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Nach der Hochzeit verändern sich die Dinge grundlegend besonders, wenn man wie Jan Weiler in eine italienische Großfamilie einheiratet: »Es gibt nämlich einen riesenhaften Stammbaum, der sich in der Mitte in zwei etwa gleich starke Äste teilt. Man hat sich vor vielen Jahren endgültig zerstritten, aus Gründen, die keiner mehr so richtig kennt. Seitdem heißt es vom einen Zweig, er sei blöd, und vom anderen, er sei geizig. Die meisten Männer der einen Familienhälfte heißen Mario (blöd), die meisten Männer der anderen heißen Antonio (geizig). Mein Schwiegervater ist ein Antonio und gar nicht…mehr

Produktbeschreibung
Nach der Hochzeit verändern sich die Dinge grundlegend besonders, wenn man wie Jan Weiler in eine italienische Großfamilie einheiratet: »Es gibt nämlich einen riesenhaften Stammbaum, der sich in der Mitte in zwei etwa gleich starke Äste teilt. Man hat sich vor vielen Jahren endgültig zerstritten, aus Gründen, die keiner mehr so richtig kennt. Seitdem heißt es vom einen Zweig, er sei blöd, und vom anderen, er sei geizig. Die meisten Männer der einen Familienhälfte heißen Mario (blöd), die meisten Männer der anderen heißen Antonio (geizig). Mein Schwiegervater ist ein Antonio und gar nicht geizig. Jedenfalls lassen beide Familienhälften kein gutes Haar aneinander.« Die herrlich komische Geschichte einer unglaublichen Verwandtschaft aus der italienischen Region Molise, die laut ihrer Bewohner »am A... der Welt« liegt. Lieber Jan Weiler, jetzt erst melde ich mich, was inder Hauptsache damit zu tun hat, dass ich das Buch erst jetzt gelesen habe. Gestern abend die letzten 100 Seiten auf Platz 2F einer Air-Berlin-Maschine aus Mallorca. War ganz schön eng da (...) Wenn es denn Ihre Familie ist, ich habe sie beim Lesen lieb gewonnen der schöne Ausflug in die Biographie des Schwiegervaters ist eine besondere Sache. Hab's gerne gelesen, angenehm unaufgeregt erzählt und (wenn ich das als »nicht-Literaturkritiker« sagen darf) deutlich unterhaltsamer gefunden als das nach dem Auto benannte Generationenbuch. Herzliche Grüße von Johannes Kerner
Autorenporträt
Jan Weiler, geb. 1967 in Düsseldorf, arbeitete als Texter in der Werbung, absolvierte dann die Deutsche Journalistenschule in München und war viele Jahre Chefredakteur des 'Süddeutsche Zeitung Magazins'. Heute lebt er als Autor mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in der Nähe von München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.09.2005

Basta? No!

Multikultur ist doch kein leerer Wahn. Der italienische Gastarbeiter entpuppt sich als der bessere Deutsche. Das Reihenhaus der Schwiegereltern, ein Museum erfüllter Aufsteigerträume, versöhnt Jan Weiler mit den Gemütswerten der Heimat. Der schlechte Geschmack erscheint ihm als Abglanz des guten Lebens. Die Autorität des Patriarchen ist so unerschütterlich wie unergründlich. Antonio, der Schwiegervater, scheint mit Urkräften der Vitalität im Bunde zu stehen, obwohl er nichts als Sprüche produziert. Er tut sich als Lobredner der deutschen Automobilindustrie hervor und hält sich selbst für einen Präzisionsarbeiter. Man nimmt ihm nicht übel, daß er kein Ziel pünktlich erreicht und die Wegstrecke, die er zurücklegt, in seinen Fahrtenberichten verdoppelt. Groß zu denken in kleinen Verhältnissen, das hat etwas Heroisches, gerade wenn man nichts ändern kann. Die Familie ist so verzweigt und vernetzt und verstrickt, daß die konservative Rede von der Keimzelle der Gesellschaft sich als neoliberale Illusion erweist. Die Familie ist die Gesellschaft. Solidarität ist kostspielig und zeitraubend und nervtötend. Die Mamma tischt immer zuviel auf, aber zur gemeinschaftlichen Wertevernichtung gibt es keine humane Alternative. Bei der Lektüre von Weilers Schwänken aus Alteuropa genießen Sozialdemokraten das Glück im Winkel. pba.

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