Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
EOS
Wohnort: 
Siegen

Bewertungen

Insgesamt 209 Bewertungen
Bewertung vom 09.07.2024
Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21
Lieder, Susanne

Agatha Christie / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.21


gut

Einblicke in das Leben der Agatha Christie
Die famose Krimi-Autorin sollte eigentlich Pianistin werden, da sie gut Klavier spielen konnte und darin ausgebildet wurde. Nur machte ihr das Lampenfieber so zu schaffen, dass die Familie allmählich von dieser Idee abkam. Außerdem war es in dieser Zeit üblich, die Töchter so zu verheiraten, dass sie auch ohne eigenes Einkommen ein sorgloses Leben führen konnten und dadurch versorgt waren. Deshalb dreht sich auch gefühlt die Hälfte der Biografie um die Suche nach einem geeigneten Ehemann.
Diesen findet sie schließlich selbst und setzt sich gegen die Bedenken ihrer Mutter durch, heiratet sogar heimlich, weil ihr Ehemann, ein Pilot der Royal Air Force, wieder in den Krieg ziehen muss. Sie hob sich mit Sicherheit von vielen anderen Frauen dieser Zeit ab durch ihren Mut und ihre Entschlossenheit.
Agatha Christie ist 86 Jahre alt geworden, und ich kann mir vorstellen, dass sie ein abwechslungsreiches und interessantes Leben geführt hat, denn sie war eine starke Frau. Leider enden die Einblicke in Mrs Christies Leben in diesem Buch schon sehr früh, nämlich Ende der 20er Jahre, nachdem ihre Mutter verstorben ist, zu der sie eine sehr intensive und freundschaftliche Beziehung hatte. Ihr Tod hat sie stark getroffen, aber ihre Stärke lag darin, weiter zu machen.
Gern hätte ich mehr erfahren über ihre zweite Ehe und ihre produktiven Zeiten als Kriminalromanschriftstellerin. So erscheinen mir die vielen Dialoge zwischen Agatha und ihrer Mutter, in denen es um Tanzveranstaltungen, potentielle Ehemänner und Wohlverhalten in der Gesellschaft geht, ziemlich langatmig und ohne großen Aussagewert. Zwar ist dies auch unterhaltsam und informativ, denn man erhält viele Einblicke in die damalige Zeit, aber dies ist eben nur ein Teilbereich in Agathas Leben.
Der Schreibstil der Autorin ist anschaulich und angenehm zu lesen. Sie bedient sich des Perspektivenwechsels, mal erfährt man als Leser mehr über Agatha nach dem Tod ihrer Mutter, dann wiederum kehrt man zurück in ihre Kindheit und Jugend.
Alles in allem hat mich das Buch zwar unterhalten, aber mir erscheint es irgendwie unvollständig, weil ich einfach gern mehr über Agathas späteres Leben erfahren hätte.

Bewertung vom 11.06.2024
Wenn sie lügt
Geschke, Linus

Wenn sie lügt


ausgezeichnet

Nicht die ganze Wahrheit
Dieser Thriller ist ein absoluter Pageturner. Wären da nicht noch andere Verpflichtungen, hätte ich ihn in einem Rutsch durchgelesen, denn man möchte sehr schnell die ganze Wahrheit wissen. Der Autor lässt eine sich ständig steigernde Spannung dadurch entstehen, dass er diese Wahrheit nur peu à peu aufdeckt.
Die Spannung setzt bereits im ersten Kapitel ein, als der Hauptprotagonist Goran von Berlin in sein altes Heimatdorf fährt, wo vor 20 Jahren ein grauenvolles Verbrechen geschah. Seine alte Freundin Norah war damals mit dem Täter liiert und deshalb in Verruf geraten. Nun, nach so langer Zeit, erhält sie plötzlich Drohbriefe. Goran will versuchen, den anonymen Briefschreiber ausfindig zu machen.
Nach und nach erfährt man immer mehr über das damalige Geschehen, und unvermittelt gerät man als Leser in die Rolle des Ermittelnden, denn man rätselt herum, wer wohl derjenige sein könnte, der den alten Fall wieder ausgräbt. Kaum hat man eine heiße Spur, stellt sich diese wieder als Irrtum heraus, und die Suche beginnt von vorne. Mir hat es großen Spaß gemacht, mich gedanklich auf Tätersuche zu begeben, und jeder Rückschlag hat mich umso mehr motiviert. Auf die richtige Spur bin ich dann erst im letzten Achtel des Buches gestoßen.
Dies ist nun schon mein dritter Thriller dieses Autors, und ich kann es kaum erwarten, das nächste Buch von ihm zu lesen. Wie man liest, ist eine Trilogie in Planung.
Mir gefällt so richtig gut, dass diese Bücher zwar unglaublich spannend sind, es aber keine unrealistischen Aktionsszenen oder bluttriefende Abenteuer gibt, sondern alles nachvollziehbar bleibt. Hochinteressant finde ich außerdem die Einschübe mit Fakten zur Kriminalstatistik. Unglaublich, was da alles herausgefiltert wurde.
Das Cover wurde treffsicher gewählt, es zeigt den düsteren Schauplatz des Verbrechens, jedenfalls stelle ich mir das so vor. Die Farben strahlen eine unheimliche Atmosphäre aus, genau wie der grandiose Farbschnitt rundum.
Von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung und fünf Sterne.

Bewertung vom 21.05.2024
Tödliche Tide in St. Peter-(M)Ording
Janz, Tanja

Tödliche Tide in St. Peter-(M)Ording


gut

Cosy Crime an der Nordsee
Zunächst möchte ich das Cover loben, denn es präsentiert auf anziehende Weise viele Elemente, die man mit einem Nordseeurlaub verbindet, wobei im Zentrum das Deichschaf steht. Niedlich!
Inhaltlich geht es um den Mord an einem bekannten Schauspieler, Titus Frank, der zu einer Filmcrew gehört, die z.Zt. in St. Peter Ording einen Film dreht.
Viel Lokalkolorit schmückt diesen Softkrimi, für jeden, der schon einmal in diesem Ort Urlaub gemacht hat, sicher interessant und anziehend. Der Schreibstil ist einfach und flüssig, so dass sich das Buch zügig lesen lässt.
Allerdings muss man sagen, dass die Krimihandlung nur so nebenbei abläuft, denn im Vordergrund stehen die Familiengeschichten der beiden ermittelnden Polizisten Fred und Ernie. So erfahren wir viel über deren Essgewohnheiten, ihre Vorlieben und die jeweilige Familienstruktur, nur die Spannung lässt zunächst auf sich warten. Erst ab Kapitel 4, als der Mörder zum ersten Mal aus seiner Perspektive erzählt, setzt sie langsam ein, denn man überlegt, auf wen die Hinweise wohl zutreffen könnten. Das Miträtseln kann beginnen, denn nach und nach erfährt man mehr über den Täter. Recht bald kann man bereits einige Verdächtige ausschließen, und die gesuchte Figur kristallisiert sich heraus.
Die Charaktere sind gemütlich, freundlich und sympathisch und spiegeln eine heile Welt wider. Das wirkt mir alles zu klischeehaft, denn das Leben ist nicht so, auch nicht an der Nordsee. Das Berufsleben von Fred und Ernie, und auch das von Ernies Schwester Ilva und deren Freundin, beide Lehrerinnen, läuft auch problemlos ab. Nette Schüler, nette Kollegen....Es gibt keine Stresssituationen, irgendwie sehr realitätsfern. Es gibt höchstens mal Bauchschmerzen, aber auch hier erahnt man schnell die Ursache.
Sehr irritierend fand ich, dass die Polizisten ihre Ermittlungsaufgaben zeitweilig an Familienangehörige abgeben, was im realen Leben eindeutig zu einem Disziplinarverfahren führen würde. Auch weiß die ganze Familie über den Ermittlungsstand Bescheid, es wird einfach alles ausgeplaudert. Im realen Polizeidienst könnte das ein Grund für einen Rauswurf sein.
Somit ist dieses Buch eine entspannende Urlaubslektüre, mich hat es leider nicht fesseln können, aber für diejenigen, die auf harmlose Familiengeschichten stehen, sicher unterhaltend.

Bewertung vom 05.05.2024
Tränenschwur / Sacramento Bd.3
Rose, Karen

Tränenschwur / Sacramento Bd.3


sehr gut

Hunters Jagd auf die Sekte 'Church of Second Eden'
Dies ist der dritte und letzte Band der Sacramento Trilogie, wobei ich die ersten beiden Bände nicht gelesen habe. Ich habe gut in das Geschehen hineingefunden, allerdings waren die vielen Namen ein Problem, so dass ich mir einen Hilfszettel dafür angelegt habe. Schön wäre es gewesen, wenn ein Namensregister im Buch vorhanden gewesen wäre.
Inhaltlich geht es darum, den Aufenthaltsort der Sekte ausfindig zu machen, um sie endlich bekämpfen zu können und die kürzlich verschleppten Teenager zu befreien. Außerdem ist ein Killer unterwegs, der ehemalige Sektenmitglieder, denen die Flucht gelang, töten möchte. Auch deren Umfeld ist in Gefahr, und so gibt es für die Ermittler einiges zu tun, wobei die Zeit drängt, denn Hayley, einer der verschleppten Teenager, ist hochschwanger. Der Killer ist DJ Belmont, der sich zum Chef der Sekte machen möchte, um deren Vermögen an sich zu bringen. Er ist rücksichtslos und äußerst brutal.
Die Story fängt mit dem Prolog sehr spannend an, aber leider verliert sich die Spannung im Laufe des Buches immer wieder. Das liegt großenteils daran, dass die sehr enge Beziehung zwischen Special Agent Hunter und der ehemaligen Soldatin Liza Barkley großflächig die Jagd auf die Sekte überlagert. Das ständige Auf und Ab nervt zusehends, und man möchte diese Kapitel am liebsten ausblenden, um mehr über das eigentliche Thema zu erfahren. Mit der Zeit wurden mir die beiden weniger sympathisch wegen des dramatischen Verhaltens miteinander.
Der Schreibstil der Autorin ist leicht und angenehm zu lesen, besonders gefällt mir, dass sie die Gedanken der einzelnen Charaktere in Kursivdruck von dem Gesagten abhebt. So erfährt man mehr und kann 'hinter den Vorhang schauen'. Karen Rose ist eine Meisterin der Charakterstudien. Das trifft in meinen Augen auch in diesem Buch zu, da die Hauptprotagonisten sehr detailliert und umfassend beschrieben werden. Man hat regelrecht ein Bild vor Augen, das mit jeder neuen Information erweitert wird.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Love Story deutlich weniger Platz einnimmt, da sie die Spannung torpediert und dem Thriller zeitweise die Luft abdreht. Gern hätte ich dafür auf einige der 800 Seiten verzichtet. Ansonsten hatte ich unterhaltsame Lesestunden und kann das Buch trotz der Kritik empfehlen.

Bewertung vom 19.04.2024
Die Dämmerung / Art Mayer-Serie Bd.2
Raabe, Marc

Die Dämmerung / Art Mayer-Serie Bd.2


ausgezeichnet

Spannung pur bis zum Schluss
Nachdem ich schon den ersten Band der Art Mayer Reihe, 'Der Morgen', voller Begeisterung gelesen hatte, war die Vorfreude auf den zweiten Teil der Reihe riesig und wurde nicht enttäuscht. Ganz im Gegenteil - mir hat dieser Thriller sogar noch ein wenig mehr gefallen.
Allein schon optisch fällt das Buch auf, schwarzer Farbschnitt und auffallendes Grün mit Hirschmotiv im Nachtsichtgerät. Unheimlich und Neugier weckend!
Und noch bevor der spannende Prolog einsetzt, wird der Leser mit einem bei Marc Raabe üblichen 'Vorprolog' konfrontiert, der eine rätselhafte und bedrohlichen Szene beschreibt.
Inhaltlich geht es um einen bizarren Mordfund - mitten im Wald. Es handelt sich bei dem Opfer um Charlotte Tempel, stadtbekannt als Wohltäterin, überall beliebt und sogar für den Hirsch Medienpreis nominiert. Sie ist nun als Mordopfer mit einem Hirschgeweih grotesk dekoriert. Schnell steht ihre Tochter Leo unter Verdacht, da ihr Verhältnis zur Mutter nicht gerade herzlich war. Sie ist rebellische Klimaaktivistin und hat kein Alibi.
Art Mayer und Nele Tschaikowski ermitteln, Nele diesmal hochschwanger. An beide habe ich mich im ersten Band peu à peu gewöhnen müssen, da sie mir auf den ersten Blick nicht wirklich sympathisch waren, aber nun erscheinen sie mir als perfekt ermittelndes Team. Art glaubt nicht an Leos Schuld, gerät aber in Zweifel, nachdem eine weitere Leiche gefunden wurde, auch wieder mit einem Hirschgeweih zur Schau gestellt und nominiert für den Medienpreis....eine höchst bedeutsame Tonkassette wird gefunden!
Im Buch werden nun immer wieder Szenen dieser Kassette eingestreut, gekennzeichnet mit dem Symbol 'Abspielen', in der ein geheimnisvoller Ich-Erzähler zu finden ist, über den man immer mehr erfährt. Auch das wiederum sehr spannend!
Der Schreibstil des Autors lässt sich flüssig lesen und ist von Anfang an äußerst fesselnd. Das Buch ist ein richtiger Pageturner und lässt den Leser nicht zur Ruhe kommen. Die Hochspannung bleibt bis zum Ende erhalten, wobei Raabe immer wieder überraschende Wendungen einbaut und am Ende eine überzeugende, aber für mich unerwartete Auflösung präsentiert.
Man kann den zweiten Band lesen, ohne den Vorgänger zu kennen. Ab und an gibt es Anspielungen auf die Geschehnisse damals, aber dies ist ein eigenständiger Thriller.
Alles in allem hat mir das Buch hochspannende Unterhaltung geschenkt, so dass ich es jedem Thriller-Fan empfehlen möchte. Ich freue mich bereits jetzt schon wieder auf den Folgeband, der hoffentlich nicht der letzte sein wird.

Bewertung vom 10.04.2024
Das Verbot: Thriller
Shepherd, Catherine

Das Verbot: Thriller


ausgezeichnet

Die schweigenden Mönche und ihr Vermächtnis
Endlich wieder ein Zons-Thriller von Catherine Shepherd! Ich liebe diese Kriminalhandlungen vor der Szenerie dieses kleinen Städtchens am Rhein. Ich war schon ein paarmal vor Ort, um die Gebäude zu sehen, die immer wieder in den Büchern vorkommen, wie z.B. der Juddeturm oder der Krötschenturm. Diesmal gibt es sogar eine Karte von Zons vorne in der Umschlagklappe, damit man sich besser zurechtfindet.
Die Zons-Thriller spielen sich immer in zwei verschiedenen Handlungssträngen ab, die dann irgendwann Bezug aufeinander nehmen. Der eine Strang spielt in der Gegenwart mit Kommissar Oliver Bergmann und der mittelalterliche Strang hat Bastian Mühlenberg als Stadtsoldat. Spannung ist in beiden Zeitebenen garantiert, diese wird noch ständig gesteigert, indem sich am Ende der Kapitel Cliffhanger finden.
In beiden Zeitzonen geht es um rätselhafte Morde, für die man zunächst keine Erklärungen findet. Als Leser erkennt man schnell Parallelen in beiden Ebenen. Es folgen weitere Morde, und durch intensive Recherchen können bald weitere Übereinstimmungen gefunden werden, zumal in beiden Fällen ein geheimnisvoller Schlüssel entdeckt wird. Dieser führt dann auch zum Vermächtnis der schweigenden Mönche.
Sehr realistisch beschreibt die Autorin, wie die Täter von der Versuchung des Bösen in Beschlag genommen werden und nicht mehr anders können, als diesem inneren Drang zu folgen.
Sehr sympathisch sind mir die beiden Hauptprotagonisten. Da ist zum einen Bastian Mühlenberg, der sehr ruhig und besonnen erscheint und immer noch zu seiner alten Liebe Anna eine platonische Verbindung hat, die ihm auch oft bei der Lösung des Falles hilft. Auch Oliver Bergmann ist ein ehrgeiziger und trotzdem ruhiger Ermittler, kein actiongeladener Superheld. Das gefällt mir. Die Beziehung zu seiner Frau hat sich deutlich stabilisiert. Wir erhalten Einblicke ins Privatleben der Ermittler, aber insgesamt bleibt es angenehm im Hintergrund.
Die ganze Zeit über rätselt man mit, wer der Täter sein könnte, was mir großen Spaß macht. Aber immer wieder landet man in Sackgassen und muss umdenken. Und auch mit unerwarteten Wendungen muss man stets rechnen.
Alles in allem hat mir das Buch gut gefallen und ich kann es allen Thriller Fans empfehlen.

Bewertung vom 01.04.2024
Nature Guide Vögel
Nibbenhagen, Kalle

Nature Guide Vögel


ausgezeichnet

Vogelbestimmung - nicht nur für Anfänger
Ich habe schon einige Vogelbestimmungsbücher, da ich mich schon viele Jahre für unsere Wildvögel interessiere. Angefangen hat das auf Helgoland, als wir ein Wintergoldhähnchen mit Hilfe eines Ornithologen gerettet haben.
Ich finde dieses Buch sehr kompakt und übersichtlich. Das fängt schon mit der Einteilung mit dem Farbcode an. Hinten findet sich ein alphabetisches Register für Fortgeschrittene, die bereits die Namen kennen. Dort findet sich sogar eine Übersicht über die App-Codes der entsprechenden Vögel, alphabetisch sortiert.
Trotz meines Vorwissens habe ich hier noch einiges lernen können, besonders was die Unterschiede zwischen eng verwandten Vögeln angeht. So habe ich z.B. immer Probleme mit der Bestimmung der Rabenvögel, der Spechte und der Greifvögel. Mit den hier aufgezählten Merkmalen kann ich sie besser klassifizieren.
Mir gefällt, dass hier auch Vögel außerhalb unserer Gärten einen Platz finden, wie z.B. die Reiher und die laut schreienden Kraniche, die man in vielen Büchern vergebens sucht.
Letztendlich gefallen mir auch die Bilder sehr gut, klare Aufnahmen, die die typischen Details zeigen. Ein Beispiel ist der Star mit seinem schillernden Federkleid. Ein Pärchen Stare hat im vorigen Sommer in einem unserer Mauersegler-Nistkästen gebrütet, und wir konnten sie deshalb tagelang gut beobachten.
Alles in allem gefällt mir dieses Bestimmungsbuch sehr, und ich werde es sicher noch oft in die Hand nehmen.

Bewertung vom 27.03.2024
Gestehe
Faber, Henri

Gestehe


gut

Zu viele unrealistische Szenen, teilweise im Actionformat
Dies war mein erstes Buch von Henri Faber, und ich habe mich darauf gefreut, weil sein Vorgänger hochgelobt war. Auch dieses Buch bekam im Vorfeld viele Lorbeeren. Leider kann ich dies nicht nachvollziehen, da ich mich zumindest am Anfang teilweise zwingen musste weiterzulesen.
Inhaltlich geht es um einen Ermittler, Jacket, der im Alleingang und unter Einsatz seines eigenen Lebens einen Organhändlerring aufgedeckt hat und sogar ein Opfer, ein kleines Mädchen, retten konnte. Auf diese Weise avancierte er zum Helden, und das lässt er seine Umwelt spüren, indem er sich sehr exzentrisch verhält. Selbst ein Buch wurde über seine Heldentat geschrieben und brachte ihm Star-Status ein.
Jacket ist mir sehr unsympathisch, da er sich auf Grund seines 'Heldentums' sehr arrogant und respektlos gegenüber seinem Umfeld verhält, besonders im beruflichen Bereich. Für ihn gibt es keine Grenzen, keine Verbote, kein eigenes Zurücknehmen. Das zeigt sich z.B. auch gegenüber seinem Kollegen Mo, der einen Migrationshintergrund hat und deshalb von allen Kollegen diskriminiert und an einer Karriere gehindert wird. Letztendlich ist Mo allerdings derjenige, der seinen Job wirklich ernst nimmt. Dass Mo so extrem diskriminiert wird, ist mir zu klischeehaft für eine hochgradige Polizeidienststelle, und das mitten in Wien.
Teilweise ist das Buch mir sehr langatmig begegnet, da so einige Stellen in vielen Details beschrieben wurden, die mich als Leser überhaupt nicht interessieren und deshalb dem eigentlichen Thema im Weg stehen. Das reduziert die Spannung ungemein. Erst ca. ab der Mitte habe ich mit Interesse das Geschehen verfolgt. Aber auch hier gab es 'Stolpersteine'.
Auch die Actionszenen, besonders der phänomenale Showdown am Schluss, sprechen mich nicht an, da sie sehr spektakulär, aber deshalb auch unrealistisch sind. Da sind mir einfach zu viele Zufälle und Ungereimtheiten. Selbst im Epilog gibt es noch Enthüllungen, die für mich nicht glaubhaft sind.
Alles in allem konnte mich das Buch nicht überzeugen.

Bewertung vom 21.03.2024
Wir sitzen im Dickicht und weinen
Prokopetz, Felicitas

Wir sitzen im Dickicht und weinen


ausgezeichnet

Mutter-Tochter-Beziehungen über Generationen hinweg
Im erster Linie geht es in diesem Buch um die schwierige Beziehung von Valerie zu ihrer Mutter Christina, die an Krebs erkrankt und dadurch teilweise auf die Unterstützung ihrer Tochter angewiesen ist. Diese Hilfe fällt Valerie nicht leicht, da sie nicht nur positive Erinnerungen an die Zeit mit ihrer Mutter hat. Valerie ist Ende 40 und hat einen 16-jährigen Sohn, den sie sehr stark an sich bindet.
Die Autorin beleuchtet allerdings nicht nur diese Beziehung, sondern geht noch zwei weitere Generationen zurück, um die Mutter-Tochter Beziehungen zu beleuchten. Und hier wird es beim Lesen etwas kompliziert, denn es regnet Namen, und man sollte sich eine Skizze anfertigen, um den Überblick zu bewahren. Es wäre schön gewesen, wenn ein Stammbaum im Buch vorgegeben wäre.
Der Schreibstil der Autorin gefällt mir gut, er ist leicht und angenehm lesbar. Auch muss ich sagen, dass mich der Inhalt so sehr angesprochen hat, dass ich immer weiterlesen wollte. Da war stets eine gewisse Spannung, weil man mehr über die jeweiligen Beziehungen erfahren wollte.
Ich fand zwar keine der Protagonistinnen wirklich sympathisch, aber ich finde, das ist auch nicht notwendig, um ein Buch zu genießen.
Alles in allem beschreibt das Buch sehr realistisch, wie prägend die emotionale Mutter-Tochter Beziehung sich auf folgende Generationen auswirken kann. So kann vergangenes 'Fehlverhalten' noch in der Gegenwart Auswirkungen zeigen. Die detaillierten Beschreibungen der Gefühlsstrukturen haben mich öfters dazu gebracht, über meine eigenen Beziehungen zu meiner Mutter und meiner Tochter nachzudenken, Vergleiche anzustellen und im Rückblick Fehler zu erkennen.
Im Hintergrund spielt auch die Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft eine Rolle, die sich im Laufe der Jahre doch stark gewandelt hat.
Das Buch wirkt nach, es beschäftigt den Leser auch außerhalb des Lesens, und deshalb gefällt es mir sehr gut. Eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 11.02.2024
Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge
Tsokos, Anja;Tsokos, Michael

Heinz Labensky - und seine Sicht auf die Dinge


sehr gut

Skurril und humorvoll
Der Rentner Heinz Labensky, der in einem Seniorenheim seine letzte Zeit verbringt, nimmt uns mit auf seine Reise an die Ostsee. Dort will er sich nämlich mit Ritas Tochter treffen, die ihm einen Brief geschrieben hat, dass ihre Mutter verschwunden ist. Rita war seine große Jugendliebe. Beide waren Außenseiter in ihrem Dorf und fanden zueinander, um sich gegenseitig Halt zu geben, der ihnen von den Menschen um sie herum verweigert wurde.
Heinz Labensky ist schon ein skurriler Typ. Das wird deutlich, als er sich ganz einfach in einen Flixbus setzt, um zur Ostsee zu gelangen. Schon auf dem Weg zur Haltestelle begegnen ihm die ersten Schwierigkeiten. Da er aber Menschenfreund ist und keine Berührungsängste zu kennen scheint, arbeitet er sich Schritt für Schritt voran, um seine 'Etappenziele' zu erreichen.
Heinz wurde in der Schule als förderungsunfähig eingestuft und verließ die Schule ohne Abschluss. Er akzeptiert alles, was andere sagen, weil er es nicht anders weiß. Trotzdem schlägt er sich auf seine skurrile Weise durch. Während er zur Ostsee fährt, durchdenkt er einzelne Stationen seines Lebens und vermittelt uns seine Biographie. Diese spielte sich im Osten Deutschlands ab, in der ehemaligen DDR.
Die Gedankengänge haben mich gut unterhalten und auch informiert. Da gibt es lustige Wortschöpfungen und DDR-Vokabeln, die mir nicht bekannt waren. Er nimmt Sprache auseinander und spielt damit. So ist er z.B. stolz darauf, Studentenfutter zu essen, obwohl er keinen Schulabschluss hat. Köstlich! Allerdings sind manche seiner Erinnerungen kaum glaubhaft, sie hören sich sehr konfus an. Aber naja, Erinnerungen verblassen und werden modifiziert.....
Heinz erinnert sich gerne, er erzählt auch gerne, so dass es an einigen Stellen im Buch zu einer gewissen Langatmigkeit kommt, weil die Details zu sehr ausgebreitet werden oder sich wiederholen.
Ich hatte alles in allem auf jeden Fall unterhaltsame Stunden mit diesem Buch, wozu auch der Schreibstil beigetragen hat, der sich fließend lesen lässt.
Sicherlich ist der Roman besonders empfehlenswert für ehemalige DDRler, da wird bestimmt so einiges ins Gedächtnis zurückgeholt. Aber auch für mich als 'Wessie' war das Buch lesenswert.