Juli Zeh
Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, Jurastudium in Passau und Leipzig, Studium des Europa- und Völkerrechts, Promotion. Längere Aufenthalte in New York und Krakau. Schon ihr Debütroman »Adler und Engel« (2001) wurde zu einem Welterfolg, inzwischen sind ihre Romane in 35 Sprachen übersetzt. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Rauriser Literaturpreis (2002), dem Hölderlin-Förderpreis (2003), dem Ernst-Toller-Preis (2003), dem Carl-Amery-Literaturpreis (2009), dem Thomas-Mann-Preis (2013), dem Hildegard-von-Bingen-Preis (2015) und dem Bruno-Kreisky-Preis (2017) sowie dem Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln (2019). 2018 wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Im selben Jahr wurde sie zur Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg gewählt.
Kundenbewertungen
Alles folgt einer klar durchdachten Erzählstruktur. Der Anker der Erzählung ist der Rückblick auf ein traumatisches Kindheitserlebnis. Was ist passiert? Schön erzählt. Man taucht ein in die Welt eines durchschnittlichen Protagonisten, dessen Leben von einem dunklen Geheimnis überschattet wird. Die große Kunst Ju...
Alles folgt einer klar durchdachten Erzählstruktur. Der Anker der Erzählung ist der Rückblick auf ein traumatisches Kindheitserlebnis. Was ist passiert? Schön erzählt. Man taucht ein in die Welt eines durchschnittlichen Protagonisten, dessen Leben von einem dunklen Geheimnis überschattet wird. Die große Kunst Juli Zehs ist hier die Reduktion und Genauigkeit in der Erzählweise. Nichts ist zu viel und nichts zu wenig. Überflüssige Ausschweifungen gibt es nicht. Knapp, klar und berührend geschrieben. Beim Lesen sind tolle, einprägsame Bilder entstanden, die mir im Gedächtnis bleiben. Danke, für dieses schöne Werk!
1 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Juli Zeh: Über Menschen
Ein Stück unangenehmer Wirklichkeit. Unbequem. Unangenehm. Notwendig.
Dora zieht aufs platte Land. Brandenburg.
Ein renovierungsbedürftiges Haus und eine sehr naive Protagonistin.
Wer zieht denn in ein sehr in die Jahre gekommenes Gebäude ohne Möbel, ohne finanzielles Rücklagen, ...
Juli Zeh: Über Menschen
Ein Stück unangenehmer Wirklichkeit. Unbequem. Unangenehm. Notwendig.
Dora zieht aufs platte Land. Brandenburg.
Ein renovierungsbedürftiges Haus und eine sehr naive Protagonistin.
Wer zieht denn in ein sehr in die Jahre gekommenes Gebäude ohne Möbel, ohne finanzielles Rücklagen, ohne PKW, wissend, dass der nächste Einkaufsmarkt zu Fuß nicht zu erreichen ist ? Für Dora ist es eine Flucht aus dem turbulenten Berlin, raus aus der Hauptstadt und rein in die vermeintliche Stille, weg von Robert, der mit seinem Engagement zu anstrengend wurde.
Das Buch ist wie ein Fleck auf dem Wohnzimmertisch, es klebt und eigentlich sollte man ihn einfach wegwischen und fertig, geht aber nicht; es klebt und man fragt sich: was um Himmels Willen ist das ? Man muss ihn immer wieder ansehen, berühren, immer wieder aufs Neue bemüht ihn durch Nichtbeachtung zu negieren, was aber nicht gelingt.
Dora trifft statt auf Brandenburger Idylle auf den Dorf-Nazi und allerlei verschrobene Personen. Einfach nicht hinsehen und negieren gelingt ihr nicht, sie muss sie auseinandersetzen und kommt ins Grübeln.
Übergriffige Hilfsbereitschaft, offene Ausländerfeindlichkeit, daneben aber auch anrührende Szenen. Mit Humor und Nüchternheit beschreibt die Autorin das Anderssein im eigenen Land, das mitunter wie eine Parallelwelt wirkt.
Die Dorfbewohner wählen die blaue Partei, sei es aus Überzeugung oder Frust, machen kein Hehl aus der Ablehnung und Feindschaft gegenüber Nichtdeutschen, belächeln die Städter und scheuen sich auch nicht beim gemütlichen Grillabend das Horst Wessel Lied zu singen.
Ich würde gerne diesen Fleck wegwischen und es als Teil der deutschen Geschichte ad acta legen, aber leider ist es auch ein Teil der deutschen Gegenwart, mit der wir uns auseinandersetzen müssen.
Über Menschen ist ein Stück unangenehmer Wirklichkeit. Unbequem. Unangenehm. Notwendig.
»Du wolltest wissen, wie es passiert ist.«
Stell dir vor, du rufst bei einer Radiosendung an, die sich um verzweifelte Seelen kümmert, erzählst von den mysteriösen Umständen, wie du vor einigen Wochen mit Jessie telefoniert und plötzlich nur noch einen Knall gehört hast. Als du nach Hause gekommen bist, habe...
»Du wolltest wissen, wie es passiert ist.«
Stell dir vor, du rufst bei einer Radiosendung an, die sich um verzweifelte Seelen kümmert, erzählst von den mysteriösen Umständen, wie du vor einigen Wochen mit Jessie telefoniert und plötzlich nur noch einen Knall gehört hast. Als du nach Hause gekommen bist, haben sich alle Befürchtungen bestätigt – sie hat sich selbst in den Kopf geschossen. Du weißt nicht mehr weiter, stürzt dich noch mehr in deine Kokain-Abhängigkeit und versuchst der Realität zu entfliehen, bis es plötzlich klingelt.
Vorsichtig schaust durch den Türspion. Vor der Tür steht niemand anderes als die Radiomoderatorin Clara. Sie möchte, dass du ihr mehr davon erzählst. Du weigerst dich, schlägst sie gar und trotzdem lässt sie weiterhin nicht locker.
Als dich dein Chef anruft und fragt, ob du nach einigen Wochen Auszeit nicht wieder arbeiten könntest, schließlich bist du Jurist in einer Leipziger Kanzlei, kündigst du einfach, ohne lange zu überlegen.
Mit der Zeit merkst du, dass du der Vergangenheit nicht entkommen kannst und dich ihr stellen musst. Also beginnst du Clara deine Vergangenheit zu erzählen, indem du sie auf Band aufnimmst.
Ich habe mich sehr gefreut, Juli Zehs Debütroman – 2001 im Schöffling Verlag erschienen – zu lesen, doch wider Erwarten konnte ich mit dem Buch leider nicht warm werden. Das hat mehrere Gründe: Grundsätzlich ist der Inhalt des Romans spannend, doch wird die Handlung zu bruchstückhaft und zu sprunghaft, mit schnellen Wechseln, geschildert. Insgesamt war mir der Text großteils zu langatmig und zu chaotisch, was dazu führte, dass ich beim Weiterlesen mehrmals nicht wusste, wo ich denn stehengeblieben war. Außerdem waren mir dir Figuren leider (!) allesamt unsympathisch. Dazu kam viel Fäkalsprache und direkte, rohe sowie abstoßende Ausdrucksweisen.
Schade! Wie gern hätte ich den Roman gemocht!!!
Obwohl ich die neueren Bücher von Juli Zeh gerne lese, kann ich den Erfolg ihres Debütromans nicht nachvollziehen.