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Zauberberggast
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München

Bewertungen

Insgesamt 159 Bewertungen
Bewertung vom 13.02.2024
Geordnete Verhältnisse
Lux, Lana

Geordnete Verhältnisse


sehr gut

Kafka - sein Tod jährt sich dieses Jahr ja zum 100sten mal - schrieb in einem seiner Briefe, “man sollte überhaupt nur noch solche Bücher lesen, die einen beißen und stechen [...] [und] mit einem Faustschlag auf den Schädel” wecken. Ich weiß nicht, ob sich Lana Lux dieses Zitat besonders zu Herzen genommen hat, als sie ihren dritten Roman “Geordnete Verhältnisse” geschrieben hat. Jedenfalls musste ich an diese Worte denken, als ich den Roman beendet hatte. Das Buch ist nämlich eines, das bei manchen Lesenden eine solche drastische Wirkung zu haben vermag. Es ist ein unbequemer und verstörender Roman über zwei Menschen, die eine neue Form des Zusammenlebens, der zwischenmenschlichen Koexistenz ausprobieren und letztlich an ihren eigenen Persönlichkeiten, die von Kindheitstraumata und psychischen Krankheiten beherrscht werden, scheitern.

Es geht um die beiden Protagonist:innen Philipp und Faina, die einander seit ihrer gemeinsamen Grundschulzeit alles bedeuten. Vor allem Philipp ist auf Faina bis zur Obsession fixiert. Philipp wächst zunächst in Gelsenkirchen bei seiner Tante und deren Familie auf, da seine eigene Mutter alkoholkrank ist und nicht für ihn sorgen kann. Als er sechs Jahre alt wird, holt ihn diese zu sich und die gemeinsame Zeit mit ihr ist von Höhen, aber noch weitaus mehr von Tiefen geprägt. In der dritten Klasse lernt er Faina kennen, die aus der Ukraine stammt und seit wenigen Monaten mit ihrer jüdischen Familie in Deutschland lebt.
Nicht nur eine imminente Seelenverwandtschaft und der jeweils bei beiden unterschiedlich ausgeprägte dysfunktionale Familienhintergrund ist es, der die Außenseiter:innen miteinander verbindet, sondern auch ihr äußeres marginalisiertes Erscheinungsbild: Sie sind beide von Natur aus rothaarig, sommersprossig und extrem hellhäutig, eine Steilvorlage für Mobbing seitens der Mitschüler:innen und in Philipps Fall sogar der eigenen katholischen Tante, die in ihm den reinkarnierten Satan zu erkennen vermag. Philipp und Faina beginnen eine Freundschaft, die mit zunehmendem Alter der beiden in eine Schieflage gerät, sprich: Aus der Freundschaft wird eine toxische Abhängigkeit voneinander, die zusammen mit Philipps Hang zur Aggressivität eine fatale Mixtur ergeben. Als die bisexuelle Faina nach einem Auslandsaufenthalt von einer Affäre schwanger wird und sich von ihrer Lebensgefährtin trennt, bietet sich für den asexuellen Philipp die Möglichkeit, mit Faina eine Familie nach dem Modell des Co-Parenting zu gründen. Wird sich sein Wunsch nach “geordneten Verhältnissen” erfüllen? Wer die Autorin Lana Lux und ihre Werke kennt, kann sich sicher sein, dass die Antwort auf diese Frage nur “nein” lauten kann.

Die Story ist hoch interessant und originell, weil sie Aspekte in sich vereint, die für mich in der aktuellen Belletristik noch nicht sehr prominent stattfinden. Zum Beispiel einen männlichen Protagonisten zu präsentieren, der asexuell ist. Es wird im Buch leider - anders als bei Fainas Bisexualität - nicht explizit so genannt, aber aus Philipps Gedankenstrom und seinen Handlungen kann man das ganz klar so herauslesen. Sexualität ist für ihn ein Graus und eine niedere widerwärtige Handlung, die er nicht mal mit Faina möchte, der einzigen Person, die er auf Dauer ertragen kann. Er “liebt” sie auf einer Ebene, die jenseits aller Körperlichkeit liegt. Er sagt einmal so in etwa, er sieht sie als externalisierten Teil von sich selbst. Im Grunde liebt er also wahrscheinlich nur sich selbst, was auch sein aggressives Verhalten gegenüber Faina erklären würde. Schließlich hat er auch für alle anderen Menschen meist nur Verachtung übrig.
Das Thema Co-Parenting ist auch eines, über das ich noch nicht oft etwas gelesen habe.

Man könnte sagen, “Geordnete Verhältnisse” ist ein utopischer Roman, denn er erzählt von einer Utopie, der Utopie der Normalität und ihrer gewaltsamen Dekonstruktion. Wir moderne Menschen des 21. Jahrhunderts wünschen uns manchmal nichts mehr als ein Leben, das sich durch Ordnung und Klarheit auszeichnet. Allzu oft wird uns dieser Wunsch aber verwehrt, sei es durch eine traumatische Kindheit oder toxische Beziehungen im Erwachsenenalter. Ein feministischer Roman ist dieses Buch ganz klar, denn es erzählt von einer Frau, die in einer sozialen, psychischen und materiellen Abhängigkeit zu einem Mann gefangen ist. Das Machtgefälle zwischen Frau und Mann wurde von Lana Lux’ präziser Prosa, die nicht selten auch Momente des Komischen enthält, gekonnt eingefangen. Zudem geht es darum, wie unsere Herkunft uns determiniert sowie um Fragen der Integration. Ein wirklich sehr gelungener Roman, den ich allen ans Herz legen möchte, die auch etwas härteren Lesestoff gut aushalten können.

Bewertung vom 29.10.2023
Die Geister von Triest
Klinger, Christian

Die Geister von Triest


sehr gut

"Die Geister von Triest" ist der zweite Band der historischen Krimireihe um den jungen Ispettore Gaetano Lamprecht von der Triestiner Kriminalpolizei, der mit seiner italienisch-österrreichischen Familie in Triest lebt und arbeitet. Triest, die Hafenstadt an der Adria, gehörte im Jahr 1914, in dem die Reihe beginnt, noch zum Österreichisch-Ungarischen Kaiserreich. Der zweite Band zieht eine Spanne vom August 1914, drei Wochen nach der Handlung von "Ein Giro in Triest", bis zum Mai 1915.

Im Herbst 1914 ereignet sich der Mord an einer alten Frau, die im Bett ihres Hauses tot und mit Kreuzen in der Haut übersät aufgefunden wird. Gaetano muss in diesem obskuren Fall ermitteln. Er wird dabei mit Aberglauben, Flüchen aus der Vergangenheit, Riten, mysteriösen Artefakten und vielem mehr konfrontiert, was den eher nüchternen Ermittler zeitweise ganz schön aus dem Konzept bringt. Dabei hängt über allem das Damoklesschwert der Einberufung zum Militär, der der Offizier der Reserve nur allzu gern entgehen möchte. Wird er den Fall noch rechtzeitig lösen, bevor er vielleicht in den Krieg, dessen Ausgang sehr ungewiss ist, ziehen muss?

"Die Geister von Triest" ist ein klassischer Ermittlerkrimi, denn alles dreht sich um Gaetano und sein Leben. Es geht um seine Gedanken und Handlungen in Bezug auf Familie, Liebe & Beziehungen, zu Identität, Heimat und Vaterland, sozialen Fragen, den Radsport (hier nicht so stark thematisiert wie in Band 1) und natürlich auch zum noch jungen Krieg, dem in der Handlung überpräsenten Thema Nr. 1. Auch was den Fall betrifft, haben wir es hier mit einem Krimi zu tun, in dem es hauptsächlich darum geht, wie der Ermittler den Fall löst. Wer die Tat(en) ausgeführt hat, wird relativ schnell klar. Es gibt auch nur wenige Verdächtige, weswegen man den Roman nicht als klassischen "Whodunit" bezeichnen kann. Die Beschaffenheit des Falls an sich ist eher komplex, was ich wirklich gut, aber auch etwas herausfordernd fand.

Was mir sehr gefallen hat, ist die Darstellung der historischen Situation, die rund um den Protagonisten aufgebaut wird. Man bekommt wirklich einen klaren Einblick in dieses Triest zu Anfang des 1. Weltkriegs, ein Schmelztiegel der Nationen, in dem die unterschiedlichsten Kräfte und Gruppierungen mit- und gegeneinander walten. Die sozialpolitische Lage, die sich kurz nach Kriegsbeginn (der Krieg wurde zum Zeitpunkt der Handlung noch als absehbar angesehen) eröffnet, wird vom Autor wirklich sehr präzise eingefangen. Zum Beispiel, dass Frauen nun statt der männlichen Polizeibeamten, die einberufen wurden, deren Aufgaben im Büro übernahmen, ihnen aber oftmals nicht mehr als Kaffeekochen zugetraut wurde.

Was mir nicht so gut gefallen hat, waren die langen Kapitelüberschriften, die schon ein wenig von der Handlung vorwegnehmen. Außerdem fand ich, dass die Krimihandlung selbst etwas stark auf Zufällen basierte, zum Beispiel dass Gaetanos sympathische Schwester Adina just zu dem Zeitpunkt ein gesteigertes Interesse für die Etrusker im Geschichtsunterricht entwickelt, wo es doch im Mordfall um eine etruskische Statuette geht. Der Titel verspricht auch ein wenig mehr Gruselatmosphäre, als ich tatsächlich vorfinden konnte (und ich bin wirklich sehr leicht zu gruseln). Mich hat es dementsprechend auch nicht so gestört.

Alles in allem aber ein schöner historischer Krimi einer interessanten Reihe, deren dritter Band im Vorsatz für 2024 bereits angekündigt wird.

Bewertung vom 19.10.2023
Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte
Hacke, Axel

Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte


gut

Nur mit Wein und Häppchen zu ertragen

Eines dürfte feststehen: Die Welt wird immer deprimierender. Katastrophen, Klimawandel, Kriege - wie sollen wir bei all dem noch gelassen bleiben und einigermaßen positiv in die Zukunft blicken? Wie sollen wir Lebensfreude, gar Heiterkeit an den Tag legen, wenn alles um uns zusammenbricht? Dieser Frage hat sich Axel Hacke in seinem neuesten Sachbuch angenommen: "Über die Heiterkeit in schwierigen Zeiten und die Frage, wie wichtig uns der Ernst des Lebens sein sollte".

Hacke hat den Anspruch, einen klassischen Essay, also eine Abhandlung über die Heiterkeit aka Fröhlichkeit aka Lebensfreude zu schreiben. Er mäandert mit seinen Gedanken durch die Kulturgeschichte und scannt dabei Filme, Literatur, Psychoanalyse, Philosophie, Zeitgeschichte sowie das Werk von genuinen Humoristen wie Loriot in Hinblick auf das Thema ab. Immer wieder eingestreut finden sich passend zum Thema Heiterkeit, Humor und Lachen Anekdoten aus seinem eigenen Leben, gilt Hacke selbst doch eher als heiterer Autor und humorvoller Kolumnist, sowohl in der Eigen- wie auch in der Fremdwahrnehmung. Ganz unverblümt gibt Hacke zum Besten, mit welchen Lobhudeleien er schon bedacht wurde, weil er seine Leser*innen zum Lachen brachte. Auch Eigenwerbung wie der Verweis auf seine früheren Bücher ist mit von der Partie. Aber why not. Er erzählt im Plauderton mit vielen Abschweifungen ("übrigens" und '"by the way", "kennen Sie den schon", "wussten Sie eigentlich"…). Er gibt den Inhalt von ganzen Büchern wieder (z.B. "Der Name der Rose") und zitiert ausführlich aus der Primär- und Sekundärliteratur, so dass das kleinformatige gelbe Hardcover-Büchlein mit dem fröhlichen gleichfarbigen Lesebändchen und den aufgedruckten Sonnen (sonnig also heiter) schnell voll wird. Zuweilen mutet das sehr eklektizistisch an.

Mein Hauptproblem mit dem Buch ist, ich habe wirklich gedacht, mir würde dieses Werk zwei bis drei "heitere" Stunden bereiten. Also die, die die Sonnenuhr nur bereit ist zu zählen. Stattdessen sah ich mich eher mit dem "Ernst des Lebens", den Hacke unheilvoll im Untertitel heraufbeschwört, konfrontiert. Der Tod, Krankheiten, Krisen und Klimawandel, schlimme Kindheiten und Konflikte: Hacke bewegt sich in denkbar "unheiteren" Gefilden, um sich zu fragen, wie man bei all dem noch heiter bleiben kann. Lachen bei der Lektüre? Fehlanzeige. Werden hier falsche Erwartungen geweckt: Bei mir persönlich ja.

Ferner merkt man dem Buch an, dass sein Autor als nicht-marginalisierter weißer Mann, geboren in der Mitte der 1950er Jahre, mit der Humorvorstellung der heutigen Zeit nichts mehr anfangen kann. Seine Analyse unserer unheiteren Lebensrealität: "Wir leben in einer Welt permanenter Kränkungen und dauernden Gekränktseins, in einer Ära des Narzissmus." (S. 101). Eine Welt, in der man mit jeder witzigen Äußerung ein Minenfeld betritt, weil man sich nicht mehr über Menschen lustig machen darf und das ist sein Problem, wie er ausführt, denn Humor funktioniere nur in Hinblick auf das Menschliche. Und das sei in unserer Welt der "Verbotskultur der Jungen" (S. 105), in der man weder in Innenräumen Rauchen noch Woody Allen verehren darf, eben fast unmöglich geworden.

Ich muss sagen, ich finde Axel Hacke irgendwie sympathisch als Mensch, als Autor und Journalist durchaus intelligent und witzig. Was er hier abgeliefert hat, hat sich mir allerdings nicht erschlossen. Wieso, weshalb, warum das Ganze, im Hardcover mit Lesebändchen für 20 Euro? Es hätten auch 20 Kolumnen werden können und das hätte dem Thema wahrscheinlich besser zu Gesicht gestanden. Oder, stark gekürzt, ein Vortrag vor Mitarbeitenden der Süddeutschen Zeitung, vielleicht im Rahmen der Weihnachtsfeier. Die sollten aber schon mindestens zwei Wein und fünf Lachshäppchen intus haben, sonst lacht keiner. Leider keine Empfehlung von mir.

Bewertung vom 05.09.2023
Nincshof
Sebauer, Johanna

Nincshof


ausgezeichnet

Die Handlung von "Nincshof" möchte ich nicht unnötig vorwegnehmen - man muss selbst literarisch dort gewesen sein, um den Roman genießen zu können. Nur ein paar Eckpunkte: Es geht um ein idyllisches Dorf in der burgenländischen Pampa, das vergessen werden will. Und um eine zugezogene Städterin, die neugierig ist - zu neugierig? Es geht um alte Damen mit einer Vorliebe für fremde Pools, um Irrziegen und ihren Wirt bzw. die internationale "Irrziegen-Community", Pusztafeigenschnaps, Linzer Radl, das Matriarchat, den Sipp Sepp, den Bürgermeister, den Valentin, den Weinbauern, überambitionierte Wiener Radfahrer und um einiges andere mehr.

"Nincshof" setzt sich kritisch mit unserer Erinnerungskultur auseinander. Der Roman stellt die Frage, ob es nicht besser wäre, wenn die meisten Dinge dem Vergessen anheimfallen würden, statt ewig im digitalen bzw. medialen Fegefeuer zu verharren. Es geht auch viel um die Frage, wo es sich besser lebt, wenn man wie Isa Bachgasser, die Städterin, mitten im Leben steht - in der flirrenden Metropole voller Kultur oder in einem verschlafenen Dorf, dessen Kultur die Kunst des Vergessens und Vergessenwerdens ist. Nincshof ist ein Sinnbild der Entschleunigung. Hier leben die Menschen noch im Einklang mit der Natur und den Jahreszeiten. Hier wird nicht Followern, Geld - Kapitalismuskritik ist in diesem Buch auch ein ganz starkes Thema - oder den neuesten Espressomaschinen und Smartphones hinterher gehetzt. Hier ist man zufrieden - mit sich, seinem Körper, seinem Alter und dem, was man sonst so hat. Schon schön irgendwie.

Johanna Sebauer ist ein erfrischend anderer Roman gelungen, der förmlich nach einer Verfilmung schreit. Sie scheut sich nicht, die in der oftmals bierernsten deutschsprachigen Gegenwartsliteratur verschmähten Stilmittel Humor, Ironie und Sarkasmus zu verwenden. Für diesen Mut - denn die Gefahr besteht, dass der Roman vom Feuilleton dann nicht mehr "ernst" genommen werden könnte - gebührt der Autorin großer Respekt. Der Roman hat jedenfalls für mich getan, was Romane seit jeher im besten Falle tun sollten - er hat mich bestens unterhalten.

Bewertung vom 30.08.2023
Sonne über Gudhjem / Lennart Ipsen Bd.1
Kobr, Michael

Sonne über Gudhjem / Lennart Ipsen Bd.1


sehr gut

Wenn ich mal abschalten möchte und keine Lust auf anspruchsvollere Literatur habe, lese ich sehr gerne einen Krimi. Bei mir müssen es allerdings klassische "Whodunits" sein, also nicht allzu düster und blutig. Und ja, wenn ich einen etwas humorvolleren Whodunit lesen möchte, dann greife ich sehr gerne zu den Kluftinger-Krimis von Klüpfel und Kobr, mein "guilty pleasure" was das Lesen angeht. Dieses Mal hat Michael Kobr sowohl Kluftinger als auch seinen Autorenkollegen Volker Klüpfel unten im Allgäu links liegen lassen und hat sich schreibend in den Hohen Norden begeben, genauer gesagt auf die dänische Insel Bornholm. Sein erster Solo-Roman "Sonne über Gudhjem" spielt also dort, wo er wohl seit Jahren gerne selbst Urlaub macht. Kobr ist also gewissermaßen ortskundig, was beim Verfassen eines Regionalkrimis natürlich von Vorteil ist.

Lennart Ipsen, der 47-jährige Ermittler des Romans, ist zur Hälfte Däne und zur Hälfte Deutscher. Nach vielen internationalen Stationen u.a. bei Interpol, hat er sein Zuhause in Kopenhagen verlassen, um bei der Polizei in Rønne auf der Insel Bornholm, die er als Kind öfter besuchte, anzuheuern. Nach der Trennung von seiner Frau Andrea, die jetzt mit den beiden gemeinsamen Töchtern auf Rügen lebt, soll es ein Neuanfang für Lennart werden. Kaum angekommen und in Erwartung eines hyggeligen Daseins auf der an Schwerverbrechen armen Insel, steht aber auch schon der erste Mordfall ins Haus. Ein Schweinebauer wurde in seiner eigenen Räucherkammer ermordet aufgefunden.

Wir haben es hier mit einem ganz klassischen Regionalkrimi und Whodunit zu tun. Es gibt ziemlich viele Verdächtige, denn der Tote war nicht gerade ein Sympathieträger. Als LeserIn kann man bis zur Auflösung am Ende wunderbar miträtseln. Außerdem erfährt man viel über dänische Eigen- und Besonderheiten. Vor allem die Kulinarik des skandinavischen Landes kommt im Buch nicht zu kurz, zumal das Opfer des Verbrechens ein Lebensmittelproduzent war. Von Schinken über "Karl Johan" (dänisch für Steinpilze), Sanddorn, Lakritz und Honig sowie natürlich (geräucherter) Fisch reicht die breite Palette an in Dänemark beliebten Lebensmitteln, auf die im Roman eingegangen wird. Auch einem Sternerestaurant dürfen wir einen Besuch abstatten.

Wie schon bei Kluftinger nimmt das Privatleben des Kommissars einen gewissen Stellenwert in der Handlung ein. Anders als der schrullige Allgäuer ist Ipsen charakterlich aber eher Mainstream. Ein Workaholic natürlich, aber das haben ja viele Kommissare gemeinsam. Tatsächlich wird auch auf die Ermittler der klassischen und aktuellen Krimiliteratur eingegangen (S. 196f.). Ipsen tritt auch als Leser von Krimis auf, denn er kennt seine Dupin, Maigret & Co. Ansonsten sind die beiden Kolleginnen Tao und Britta sehr sympathisch, allenfalls Britta ist durch ihr alternatives Auftreten als polizeiliche Ermittlerin etwas ungewöhnlich.

"Sonne über Gudhjem" ist ein schöner, solider Regionalkrimi und natürlich perfekt als Lektüre im Dänemark-Urlaub.

PS: Das doppelte Lesebändchen in den Farben der dänischen Flagge ist eine tolle Idee (und sehr praktisch).

Bewertung vom 25.08.2023
Treacle Walker
Garner, Alan

Treacle Walker


ausgezeichnet

Eine unvergleichliche Novelle

Im Sommer 2022 ging ein Raunen durch die Literaturwelt als "Treacle Walker" auf die Longlist des Booker Prize gesetzt wurde. Das Raunen wurde im Herbst 2022 zu einem Staunen, als das Buch schließlich auf der Longlist erschien. Den Preis gewonnen hat Garner an seinem 88sten (!) Geburtstag zwar nicht, aber er setzte dennoch ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass auch Bücher, die nicht dem literarischen Mainstream entsprechen, um es vorsichtig zu formulieren, von der Booker Jury gewürdigt werden.

Der Roman ist ein literarisches Experiment.
Als LeserIn kommt man sich vor, als wäre man in einen Tornado geraten, der einen einmal kräftig durchschüttelt und dann hoch in die Luft wirbelt und erst wieder loslässt, wenn man eins der verrücktesten Leseerlebnisse seines Lebens durchlebt, durchliebt und durchlitten hat. "Treacle Walker" ist alles, nur nicht Mainstream. Es ist Fantasy, die durch die Schönheit und die Verrücktheit der Sprachbilder, die sie benutzt, dem Leser/der Leserin einen Pfeil durchs Herz schickt.

Worum es geht, ist eigentlich kaum zu beantworten. Das Vergehen der Zeit, das Menschsein, Metaphysik und Folklore und noch vieles andere mehr wird hier kondensiert auf wenigen Seiten verhandelt. Ein Wanderheiler - Treacle Walker - kommt zu Joe, einem Jungen, dessen eines Auge von Krankheit gezeichnet ist. Was danach passiert, ist in eine kohärente Handlung nicht mehr fassbar. Man darf an diese Fantasy-Novelle nicht mit der falschen Erwartungshaltung herangehen. So viel ist sicher: Es wird anders sein als alles, was Leser*in vorher gelesen hat.

Tatsächlich habe ich sowohl das englische Original als auch die Übersetzung von Bernhard Robben für Klett Cotta gelesen. Dieses Buch ist stellenweise unübersetzbar. Nicht nur weil die Handlung kaum nachzuvollziehen ist, sondern auch weil es Begriffe und Redewendungen gibt, die eigentlich nicht in eine andere Sprache übertragbar sind. Ein Beispiel aus Kapitel VIII: "I have been through Hickety, Pickety, France and High Spain", Robben übersetzt: "Ich war Ri Ra Rutsch mit der Kutsch in Frankreich und Hochspanien". Der Übersetzer versucht "Treacle Walkers" Sprachmelodie anhand einer deutschen Redewendung nachzuahmen und reüssiert damit. Noch eine Stelle: "It was a tune with wings, trampling things, tightened strings", übersetzt: "Eine Melodie mit Schwingen, durch Minnen von Sinnen, ein helles Singen" (S. 105). Dann gibt es so Worte wie "dobber", übersetzt "Bucker" (S.71), die in beiden Sprachen rätselhaft bleiben. Robben gebührt mein höchster Respekt, denn dieses Buch zu übersetzen ist eine unglaubliche literarische Leistung an sich.

Alan Garners Novelle hat den Autor endgültig in den Olymp der Literaturgeschichte verfrachtet. Ich bin mir sicher, wenn in Jahrzehnten eine Liste über die bedeutendsten literarischen Werke unserer Zeit existiert, dann wird "Treacle Walker" draufstehen. Großes Kino.

Bewertung vom 10.08.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


sehr gut

Obwohl ich selbst schon wie Millionen andere im Louvre vor der "Mona Lisa" stand und versucht habe, einen Blick durch die Menschenmenge auf sie zu erhaschen, habe ich mir nie wirklich Gedanken über die Provenienz des wohl berühmtesten Gemäldes der Welt gemacht. Dass Napoleon sie in seinem Schlafzimmer aufhängen ließ und dass sie 1911 gestohlen wurde und zwei Jahre lang als verschollen galt, wusste ich bis vor Kurzem gar nicht. Anscheinend war es der Raub, durch den die "Gioconda" den Status des berühmtesten Gemäldes der Welt erst endgültig manifestierte.

Tom Hillenbrand, den ich bislang nur von seinen Kulinarik-Krimis kannte, hat dieses Ereignis zum Zentrum seines historischen Romans gemacht.
Wie er im Nachwort sagt, orientierte sich der Autor am tatsächlichen Geschehen rund um den Raub. So erzählt er aus der Perspektive des Diebes, des italienischen Handwerkers Vincenzo Perrugia. Dieser arbeitete manchmal als Glaser im Louvre. Diese Gelegenheit und die Überzeugung, dass das Bild in sein Heimatland Italien gehöre, machten ihn zum Dieb.

Der Autor versammelt in seinem ambitionierten Gesellschaftsroman illustre Künstlerpersönlichkeiten der Realhistorie. Manchen begegnen wir nur flüchtig, wie Amedeo Modigliani, George Braques oder Henri Matisse. Sie sind in der Handlung lediglich Statisten. Ein anderer aber, ungleich berühmterer Maler, ist Protagonist, nämlich der 1911/1912 noch ganz junge Pablo Picasso. Zusammen mit dem Dichter Guillaume Apollinaire, der ebenfalls als Figur vorkommt, wurde er tatsächlich des Raubes der "Mona Lisa" verdächtigt.

Auch die Tänzerin Isadora Duncan ist eine Protagonistin im Roman. Sie beginnt eine Affäre mit der russischen Schneiderin Jelena, die außerdem Kommunistin ist. Jelena wird Mitglied der "Bonnot Bande", die 1911/1912 tatsächlich anarchistische Anschläge in Frankreich begann.

Hillenbrands Protagonisten und Protagonistinnen stellen sich existenziell bedeutsame Fragen: Was ist der Preis des Kampfes um eine gerechte Verteilung aller Güter? Imitiert das Leben die Kunst oder ist es umgekehrt? Welchen Wert haben unverkäufliche Bilder? Und: Sollte ich nicht lieber weniger Absinth trinken? ;-)

Der Aufhänger, Raub der "Mona Lisa", befindet sich in diesem Roman im Spannungsfeld sehr vieler Themenbereiche, die angeschnitten werden. Zunächst wären da die "-Muse(n)": Anarchismus/Kommunismus, Okkultismus/ Spiritismus, Expressionismus/Kubismus. Dazu kommen noch der Ausdruckstanz, den Isadora Duncan betreibt sowie die neuesten Verfahren der Kriminologie wie die Bertillionage. Außerdem geht es um die Museumsgeschichte des frühen 19. Jahrhunderts (Zustand des Louvre, Verfahren der Museologie), Schriftstellerei, Journalismus und Wirtschaftsgeschichte der Zeit.
Es werden also sehr viele Themenbereiche hier in den Raum bzw. den Roman geworfen. Das fand ich teilweise ein bisschen "too much". Alles wird nur angerissen und nicht wirklich ausgezählt, obwohl der Roman sehr lang ist. Manches hätte ich gerne noch eingehender verfolgt, vieles halte ich für redundant.

Obwohl es um einen Raub geht, es (Spoiler) einige Tote gibt und allerlei Verbrechen und es mit Juhel eine Ermittlerfigur als Protagonisten gibt, würde ich "Die Erfindung des Lächelns" nicht im eigentlichen Sinne als historischen Krimi bezeichnen. Es ist in meinen Augen vielmehr ein "historischer Gesellschaftsroman noir".

Man merkt, dass in diesem Buch sehr viel Herzblut und Recherchearbeit stecken. Mit Sicherheit geht man aus der Lektüre klüger heraus, als man zuvor gewesen ist. Wer gerne romanhafte Wimmelbücher mit sehr viel "Überbau" liest, dem sei dieser - in meinen Augen mit Themengebieten überfrachtete - opulente Roman empfohlen. Literarischen Minimalisten würde ich aber eher sagen: Finger weg vom Mammutwerk über "La Gioconde"!

Bewertung vom 17.07.2023
Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3
Seeburg, Uta

Der treue Spion / Offizier Gryszinski Bd.3


ausgezeichnet

Wer bereits die ersten beiden Bände um Major Wilhelm Freiherr von Gryszinski gelesen hat, wird wie ich sicherlich schon gespannt auf diesen dritten Band gewartet haben. Tatsächlich ist seit dem (vorab) Erscheinen von Band 2 ("Das wahre Motiv") nur ein knappes Jahr vergangen. Diese Tatsache lässt mich staunend und der Autorin Uta Seeburg absoluten Respekt zollend zurück, ist doch "Der treue Spion" sowohl was das Erzählerische als auch die Recherchearbeit und historische Authentizität angeht wieder von allerhöchster Qualität.

Diesmal begleiten wir den preußischen Ermittler in München bei einer äußerst delikaten politischen Mission. Ein französischer Diplomat namens Henri Fouqué ist über Nacht spurlos verschwunden, sein letzter Aufenthaltsort war das Münchner Luxushotel "Vier Jahreszeiten". Dort logiert auch ein dubioses russisches Paar, das sich äußerst verschwenderisch verhält und auffällig agiert. Natürlich lässt auch ein Mord im Dunstkreis des Verschwindens Fouqués nicht lange auf sich warten. Im Zuge dessen begleiten wir Gryszinski und seine Gattin diesmal sogar bis nach Paris (und später sogar noch weiter). Während wir im letzten Band mit den Gryszinskis tief in die Kunst- und Kulturszene Schwabings abgetaucht sind, ziehen wir jetzt mit ihnen u.a. durch die Pariser Literaten- und Künstlercafés. Dabei treffen der "Feierabend-Bohemien" und seine schreibende Ehefrau auf Größen der französischen Literatur wie Émile Zola und Marcel Proust. Ich finde es kann - wenn es wie hier gut gemacht ist - immer eine besondere Dynamik entstehen, wenn fiktive Personen auf historische Persönlichkeiten treffen. Hier hat die Autorin es sich nicht nehmen lassen, dass Marcel Proust sich von Gryszinski zu nichts weniger als seinem literarischen Lebenswerk inspirieren lässt. Das ist weder wahr noch bringt es den Plot in irgendeiner Weise weiter, aber es entlockt manchen Literaturkundigen unter den Lesenden sicher ein kleines Schmunzeln.

Überhaupt Literatur und literarisches Schreiben: Man merkt einfach, dass Uta Seeburg promovierte Germanistin und mit der Literatur des späten 19. Jahrhunderts bestens vertraut ist. Ihre Prosa wirkt nicht wie eine Heutige, sondern sie schreibt wie ein/e Autor/in des literarischen Realismus. Mir fallen Flaubert, Fontane oder auch der junge Thomas Mann ein, mit denen ich ihre Prosa vergleichen möchte. Man merkt einfach nicht, dass hier eine Autorin des 21. Jahrhunderts auf 1896/1916 blickt und das spricht absolut für Uta Seeburg denke ich.

Apropos 1916. Ja, diesmal haben wir es nicht nur mit einer, sondern mit zwei erzählten Zeitebenen zu tun - sehr spannend, wie ich finde. Einmal eben die Geschehnisse um den ermittelnden Gryszinski im Jahr 1896 und dann wird abwechselnd parallel aus der Perspektive seines Sohnes Fritz erzählt. Dieser ist im Jahr 1916 an der Front in Verdun, mitten im Ersten Weltkrieg, als Meldegänger rekrutiert. Von dort aus wird er als Spion auf eine abenteuerliche Reise quer durch Europa geschickt, wo er nichts weniger als die Affaire Fouqué zwanzig Jahre nach ihrem Geschehen nochmal aufarbeiten muss. Dabei gerät er selbst in große Gefahr…

Eigentlich sind Spionageromane nicht so wirklich mein Ding. Das ganze Bespitzeln, Misstrauen und Versteckspiel muss ich eigentlich nicht haben. Aber: Uta Seeburg hat mich vom Gegenteil überzeugt. Sie kann halt einfach erzählen. Und mit Gryszinski hat sie einen so sympathischen Protagonisten erschaffen, dass wir uns einfach eine immer neue "Topfrunde" mit ihm wünschen. Und Frau Brunner, die wie immer aus dem Nichts auftaucht, mahnend guckt und sich insgeheim freut, dass ihre Speisen so gut ankommen.

Bewertung vom 13.07.2022
Das wahre Motiv / Offizier Gryszinski Bd.2
Seeburg, Uta

Das wahre Motiv / Offizier Gryszinski Bd.2


ausgezeichnet

Major Wilhelm Freiherr von Gryszinski ermittelt wieder im München des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Nachdem wir den zurückhaltenden Sympathieträger bereits in "Der falsche Preuße" kennenlernen durften, geht es nun im zweiten Band der historischen Krimireihe um das "wahre Motiv". Diesmal taucht der im neuen bayerischen Umfeld zunächst etwas zugeknöpft wirkende Ermittler in die Münchner Kunstszene um 1900 ein. Es begegnen unserer fiktiven Hauptfigur illustre reale Persönlichkeiten der Kulturgeschichte - vom Malerfürsten Franz von Lenbach, über SchriftstellerInnen wie Franziska zu Reventlow, Frank Wedekind und Oskar Panizza, um nur einige zu nennen, bis hin zum Prinzregenten Luitpold höchstselbst. Geschickt verwebt die Autorin die fiktive Kriminalhandlung mit dem Mikrokosmos "Schwabylon", wie das Künstlerviertel um 1900 scherzhaft und doch ehrfürchtig genannt wurde. Obwohl sich der Schwerpunkt der Handlung auf Schwabing konzentriert, sind wir zusammen mit Gryszinski an vielen Orten der Stadt unterwegs. Der topographische "Schnitzeljagdcharakter" des Romans hat mit bereits im ersten Band sehr gut gefallen. Ein wilder Ritt durch München bei der ein doch recht zahmer aber hochsympathischer adliger Ermittler unfassbare artifizielle Morde aufzuklären versucht. Wieder lernt man ganz nebenbei viel über damalige Gepflogenheiten. Das Buch ist gespickt mit kulturgeschichtlichem Faktenwissen. Bewundernswert- ich ziehe meinen Hut vor der Autorin, die außerdem noch überaus sprachgewandt ist. Sie kann den Bayerischen Sprachduktus genauso authentisch wiedergeben wie den naserümpfenden Dünkel der preußischen Adelswelt imitieren. Kunst kommt halt von Können, wie Karl Valentin so schön sagte.
Alles in allem macht das Buch Lust auf Band 3 der Reihe.

Bewertung vom 23.09.2021
Barbara stirbt nicht
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


sehr gut

Der trockene Humor von Alina Bronsky ist genau mein Fall. Ich schätze ihre messerscharfe Beobachtungsgabe was Alltagsunzulänglichkeiten im Allgemeinen und menschliche Schwächen im Besonderen betrifft. Während sie im "Zopf meiner Großmutter" stark satirische Töne anschlug, ist "Barbara stirbt nicht" hingegen relativ zahm. Zwar ist der Protagonist Herr Schmidt ein liebenswerter Sancho Pansa, der tapfer gegen die Windmühlen seines unfreiwilligen späten "Hausmann-Daseins" kämpft, aber er wird zu keiner Zeit von der Autorin bloßgestellt.

Es geht in dem Buch viel darum, welche Lieblingsrezepte von Barbara sich ihr Ehemann Walter aneignen muss, während seine Frau in einem mysteriösen Zustand zwischen Krankheit und Rekonvaleszenz verweilt. LeserInnen werden über die eigentliche Natur von Barbaras Zustand im Unklaren gelassen.

Den ganzen Roman durchzieht eine eigentümliche Melancholie, eine Sehnsucht nach dem vergangenen Gestern. Bronsky zeigt an ihrem Protagonisten Herrn Schmidt exemplarisch auf was das plötzliche Bewusstsein über das Vergehen der Zeit mit uns Menschen macht. Gestern noch waren wir jung und heute sind es nicht mal mehr unsere Kinder. Herrn Schmidt, der bis zu Barbaras Krankheit in den Tag hinein gelebt zu haben scheint, trifft diese Erkenntnis wie ein Schlag. Was soll er nun anfangen mit den Resten seines alten Lebens? Wie soll er umgehen mit der bruchstückhaften Gegenwart? Und noch dazu mit der verschwiegenen Familientragödie, die erst im letzten Drittel des Buches ans Licht kommt?

Das offene Ende ist mir persönlich etwas zu abrupt, lässt viele Fragen offen, die ich noch an den Roman gehabt hätte. Leider erfahren wir nicht, unter welcher Krankheit Barbara eigentlich leidet. Ich hätte Herrn Schmidt und Barbara gerne noch eine Weile weiter begleitet. Bronsky wägt ihre LeserInnen bis zum Ende in der trügerischen Sicherheit sie würden auf ein tragikomisches versöhnliches Ende zusteuern, nur um sie dann ohne Vorwarnung an der Autobahnraststätte auszusetzen. Das ist mein Hauptkritikpunkt an diesem schönen, traurigkomischen Roman, der ein Gefühl der Unvollständigkeit zurücklässt.