Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
anyways
Wohnort: 
greifswald

Bewertungen

Insgesamt 266 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2019
Allee unserer Träume
Gerold, Ulrike;Hänel, Wolfram

Allee unserer Träume


weniger gut

Mich hat der Klappentext neugierig gemacht. Eine Frau die sich in einer Männerdomäne durchsetzen möchte, noch dazu in Ostberlin kurz nach dem Krieg. So protzig und völlig überdimensioniert diese Bauten an der heutigen Karl-Marx-Allee heute auch wirken, bedeuteten sie damals einen Luxus für die Ostberliner Bevölkerung. Jedenfalls war ich gespannt wie das Autorenduo diese Szenerie einfangen wollte um einen interessanten Roman zu kreieren. Mir wurde schnell klar, dass Ulrike Gerold und Wolfram Hänel nicht aus Ostdeutschland kommen, denn es tauchen doch ziemlich viele Ungereimtheiten auf, die ich mir, da ich aus Ostdeutschland stamme, nur so erklären kann.
Der Beginn ist unterhaltsam und flüssig geschrieben. Ilses Kindheit und Jugend, ihre innige Beziehung zu ihrem Vater und die ersten Schritte in Richtung des späteren Berufswunsches sind ansprechend zu lesen. Erst als Ilse die große Bühne in Berlin betritt und sich als „kleine“ Frau in einer Männerdomäne behaupten möchte wird die Geschichte unglaubwürdig. Ich will versuchen das zu erklären: In der noch jungen DDR galten Frauen von Anfang an als gleichberechtigt. Es wäre also überhaupt nichts Ungewöhnliches gewesen als vollwertige Architektin mitzuarbeiten. Übrigens ein fast vergessenes Phänomen, im Ostblock war es absolut normal (natürlich wenn man sich politisch „korrekt“ verhielt) wenn Frauen sogenannte Männerberufe erlernten. Aber nicht nur das war enervierend zu lesen, sondern ganz besonders haben mich die abrupt stattfindenden Zeitsprüngen mein Lesevergnügen gekostet und ebenso die an den Anfang gestellte Übersicht des Inhaltes des jeweiligen Kapitels. Damit wurde ein Teil der kommenden Geschichte ja schon vorweg genommen. Vielleicht hätte auch dies mich nicht so stark gestört, wäre mir die Protagonistin oder andere Mitwirkende sympathisch gewesen. Alle Figuren sind eher farblos und eher Randnotizen. Die Protagonistin selbst finde ich zu selbstbezogen und in jedem zweiten Satz geht es um „ihren Traum“. Ganz bezeichnend für den Charakter der Ilse ist ein Satz ziemlich zum Ende des Buches. Sie plant eine Reise mit ihrem Mann um sich bei ihm für all die Jahre zu bedanken. Sie überlegt hin und her: „Nein, Unsinn wir fahren nach Brügge! Wir sehen uns gemeinsam die Häuser an, mit denen alles begonnen hat.“- Nur war das nie der Traum ihres Mannes sich in Brügge die Architektur anzusehen, sondern der Traum von Ilse und ihrem Vater.
Eine großartige Möglichkeit eine Geschichte über den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg zu schreiben, die jedoch weder authentisch noch fesselnd umgesetzt wurde. Schade.

Bewertung vom 23.04.2019
Der Hunger der Lebenden / Friederike Matthée Bd.2
Sauer, Beate

Der Hunger der Lebenden / Friederike Matthée Bd.2


ausgezeichnet

Sommer 1947 in und in der unmittelbaren Umgebung von Köln


In Odenthal wird die Leiche der Gutsbesitzerin Ilse Röder gefunden. Der Tat war mit vier Schüssen ins Gesicht äußerst brutal, neben der Leiche wird eine junge Herumtreiberin mit der Mordwaffe aufgefunden. Friederike Matthée von der weiblichen Polizei wird von ihrer Vorgesetzten mit der Vernehmung der Mordverdächtigen betraut. Da sie selbst keine Fahrerlaubnis besitzt bringt sie ein Streifenwagen ins Bergische. Hauptkommissar Heimerzheim ist nicht sonderlich begeistert von der jungen Frau, erst recht nicht, als sie bei der Tatortbegehung schwächelt. Doch wider Erwarten findet Friederike Zugang zu der jungen Tatverdächtigen, die auch sofort ihre Unschuld beteuert, doch kann Friederike beweisen, dass sie ihr Baugefühl nicht trügt?
Ungefähr zur selben Zeit werden drei Leichen einer englischen Jagdbomberbesatzung aufgefunden. Richard Davies von der Royal Military Police, der als Kind noch rechtzeitig nach England emigrieren konnte, wird wieder in sein verhasstes Heimatland geschickt, um die Vorfälle zu untersuchen. Er fordert Friederike wieder als Unterstützung an, obwohl er seine ehemaligen Landsleute hasst, hat es ihm die junge Frau angetan.

„Der Hunger der Lebenden“ - eine ausgezeichnete Wahl für diesen Krimi. Beate Sauer zeigt nicht nur die (fast) verzweifelte Suche der Überlebenden des 2. Weltkrieges nach Nahrungsmitteln und Wohnraum, sondern auch den Hunger nach Normalität und Leben. Die Situation im Nachkriegsdeutschland beschreibt die Autorin in all ihren unterschiedlichen Fascetten. Das Zurechtfinden in einer „neuen“ Welt, obwohl man doch fast zwei Jahrzehnte die Ideologie der Nazis indoktriniert bekommen hat, der Hass der wenigen Überlebenden dieser Schreckensherrschaft, unzähligen Waisen für die kein Platz ist in einer Pflegfamilie ist und die deshalb zwischen den Trümmern einer Großstadt zu überleben versuchen. Diese wirklich realistische Darstellung hat mir sehr gefallen. Der eigentliche Kriminalfall ist ebenso vielschichtig und wartet mit vielen Wendungen auf. Spannung ist bis zum Ende garantiert.


Ich habe die Serie um Friederike Matthée und Richard Davies mit diesem Buch begonnen, der Einstieg war jedoch problemlos. Die beiden Protagonisten sind sympathisch, obwohl die Figur der Friederike wesentlich nahbarer ist, als die des Richard.


Fazit: Ein packender Krimi der in der Nachkriegszeit spielt und eine Fülle an historischen Details aufweist.

Bewertung vom 15.03.2019
Dark Call - Du wirst mich nicht finden / Holly Wakefield Bd.1
Griffin, Mark

Dark Call - Du wirst mich nicht finden / Holly Wakefield Bd.1


sehr gut

Der Anruf, mitten in der Nacht, kommt für die junge forensische Psychiaterin Holly Wakefield überraschend. Detective Inspector Bishop von der Metropolitan Police, erinnert sie an die Bereitschaftsliste für Tatortbesichtigungen. Da der sonst zuständige Psychiater wegen der Erkrankung seiner Frau außer Dienst ist , muss nun Holly die Beratungsfunktion übernehmen. Es ist ihr erster Tatort und dementsprechend schokiert ist sie von dem Szenario. Ein im Ruhestand lebender Arzt und seine Frau wurden in ihrem Haus ermordet, auf ganz bestialische Art und Weise. Eins ist Holly sofort klar, dieser Mörder reiht sich mühelos in die Reihen der abartigsten Mörder der Geschichte ein. Und er treibt ein perfides Spiel sowohl mit Holly als auch mit DI Bishop.

Von der ersten Seite an, hat mich dieser Thriller gefesselt. Ein wahres Katz und Maus Spiel zwischen Ermittlern und Täter. Genügend Geheimnisse auf Seiten von Holly und Bishop, die das Ganze zunehmend spannend gestaltet. Es gibt gekonnt gesetzte Spannungsbögen die in einem fulminanten Showdown gipfeln und beiden Hauptakteure sind charakterlich sehr sympathisch dargestellt. Ein paar kleine Kritikpunkte gibt es. Vielleicht liegt es aber auch daran, das Thriller mein Lieblingsgenre sind, und ich im Laufe der Jahre eigentlich schon (fast) alles gelesen habe. Da wird man dann schon stutzig warum die Ermittler immer auf eigene Faust und ohne Rückendeckung agieren, das ist immer schwer nachzuvollziehen. Der Tick von Holly sämtliche Serienkiller namenlich zu kennen mit ihrem Modus operandi und der Anzahl der Opfer faktisch jedem unter die Nase zu reiben, erinnert mich zu sehr an einen jungen Analytiker einer bekannten U.S. Serie. Hier wäre mir ein klein wenig Kreativität lieber gewesen. Aber das sind nur winzige Schönheitsflecken in diesem wirklich spannungsreichem Buch.

Fazit: Zwar ein typischer Thriller, jedoch ungemein fesselnd und spannungsreich.

Bewertung vom 15.03.2019
Jetzt gehörst du mir / Marina Esposito Bd.8
Carver, Tania

Jetzt gehörst du mir / Marina Esposito Bd.8


weniger gut

In und um Colchester werden innerhalb kürzester Zeit drei Männerleichen gefunden. Die Auffindungsorte sind Schauplätze ehemaliger Mordermittlungen von DI Phil Brennan, die drei Opfer weisen durch Kleidung, Körperbau und Statue frappierende Ähnlichkeiten mit ihm auf und alle Opfer haben eine Tarotkarte mit Phils Namen darauf. Als Phil von seiner ehemaligen Dienststelle informiert wird, möchte er sofort seinen Kollegen helfen und macht sich auf den Weg nach Colchester, doch da kommt er nie an. Als Marina vom Verschwinden ihres Mannes erfährt macht sie sich umgehend auf den Weg und ermittelt auf eigenen Faust.


Ein neuer Fall für Marina und Phil… der erste Wehrmutstropfen schlich sich sein, als ich kurz nachrechnete wieviel Zeit zwischen „Jetzt gehörst du mir“ und dem Vorgänger „Er will dein Herz“ vergangen sind. Es sind nur viereinhalb Monate. Bei einem so kurzen Abstand zwischen zwei Büchern einer Reihe habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass vieles ganz arg zusammengeschustert wurde, um zu einem schnellen Ende zu kommen. Ich habe inständig gehofft das wäre bei dem Autorenduo Tania Carver nicht so, jedoch musste ich sehr enttäuscht feststellen, dass mein Gefühl mich nicht betrogen hatte. Ich muss dazu allerdings sagen, dass mir die Erzählstränge um die Figur der Fiona Welsch aus den anderen Büchern auch nie besonders zugesagt haben. In „Jetzt gehörst du mir“ agieren Marina und Phil mehr oder weniger als Randfiguren, die eigentliche Hauptperson ist die Killerin Fiona Welsch, deren ganze Vergangenheit ausführlich beleuchtet wird. Ich konnte einige Dinge jetzt besser verstehen, die in vorangegangenen Büchern um die Figur der Fiona thematisiert wurden, doch deren ganze Motivation sich ausgerechnet Phil als „Opfer“ zu ersuchen ist für mich nach wie vor unverständlich. In diesem, anscheinend letzten Band der Reihe, ist mir auch eine extreme Stümperhaftigkeit der ermittelnden Personen aufgefallen. Da wird ohne Rückendeckung agiert, offensichtliche Fehler leitender Beamter so gut wie nie hinterfragt, Marina überschreitet ihre Kompetenzen noch gewagter und Phil erkennt man überhaupt nicht wieder. Er wirkt wie ein Abziehbild seiner selbst. Ehrlicherweise, obwohl ich die Bücher der Autoren sonst sehr mag, war das hier mit Abstand schlechtestes Buch in der Reihe. Für mich ein Schnellschuss, leider ohne nennenswerte Spannungsbögen mit einem arg konstruiertem Plot. Irgendwie wurde ich die ganze Zeit das Gefühl nicht los, dass Tania Carver sich schnell von ihren Charakteren verabschieden wollten. Für immer.

Anmerkung: Mir ist auf der Klappenseite aufgefallen, dass Tania Carver das Pseudonym von Martin Waites ist. Bisher haben unter dem Pseudonym jedoch Martin und Linda Waites geschrieben? Ist dem Verlag dort ein Fehler unterlaufen?

Fazit: Leider kein Finale, dass man sich für so eine erfolgreiche Serie gewünscht hat.

Bewertung vom 15.03.2019
Der Verfolger / Dr. Frederick Starks Bd.2
Katzenbach, John

Der Verfolger / Dr. Frederick Starks Bd.2


weniger gut

Fünf Jahre nach der Begegnung mit einem äußerst mörderischen Geschwistertrio, hat der Psychiater und Psychoanalytiker Dr. Ricky Starks in Miami wieder Fuß gefasst. Seine Odyssee ging über New York, Boston, New Orleans und schlussendlich Florida. Seine Praxis läuft gut, er hat sich ein neues Leben aufgebaut, und doch hat er mit der Vergangenheit nicht abgeschlossen, denn immer wieder suchen ihn Alpträume von seiner Begegnung mit Virgil, Merlin und Rumpelstilzchen heim. Diese Fantasienamen gab sich das Trio als sie Ricky das erste Mal heimsuchten und jetzt steht der tot geglaubte Mr. R (Rumpelstilzchen) in seiner Praxis und bedroht ihn mit einer Waffe. Doch diesmal will Mr. R Ricky nicht umbringen, sondern zur Mitarbeit zwingen. Die Geschwister von Mr. R werden bedroht, Ricky soll herausfinden wer der Aggressor ist, im Gegenzug für ein freies Leben.



John Katzenbach konnte sich mit seinen bisherigen Büchern immer fesseln. Dieses gehört (hoffentlich ausnahmsweise) nicht dazu. Ich habe den Vorgänger, „Der Patient“ schon vor langer Zeit gelesen, deswegen kam mir zwar einiges bekannt vor, die Zusammenhänge waren mir jedoch überhaupt nicht klar. Der Autor ist hier auch keine große Hilfe, da er die Vorgeschichte nur in sehr gering dosierten Sätzen erwähnt. Die Story demzufolge für mich von Anfang an mehr als schleierhaft. Warum sollte sich der Psychiater auf den Vorschlag von Mr. R einlassen? Warum holt er sich keine Hilfe? Das war für mich nicht logisch und nachvollziehbar. Von da an wirkte der ganze Plot auf mich, wie unter großer Spannung zurechtgezimmert. Katzenbach richtet auch nicht wie sonst den Fokus auf die spannenden Elemente, sondern eher auf das Gefühlsleben (stellenweise Gefühlschaos) des Dr. Starks. Das führt zu ziemlich vielen sehr langatmigen Passagen. Für einen Psychothriller eher ungewöhnlich, da es nur recht sparsame Spannungsbögen gibt.


Nein, diesmal konnte mich John Katzenbach überhaupt nicht fesseln. Schade.

Bewertung vom 07.01.2019
Stieg Larssons Erbe
Stocklassa, Jan

Stieg Larssons Erbe


ausgezeichnet

Recherchearbeit bedeutet, dass man nie genau weiß wohin einen die nächste Spur führen kann. So erging es auch dem Autor Jan Stocklassa, seine Recherche für sein neues Buch lässt ihn einen Schatz finden. Das Archiv des verstorbenen Krimiautors Stieg Larsson. Stieg Larsson war mehr als „nur“ der Krimiautor. Das wird Stocklassa schnell klar, denn erhält umfassendes Material zu Larssons akribischer Suche nach dem Mörder Olav Palmes. Die immer noch offene schwedische Wunde wird von unzähligen Journalisten privat verfolgt und jeder hat so seine eigene Theorie zum Mörder, so stimmen Stocklassa’s Ansichten überhaupt nicht mit Larssons überein und doch wird Stocklassa den Spuren, die Stieg Larsson durch seinen frühen Tod nicht mehr verfolgen konnte, nachgehen.

Die Ermordung Olav Palmes am 28.02.1986 ist nicht nur ein schwedisches Trauma, sondern ein europäisches. Selbst hinter dem eisernen Vorhang genoss der Politiker ein sehr hohes Ansehen, etwas das ihn in seiner Heimat offensichtlich etliche Feinde beschert hat. Mich hat diese Gewalttat an einem Politiker, der auf offener Straße ermordet wurde sehr nachdenklich gemacht, obwohl ich damals noch ein sehr junges Schulkind war.
Der Klappentext war dann auch einfach zu fesselnd. Meine Neugier geweckt, obwohl ich den leisen Verdacht hegte, das dieses Buch in einem ähnlichen Stil wie Larssons Millennium-Trilogie (das erste Buch spannend, das zweite verworren und extrem langatmig und das dritte nur mäßig besser) geschrieben ist. Diese Einschätzung zur Millennium-Trilogie teile ich mit dem Autor Jan Stocklassa, wie ich mit Augenzwinkern feststellte.Wie befürchtet war der erste Teil von „Stieg Larssons Erbe“ auch so geschrieben. Hier verwendet Stocklassa fast ausschließlich Material aus Larssons Archiv. Der geniale Geist Larssons, die Ruhe- und Rastlosigkeit und das enorme Arbeitspensum kommen voll zur Geltung, seine Gedankengänge sind jedoch für Außenstehende manchmal schwer zu verstehen. Als Stocklassa Larssons Erbe antritt und die Recherchen des verstorbenen Autors übernimmt wird die Geschichte flüssiger, spannender und manchmal muss man auch ein klein wenig schmunzeln. Es ist für mich bemerkenswert wie weit man sich persönlich der Gefahr aussetzt um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Ich finde Stocklassa dabei noch verwegener als Larsson.

Fazit: Eine fesselnde True-Crime-Story, die, wenn der Tathergang tatsächlich so stattgefunden hat, die Welt zu einem sehr gefährlichen Ort werden lässt.

Bewertung vom 02.01.2019
Muttertag / Oliver von Bodenstein Bd.9
Neuhaus, Nele

Muttertag / Oliver von Bodenstein Bd.9


ausgezeichnet

Muttertag – ein großes Fest in der Familie Reifenrath. Eine Tochter und über dreißig Pflegekinder beherbergte die Familie über Jahrzehnte. Zu jedem Muttertag lud Ruth ihre ehemaligen Schützlinge ein und viele kamen. Erst als Ruth Reifenrath unter mysteriösen Umständen verschwand, verschwand auch die Tradition dieses Fest zu zelebrieren.
Viele Jahre später macht sich Pia zum Anwesen der Reifenraths auf den Weg. Anscheinend ist der Hausherr ums Leben gekommen.
Eine Zeitungsbotin hat die Leiche betagten Reifenraths gefunden, eigenartige Verletzungen im Gesicht lassen Pia ihren Ex-Mann, den Gerichtsmediziner Henning Kirchhoff benachrichtigen um ein eventuelles Tötungsdelikt auszuschließen. Auf dem riesigen Anwesen gibt es unter anderem ein Poolhaus und einen Hundezwinger, im selbige liegt ein völlig geschwächter Hund. Nach Verständigung eines Tierarztes fällt auf, das die Knochen, die im Zwinger verstreut liegen, humaner Art sind. Pia verständigt nun auch die Spurensicherung, die wenig später neben weiteren Knochen auch zwei Fettwachsleichen birgt. War der Tote ein Serienkiller?
Unterdessen muss in Zürich die Mittzwanzigerin Fiona erkennen, dass ihre Mutter, die vor kurzem einem Krebsleiden erlag, nicht ihre leibliche Mutter war. Mühsame Recherchen führen sie nach Frankfurt, nichtsahnend das sie ins Visier eines Serientäters gerät.


Nele Neuhaus „Muttertag“ ist ein spannender Krimi, der neben der Suche nach dem Täter viele gesellschaftliche Abgründe streift. Im Besonderen der Umgang mit Kindern, die, da sie keine Chance auf Adoption haben in Pflegefamilien untergebracht wurden. Auch wenn es der staatlichen Fürsorge obliegt jene Pflegefamilien genauestens zu beobachten um das Kindswohl zu gewährleisten, ist dies nicht immer der Fall. Misshandlungen in der Kindheit fördern soziopathische und psychopathische Strukturen.
Im neunten Fall des Duos Oliver/ Pia steht mehr Pia’s familiären Bindung im Vordergrund. Das schwierige Verhältnis zu ihrer kleineren Schwester zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Buch. Wie viele Geheimnisse lassen sich innerhalb einer Familie verstecken? Kann man jeden Fehler verzeihen, nur weil derjenige der ihn begangen hat einem genetisch am nächsten ist?
Dem Hype um diesen neuesten Taunuskrimi stand ich erst sehr skeptisch gegenüber. Ich bin jedoch positiv überrascht worden. Ich finde er ist einer der besten der Autorin, weil er neben der eigentlichen Krimihandlung vielschichtig und tiefgründig ist. Nebenbei ist der Showdown am Ende nervenzerreißend.

Fazit: Für Fans der Krimireihe von Nele Neuhaus ein Muss, da er für den etwas matten Vorgänger komplett entschädigt.

Bewertung vom 07.12.2018
Die verlorene Schwester
Winterberg, Linda

Die verlorene Schwester


ausgezeichnet

1968, ein Jahr nach dem Tod des geliebten Vaters, werden die beiden Schwestern Marie(13) und Lena(11), durch die staatlichen Behörden der Schweiz ihrer Mutter entrissen. Lina Flaucher, war nach dem Tod ihres Mannes in eine tiefe Depression gestürzt und konnte die Kinder nicht mehr versorgen. Das hat Marie übernommen. Doch es gibt immer Gerede in der Nachbarschaft, ein missgünstiges Tratschweib konnte ganz leicht die Behörden informieren, und ohne den Sachverhalt zu prüfen, geschweige denn Hilfe anzubieten, wurden die Mädchen unter die Obhut von Nonnen gesteckt. Ein „Kinderheim“ das gewalttätige erzieherische Maßnahmen pflegt und wo die Kinder hart arbeiten müssen. Schulausbildung wird nicht angeboten. Ein Jahr dauert es, die Mädchen können sich nur schwer an ihre neue Umgebung gewöhnen, träumen beide davon das die Mutter wiederkehrt und sie befreit, da greift der Staat erneut in das Schicksal der Mädchen ein. Sie werden „verdingt“, d.h. eine Familie die den geringsten Preis für Kost und Logie verlangt, bekommt ein Kind zum Arbeiten, im Geschäft und auf dem Hof. Sie sind schier verzweifelt als sie erfahren dass sie auseinander gerissen werden. Es sollen 39 Jahre vergehen bis sie sich wieder sehen.

„Ein Verdingkind war schon verurteilt, bevor es etwas sagen konnte.“

Lina Winterbergs Roman „Die verlorene Schwester“ greift das lange unterdrückte Thema der „Verdingkinder“ auf. Wie kann ein solches Verbrechen, nach dem 2. Weltkrieg, im Herzen Europas stattfinden? Es war normal in der Schweiz Kinder als Arbeitssklaven zu verkaufen! Hier muss ganz dringend eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte erfolgen! Bis zum Jahr 1981 war dieses Verbrechen in der Schweiz gang und gäbe. Der erfolgte Vergleich vor ein paar Jahren ist ein Witz für diese Menschen die solch ein Martyrium durchleben mussten. Es macht mich unfassbar traurig und wütend. Ich weiß auch, dass diese Praxis in Deutschland (vorwiegend Schwaben) stattgefunden hat, jedoch nur bis zum Jahr 1920. Nicht entschuldbar, aber vergleicht man die Verhältnisse Anfang des 20. Jahrhunderts mit denen zum Ende des 20. Jahrhunderts, doch ein riesengroßer Unterschied.

Die Autorin erzählt in drei verschiedenen Strängen die Geschichte der beiden Geschwister und ihre Odyssee durch Kinder/Erziehungsheime. Ein wirklich unfassbar traurige Geschichte die mir sehr zu Herzen ging. Ich musste das Buch zwischendurch auch immer mal unterbrechen. Solch eine Art der Kindesmisshandlung war mir nur aus diktatorischen Staaten bekannt. Aber vielleicht ist nur die Berichterstattung dieser Länder einen gehörigen Aufschrei wert. Linda Winterberg gibt diesen Kindern mit ihrem Buch die kleine Möglichkeit dass ihre Geschichte nicht vergessen ist. Dafür danke ich der Autorin sehr.

Bewertung vom 07.12.2018
Lenz / Kommissar Eschenbach Bd.6
Theurillat, Michael

Lenz / Kommissar Eschenbach Bd.6


ausgezeichnet

Kommissar Eschenbach kehrt nach einer dreimonatigen Auszeit auf Kommissariat zurück. Dass ihm deswegen rote Teppiche ausgerollt werden, hat er gar nicht erwartet, dass aber seine Vertretung Ivy Köhler jetzt auch noch seine Stellvertreterin wird geht ihm gehörig gegen den Strich. Erschwerend kommt hinzu, dass sie den Tod eines Wissenschaftlers sofort als Selbstmord einstuft und sämtliche Ermittlungen boykottieren will. Eschenbachs Neugier ist geweckt. Der Tote, Walter Habicht, hat keine Bekannten, Verwandten oder Freunde. Eine Assistenzprofessur an der Uni Zürich ist ein Hinweis, aber kaum will Eschenbach diesem Hinweis nachgehen, wird er ausgebremst. Die Bundesstaatsanwaltschaft hat sich eingeschaltet und verhindert die Herausgabe von Informationen seitens der Universität. Nur eins kann Eschenbach noch herausfinden, der Tote war wohl aktiver Teil eines Terrornetzwerkes. Das ist alles höchst mysteriös.
Unterdessen erweist Edward Lenz, langjähriger Kollege und Freund Eschenbachs, einem anderen Freund einen großen Freundschaftsdienst. Lenz möchte doch bitte einer gemeinsamen Freundin, die Lenz jedoch vor über vierzig Jahren das letzte Mal sah, ein Päckchen nach Deutschland überbringen. Lenz soll sich dabei an einen bestimmten Zeitplan und eine bestimmte Reiseroute halten. Für eine lange Zeit verschwindet Lenz von der Bildfläche und Eschenbach kann ihn nicht erreichen. Dabei ist die Lage etwas heikel, denn Eschenbachs Nachforschungen haben ergeben, dass Lenz ein Kommilitone Habichts war. Standen sie eventuell noch in Verbindung? Für Ivy Köhler wird Lenz jetzt zum Hauptverdächtigen.


„Die Wahrheit – sofern sie sehr unwahrscheinlich erscheint – glaubt einem niemand. Sie ist besser als jede Lüge.“

Es ist mein erster Krimi von Michael Theurillat und so brauchte ich ein wenig Zeit, um mich mit seinem Schreibstil vertraut zu machen. Kurze prägnante Sätze, Dialoge denen zu folgen für mich nicht immer ganz einfach waren, unterbrochen von großzügigen Absätzen. Die Gewöhnungszeit nahm ungefähr ein Drittel des Buches ein, dann hatte ich mich mit allen Haupt- und Nebenakteuren bekannt gemacht. Erleichtert haben dies der stetige Spannungsaufbau und die ungemein interessante Entwicklung der Story.
Lenz ist in meinen Augen kein klassischer Krimi, denn hier liegt der Fokus eindeutig auf einer politischen Abhandlung über den Bürgerkrieg in Syrien, seine Entstehung, die Rolle der westlichen, östlichen und nahöstlichen Staaten und seine Auswirkungen auf den weltweiten Terrorismus. Auch die mediale Manipulation wird thematisiert.
Michael Theurillat ist nicht der erste Autor, der den Syrienkonflikt aktiv in seine Handlungen einbezieht. Für mein politisches Verständnis ist er jedoch der Erste der in seinen Aussagen der Wahrheit ziemlich nahe kommt.
„Im Syrien-Krieg geht es weder um Religion noch um den eruptiven Aufstand eines Volkes gegen seinen Herrscher. Das ist alles Mumpitz. Demokratisierungsüberlegungen spielen dabei genauso wenig eine Rolle wie der Terrorismus per se…….Beim Konflikt in Syrien geht es im Wesentlichen um die Versorgung Europas mit Erdöl und Erdgas, um die Vormachtstellung Russlands in dieser Sache und um das Interesse einiger Golfmonarchien und der USA, hier ein Wörtchen mitreden zu wollen.“

Fazit: Ein fast politischer Krimi mit einer sehr realistischen Abhandlung.

Bewertung vom 07.12.2018
Gangsterblues
Bausch, Joe

Gangsterblues


ausgezeichnet

„Außergewöhnliche Begegnungen und die Geschichten die mir dabei erzählt wurden, oder Geschichten, von denen ich nebenbei erfuhr, inspirierten mich für dieses Buch. Die Idee, die interessantesten von ihnen zu anonymisieren, zu fiktionalisieren und weiterzuspinnen, trieb mich dabei an.“

Ich finde diese Darstellung hätte doch viel eher auf den Klappentext gehört, als das vorgeben „wahrer“ Geschichten.

Die zwölf Kapitel sind deswegen jedoch nicht minder lesenswert. Ganz großen Einfluss hat auch der unglaublich trockene Humor des Autors. Wirklich erschrocken war ich über Geschichte 5, als Angehörige eines medizinischen Berufstandes ist es mir absolut nicht fremd, wenn Patienten das Personal körperlich verletzten oder es zu mindestens versuchen. Ein ganz anderes Kaliber sind „schwere Jungs“ die dasselbe versuchen, im Knast. Ein gefährlicher Arbeitsplatz.

Es gibt jedoch auch Geschichten die einen zum Schmunzeln bringen, oder deren Verfilmung schon vor dem geistigen Auge abläuft. Hier wäre die Geschichte um die „alten Knochen“ zu nennen. Ich kann förmlich, Bruce Willis, John Malkovich und Tommy Lee Jones in den Hauptrollen sehen.

Professionell, distanziert, mit lockerem Ton, trotzdem spannend und ab und an musste ich auch sehr humorvoll.

Fazit: Absolut lesenswert, obwohl oder gerade weil es nicht wahre Geschichten sind.