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Waldeule

Bewertungen

Insgesamt 57 Bewertungen
Bewertung vom 17.03.2024
Leute von früher
Höller, Kristin

Leute von früher


ausgezeichnet

Das Buch hat eine ganz eigenartige und einzigartige Atmosphäre, die mich von Anfang an in einen Lesesog gezogen hat. Wie eine Insel im Dunst ist vieles nicht greifbar, verschwommen oder undurchsichtig. Doch gerade dieses geheimnisvolle macht für mich einen großen Reiz des Buches aus.

Auf der (sichtbaren) Oberfläche ist die Handlung schnell erzählt. Marlene ist eine moderne junge Frau mit vielen Möglichkeiten, aber ohne Ziel. Etwas verloren lässt sie sich treiben und landet so als Saisonkraft auf der Insel Strand. Sie ist ein interessanter Charakter, einsam und auch für uns als Leserinnen wenig zugänglich. Nicht unsympathisch, aber wenig nahbar. Doch genau das passt zu dieser Geschichte, eine faszinierende Mischung als modern und alt, aus der distanzierten Marlene und der verwurzelten Janne.

Mehr möchte ich über das Geschehen gar nicht erzählen, es ist ein Buch zum Selberlesen und Selbstentdecken. Ganz bestimmt wird jede Lesende andere Schwerpunkte hinter der eigentlichen Handlung entdecken. Dabei ist das Buch sehr angenehm zu lesen, wobei sich das entschleunigte Inselleben auch im ruhigen Erzähltempo niederschlägt. Ein entspannendes Buch, das aber auch anregt und zum Mitdenken einlädt. Die Sprache ist dabei sehr klar und bildhaft, ich las nicht, ich war dabei. Mit Janne in der Räucherkammer, mit Marlene im Sturm auf dem Deich und beim eiskalten nächtlichen Bad in den Salzwiesen.

Fazit: Große Leseempfehlung an alle, die sich gern auf vielschichtige Bücher einlassen und sich eigene Gedanken dazu machen mögen. Mir hat es sehr gut gefallen und so vergebe ich natürlich fünf verdiente Sterne.

Bewertung vom 13.12.2023
Auf Tiefe
Neumann, H. Dieter

Auf Tiefe


sehr gut

Der Titel „Auf Tiefe“ (so sperrig er für mich als Landei erstmal sein mag), ist perfekt gewählt. Haben doch nahezu alle Kurzgeschichten in dem Band Tiefgang und es werden trotz des begrenzten Umfangs ganze Lebensgeschichten erzählt. Daneben deutet der Titel perfekt an, dass es sich hierbei um Kurzgeschichten ganz nahe am oder sogar im Meer handelt, im besten Sinne „See- und Küstengeschichten“, wie der Untertitel verrät.

Hervorheben möchte ich bei allen Geschichten vor allem die starke Charakterzeichnung der Personen. Der Autor hat es geschafft, unverwechselbare und sehr authentische Protagonisten zu schaffen, denen man ihr Auftreten und Verhalten jederzeit abnimmt, auch wenn sie auf den ersten Blick „unlogisch“ handeln. Doch sie sind alles wahre Originale, wie es wohl nur eine starke Verwurzelung in ihre raue Heimat schaffen kann.

Wie bei einer Kurzgeschichtensammlung erwartbar gefallen manche Geschichten mehr als andere. Mein ganz persönliches „Highlight“ dabei ist „Flucht übers Eis“ nach einer wahren Geschichte. Es sind sehr vielseitige und ganz unterschiedliche Geschichten aus verschiedenen Zeiten und Orten. Insgesamt hätte ich mir die Sammlung etwas „erbaulicher“ gewünscht, auch wenn viele der angesprochenen Probleme und Fragen unbestreitbar wichtig sind. In der Vielzahl der „tragischen“ Geschichten hat die Lektüre manchmal etwas niederdrückend auf mich gewirkt.

Fazit: Verschiedene Kurzgeschichten rund um das Meer, die ich gerne gelesen habe. Die ein oder andere „erbaulichere“ Geschichte hätte es für mich mehr sein dürfen, doch auch so vergebe ich gern vier Sterne.

Bewertung vom 12.11.2023
Ich träumte von einer Bestie
Blazon, Nina

Ich träumte von einer Bestie


ausgezeichnet

Ein tolles und überraschendes Buch, das mir großen Lesespaß bereitet hat. Anfangs haderte ich zwar mit dem Titel und die Leseprobe ließ mich in eine völlig falsche Richtung denken (was sich zum Glück nicht bewahrheitete), aber dann war ich sehr schnell drin in der Geschichte von Fleur, die sich auf die Suche nach ihren Vorfahren begibt.

Das ist zwar grundsätzlich ein bekannter Plot, doch hier war die Suche ungewöhnlich und völlig unvorhersehbar. Das lag zum einen daran, dass sich die Zusammenhänge um Fleurs Vergangenheit erst nach und nach aufdecken, zum anderen aber an den tollen und einzigartigen Protagonisten. Dabei ist zunächst natürlich Fleur selber zu nennen, die als Hauptperson zuerst wenig greifbar ist, etwas spröde erscheint und sich hinter Nicknames und Algorithmen versteckt. Doch auch die vielen Nebenpersonen sind sehr gut gelungen und haben ihren ganz eigenen unverwechselbaren Charakter.

Gut gefallen haben mir auch die vielen Märchenanspielungen, die sich durch das ganze Buch ziehen. Wie und warum sie zum Buch gehören, sei hier natürlich nicht verraten, nur dass die Auflösung sehr stimmig ist und Fleurs Geschichte wunderbar abrundet. Fleurs Beruf und Leidenschaft drehen sich um soziale Medien und ums Internet. Diese Mischung aus moderner Technik, Märchen und Vergangenheit machen ebenfalls einen großen Reiz des Buches aus.
Auch sprachlich ist das Buch ein Genuss. Ich konnte so richtig in die Geschichte ein- und darin untertauchen. Bei Fleurs Reise nach Frankreich und ihren Bemühungen, die Geschehnisse der Vergangenheit aufzudecken, war ich hautnah dabei und konnte mir Land und Leute sehr gut vorstellen (auch wenn mir die französischen Städtenamen einiges an Konzentration abverlangten).

Fazit: Ein überragende Geschichte, die ich sehr gerne weiterempfehle! Natürlich fünf Sterne und eins meiner diesjährigen Jahreshighlights!

Bewertung vom 30.09.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


sehr gut

Einige Jahre nach Kriegsende in einem kleinen abgelegenen Dorf am Rand eines Moors: noch schmerzen die Wunden des Krieges an Leib und Seele, der Aufschwung ist erst ansatzweise in Sicht. In dieser bedrückenden Zeit bleibt es nicht aus, dass Menschen für ihr Unglück Töversche (Hexen) und Glöhnige (Moorgeister) verantwortlich machen.

Helga Bürster schafft es in ihrem Roman, die angespannte Atmosphäre dieser Zeit auferstehen zu lassen und den Aberglauben sowie den Glauben an Geister überzeugend darzustellen. Im Mittelpunkt stehen das Mädchen Betty, ihre Mutter Edith, Annie und Josef, von denen abwechselnd erzählt wird. Leider zerfasert hier für mich das Buch, denn die Charaktere treten immer wieder kurz ins Rampenlicht und verschwinden dann in der 2. Reihe. Das macht es für mich schwer, eine oder mehrere Bezugspersonen zu haben. Gerne hätte ich detaillierter über das Leben und Empfinden der Personen gelesen, so bleibt vieles im Dunkeln oder wird nur angerissen. Schade, dass ich mit niemanden so richtig mitfiebern oder mitleiden konnte.

Die ruhige Erzählweise liest sich zwar angenehm, lässt das Buch aber die meiste Zeit vor sich hin plätschern. Für Atmosphäre sorgen die eingestreuten Sätze und Wörter im Dialekt, doch keine Sorge, selbst ich aus einer ganz anderen Ecke von Deutschland kommend habe spätestens nach lautem Lesen alles verstanden.

„Als wir an Wunder glaubten“ ist für mich ein unpassender Titel und viel zu positiv. Zwar ist es kein deprimierendes Buch, dazu hatte ich zu viel Abstand zu den Charakteren und es scheinen immer wieder Lichtblicke durch oder tauchen liebenswerte Personen wie die alte Guste auf. Dennoch hätte es „Als wir auf Wunder hofften“ oder „Als wir an Geister/Hexen glaubten“ besser getroffen.

Fazit: Ein atmosphärisches Buch über die harte Nachkriegszeit auf dem Land, über Aberglauben und Verleumdung. Schön zu lesen, aber für mich zu weit weg von den Charakteren. Deswegen gerade noch vier Sterne.

Bewertung vom 12.08.2023
Bergleuchten
Seemayer, Karin

Bergleuchten


ausgezeichnet

Ein wunderschöner historischer Roman, der ein bedeutendes Ereignis der Schweiz zum Thema hat, nämlich den Bau des Gotthard-Eisenbahntunnels 1872 – 1882. Die große Stärke des Buches ist für mich die Lebendigkeit und Anschaulichkeit, mit der die geschichtlichen Ereignisse geschildert werden. Ich war als Leserin hautnah dabei, war mit den Arbeitern im Stollen, bin mit den Fuhrmännern über den Pass gefahren und habe mitgefiebert, ob sich die beiden Tunnelenden mitten im Berg treffen. Die Autorin hat dabei genau und detailgetreu recherchiert und die wichtigsten Ereignisse rund um den Bau des Eisenbahntunnels sehr geschickt in ihre Romanhandlung eingebaut. Dabei ist vor allem auch die Atmosphäre dieser Jahre spürbar und stimmig.

Hauptperson des fiktiven Teils ist Helene, eine sympathische Fuhrwerkstochter, deren bislang beschauliches Leben mit Beginn der Bauarbeiten in Göschenen auf den Kopf gestellt wird. Ich habe sie gerne dieses aufregende Stück ihres Lebens begleitet, auch wenn ich nicht immer alle Handlungen von ihr nachvollziehen konnte. Natürlich kommt auch die Liebe in Helenes Leben nicht zu kurz, wobei ich persönlich auf die Dramatik der Liebesgeschichte verzichten hätte können, für mich hat der Tunnelbau genügend Aufregung geboten. Doch das ist natürlich Geschmackssache und durch viele kleine Details ist es zum Glück auch für mich nie ins Klischee abgedriftet.

Neben Helene und ihrer Familie begegnen wir vielen anderen historischen und fiktiven Personen aus der Schweiz und Italien. Sie wurden genauso lebendig geschildert wie die Beschreibungen des beeindruckenden Bergpanoramas. Da braucht man keine Filme mehr – mit so einem Buch entstehen die Bilder ganz automatisch im Kopf! Ich brauche eigentlich gar nicht mehr zu erwähnen, dass sich das Buch leicht und sehr angenehm liest. Gewünscht hätte ich mir nur eine Karte, um die räumlichen Entfernungen noch besser vor Augen zu haben.

Fazit: Ein für mich sehr empfehlenswertes Buch, das sich mit einem außergewöhnlichen Thema beschäftigt. Dabei haben mich vor allem die historischen Schilderungen zum Tunnelbau begeistert, so dass ich gerne fünf Sterne vergebe.

Bewertung vom 08.06.2023
Wo der Seewind flüstert / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.1
Janz, Tanja

Wo der Seewind flüstert / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.1


sehr gut

Ein richtig schönes Wohlfühlbuch für den Strandurlaub oder auch zuhause zum Wegträumen. Es lässt sich super wegschmökern und entführt aus dem Alltag. Durch den anschaulichen Schreibstil konnte ich den „flüsternden“ Seewind, das Salzwasser und den Sandstrand unter meinen Füßen richtiggehend spüren und entspannte Lesestunden erleben.

Ich habe die Protagonistin Sabine gerne auf der Suche nach ihrem eigenen Leben begleitet, ein Weg, der sie vom Ruhrgebiet an die Nordsee führt. Dabei gibt es natürlich einige Irrungen und Wirrungen und nicht alles läuft glatt, doch gerade das macht das Buch abwechslungsreich. Sabine und ihre Freunde sind sehr sympathisch und vor allem menschlich mit Fehlern und Schwächen. Diese reelle Darstellung hat mir gut gefallen.

Das Buch spielt Anfang der 60er Jahre und hat den damaligen Zeitgeist für mich sehr gut und vor allem glaubhaft transportiert, nicht nur bei Automarken oder Musikvorlieben. Sabine hat genau dir richtige Mischung aus Bravheit und Angepasstheit, die damals von jungen Frauen erwartet wurde und eigenen, „modernen“ Ideen von Selbstverwirklichung. Der aufkommende Freiheitsdrang der Jugend und die Lust am Leben werden deutlich spürbar.

Fazit: Ein entspannendes Lesevergnügen, das allerdings nicht länger nachwirkt oder nachhallt. Deswegen gute vier Sterne von mir.

Bewertung vom 12.04.2023
Wo ist die Mitte des Weltalls?
Cham, Jorge;Whiteson, Daniel

Wo ist die Mitte des Weltalls?


sehr gut

Vorneweg: es ist ein Physik-Buch und keins über Astronomie, auch wenn der Titel etwas irreführend ist. Zwar geht es natürlich um das titelgebende Weltall und damit auch um Sterne und Planeten, aber in erster Linie um die physikalischen Kräfte, die im Universum wirken, also um Neutronen, Elektronen und Quarks. Wer jetzt nicht weiß, was Letzteres ist, kann das Buch getrost trotzdem lesen, das Buch richtet sich (auch) an Physik-Laien und schafft es, schwierige Zusammenhänge verständlich zu vermitteln. Ein großer Pluspunkt des Buches!

Die ausgewählten Fragen rund um das Thema Universum bieten eine bunte Mischung von „Wo kommt das Universum her?“ bis hin zu „Leben wir in einer Computersimulation?“. Allerdings waren es für mich zu viele Kapitel, die sich um das Ende der Welt/des Universums/der Zeit drehen und damit etwas niederschlagend waren. Dafür habe ich ein paar grundlegende Basisinformationen vermisst wie: „Was ist Quantenphysik?“, „Wie sind unser Sonnensystem und das Universum aufgebaut?“ oder auch „Wie ist das mit Raum und Zeit und vor allem mit Raumzeit?“. Zwar tauchen diese Themen immer wieder auf und einiges wird im Lauf des Buches erklärt, aber ein paar Grundlagenfragen oder zumindest ein Glossar wäre hilfreich gewesen. Vielleicht werden diese Fragen ja im ersten Buch der beiden beantwortet „No idea – was wir noch nicht wissen“, doch das habe ich (leider noch) nicht gelesen.

Illustriert ist das Buch immer wieder mit witzigen Cartoons, die nicht nur unterhalten, sondern in erster Linie den Text verdeutlichen. Zusammen mit der einfachen und zugänglichen Sprache fand ich das sehr gut gemacht, denn so wird Physik auch für Laien zumindest einigermaßen verständlich. Die beiden Autoren bringen immer wieder nachvollziehbare Beispiele aus dem Alltagsleben, wobei der verschüttete Kaffee sehr oft herhalten musste ;-).

Fazit: ein verständliches und interessantes Buch mit physikalischen Antworten auf Fragen rund um das Universum. Auch wenn ich mir teilweise andere Schwerpunkte und vor allem mehr Astronomie gewünscht hätte, war es ein vergnügliches und lehrreiches Leseerlebnis und so vergebe ich gerne 4 Sterne.

Bewertung vom 01.01.2023
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


sehr gut

Der Roman erzählt die Höhen und Tiefen des Bergwerksdorfs Schlema im Erzgebirge anhand der fiktiven Familiengeschichte der Steiners. In der Gegenwart begleiten wir Luisa bei der Suche nach Antworten und abwechselnd dazu begegnen wir ihren Urgroßvater Wilhelm immer wieder im Lauf der Geschichte. An seinem Leben werden die stetigen Veränderungen in Schlema sehr anschaulich verdeutlicht.

Die Autorin vermittelt in ihrem Buch auf unterhaltsame Weise sehr viel Faktenwissen und wer sich – wie ich – für Bergbaugeschichte begeistern lässt, dem sei dieses Buch sehr ans Herz gelegt. Mehr Informationen finden sich höchstens in einem Sachbuch. Durch die enge Verbindung der Familien- mit der Bergbaugeschichte bin ich als Leser*in immer mitten drin im Geschehen und die „große“ Politik beeinflusst das „kleine“ Leben der Bergwerksleute und ihrer Familien.

Etwas schade fand ich, dass der emotionale Bezug zu den Figuren, die wir teilweise über viele Jahrzehnte hinweg begleiten, etwas zu kurz gekommen ist. Erst ganz am Ende wurde ich dann doch vom Schicksal der Steiners be- und angerührt. Durch den ständigen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit fiel es mir auch nicht immer leicht, die Generationen zu unterscheiden. In einen Kapitel wird z. B. von der betagten Großtante Irma gesprochen, ein paar Sätze später tritt besagte Irma aufgeregt mit ihrer Backfischfreundin Martha ihre erste Stelle als Kurmädchen an. Da half der vorne abgebildete Familienstammbaum ungemein und ich habe immer wieder nachgeblättert.

Fazit: Sehr anschaulich und kurzweilig erzählte Bergbaugeschichte am Beispiel der Familie Steiner im Erzgebirge.

Bewertung vom 15.11.2022
Was nicht war, kann ja noch werden
Schmölzl, Lydia

Was nicht war, kann ja noch werden


gut

m Mittelpunkt des Buches steht Freya, die getreu des Titels „Was nicht war, kann ja noch werden“ in einer Art Midlife-Crisis versucht, die Stimmung aus ihrer Jugendzeit wiederzubeleben. Klingt nach einer unterhaltsamen Geschichte über eine Frau, die ihren Weg sucht. Das ist es auch, doch begeistern konnte mich das Buch nicht. Das lag vor allem an Freya, die für mich bis zum Schluss ein Rätsel blieb. Sie wirkt aufgedreht und wenig authentisch – in der Gegenwart und auch in den Rückblicken ins Jahr ihres Abiturs. Ihre Persönlichkeit bleibt hinter viel Geplapper und Aktionismus verborgen und auch wenn es dafür am Ende des Buches eine Erklärung gibt, konnte mich das (nicht mehr) überzeugen. Mit 19 ist ihr Verhalten gerade noch nachvollziehbar – mit 30 sollte man gerade im Umgang mit anderen zumindest etwas gereift sein.

Genauso widersprüchlich wie Freya finde ich das gesamte Buch. Zum einen möchte es gewollt komisch sein, zum anderen spricht es auch ernsthafte Themen an. Das ist erstmal positiv, doch leider kommen die Probleme zu geballt, ohne wirklich aufgearbeitet zu werden. Sie lösen sich irgendwann mehr oder weniger von selbst in Wohlgefallen auf, was ich unglaubwürdig fand. Dann lieber doch gleich weglassen. Auch Freyas Sehnsucht nach den Gefühlen ihrer Jugendzeit konnte ich nicht nachvollziehen: kann man die Vergangenheit wirklich so verklären?

Um die positiven Seiten nicht zu vergessen: das Buch hat schöne (und romantische) Szenen und liest sich sehr flüssig. Nachdem ich mich an Freyas „witzige“ Kommentare gewöhnt habe, habe ich es gerne gelesen. Super ist die abgedruckte Playlist (mit QR-Code zu Spotify) – genau mein Musikgeschmack :-)!

Fazit: Trotz gelüfteter Geheimnisse ergab sich am Ende für mich kein rundes Bild und so bleibt es ein kurzweiliges, aber wenig nachhaltiges Lesevergnügen.

Bewertung vom 01.11.2022
Die Forscherin. Prinzessin Therese und der Ruf des Amazonas
Innig, Katharina

Die Forscherin. Prinzessin Therese und der Ruf des Amazonas


ausgezeichnet

Der Autorin ist mit "Der Forscherin" ein wundervolles Buch gelungen, das uns Therese von Bayern, ihre Zeit und vor allem ihre Erlebnisse im Amazonasgebiet näherbringt. Es stecken viele geschichtlichen Details in dem Buch, die perfekt in die Romanhandlung eingewoben sind. Darüber hinaus lässt es sich ausgezeichnet lesen, so dass auch die Entspannung nicht zu kurz kommt.

Erzählt wird in zwei Zeitebenen, die kapitelweise abwechseln. 1888 begleiten wir die Reisegesellschaft um Therese entlang des Amazonas, 1924 erleben wir eine gereifte Therese in ihrem Zuhause am Bodensee, als sie gemeinsam mit ihrer früheren (fiktiven) Begleitung Veronika auf die Brasilienreise zurückblickt. Meist tritt bei Büchern mit zwei Zeitebenen eine in den Vordergrund, doch hier bleiben beide bis zum Schluss ausgewogen und stehen gleichberechtigt nebeneinander. Das ist eine umso größere Kunst, da ich durch Titel, Cover und Buchbeschreibung auf die Erlebnisse in Südamerika eingestellt hatte und die Kapitel in Bayern eine große Überraschung waren. Doch gerade sie runden das Buch und vor allem das Leben von Therese wunderbar ab.

Durch das Buch durfte ich eine beeindruckende Frau und historische Persönlichkeit kennenlernen, die leider viel zu unbekannt ist. Das ist auch mein einziger Kritikpunkt am Buch: es ist zu kurz, ich hätte gerne so viel mehr über Therese erfahren. Auch die – teils fiktiven, teils historischen – Reisebegleiter Thereses und die Menschen, denen sie begegnet, sind sehr gut ausgearbeitet. Ich konnte mir nicht nur sie, sondern auch das Umfeld sehr gut vorstellen und fühlte mich mitten in der Geschichte.

Fazit: Ein sehr rundes Buch, das Wissen und Unterhaltung perfekt verbindet. Eine ganz klare Leseempfehlung und fünf Sterne von mir.