillenbrand eine mehr als würdige Fortsetzung gelungen. Tatsächlich - das sei vorweg genommen – konnte sie mich sogar noch mehr begeistern. Dabei wagt der Autor insofern eine große Änderung, dass wir es nun nicht mehr mit dem Protagonisten des ersten Teils, Galahad Singh, zu tun haben, sondern mit Fran Bittner, die aber als Nebenfigur schon aus dem vorherigen Band bekannt ist. Fran ist im Auftrag von UNANPAI unterwegs. Der Organisation, die streng überwacht, dass keine KI auf die Menschheit losgelassen wird. Denn, so die allgemeine Überzeugung, eine KI würde langfristig das Ende der Menschheit bedeuten. Zweimal konnte dies bereits verhindert werden und auch wenn die allgemeine Überzeugung herrscht, dass die KI vernichtet werden konnte, bieten die beiden Zwischenfällt ausreichend Stoff für Verschwörungstheoretiker, die überzeugt sind, dass die übermenschliche Intelligenz überlebt hat.
Derweil ist die Menschheit wie gewohnt auf der Suche nach Unsterblichkeit. Nachdem es ihnen bereits vor langer Zeit gelungen ist, ihre Gehirne zu digitalisieren und diese Cogits anschließend in jeden beliebigen Köper, auch Gefäß genannt, hochzuladen, bleibt weiterhin ein zentrales Problem: Das Cogit kann nicht länger als 21 Tage in einem Gefäß bleiben, sondern muss regelmäßig in den alterungsanfälligen Stammkörper zurücktransferiert werden, sonst droht das Aus für Körper und (digitalisierten) Geist. Nicht weniger als die Suche nach dem “Heiligen Gral” steht also im Zentrum unserer Handlung. Das liest sich jedoch alles andere als verstaubt, im Gegenteil sprüht der Autor nur so von Vorstellungskraft und macht die Lektüre zu einer wahren Entdeckungsreise. Er schafft es, durch über lange Strecken scheinbar unzusammenhängenden Einzelhandlungsstränge dauerhaft Spannung aufzubauen. Das gelingt ihm sogar besser, als in seinem Vorgängerroman. Und wenn er die Stränge dann nach und nach zusammenführt, entsteht ein Tempo, das förmlich an die Seiten fesselt. Schließlich ist das Ende so unerwartet und abgefahren, dass ich große Hoffnung auf eine Fortsetzung hege. Diese Zukunftsvision ist noch nicht fertig.
Fazit: Ein Muss für alle, die schon von Hologrammatica begeistert waren. Auch wenn die beiden Teile unabhängig voneinander funktionieren, empfiehlt sich doch, den Vorgänger zuerst zu lesen. Kleine Abstriche gibt es, weil ein Handlungsfaden etwas lose daherdümpelte, aber vielleicht ist genau diese auch Aufhänger für eine Fortsetzung?

Bewertung vom 16.02.2020
Die Vegetarierin
Kang, Han

Die Vegetarierin


gut

Der dem Lebend entrückte Mensch

Dieses Buch ist – gelinde gesagt - verstörend. Han Kangs Figuren sind allesamt dem Leben entrückt. In drei Akten kommt jeweils eine andere Figur zu Wort und dennoch dreht sich im Kern alles um Yeong-Hye, die eines Tages beschließt, Vegetarierin zu werden. (Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Übersetzungsproblem ist, denn genau genommen wird sie zur Veganerin, lehnt sie doch jegliche tierische Produkte ab.) Von diesem Tag an beginnt ihr Leben und das ihrer Familie zu zerbrechen. Warum sie zu diesen radikalen Handlungen neigt, die im Laufe des Buches immer radikaler werden, wird nicht ganz klar. “Ich hatte einen Traum.”, ist ihre einzige Rechtfertigung. Dieser Traum wird nicht der einzige bleiben. Sie sind surreal und verstörend, wie Träume nun einmal sein können. Allerdings neigt der Mensch nicht unbedingt dazu, sie für so wichtig zu nehmen, dass auf deren Grundlage ein ganzes Leben umgekrempelt wird. Die Menschen in ihrem Umfeld verstehen Yeong-Hyes Veralten nicht – und ebenso wenig tut es der Leser.
Damit sind wir am Kern dieser verwirrenden Erzählung angelangt: Verständnis. Es ist eine enorme interpretatorische Leistung nötig, um auch nur ansatzweise dieser Geschichte nahezukommen. Ich bin mir nicht sicher, inwiefern das überhaupt möglich ist und ob genau das nicht der Punkt der Autorin ist: dass manche Dinge über unseren Verstand hinausgehen. Die Frage, die sich stellt ist viel mehr, ob wir über etwas, dass wir nicht verstehen, urteilen dürfen. Gleichzeitig glaube ich auch, dass wir aufgrund unserer Neigung zu rationalen Erklärungen immer nach einer Antwort suchen werden.
Fazit: Tja, was fange ich nun damit an. Fakt ist, ich habe dieses Buch nicht verstanden, habe keinen richtigen Zugang dazu gefunden. Ob dies nun am falschen Zeitpunkt lag, sei dahingestellt. Den literarischen Wert dieser Erzählung erkenne ich ohne Zweifel an, dennoch bleibt sie für mich merkwürdig entrückt und fern, weswegen ich nicht mehr als 3/5 Sterne vergeben kann.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.02.2020
Die Ladenhüterin
Murata, Sayaka

Die Ladenhüterin


gut

Ein Leben für den Konbini

Einmal mehr eröffnet dieses Büchlein einen faszinierenden Einblick in die japanische Gesellschaft. Diese Mal im Gewand eines sogenannten Konbini, ein 24-Stunden-Supermarkt. Dort ist Keiko Furukawa Aushilfe. Seit 18 Jahren bildet der Laden ihren zentralen Lebensinhalt. Denn Keiko hat Schwierigkeiten, sich in soziale Umgebungen einzufügen, versteht die Regeln und Konventionen gesellschaftlichen Umgangs nicht. Was sie aber versteht, sind die klaren Regeln und Abläufe des Konbini, dessen Ziele und Bedarfe. Umso besser: Er gibt ihr auch Verhaltensanweisungen für ihr Privatleben mit. Pflege dich, schlafe ausreichend, iss gesund, damit du als wertvolle Arbeitskraft dem Konbini nützt. Klingt merkwürdig? Das denken die Personen in Keikos Umfeld auch und beginnen zunehmend, sich in ihre heile Welt einzumischen.
Denn gesellschaftliche Konventionen erwarten von ihr, mehr als einen Aushilfsjob in einem Supermarkt auszuüben. Sie erwarten, dass sie heiratet, Kinder bekommt, einer „anständigen“ Arbeit nachgeht. Der Druck, der sich aufbaut, ist immens. Und auch wenn wir uns hier in Japan befinden, wo die gesellschaftlichen Vorgaben extremer scheinen, konnte ich in vielen Punkten Parallelen zu deutschen Konventionen feststellen. Allem voran die Tatsache, dass Menschen generell dazu neigen, sich in das Leben anderer einzumischen und die eigenen Ansichten als die einzig wahren anzusehen. Sich davon zu befreien, war zu allen Zeiten die größte Herausforderung, die ein Individuum leisten kann, und die wenigsten schaffen es.
Fazit: Auch wenn dieses gesellschaftliche Lehrstück spannend war, ist es mir insgesamt etwas zu kurz geraten. Insbesondere das Ende war mir zu schnell abgehandelt, hier hätte es der Geschichte gut getan, noch etwas weiter zu denken. Alles in allem mehr eine Novelle, als ein Roman, ganz nett zu lesen.

Bewertung vom 02.02.2020
Sweet Sorrow
Nicholls, David

Sweet Sorrow


sehr gut

Liebe ist keine Blumenwiese

Ich bin ein Nicholls-Fan. Erneut ist es ihm gelungen, mich zu begeistern mit seinem Stil. Der sagt nicht unbedingt der breiten, rosa Wolken verwöhnten Masse zu. Viele kritische Töne waren zu hören. Die „eigentliche“ Handlung, also die Liebe zwischen Fran und Charlie, stehe zu wenig im Vordergrund, das Drumherum wäre langweilig und eigentlich wäre das auch kein echter Liebesroman. Das sind etwas überspitzt formuliert die Hauptkritikpunkte.
Ich muss ihnen zustimmen, das ist alles richtig. Und dennoch möchte ich dagegen halten. Denn die Liebe, wie wir sie hier finden, ist erst einmal leise und kaum spürbar, überrennt dann alles, lodert hell und flaut wieder ab. Es zeigt auch, dass, nur weil die Protagonisten verliebt sind, die Schwierigkeiten und Probleme um sie herum nicht aufhören. Sie sind Teil ihrer Beziehung, weil sie zu deren Individuen gehören. Und das ist eine so grundlegend realistische Sicht auf Liebe, wie man sie nur selten findet.

Nicholls sprachlicher Stil konnte mich einmal mehr völlig abholen. Sein teils bissig, schwarzer Humor ist genau mein Ding. Die Dialoge sind alles andere als abgeschmackt und öde, sondern sprühen von Witz und Ironie. Dabei ist es an vielen Stellen das Ungesagte, was zwischen den Zeilen mitschwingt, das den eigentlichen Reiz dieses Romans ausmacht. Emotional hat mich die Geschichte um Fran und Charlie mitgerissen. Ich hatte so viele Flashbacks und Erinnerungen an meine eigene erste Liebe, dass es mir teilweise unheimlich war. Wie kann der Autor bitteschön so tief in meinen Kopf blicken? Tja, und nun, wo es vorbei ist, verspüre ich fast so etwas wie Liebeskummer. Allein die Analogien zu Romeo und Julia hätte es für mich nicht gebraucht, aber das ist ein kaum beachtenswerter Kritikpunkt meinerseits.

Fazit: Wer sich auf eine authentische, sprachlich feine, realistisch erzählte Liebesgeschichte einlassen kann, wird mit diesem Roman glücklich. Ich für meinen Teil muss mir nun dringend auch noch die anderen Bücher von Nicholls besorgen. 4/5 Sterne

Bewertung vom 25.01.2020
Die Geschichte der Baltimores
Dicker, Joël

Die Geschichte der Baltimores


weniger gut

Achtung, hier kommt eine Katastrophe

Lieber Herr Dicker,

es tut mir leid, aber wie beide werden keine Freunde mehr. Schon mit Ihrem Erstling habe ich gehadert, die zugegebenermaßen geschickte Konstruktion hat mich letztlich dennoch am Ball bleiben lassen. Mit den Baltimores ist es jedoch eine andere Sache. Mir ist bewusst, dass Foreshadowing ein probates Mittel ist, um einer Story einen Spannungsbogen zu verleihen. Jedoch ist dieses Mittel nur dann spannend, wenn es sparsam eingesetzt wird. Im Fall Ihrer Geschichte der Baltimores wird hingegen schon auf den ersten Seiten von „der Katastrophe“ gesprochen, obwohl schnell klar wird, dass wir Leser noch hunderte Seiten am langen Arm verhungern gelassen werden, bis es endlich zu „der Katastrophe“ kommt. Es hilft auch nicht, „die Katastrophe“ immer und immer wieder zu erwähnen, wir wissen ja schon längst, dass es böse enden wird. Bei mir löste das lediglich den Effekt aus, dass ich jedes Mal ein inneres Augenrollen vollzog, wenn einmal mehr von „der Katastrophe“ gesprochen wurde. Ich empfand es als furchtbar anstrengend.

Ihr Plot könnte zudem Grundlage für eine, vermutlich sehr erfolgreiche, Vorabendsoap sein. Die Dialoge könnten platter und pathetischer nicht sein, die Handlung kaum kitschiger. Und unser Erzähler verwendet im Laufe der Geschichte immer wieder dieselben Formulierungen, als wäre ihm nichts besseres eingefallen. Das macht das Buch insgesamt ziemlich öde, mein Interesse war schnell auf ein Minimum geschrumpft. Ihre Figuren mögen nahbar sein, den Leser emotional binden, aber authentisch sind sie nicht. Um ehrlich zu sein, verhalten sich alle super dämlich. Es mag sein, dass unzureichende Kommunikation oft Ursache für Katastrophen wie diese ist, aber es sollte doch das Gefühl zurückbleiben, dass die Figuren sich wenigstens bemüht, wenigstens ab und an ihr Hirn eingeschaltet haben. In diesem Fall kann ich nur sagen: Die Katastrophe ist selbst verschuldet, Ihre Figuren haben den Karren so richtig gegen die Wand gefahren.

Ich gönne Ihnen, dass sie so viele Fans haben und als literarischer Stern an Frankreichs Abendhimmel gepriesen werden. Allerdings finde ich Ihr Schreiben hoffnungslos überschätzt. Für einen guten Roman benötigt man mehr, als Foreshadowing und eine überdramatische Handlung. Für mich funkeln da nur zwei schwach erleuchtete Sternchen.

Hochachtungsvoll
Frau Schafski

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.01.2020
Die Prüfung / Nevernight Bd.1
Kristoff, Jay

Die Prüfung / Nevernight Bd.1


ausgezeichnet

Bei der Gurgel, ist das gut

Was macht diese Story so anders? Wie so häufig ist es ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Ganz oben steht für mich Jay Kristoffs Schreibstil. Er ist detailreich, bunt und von einem süffisanten Humor gespickt, der an völlig unerwarteten Stellen ein Schmunzeln aufkommen lässt. Der auktoriale Erzähler schleicht sich immer wieder zwischen die Zeilen, erweist sich als Experte seiner Welt, indem er die Handlung in teils ausufernden anekdotischen Fußnoten kommentiert und ergänzt. Manch einer mag dies als ermüdend empfinden, ich hingegen liebe diese Fußnoten und ihr „unnützes Wissen“. Ein weiterer für mich zentraler Punkt ist außerdem die Tatsache, dass Kristoff sich nicht mit gewohnten Genresettings abgibt, sondern eine zwar irgendwie verwandte aber doch ganz andere Welt ersinnt. Dafür erfindet er ganz nebenbei diverse neue Worte, die dennoch Assoziationen zu bekannten Begriffen zulassen, sodass man sie schnell einer Bedeutung zuordnen kann. Und dann die Figuren: Sie sind nahbar, vielschichtig und man kann sich nie sicher sein, ob sie das sind, was sie zu sein scheinen. Allein die Hauptprotagonistin Mia prägt sich tief in das Gedächtnis ein. Last but not least: Kristoff hat echt Eier in der Hose! Neben der Tatsache, dass das Blut literweise fließt und nicht gerade zimperlich miteinander umgegangen wird, hat der Autor einige unvorhersehbare Wendungen im Petto, die mich mehrmals fassungslos auf die Seiten starren ließen. Damit hebelt er so ganz nebenbei die Erwartungshaltung der Leser völlig aus. Großartig!

Fazit: So muss Fantasy sein! Das war genau nach meinem Geschmack und ich kann es kaum erwarten, den zweiten Band zu lesen, den ich mir sofort besorgen musste. Band 3 erscheint glücklicherweise bereits diesen Monat, sodass ich zum perfekten Zeitpunkt mit der Reihe angefangen habe. Absolutes Lesehighlight!

Bewertung vom 08.01.2020
Alles, was ich weiß über die Liebe
Alderton, Dolly

Alles, was ich weiß über die Liebe


weniger gut

Sie hat die Weisheit mit Löffeln gefressen

Dolly ist vergnügungssüchtig, stets auf der Suche nach dem nächsten Kick. Party, Alkohol, Sex, Drogen, das sind ihre Lebensinhalte. Sie ist selbstsüchtig und prollig, laut und peinlich, wenn sie auf Partytour ist. Eine Frau, für die ich mich schämen würde, wenn ich ihr in einer Kneipe begegnen würde. Kein Mittel zur Selbstinszenierung ist ihr fremd. Sie pinkelt auf offener Straße, entblößt sich, kotzt, lallt und wankt bis zum Umfallen. Tja, und diese Person will nun DIE Erkenntnis auf dem Weg zur Frage Liebe gefunden haben. Nicht sehr vertrauensvoll. In kurzen Episoden erzählt sie von ihren Partyeskapaden, ihren Mädels (die einzigen, für die sie wahre Liebe empfindet), Liebhabern, kurzen Beziehungen und Rauschzuständen. Das soll wohl witzig sein, schonungslos ehrlich ist es immerhin, aber meinen Humor hat das nicht angesprochen. Im Gegenteil habe ich mich den größten Teil der Zeit fremdgeschämt. Irritierenderweise mischen sich merkwürdige Kochrezepte, Listen, Einladungen und Feststellungen zwischen die Episoden. Nach der Hälfte des Buchs habe ich ehrlich gesagt nur noch quergelesen und dennoch das Gefühl, alles mitbekommen zu haben. Ja, die ein oder andere Erkenntnis teile ich vielleicht und ich freue mich ehrlich, dass die Autorin zu diesen Einsichten gekommen ist, aber wir beide kamen ansonsten einfach nicht zusammen.

Fazit: Ich möchte dieses Mal eigentlich keine Sternebewertung aussprechen, weil es unfair wäre, Dolly die Autorin für Dolly im Buch zu verurteilen (leider ist das hier vorgegeben). Die beiden liegen so nah beieinander, dass ich das Gefühl hätte, ich würde das Leben der Autorin mit Sternen bewerten. Und so etwas würde ich mir nie anmaßen, da jeder auf seine Weise sein Glück finden muss. Nur weil es nicht meine Weise ist, heißt es ja nicht, dass es automatisch schlecht ist.

Bewertung vom 05.01.2020
Blutblume / Widerstandstrilogie Bd.1
Boije af Gennäs, Louise

Blutblume / Widerstandstrilogie Bd.1


weniger gut

Nichts Halbes und nichts Ganzes

„Blutblume“ ist der Auftakt der sogenannten Widerstands-Trilogie, deren Inhaltsangabe sich zunächst durchaus gut las. Sara ist gerade erst vom Land nach Stockholm gezogen und versucht dort nun ihr Glück nach mehreren harten Schicksalsschlägen. Doch schon nach kurzer Zeit geschehen merkwürdige bis völlig verrückte Dinge, sodass sie zunehmend das Vertrauen in ihr Umfeld und auch in ihren eigenen Geisteszustand verliert. Sie findet eine große Dokumentensammlung im Büro ihres verstorbenen Vaters, die darauf hindeuten, dass in Schweden nicht alles so rund läuft, wie es sollte. Diese Dokumente fließen auch in die Handlung ein und werden so dem Leser zugänglich gemacht. Schon das Impressum weist darauf hin: „[...] Die wiedergegebenen Artikel sind jedoch echt [...]. Bitte beachten Sie, dass Realität und Fiktion in diesem Buch parallel existieren.“ Okay, dachte ich mir, hier wird also versucht, unter dem Deckmäntelchen der Fiktionalität dem Leser Realität zu verkaufen. Ob das mal funktioniert?

Tja, was soll ich sagen. Für mich hat es nicht funktioniert. Die die schwedische Regierung belastenden Artikel stören enorm den Lesefluss und sind für Leser, die sich nicht mit Schwedens Politsystem auskennen, oder sich generell für politische Verstrickungen interessieren, schlicht kaum nachvollziehbar. Letztlich habe ich nur Bruchteile wirklich verstanden bzw. einordnen können. Es kommt erschwerend hinzu, dass die Handlung, in die diese Dokumente eingebettet sind, allein dem Zweck zu dienen scheint, vertuschte Staatsaffären aufzudecken. Allerdings wurde hierfür in meinen Augen das falsche Medium ausgewählt. Denn zugunsten dieses Ziels kommt das Drumherum zu kurz. Die Spannung leidet und die Charakterzeichnung erst recht. So gelang es mir nicht, zu Hauptprotagonistin Sara oder irgendeiner anderen Figur einen Zugang zu finden. Im Gegenteil empfand ich ihre Reaktionen und Gedanken in den meisten Fällen nicht nachvollziehbar.

Fazit: Kurzum, die Parallelität von Fiktionalität und Realität, die hier angestrebt wird, funktioniert nicht. Das eine leidet auf Kosten des anderen. Und daher gelange ich leider zu dem Schluss, dass dies keine lohnenswerte Lektüre war. 2/5 Sterne.