Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Dana
Wohnort: 
Greifswald

Bewertungen

Insgesamt 63 Bewertungen
Bewertung vom 27.04.2024
Als Ela das All eroberte
Krauthausen, Raúl;Hermann, Adina

Als Ela das All eroberte


ausgezeichnet

Für Ela ist die Sache ganz klar: Eines Tages wird sie als Astronautin ins Weltall fliegen. Sie interessiert sich sehr für Planeten, Sterne und die Dinge, die Weltraumfahrer so können und leisten müssen. Auch ihr bester Freund Ben ist fasziniert von dem Thema und so hat sie immer jemanden, mit dem sie sich austauschen und gemeinsam recherchieren kann. Allerdings glauben in Elas Umfeld nicht alle so bedingungslos daran, dass das Mädchen ihren Traum auch verwirklichen kann, dabei führen ja so viele Wege ans Ziel.

Mir hat die Thematik dieses Kinderbuches wirklich gut gefallen. Schon allein wie wichtig es ist, an Träume zu glauben und darauf hinzuarbeiten. Selbst wenn es nicht immer leicht ist und man vielleicht auch mal Umwege gehen muss oder Dinge sich erst ändern und wandeln müssen damit es eine Chance gibt, so muss man doch nicht direkt aufgeben. Und dann auch noch kombiniert damit, dass die Protagonistin Ela im Rollstuhl sitzt und damit natürlich die eine oder andere Hürde hat, die andere vielleicht nicht haben, um ihre Ziele zu erreichen. Doch Ela lässt sich dadurch nicht davon abhalten, ganz fest an ihren Traum zu glauben, irgendwann als Astronautin im Weltall zu sein. Schön war es, dass sie in ihrem Vorhaben unter anderem von Ben und ihrer Familie tatkräftig unterstützt und auch bei Fehlschlägen oder Schwierigkeiten aufgefangen wird.

Innerhalb der Geschichte sind viele fachliche Informationen rund um Planeten, Sterne, Astronauten und so weiter eingebunden. Um es alles direkt aufzunehmen, ist es vermutlich ein wenig viel, besonders an der Stelle, als die Kinder im Planetarium sind. Dort ballt sich das Wissen doch sehr. Allerdings könnte man es ja auch immer wieder nachschauen oder im Anhang des Buches nachlesen, in dem viele Dinge noch mal etwas ausführlicher aufgeführt sind.
Dass man beim Lesen der Geschichte gleich noch einen Lerneffekt hat, fand ich aber gut gemacht.
Ansonsten ist der Schreibstil leicht verständlich und mitnehmend gestaltet. Ich mochte die Dynamik in der Geschichte sehr gern. Die Freundschaft der beiden Kinder steht immer wieder im Fokus und auch wie wichtig es ist, an Träume zu glauben, selbst wenn der erste Anlauf vielleicht nicht gleich klappt.
Farbenfrohe Illustrationen machen die Handlung zusätzlich lebendig und lassen die Geschehnisse gut vorstellbar werden. Man hat ein genaues Bild von den Figuren und die Einbindung von Aspekten aus der Raumfahrt oder der Astrologie allgemein macht auch dieses Thema gleich noch etwas greifbarer.

Dass man zum Beispiel nicht erfährt, warum Ela im Rollstuhl sitzt, könnte zunächst etwas irritieren, allerdings fand ich, spielte es beim Lesen der Geschichte eigentlich auch keine Rolle, wieso die Situation für das Mädchen so ist. Am Ende des Buches wird auch kurz darauf Bezug genommen, dass es innerhalb der Handlung nicht weiter aufgegriffen wird. Der Mittelpunkt der Geschichte war für mich aber auch nicht die Ursache für Elas Handicap, sondern wie mutig, lebensfroh und motiviert sie trotz allem an jeden Tag herangeht, wie viel Unterstützung sie bekommt und wie selbstverständlich manche Sachen für sie sind, die für andere irgendwie erst mal schwierig erscheinen oder sie unangenehm berühren, weil sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. An der einen oder anderen Stelle kann man von der jungen Protagonistin noch was für sich selbst mitnehmen.

Fazit
Ein schönes Kinderbuch, das mir in der Kombination aus Sachinformationen rund um den Weltraum, einer tollen Freundschaft, einer mutigen, lebensfrohen Protagonistin, die an ihre Träume glaubt und schönen Botschaften.

Bewertung vom 05.03.2024
Die Perlenjägerin
Beck, Miya T.

Die Perlenjägerin


sehr gut

Als Perlentaucherinnen verbringen die Zwillingsschwestern Kai und Kishi sehr viel Zeit im Meer. Sie kennen die Gefahren, die dort lauern und die Regeln, die sie beachten müssen, um beim Tauchen wohlbehalten an die Oberfläche zurück zu kommen. Als Kishi bei einem dummen Wettstreit erneut lostaucht, obwohl das Wasser langsam unruhig wird, gerät sie in die Fänge eines Geisterwals und scheint verloren. Doch Kai hat sich in den Kopf gesetzt, ihre Schwester zu retten, koste es, was es wolle. So lässt sie sich auf einen Handeln mit einer Göttin ein, die etwas von ihr fordert, was kaum zu beschaffen ist. Für Kai beginnt eine abenteuerliche Reise ins Ungewisse mit zahlreichen Gefahren und Hindernissen.

Nach dem Lesen der Geschichte empfinde ich das Cover als noch besonderer, weil so viele Details drin stecken, die mit der Handlung zu tun haben. Vorher fand ich es zwar auch schon toll anzuschauen, aber wenn man die Elemente zuordnen kann und weiß, was sie für eine Bedeutung innerhalb der Geschichte haben, ist es noch mal etwas anderes. Der Farbschnitt, der das Cover fortsetzt sieht ebenfalls richtig toll aus.

Der Einstieg in das Buch ist mir leicht gelungen. Man erlebt direkt eine kleine, etwas unheimlichere Szene mit, bevor man dann die Zwillinge und ihre Eltern etwas besser kennenlernt und mehr über ihre Tradition des Perlentauchens erfährt. Insgesamt bleibt viel von der Familie jedoch etwas blass, da man fast die gesamte Zeit nur mit Kai unterwegs ist. So bekommt man von der Protagonistin einen ganz guten Eindruck. Etwas schade finde ich, dass sie ihre Schwester so idealisiert und als perfekt darstellt. Möglicherweise empfindet sie es so, vermutlich schwingen da aber auch viele Schuldgefühle mit, aufgrund der Situation, in der sich die Familie befindet. Jeder hat so seine Stärken und Schwächen. Kai ist unglaublich mutig, dass sie loszieht, um ihre Zwillingsschwester zu retten und sich dafür allerhand Gefahren stellt, von denen sie zuvor vermutlich gar nicht gedacht hätte, dass sie diese bestehen könnte. Immer wieder stößt sie aber auch an Grenzen, muss auf kleine Tricks zurückgreifen oder ist auf Hilfe anderer angewiesen. Insgesamt mochte ich Kai, ich habe sie gern auf ihrer Reise begleitet und war gespannt, was für Herausforderungen sie im Laufe der Zeit noch so meistern wird.

Der Schreibstil ist größtenteils flüssig und mitnehmend. Es gibt viele tolle Beschreibungen, so dass man sich die Landschaft gut vorstellen kann und einen bildhaften Eindruck von den Personen und Wesen bekommt, denen Kai unterwegs begegnet. Die schöne Karte zu Beginn des Buches ermöglicht es zudem, die Reise der Protagonistin gut mitverfolgen zu können. Bei all den fremden Namen für die Orte, ist das auf jeden Fall hilfreich. Das Glossar am Ende des Buches erklärt noch mal einige Begriffe, besonders im Zusammenhang mit der Mythologie.
Die Japanische Mythologie findet sich an verschiedenen Stellen der Geschichte wieder. So erhält man einen kleinen Eindruck von einigen Dingen, ohne dass es sich in zu vielen Details verliert. Es gibt der Handlung in einigen Passagen eine besondere Atmosphäre und enthielt für mich auch neue Aspekte.

Im Mittelteil der Geschichte gab es für mich aber auch ein paar Längen innerhalb der Handlung, dort empfand ich den Schreibstil teilweise auch nicht als so richtig fließend, wie es sonst oft der Fall war. Man tritt ein wenig auf der Stelle, erfährt zwar etwas über den Alltag der Familie, bei der Kai zu diesem Zeitpunkt ist, aber die Spannungskurve flacht dort doch ziemlich ab. Auch wenn die Zeit dort durchaus hilfreich für den Rest der Reise ist und eine gewisse Bedeutung hat. Danach wurde das Tempo und die Spannung dann aber wieder angezogen und es wurde auch noch mal turbulenter und gefährlicher. Die magischen, übernatürlichen Elemente, die in die Geschichte mit einfließen, haben mir insgesamt gut gefallen.
Mir persönlich kam das Ende dann auch irgendwie etwas zu plötzlich. Zwischendurch dachte ich sogar, es könnte eine Fortsetzung geben, weil einiges in der Handlung darauf hindeutete und dann war es plötzlich zu Ende, ohne wirkliche Hoffnung auf eine Fortsetzung. Es gibt also schon eine Auflösung, die für mich auch überraschend war, ich weiß aber noch nicht so richtig, wie zufriedenstellend ich diese finde.

Eine Abenteuergeschichte, die sich gut und flüssig lesen lässt, auch wenn es für mich im Mittelteil des Buches einige Längen gab. Wodurch die japanische Mythologie in verschiedenen Passagen in die Handlung einfließt, bekommt die Geschichte oft eine besondere Atmosphäre, die ich sehr mochte. Es ist eine gute Mischung aus Abenteuern, Herausforderungen, Entwicklungen der Protagonistin, anderen Charakteren, die auf verschiedene Weise in die Handlung eingreifen, Freundschaft, Hoffnung und Träumen.

Bewertung vom 13.08.2023
Der Pakt / Schatten Bd.1
Parvela, Timo

Der Pakt / Schatten Bd.1


sehr gut

Die Aufmachung des Buches gefällt mir richtig gut. Schon das Cover vermittelt einen geheimnisvollen, düsteren Eindruck, der auch innerhalb der Geschichte immer wieder zum Tragen kommt. Die Illustrationen sind richtig toll, mir gefällt der Stil sehr und ich mag auch, dass sie eher farbreduziert sind. Viel in Grautönen bzw. eher dunkel gehalten mit kleineren Farbakzenten. Das passt gut zur Geschichte und macht die Bilder besonders atmosphärisch. Die Handlung wird damit unterstützt, vieles wird lebendiger und besser vorstellbar und auch der kleine Gruselfaktor, der immer wieder mitschwingt, wird noch verstärkt. Da das Buch im finnischen Winter spielt, wird bei den Illustrationen auch mit dem Wetter und den unterschiedlichen Lichtverhältnissen gespielt, was ich ebenfalls mochte.
Die Kapitel sind kurz, so dass man flott vorankommt. Gedankengänge, die Pete sich notiert, sind anders formatiert, so dass diese einem direkt ins Auge springen.
Von der Sprache ist es einfach gehalten und damit sicher für Lesende ab10 Jahren verständlich. Man erlebt die Geschichte durch einen personalen Erzähler. Die meiste Zeit ist man mit Pete unterwegs, es gibt aber auch Kapitel, in denen man andere Charaktere begleitet, wie Uudit, die Schattenflickerein. Damit wird die Handlung noch etwas komplexer und man erhält mehr Überblick über die Dinge, die in einem Zusammenhang zueinander stehen, auch wenn Pete das noch nicht überblicken kann.
Als Pete das Angebot bekommt, seinen Schatten herzugeben, denkt er sich erst mal nicht so viel dabei. Sein Wunsch, Sara gesund zu machen, überwiegt. Als er dann aber seinen Schatten verloren hat, wird ihm nach und nach klar, was es wirklich bedeutet und wie sehr ihn das verändert. Mit seinem Schatten ist auch ein Teil seines Selbst verschwunden und was zurückgeblieben ist, kann er selbst nicht unbedingt leiden – auch wenn er etwas braucht, um was zu merken. Mit der Zeit entdeckt Pete auch immer mehr Menschen, die keinen Schatten mehr haben und achtet genau darauf, wie sie sich verhalten und auch, wie sie sich vielleicht verändert haben, sollte er sie vorher schon gekannt haben. Das ist für ihn sehr erschreckend, auch wenn die Auswirkungen nicht bei jedem gleich sind. Unmöglich kann es so weitergehen, dass immer mehr ihren Schatten verlieren, deswegen wollen Sara und er etwas tun, um die Entwicklung aufzuhalten. Ob das gelingt und welche Abenteuer sie dafür bestehen müssen, erfährt man dann wohl erst in der Fortsetzung.
Im Auftakt benötigt es etwas Zeit, bis sich dann mehr erschließt, was eigentlich los ist, dass mehr dahintersteckt und wie weitgreifend die Entwicklung inzwischen schon zu sein scheint. Manche Dinge bleiben auch noch offen, aber da es eine Fortsetzung gibt, ist das auch nicht verwunderlich.
In die Handlung eingeflochten werden auch soziale Aspekte, Bereiche der Politik und des Weltgeschehens. Im Hauptfokus stand für mich aber die Freundschaft zwischen Pete und Sara, die nicht immer gleich ist und auch von den Veränderungen durch den Schattenverlust geprägt wird. Und eben das, was es mit Pete selbst macht. Eingearbeitet sind auch Aspekte der finnischen bzw. nordischen Mythologie, was die Atmosphäre im Buch ebenfalls prägt.
Zwischendurch ist es auch nachdenklich und von der Stimmung eher düster. Einige der Wesen, die da so auftauchen sind etwas grusliger, denen möchte man nachts wohl nicht so gern allein begegnen. Damit ist es sicher auch nicht für jedes Kind etwa. Eine gewisse Spannung ebenfalls wird aufgebaut, begleitet von vielen offenen Fragen. Zum Ende hin wird das Tempo dann auch etwas mehr angezogen, als es vorher der Fall war.
Es gibt sehr viele Dialoge, neben den Gedankengängen. Manche der Gespräche wirkten für mich jedoch ein wenig gestelzt oder irgendwie unfertig. Vielleicht liegt das an der Übersetzung oder daran, dass man vielleicht Redewendungen als solche nicht so kennt oder nicht so versteht, wie sie im Original gemeint gewesen wären?!
Insgesamt baut die Geschichte schon eine gewisse Tiefe auf, auch durch das viele Nachdenken und in sich reinhören, auch wenn die Figuren jetzt nicht alle total detailliert ausgearbeitet werden. Immer wieder gibt es auch hoffnungsvolle Augenblicke und die Charaktere ziehen viel Kraft aus ihrer Freundschaft.
Die Geschichte war interessant zu verfolgen und baut zum Ende hin dann auch mehr Spannung und Tempo auf. Es gibt nachdenklichere Passagen, offene Fragen, stärkere Auswirkungen des Schattenverlustes, als Pete es erwartet hätte, kleine Herausforderungen, Abenteuer, die dann in der Fortsetzung zu bestreiten sind, kleine düstere, mystische Momente und viele Dialoge, die mir manchmal von der Dynamik allerdings nicht ganz so lagen. Das Buch hat eine besondere Atmosphäre, was sicher an der Mischung der Themen und der Entwicklungen, vielleicht aber auch am Ursprungsland Finnland liegt.

Bewertung vom 13.08.2023
October, October
Balen, Katya

October, October


sehr gut

Für October gibt es schon seit vielen Jahren nur noch ihren Vater und den Wald, in dem sie leben. Ziemlich abgeschieden, mit viel Ruhe und zahlreichen Aufgaben, die so anfallen, um ihren Alltag am laufen zu halten und sich um ihre Umgebung zu kümmern. Die Elfjährige fühlt sich im Wald frei, wild und zu Hause. Ihre Gedanken fliegen und sie erfindet Geschichten zu allem, was ihr begegnet. Als sie nach einem Unfall ihres Vaters für einige Zeit zu ihrer Mutter in die Großstadt ziehen muss, kommen die Geschichten in ihr zum Erliegen. Alles ist anders, alles ist fremd, nichts fühlt sich mehr frei und wild an. Eine schwere Umstellung für das Mädchen, das erst lernen muss, dass Veränderungen nicht immer nur negativ sind, sondern auch viele Chancen bieten, Neues zu entdecken und den Erfahrungsschatz zu erweitern.
Ich habe dieses Buch als besonders empfunden, schon allein aufgrund der malerischen, poetischen Erzählweise. Der Stil ist sehr bildgewaltig, voller kreativer, fantasievoller Gedankengeschichten von October, die einem aber gleichzeitig auch ihre Umgebung näher bringen, voller kindlicher Ansichten und gleichzeitig stecken auch immer wieder berührende, teilweise nachdenklich stimmende Botschaften drin. Manches erschließt sich sofort, anderes entfaltete sich erst so nach und nach beim Lesen.
Man ist die gesamte Zeit bei October und taucht sehr intensiv in ihre Gedanken- und Gefühlswelt ein. Auf Anführungszeichen wird komplett verzichtet, die Dinge, die andere zu ihr sagen, werden kursiv gedruckt und damit optisch abgegrenzt. Immer wieder gibt es Passagen, die besonders formatiert sind oder stilistisch angepasst wurden. In manchen Abschnitten wird auf Satzzeichen verzichtet. Im Nachwort findet man auch eine Anmerkung dazu, dass es die teilweise übersprudelnden Gedanken von October symbolisieren soll, die einfach aus ihrem Kopf purzeln, ungeordnet, ungefiltert, schneller, als sie sie sortieren könnte. An sich finde ich das eine schöne Idee und es kann verdeutlichen, wie ausgedehnt das Gedankenkarussell des Mädchens ist, ich fand diese Passagen manchmal aber trotzdem eher schwer zu lesen. Kleine Illustrationen, die sich über das Buch ziehen, zeigen die Entwicklung von Eule Stig, die in der Geschichte auch eine Rolle spielt.
October und ihr Vater leben in einer Hütte im Wald, aber nicht völlig ohne Strom. Trotzdem merkt man ihrem Leben an, dass sie eher im Einklang mit der Natur sind, sie versorgen sich größtenteils selbst, tauschen ihre Lebensmittel beim Bauern gegen Eier und Milch und holen in der Stadt nur die Dinge, die unbedingt nötig sind und sie sie nicht selbst herstellen. Octobers Blick auf die Natur und die Tiere ist ein ganz anderer als bei anderen Kindern in ihrem Alter – und wohl auch als bei den meisten Erwachsenen. Sie weiß um die Wichtigkeit Pflanzen zu schützen, aber auch, dass nicht alles ewig lebt. Es war schön zu verfolgen, wie sie die Dinge sieht und wahrnimmt, wie sie Sachen schätzt und schützt. Oft wirkt sie jünger als elf, was aber sicher auch an der Art liegt, wie sie aufwächst. Sie hat nicht so viele fremde Außeneinflüsse, nicht den Erwartungsdruck der Gesellschaft und auch einfach ganz andere Erfahrungen als Kinder, die in der Stadt aufwachsen. Oft lebt sie auch ein bisschen in ihrer eigenen Welt, ihrer Gedankenwelt, sie denkt sich zu allem Geschichten aus, verknüpft ihre Umgebung und ihre Erlebnisse zu kleinen Abenteuern und lässt ihrer Fantasie dabei freien Lauf.
Als Octobers Vater einen Unfall hat und sie in die Stadt muss, muss sie sich sehr umstellen und viel lernen. Alles ist laut und voll, alles ist voller Gebäude und Menschen, nirgends scheint es frei und wild zu sein. Es gibt andere Regeln und Vorschriften, Erwartungen – einfach eine ganz andere Welt für das Mädchen. Für andere sind ihre Reaktionen nicht immer nachvollziehbar, ebenso wie sie nicht immer versteht, wieso die anderen Menschen so sind, wie sie es sind. Man spürt deutlich, wie es in ihr arbeitet, wie sie Dinge annimmt, sich ihre eigene Freiheit und Wildheit zurückerobert, Orte findet, an denen sie sich nicht so eingesperrt fühlt und Stück für Stück auch ihre Mauern gegenüber dem neuen Ort fallen.
Schön fand ich, dass ganz unterschiedliche Emotionen und Empfindungen eingearbeitet sind. Octobers Abwehrhaltung ist spürbar und auch irgendwie verständlich, immer wieder blitzt aber auch Neugier durch, es wird nachdenklich, aber auch hoffnungsvoll, manches ist geprägt von Schuldgefühlen und tiefer Verletzung, aber auch von Freundschaft und tollen Botschaften, die Octobers Entwicklung beeinflussen und fördern.
Ein besonders Buch, das durch den sehr poetischen Stil, die bildgewaltige Sprache, die fantasievollen Gedankengeschichten und die Fülle an Emotionen und Botschaften bestimmt eine Weile in Erinnerung bleibt. Eine Geschichte über Mut für Neuanfänge und neue Erfahrungen, sich die Wildheit und Freiheit zu erhalten oder sie neu zu entdecken, auch wenn man nicht in seiner gewohnten Umgebung ist.

Bewertung vom 03.06.2023
Wolfskinder
Buck, Vera

Wolfskinder


ausgezeichnet

Das Buch beginnt mit einem spannenden Prolog, der gleichzeitig einiges an Fragen aufwirft und für eine unheimliche Atmosphäre sorgt. Was es damit auf sich hat, erfährt man dann im Verlauf der Handlung. Und auch wenn man es dann nicht das erste Mal erlebt, verliert es nichts von seinem Schrecken. Es ist jedoch nicht durchweg so furchterregend und bedrohlich. Das Buch lebt eher von einer unterschwelligen Spannung und nicht von blutiger Brutalität. Ich mochte die erzeugte Atmosphäre und auch die Wechsel in der Stimmung. Immer wieder gab es Situationen, die schon ziemlich unheimlich waren und eine Gänsehaut erzeugten. Besonders zum Ende hin wird es dann auch noch mal etwas turbulenter und dramatischer.

Die Geschichte wird aus verschiedenen Ich-Perspektiven geschildert. Zu Beginn der Kapitel steht der Name der Figur, die man begleiten wird, so dass man sich gut orientieren kann. Zunächst hatte ich befürchtet, dass es vielleicht etwas viel werden könnte, mit den Perspektiven, aber insgesamt mochte ich das Zusammenspiel und den Wechsel zwischen den einzelnen Charakteren sehr gern. Man bekommt einen guten Blick auf die Handlungsstränge, die alle in gewisser Weise miteinander zu tun haben. Am meisten begleitet man den Jugendlichen Jesse und die Neunjährige Edith, die beide in der kleinen Gemeinschaft Jakobsleiter auf dem Berg leben. Darüber hinaus gibt es Passagen mit Rebekka, Mitschülerin und Freundin von Jesse, ebenfalls aus Jakobsleiter, und dem Priester der Dorfgemeinschaft, bei dem schnell klar wird, dass er seine ganz eigenen Absichten verfolgt. Zwischendurch erhält man dann noch Einblicke in das Leben von Smilla, die nicht auf dem Berg wohnt und die eine ganz andere Motivation antreibt, sich mit dem Ort auseinanderzusetzen. Smilla hat in der Handlung einiges vorangetrieben durch ihre hartnäckigen Recherchen, zwischendurch bekommt man jedoch auch das Gefühl, sie könnte sich in dem einen oder anderen Punkt verrennen, nur um ihr Hoffnung aufrechtzuerhalten, Juli nach all den Jahren wiederzufinden.

Der Schreibstil ist flüssig, mitnehmend und atmosphärisch. An die Perspektivwechsel habe ich mich schnell gewöhnt und es war auch immer wieder interessant, die unterschiedlichen Charaktere zu begleiten, weil man neben der allgemeinen Handlung auch von ihren Eigenarten noch was mitbekommt. Besonders faszinierend fand ich Edith. Sie ist noch sehr jung, wirkt etwas verwildert und hat einen außergewöhnlichen Blick auf die Welt, der ohne Zweifel durch ihre Erziehung und ihre Lebensweise geprägt ist. Und obwohl manches wirklich etwas schräg anmutet, gab es auch Gedankengänge von ihr, die ich wirklich sehr beeindruckend fand. Aber auch Jesse habe ich sehr gern begleitet. Obwohl auch er in Jakobsleiter aufgewachsen ist, wirkt er nicht so fernab der Zivilisation wie Edith. Trotzdem gibt es immer wieder Dinge, die er nicht weiß oder nicht kennt, weil es in seiner Berggemeinschaft keine Relevanz hat. Für Jesse ändert sich vieles durch die Offenbarungen, die es im Verlauf gibt. Sein sicherer Hafen wird ziemlich aufgerüttelt, er muss manches verarbeiten und ich konnte gut verstehen, dass er auch nicht alles sofort glauben und begreifen konnte.
Jede Perspektive hat ihre eigenen Schwerpunkte und erzeugt damit auch eine unterschiedliche Stimmung innerhalb der Gesamthandlung. Alles hat jedoch miteinander zu tun und auch Smillas Perspektive vermischt sich immer mehr mit denen der anderen.

Stück für Stück wird die Handlung komplexer und man erhält weitere Puzzleteile, die sich ins Gesamtbild einfügen. Dabei gibt es immer wieder auch Wendungen und kleine Überraschungen, die für eine neue Dynamik innerhalb der Geschichte sorgen. Andere Dinge kündigen sich über die Zeit recht deutlich an und haben mich dann weniger überrascht. So war auch eine der „Enthüllungen“ am Ende nicht mehr wirklich überraschend, obwohl es mit der Verwirrung die darum gestiftet wird, trotzdem gut gemacht war.
Fazit

Ein atmosphärischer, mitnehmender Thriller, der eher durch die unterschwellige Spannung, die Andeutungen und Verflechtungen im Verlauf der Geschichte punktet und nicht so sehr mit Brutalität oder blutigen Szenen. Es gibt aber immer wieder auch Passagen, die Gänsehaut verursachen und eine unheimliche Atmosphäre nachklingen lassen. Besonders durch die neunjährige Edith schwingt auch eine poetische Note mit, wenn es manchmal auch etwas schräg anmuten mag. Nicht alle Offenbarungen kamen überraschend, insgesamt fühlte ich mich aber wirklich gut mitgenommen und unterhalten.

Bewertung vom 24.04.2023
Wie wir Energie erzeugen
Bunting, Philip

Wie wir Energie erzeugen


ausgezeichnet

gutes Kindersachbuch, kompliziertes Thema

Wo kommt unser Strom eigentlich her, bevor wir ihn aus der Steckdose bekommen? Wie können wir Energie erzeugen und welche Unterschiede gibt es dabei? Was ist Elektrizität? Mit diesen Fragen beschäftigt sich dieses Kindersachbuch und versucht dabei auf einfache Weise und mit vielen bunten Illustrationen die Aspekte zu erklären.

Man bekommt in dem Sachbuch einen guten Überblick über die erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energiequellen, was sie für Vor- und Nachteile haben, wie die Stromgewinnung funktioniert, was wir tun können, um Strom zu sparen, wie früher Energie gewonnen wurde und solche Dinge.

Ausgeschrieben ist das Sachbuch ab 6 Jahren. Für Sechsjährige finde ich das Buch an einigen Stellen noch etwas kompliziert. Es sind zwar soweit möglich einfache Worte und kurze Sätze genutzt worden, durch die Verwendung von Fachbegriffen und die Komplexität der Vorgänge an sich, bleibt es aber teilweise eben trotzdem kompliziert. Manche Begriffe, wie Vakuum und Helium sind jetzt vermutlich auch nicht gerade im täglichen Gebrauch für Sechsjährige.
Der Zeitstrahl zu Beginn des Buches gibt eine Übersicht, wie sich die Energienutzung entwickelt hat, wann daraus technische Fortschritte resultierten und so weiter, dabei passten manche der Formulierungen nicht so recht bzw. waren etwas unglücklich gewählt.

Die Seiten sind schön und übersichtlich aufgebaut. Sehr farbenfroh, es gibt zahlreiche Schaubilder und Illustrationen, die die schwierigen Vorgänge etwas besser verständlich machen sollen und als Ergänzung zum Text dienen. Wie man auf dem Cover schon sehen kann, bekommt jede Energiequelle Augen, das hätte ich nicht gebraucht, da man in Sachbüchern aus meiner Sicht nicht alles künstlich auf niedlich trimmen muss, ist aber sicher Geschmackssache. Auch hätte man von mir aus gern auf die Portion Humor verzichten können, die scheinbar unbedingt ins Buch musste und bei mir so gar nicht ankam. Es wirkte sehr erzwungen, flach und teilweise auch einfach unpassend.

Fazit
Alles in allem, trotz kleiner Kritikpunkte, ein schön gestaltetes Kindersachbuch, das mit den vielfältigen Schaubildern und möglichst einfacher Sprache die unterschiedlichen Energiequellen erklärt. Kompliziert und komplex ist das Thema aber trotzdem, auch wenn das Erdöl (und alles andere) im Buch Augen bekommen hat, um niedlicher zu wirken.

Bewertung vom 24.04.2023
Der Wunschling - Wünsche schmecken nach Brausepulver
Brahms, Annette

Der Wunschling - Wünsche schmecken nach Brausepulver


ausgezeichnet

wunderschön gestaltetes Kinderbuch, 4,5 Sterne

Theo ist mit seiner Familie umgezogen und ganz schon aufgeregt vor dem ersten Tag in der neuen Schule. Wird er schnell Freunde finden? Während er grübelnd wachliegt, schleicht sich ein kleines, flauschiges Wesen in sein Zimmer, angelockt von einer wunderbar duftenden Wunschspur. Zurecht ist Theo überrascht, dass da nun ein Wunschling vor ihm steht, der ihn auffordert, sich diesen lecker duftenden Wunsch zu wünschen. Der Schüler gibt alles und wünscht was das Zeug hält, aber der Leckerwunsch lässt ein wenig auf sich warten.

Das Buch ist wirklich super schön gestaltet. Jede Seite ist sehr liebevoll und farbenfroh illustriert. Die Abbildungen zeigen entweder direkt die Handlung oder Teile, die mit zur Geschichte gehören und unterstützen diese damit total schön. Mir gefällt der Stil der Zeichnungen auch richtig gut, ich habe den Wunschling direkt ins Herz geschlossen. Aber auch von Theo, seiner Familie und seiner neuen Schule bekommt man direkt einen Eindruck. Durch die große Schrift und den einfach gehaltenen Schreibstil wird es auch für Leseanfänger gut möglich sein, der Geschichte zu folgen. Die Seiten sind mit Text nicht überladen und durch die Illustrationen hat man gleichzeitig auch immer noch was zu gucken. Als Vorlesegeschichte für jüngere Kinder kann ich mir dieses Buch aber auch gut vorstellen. So ein Wunschling spricht sicher viele an.

Der Wunschling ist niedlich und gleichzeitig auch ein bisschen frech und ungeduldig. Und so toll es auch klingt, sich Sachen wünschen zu dürfen, so ist das für Theo gar nicht die gesamte Zeit eine Wohltat. Manchmal weiß er schon gar nicht mehr, was er sich wünschen soll. Beim Wünschen und Wunscherfüllen schleicht sich dann auch mal die eine oder andere Panne ein, mit unterschiedlichen Auswirkungen. Besonders bei Wünschen, die gar nicht so lecker sind, wie der Wunschling sie gern hätte, ist er unkonzentriert oder auch mal etwas tollpatschig. Dadurch entstehen dann auch mal Situationen zum Schmunzeln und es wird deutlich, dass so ein Wunscherfüller gar nicht immer ein Segen ist. Manchmal entsteht durch die fehlgeleiteten Wünsche aber auch noch etwas viel besseres, als man eigentlich vorher wollte.
Es geht aber nicht nur um das Herausfinden dieses nach Brausepulver schmeckenden Wunsches, es geht in der Geschichte auch um Freundschaft und auch ein wenig darum, die Dinge zu machen, auf die man selbst Lust hat und sich nicht in der Klasse unterzuordnen, damit man dazu gehört.

Die Dynamik in der Geschichte hat mir gut gefallen, nur das Ende war mir insgesamt doch irgendwie etwas schnell und plötzlich, da hätten gern noch ein paar mehr Seiten dran sein können. Dann hätte man auch über die Charaktere vielleicht noch ein bisschen mehr erfahren können. Ich kann mir aber gut vorstellen, Theo und den Wunschling auch bei weiteren Erlebnissen zu begleiten.

Fazit

Eine sehr schön gestaltetes, liebevoll und ansprechend illustriertes Kinderbuch, in dem es um Wünsche und Freundschaft geht. Und manchmal sind es gar nicht die Wünsche, von denen man dachte, dass sie einen glücklich machen, die einen dann wirklich so richtig glücklich machen…

Bewertung vom 27.03.2023
Waraka
Goldfarb, Tobias

Waraka


sehr gut

Die Geschichte rund um Prinz Arkyn geht direkt spannend los. Man erlebt den Jugendlichen kurz vor dem „Hier und Jetzt“ einer Art Prüfung, in der er sich als zukünftiger König als würdig erweisen muss, indem er sein Seelentier, einen Säbelzahnjagur (Smilo), umbringt. Arkyn will das allerdings auf keinen Fall tun, obwohl er die Konsequenzen auf verschiedene Weise durchgespielt hat. In dieser ersten Phase erlebt man auch den Hüter der Schlange, Skarf, und bekommt einen Eindruck davon, mit welch harter Hand er die Menschen führt und wie unerbittlich er ist, aber eher auf eine unterschwellige Art. Für Arkyn gab es bisher nichts anderes, als das Leben in seinem goldenen, privilegierten Käfig und doch steht seine Entscheidung fest. So wird es gleich zu Beginn des Buches recht turbulent mit der Flucht des Prinzen und den Gefahren, die direkt danach im Wald rund um die Stadtmauern auf ihn warten. Schließlich kennt Arkyn die Welt „draußen“ höchstens aus Erzählungen, wenn überhaupt. Für ihn gibt es viel zu entdecken, zu hinterfragen und zu lernen.
Im Verlauf bleibt das Tempo innerhalb der Geschichte nicht dauerhaft so hoch. Es gibt immer wieder Passagen, in denen es etwas ruhiger ist, in denen die Charaktere sich viele Gedanken machen, Lösungen suchen oder auf der Reise von einem Ort zum nächsten sind. Auf sie lauern unterwegs weitere Gefahren, Turbulenzen und Auseinandersetzungen, aber auch sehr schöne, fast magische Momente. Die Mischung hat mir insgesamt gut gefallen, der Schreibstil ist mitnehmend, bildgewaltig und zwischendurch auch ein wenig philosophisch. Nach und nach lernt man mehr über die Welt kennen, mit all den besonderen, vielseitigen Kreaturen und den facettenreichen Gegenden. All die kreativen Ideen, die in diesem Buch stecken, haben mich sehr fasziniert und angesprochen. Waraka hat einiges zu bieten und durch den bildhaften Stil und die detaillierten Formulierungen ist es gut möglich, sich die Wesen und Orte gut vorzustellen und sich einen Eindruck von all dem zu verschaffen, was da auf Arkyn und Saga zukommt.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Arkyn, so erlebt man ihn intensiver als Saga, die in manchen Situationen eher etwas rätselhaft bleibt, auch weil sie sich nicht so sehr offenbart, teilweise recht schweigsam und nachdenklich ist. Mit der Zeit erfährt man aber auch über sie und ihre Herkunft etwas mehr. Die Art, wie das in die Handlung eingeflochten ist, hat mir gut gefallen, weil es sich nicht nur auf die Dialoge beschränkt. Bei den Gesprächen hätte ich mir manchmal noch etwas mehr gewünscht, auch wenn nachvollziehbar ist, dass die Jugendlichen teilweise überfordert und ratlos sind, weil sie Entscheidungen treffen müssen, die weitreichende Folgen haben können und teilweise nicht klar ist, ob es erfolgreich sein kann, was sie sich vorgenommen haben. Trotzdem war es mir manchmal einfach etwas zu wenig, was dabei bei mir ankam. Auch war die freundschaftliche Verbindung zwischen Saga und Arkyn für mich nicht immer so klar greifbar. Schöner zu verfolgen war da für mich die Bindung, die nach und nach zwischen dem Prinzen und seinem Smilo entstanden ist.  Geholfen hat dabei auch die Gabe, die Arkyn in sich trägt.
Die Entwicklungen in der Handlung sind relativ klar ersichtlich und waren größtenteils für mich nicht besonders überraschend. Dennoch hat es Spaß gemacht, die Geschichte zu verfolgen und für jüngere Lesende sind manche Sachen vielleicht auch nicht ganz so offensichtlich, wie sie für mich waren. Für mich war die Handlung eher geprägt durch die besondere Stimmung, die teilweise herrschte, die facettenreichen Wesen, die vielen wundervollen Ideen und den Mut des Protagonisten, sich gegen das System aufzulehnen und dabei seinen ganz eigenen Weg zu finden, mit dem er hofft zu verhindern, dass zu viel Schaden angerichtet wird. Immer wieder fließt auch das Thema Angst in die Handlung mit ein, denn das ist ja etwas, worauf die Herrschaft in Waraka bisher basierte.
Ein schönes Jugendbuch, in dem facettenreiche Ideen stecken, die durch den bildgewaltigen Stil gut vorstellbar rübergebracht werden. Die Stimmung innerhalb der Geschichte habe ich als besonders empfunden. Zeitweise ist es eher ruhiger, nachdenklicher und durch die Art, wie die Dinge offenbart werden fast etwas philosophisch, ohne dabei unverständlich zu werden. Dann gibt es aber auch wieder turbulentere Momente, schwerwiegende Entscheidungen, bei denen die Unsicherheit bleibt, ob das Vorhaben von Erfolg gekrönt sein kann. Das Buch lebt durch die starke Bindung zwischen den Protagonisten, die für mich aber nicht in jeder Facette greifbar war, dem Mut des Prinzen und dem Wunsch, etwas zu verändern und nicht weiter mit der Macht der Angst zu herrschen.

Bewertung vom 14.03.2023
Geheimnis des Meeres / Whisperworld Bd.3
Rose, Barbara

Geheimnis des Meeres / Whisperworld Bd.3


ausgezeichnet

Für die angehenden Tierflüsterer steht ein neues Abenteuer in Whisperworld an. Nachdem sie zuletzt in der Wüste gewesen sind und dort einige Herausforderungen meistern mussten, brauchen nun die Lebewesen im Nachtblauen Meer ihre Hilfe. Für die Reise müssen die Kinder noch einiges lernen und auch vor Ort gibt es weitere Prüfungen zu bestehen. Neben den Pflichten und Regeln, die auf die Tierflüsterer zukommen, gibt es aber auch unvergessliche Augenblicke und einige Wunder zu entdecken. Allerdings wird die Idylle am Meer bedroht. Können die Tierflüsterer herausfinden, wer dahinter steckt?

Die Aufmachung der Reihe gefällt mir total. Die Karte gleich zu Beginn des Buches gibt eine gute Übersicht über die Welt. Man kann sich die gesamte Zeit über daran orientieren, wo die Figuren sind und wie ihre Reiseroute aussieht. Immer wieder gibt es kleine, optisch abgegrenzte Auszüge aus den Chroniken von Whisperworld, die Einblicke in die Vergangenheit geben, Stück für Stück noch ein paar Zusammenhänge offenlegen und auch einen Bezug zu den aktuellen Geschehnissen haben. Die Illustrationen im Buch sind zwar nicht so zahlreich, ich finde sie aber wunderschön. Die schwarz-weißen Zeichnungen unterstützen die Handlung sehr gut und machen die gesamte Geschichte noch lebendiger und besser greifbar. Es gibt viele Details zu entdecken, man bekommt eine Vorstellung von den Charakteren und Schauplätzen. Ich finde auch die Stellen, an denen die Illustrationen positioniert sind, gelungen. Es sind meistens bedeutsame Momente oder Szenen, die einen Eindruck von der aktuellen Lage geben. Da sie nicht so häufig vorkommen, bleiben die Zeichnungen auch etwas Besonderes im Buch.

Der Schreibstil ist angenehm, locker und sehr leichtgängig, obwohl es hin und wieder auch Szenen gibt, in denen die Stimmung nicht so ausgelassen fröhlich ist. Die Sprache ist einfach gehalten, so dass auch junge Lesende der Handlung bestimmt gut folgen können. Schwierigere Begriffe, wie sie zum Beispiel bei den Erklärungen rund ums Segeln und solche spezielleren Dinge vorkommen, werden gut erklärt und in die Handlung eingebunden. Gut gefällt mir auch, dass die Emotionen schön transportiert werden, sowohl in den Dialogen als auch durch die Beschreibungen der Empfindungen und Gedanken der Charaktere. Man bekommt ein immer besseres Gefühl für die Figuren und die Stimmung unter ihnen. Einige von den Kindern sind schon enge Freunde geworden, andere tun sich immer noch etwas schwer damit, sich das Gruppe zu öffnen und ihre alten Einstellungen abzulegen. Besonders Chuck tut sich nach wie vor schwer und verstößt immer wieder gegen die Regeln. Ich konnte es zwar meistens nachvollziehen, besonders weil man zu ihm zu Beginn des Bandes auch etwas mehr erfährt, ich finde es aber trotzdem schade, weil es einfach schön zu sehen wäre, wenn auch er sich mehr in die Gruppe einfügen und sich von den Gedanken lösen könnte, die ihn hemmen und immer wieder zu Alleingängen führen.
Freundschaft und Zusammenhalt spielt eine große Rolle im Buch, aber auch Ehrgeiz und Neid tauchen immer mal wieder auf. Für die jungen Charaktere gibt es noch viel zu lernen. Sie müssen zusammenwachsen, sich unterstützen, ihre Stärken gut durchdacht einsetzen und aus den Lektionen, die ihnen aufgetragen werden, für die Zukunft Dinge mitnehmen. Oft gelingt ihnen das gut, es gibt aber auch Rückschläge, was ich recht authentisch finde. Und doch ist es toll zu sehen, wie sie oft zusammenhalten und einander auch wieder aufbauen, sollte mal etwas nicht so gut gelaufen sein.

Die Bedrohungen, die an verschiedenen Stellen in Whisperworld auftauchen, überschatten den Ausflug der Kinder ein wenig, sorgen aber auch für Spannung innerhalb der Handlung. Denn es ist immer im Hinterkopf, dass jemand die Wunder, die sie am und im Meer entdecken zerstören oder für eigene Zwecke nutzen möchte. Trotzdem sind die Augenblicke, in denen die Tierflüsterer die verschiedenen Lebewesen am Meer erleben und begleiten einfach nur wundervoll und teilweise sehr magisch. Die Mischung aus realen, schützenswerten und teilweise schon fast ausgestorbenen Tierarten, zu denen man hier und da ein paar Informationen bekommt und den übernatürlichen Wesen in Whisperworld, gefällt mir immer wieder gut. Ich bin schon sehr gespannt, was im nächsten Buch auf die Charaktere zukommt.

Eine tolle Fortsetzung, die sehr viel Spaß gemacht hat und einen noch intensiver in die Welt eintauchen lässt. Auch zu den Figuren erfährt man Stück für Stück mehr und die Dynamik zwischen ihnen ist schön zu verfolgen. Neben Freundschaft, Neugier und Zusammenhalt, gibt es auch mal Neid, übertriebenen Ehrgeiz und unvorsichtige Alleingänge, die Gefahren mit sich bringen. Kleine Turbulenzen und das Wissen, dass Whisperworld bedroht wird, sorgen für Spannung innerhalb der Geschichte. Insgesamt empfand ich das Buch als etwas ruhiger, als den Band zuvor, was ihn aber nicht weniger schön zu lesen machte.

Bewertung vom 27.02.2023
Schlaf NIEMALS ein / Crater Lake Bd.1
Killick, Jennifer

Schlaf NIEMALS ein / Crater Lake Bd.1


ausgezeichnet

Zu Beginn des Buches ist es noch relativ ruhig und man bekommt die Chance, die Protagonisten ein wenig kennenzulernen und ein Gespür für das Klassengefüge zu bekommen. Schnell wird deutlich, dass sich nicht alle grün sind und es besonders zwischen Protagonist und Ich-Erzähler Lance und Trent zahlreiche Unstimmigkeiten gibt. Aber auch Lehrerin Miss Hoche macht es Lance nicht unbedingt leicht. Sie bevorzugt die Schüler und Schülerinnen, die brav zuhören und niemals irgendwas tun, was ihr nicht in den Kram passt. Wer mal leise tuschelt oder sich nicht ganz fügen will, fällt in ihrer Gunst, so banal der Grund auch gewesen sein mag. Viele der jungen Charaktere haben Spitznamen, die gemischt mit ihren richtigen Namen genutzt werden. Da muss man sich eventuell ein wenig sortieren, damit man weiß, wer wer ist und in den Dialogen weiß, wer spricht und auf wen sich bezogen wird. Mir sind diese Verbindungen nicht schwer gefallen, junge Lesende brauchen hier möglicherweise ein paar Seiten, bis sie richtig im Geschehen angekommen sind.
Sprachlich ist der Text einfach gehalten. Kurze Sätze und nicht zu ausgedehnte Kapitel machen es leicht, der Handlung zu folgen und bieten eine klare Struktur. Durch die vielen Dialoge kann man schnell eine Verbindung zu den Figuren aufbauen und wird gut in der Geschichte mitgenommen. Es gibt einige ernste, gruselige Passagen im Buch, aber auch immer wieder Szenen, in denen es mit viel Humor in den Dialogen zugeht. Anschauliche Beschreibungen unterstützen die unheimliche Atmosphäre und machen es leicht, sich die Umgebung vorzustellen und sich innerhalb des Camps zu orientieren. Auch die Veränderungen, die bei den Schlafenden ausgelöst werden, werden gut vorstellbar beschrieben.
Mit der Ruhe ist es dann recht schnell vorbei im Buch. Schon bei der Anfahrt zum Camp geht es mit den ersten blutig-gruseligen Passagen los. Dieser Klassenausflug ist alles andere als gewöhnlich und stellt die Freunde vor Herausforderungen, die sie nur gemeinsam lösen können. Dabei gehen auch mal Dinge schief oder es gelingt ihnen nur sehr knapp, sich aus misslichen Lagen zu befreien. Sie werden also nicht zu fehlerfreien Superhelden, wachsen aber definitiv über sich hinaus. Immer wieder müssen sie neue Pläne schmieden, gegenseitig stützen und vorallem wachhalten. Um sie herum wird es immer gefährlicher, nirgends sind sie mehr sicher, denn am Crater Lake breitet sich eine Form von Aliens aus, die nach und nach alles befällt. Umso weiter das Buch voranschreitet, umso temporeicher wird es. Ruhepausen werden immer kleiner, denn die Lage spitzt sich zu und Lance und seine Freunde müssen sehr kreativ werden, um irgendwie eine Lösung gegen dieses übermächtig wirkende Chaos zu finden. Zwischendurch gibt es recht viel hin und her, sie brauchen immer wieder neue Verstecke, das war mir manchmal etwas viel, auch wenn es verständlich war, dass sie nicht zu lange an einem Ort bleiben konnten.
Ob einige Szenen „zu gruselig“ sind, wird sicher an jedem Lesenden selbst liegen. Manche Abschnitte sind schon ziemlich unheimlich und auch mal ein bisschen eklig, ich persönlich empfand es nicht als zu schlimm,
Aufgrund der Erzählperspektive lernt man Lance am besten kennen, aber auch von den Schülern und Schülerinnen, mit denen er viel Zeit verbringt, erfährt man im Verlauf dann ein wenig mehr. Ich fand es schön, dass neben der temporeichen Gruselstory auch Platz für persönlichere Gespräche, kleine Geheimnisoffenbarungen und schöne Botschaften war. Vertrauen und Zusammenhalt ist wichtig, das merken sie natürlich auch beim Kampf gegen die Aliens, aber die jungen Figuren spüren auch, dass sie gar nicht so viel Angst davor hätten haben müssen, ihre Geheimnisse mit ihren Freunden zu teilen, weil diese hinter ihnen stehen und auch gern für sie da sind. Oft macht es die Situation auch leichter, wenn man sich jemandem anvertraut und über Dinge, die einen belasten, spricht. Hier stecken also auch ein paar schöne Botschaften in der Geschichte. Die Figuren nutzen ihre Stärken, unterstützen sich gegenseitig bei Schwächen und stecken auch mal zurück, wenn klar wird, dass andere aus bestimmten Gründen gerade einfach besser geeignet sind um das eine oder andere zu erledigen. Neben den bösen Aliens mit ihrem perfiden Plan, gibt es noch einen weiteren Unruhestifter, der als Gegenpol zu den Freunden deutlich zeigt, wie man sich eigentlich nicht verhalten sollte.
Eine temporeiche Gruselgeschichte mit einer ziemlich abgedreht wirkenden Alien-Invasion. Manches wirkte schon ziemlich schräg, es sorgt aber auf jeden Fall für eine unheimliche Atmosphäre, viele Herausforderungen und Probleme, die die Freunde nur mit Zusammenhalt, Offenheit und der Konzentration auf ihre ganz persönlichen Stärken meistern können. Die Geschichte wirkte für mich abgeschlossen, auch. Insgesamt leicht zu lesen, gut verständlich geschrieben, manchmal überraschend, manchmal auch ziemlich offensichtlich und vorhersehbar, mit unheimlicheren Passagen und auch schönen Botschaften.