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"Ich hieß Salmon, wie das englische Wort für Lachs; Vorname Susie. Ich war vierzehn, als ich am 6. Dezember 1973 ermordet wurde." So beginnt einer der Aufsehen erregendsten Romane der letzten Jahre: die Geschichte eines Mädchens, das nach seinem Tod aus dem Jenseits beobachtet, wie seine Familie mit dem Verlust umzugehen lernt. Susie wird vergewaltigt und ermordet. Ihre Leiche bleibt für immer verschwunden. Die Polizei ahnt, was mit dem Mädchen geschehen ist, und auch ihre Eltern müssen schließlich erkennen, dass sie ihre Tochter für immer verloren haben. Doch wie ist es zu erklären dass…mehr

Produktbeschreibung
"Ich hieß Salmon, wie das englische Wort für Lachs; Vorname Susie. Ich war vierzehn, als ich am 6. Dezember 1973 ermordet wurde." So beginnt einer der Aufsehen erregendsten Romane der letzten Jahre: die Geschichte eines Mädchens, das nach seinem Tod aus dem Jenseits beobachtet, wie seine Familie mit dem Verlust umzugehen lernt. Susie wird vergewaltigt und ermordet. Ihre Leiche bleibt für immer verschwunden. Die Polizei ahnt, was mit dem Mädchen geschehen ist, und auch ihre Eltern müssen schließlich erkennen, dass sie ihre Tochter für immer verloren haben. Doch wie ist es zu erklären dass Susies kleiner Bruder Buckley meint, seine Schwester gesehen zu haben? Und wieso ist sich ihr Vater so sicher, ihre Anwesenheit zu spüren?
Autorenporträt
Alice Sebold hat an der Syracuse University studiert, in Manhattan und Kalifornien gelebt und für die New York Times sowie die Chicago Tribune geschrieben. Sie lebt mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Glen David Gold, in Kalifornien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.04.2003

Mord hat eine blutrote Tür
In ihrem Roman „In meinem Himmel” umarmt Alice Sebold alle und jeden
Überraschend ist nur, dass es im Himmel nach Stinktier riecht. Vielleicht auch nach Kumqats oder Tabak. Doch die Erklärung ist einfach: Der Himmel ist exakt so, wie man ihn sich vorstellt. Wenn man will, entstehen dort Kissenberge und Glamour-Zeitschriften, Eis und Kuchen, altmodische Laternen und Hunde, die auf der Wiese zwischen den Pavillons umherjagen. Noch ein Hauch Skunk und das Leben nach dem Tod ist bezugsfertig! Ein bisschen steril vielleicht das Ganze, aber das gibt sich mit der Zeit.
In Alice Sebolds Bestseller „In meinem Himmel” ist das Paradies ein Service aus Schöner Wohnen: Bei Nichtgefallen wird umdekoriert. Susie Salmon („Salmon, wie Lachs, der Fisch”), vierzehnjährige Titelheldin und Neuankömmling über den Wolken, lernt dies unter Anleitung ihrer „Aufnahmeberaterin” Franny. Und sie begreift schnell: Der Himmel hat Grenzen. Auf der Erde Schicksal zu spielen, ist beispielsweise schwierig und die Rückkehr nach unten so gut wie ausgeschlossen. Am Ende kriegt sie zwar mit viel Mühe eine Stippvisite hin, aber da hat sie es sich überirdisch endlich eingerichtet und schielt nicht mehr nach den Appartements im irdischen Souterrain.
Susie ist tot. Sie wurde von Mr. Harvey, einem Nachbarn, auf dem Nachhauseweg in eine Grube gelockt, vergewaltigt, ermordet und zerstückelt. Ihre Leiche verschloss der Mörder in einem Safe und kippte ihn in einen Müllschlund. Nun sitzt Susie auf ihrer Wolke und beobachtet ihre Familie bei der Trauerarbeit. Eines Tages taucht ein Körperteil von ihr wieder auf: „Der Vater holte eine große, metallene Rührschüssel herunter: ,Es war der Ellbogen, der Hund von den Gilberts hat ihn gefunden‘”, sagt er zu Susies Schwester Lindsey, stellt die Schüssel auf den Tisch, hält ihre Hand, „und dann übergab sie sich, wie versprochen, in die silberne Schüssel”. Es ist sicher auch die unverfrorene Direktheit, mit der Sebold ihre Heldin Entsetzliches schildern lässt, die die Leser für den Roman einnimmt. Man kann über alles reden, lautet ihre Botschaft, selbst über Dinge, die man nicht einmal denken kann.Alice Sebold hat ihre eigenen Erfahrungen mit dem Unaussprechlichen gemacht. Als Literatur-Studentin wurde sie in einer Unterführung in New York so brutal vergewaltigt, dass sie genäht werden musste. In den nächsten 20 Jahren konsumierte sie Drogen, Alkohol, Therapien, verfasste drei erfolglose Romane und schrieb sich das Trauma schließlich mit „Lucky” von der Seele, dem Bericht einer Vergewaltigung.
„The lovely bones”, die schönen Knochen, wie der Originaltitel ihres jüngsten Buches heißt, geht weiter – in jeder Hinsicht. In den USA erreichte das Buch in vier Monaten eine Auflage von zwei Millionen. Inzwischen ist Alice Sebold berühmt und erfährt die Kehrseite des Glamour vor allem dann, wenn wieder eine Zeitschrift die autobiographischen Züge missversteht und sie zwischen zerstückelten Puppen fotografieren möchte. „In meinem Himmel” wurde als literarisches Trostpflaster für Amerika nach dem 11. September begriffen, aber dann verkauften sich die Rechte in alle Welt, und auch hierzulande fand „In meinem Himmel” auf die Bestsellerliste.
Der Puppenstuben-Mörder
Erstaunlich ist dies nur auf den ersten Blick. Sebolds Buch ist trotz seines furchtbaren – und authentischen – Themas kaum aufwühlender als eine Scheidung bei Pilcher, ja, sie gibt sich alle Mühe, um die Bewältigungsversuche im Himmel und auf Erden sogar witzig zu schildern: „Hätte ich gewusst, dass dies die Sexszene meines Lebens bleiben würde”, hadert Susie in Erinnerung an ihren ersten Kuss, „hätte ich mich vielleicht ein bisschen darauf vorbereitet und neuen Lipgloss mit Erdbeer-Bananen-Geschmack aufgetragen.” Zwar flüchtet sich der Vater in die besessene Suche nach dem Mörder und die Mutter erst in eine Affäre mit dem ermittelnden Detective und später nach Kalifornien, zwar duscht Lindsey im dunkeln, weil sie im eigenen Spiegelbild nur ihre Schwester erblickt (das „Wandelnde-Tote-Syndrom”), doch das Fundament dieser Familie ist nie erschüttert. Es gibt keine falsche Art zu trauern, sagt uns Sebold, alle machen alles richtig, und als sie das endlich erkennen, rücken sie noch enger zusammen. Auch Mr. Harvey hat eigentlich keine Wahl, er baut Puppenstuben, wenn er nicht gerade Mädchen tötet, und versucht, den Drang in sich zu ersticken: „Er hatte Tiere getötet, unbedeutendere Leben genommen, um kein Kind zu töten.” In dieser bauklotzbunten Welt haben die Figuren abgerundete Kanten: Man stößt sich niemals. Selbst die Metaphern wirken wie aus einem Spielzeugladen: Was, bittesehr, ist „krokusartige Lust”? Und welche Erkenntnis verbirgt sich hinter dem Satz: „Mord hat eine blutrote Tür”?
So liegt ein Schimmer Erdbeer-Banane-Lipgloss über dem Buch, das nicht nur ein Familienroman ist, sondern das Hohelied der Gemeinschaft schlechthin anstimmt. Zwar beschreibt Sebold Susies Heimat als stickiges Suburbia, in dem die Lektüre von Erica Jong zum Schulverweis führen kann und Außenseiter einen schweren Stand haben. Doch die Nachbarn stellen einander Apfelkuchen vor die Tür und eigentlich sind alle eine große Familie. An Susies erstem Todestag versammelt sich die Gemeinschaft auf dem Maisfeld wie die amerikanische Ur- Gemeinde an der Grenze. Überhaupt steckt der Roman voll religiöser Anspielungen: Lindsey malt einen Fisch auf ihr Namensschild, ein Ventilator pustet die Haare von Susies Mutter zum „Glorienschein”, die jungen Männer führen den Vater behutsam wie „jugendliche Seelsorger”, und gekrönt wird das Ganze von Susies finaler Seelenwanderung. Und doch hat dies alles weniger mit Christentum zu tun als mit einem fast sektenhaften Gemeinschaftserlebnis.
„Ich bin ok., Du bist ok.” ist gewiss eine zuverlässige Formel für einen Bestseller. Doch dieses allumarmende Generalverständnis schnürt einem einfach die Luft ab.
SONJA ZEKRI
ALICE SEBOLD: In meinem Himmel. Roman. Manhattan Verlag, München 2003. 384 Seiten, 21,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2003

Mit "Vogue" im Himmel
Zur Hölle mit den Gedanken: Alice Sebold schickt ein Mordopfer zurück auf die Erde / Von Claudius Seidl

Es muß am 7. oder 8. Dezember 1973 gewesen sein, als Susie Salmon in den Himmel kam. Sie hatte, nachdem sie am 6. Dezember vergewaltigt, ermordet und zerstückelt worden war, noch eine Weile im Transit warten müssen; dann wurde ihr ein Platz im Himmel zugewiesen. Es war ein Himmel ganz für sie allein; er sah wie eine High-School aus, nur daß hier nichts als Kunsterziehung unterrichtet wurde, und statt Schulbüchern gab es "Glamour" und die "Vogue". Manchmal kamen andere Tote aus ihren Himmeln zu Besuch. Aber meistens war Susie allein dort oben und guckte hinunter auf die Lebenden.

Das ist der Entwurf für Alice Sebolds ersten Roman: Nur die Toten können ihre Geschichte zu Ende erzählen, darauf läuft im Grunde jede Ich-Erzählung hinaus. Im Jahr 1950, in dem schwarzen Spielfilm "Sunset Boulevard", hat Billy Wilder aus dieser Erkenntnis die Konsequenz gezogen: Erst lag da ein toter Mann im Swimmingpool. Und dann begann die Leiche zu erzählen, warum es so weit kommen mußte. Die Idee allerdings, daß mehrere Leichen zusammensäßen und erzählten, verwarf Billy Wilder wieder; bei Probevorführungen hatte das Publikum ihn dafür ausgelacht. Alice Sebold kennt da keine Hemmungen. Der Tod von Susie Salmon ist erst der Anfang. Was folgt, sind zwanzig Jahre zwischen dem Himmel und der Erde.

Zwanzig Jahre, davon erzählt das Buch: Zwanzig Jahre dauert es, bis Erinnerung zu Geschichte wird. Zwanzig Jahre brauchen Susies Eltern, Freunde und Geschwister, sich von der Trauer zu befreien. Zwanzig Jahre braucht auch Susie, um sich ans Leben im Himmel zu gewöhnen. Zwanzig Jahre, so hat Alice Sebold manchem Interviewer erzählt, waren vergangen, seitdem sie als junge Studentin vergewaltigt worden war: Dann, mit 38, setzte sie sich hin und schrieb das erste Kapitel des Romans - angeblich in einer einzigen Nacht.

So etwas lädt natürlich die Lektüre auf mit einer Authentizität, welche die Prosa hier gar nicht nötig hätte. Denn es geht nicht darum, für den Schrecken und die Schmerzen des Mädchens halbwegs taugliche Begriffe zu finden. Es geht erst recht nicht um den Mörder und Vergewaltiger. Es sind die Wörter und die Sätze einer Vierzehnjährigen, von denen dieses Kapitel erzählt. Es ist das Gespräch, das Susie mit sich selber führt, ein wirres, panisches und sehr kindliches Gespräch - um möglichst wenig von dem Mann und seiner Tat zu spüren. Es ist die Frage, ob man sich aus der Welt in die Sprache flüchten kann. ",Sag mir, daß du mich liebst', sagte er. Leise tat ich es. Das Ende kam trotzdem."

Dann ist Susie verschwunden, bis auf ihren Ellenbogen jedenfalls, der bald nach der Tat gefunden wird; den Rest der Leiche hat der Mörder in einer Müllgrube versenkt. Doch die andere Susie, die himmlische, zeigt sich manchmal in den Scherben einer zerbrochenen Flasche oder huscht als kalter Hauch durch ein Zimmer. Manche meinen dann, sie hätten einen Geist gesehen. Sie sieht alles, diese Geistersusie, sie guckt auf die Erde und die Menschen, sie liest geheimste Gedanken, verschlossene Türen sind ihr geringstes Problem. Und von allem hat sie etwas zu berichten.

Das also ist aus dem allwissenden Erzähler geworden, in einer Zeit, da es ihn eigentlich nicht mehr geben kann: ein Gespenst, eine Untote, ein unsterblicher Teenager, der keine Lust hat, statt Gedanken immer bloß die "Vogue" zu lesen. Und das ist Susies (und Alice Sebolds) Problem: Von ihrem Himmel aus scheinen alle und alles gleich weit weg - zu fern, als daß sie mit der Sprache zu erreichen wären.

Denn es ist nicht nur Susie Salmon, der das Buch bloß eine flüchtige, geisterhafte Existenz gönnt. Die ganze Welt der Alice Sebold, eine Stadt in Pennsylvania, das Haus der Eltern, die Schule, ein Krankenhaus - all das wirkt wie mehrfach gespiegelt, halluziniert und ausgedacht. Wobei schon im zweiten Kapitel der Verdacht aufkommt, daß das weniger Alice Sebolds Strategie sei; schon eher ist es ein gewisses Unvermögen. Denn diese Prosa ist versessen auf Details, ständig schneit es und hört wieder auf; Wolken ballen sich, Regen kommt auf, die Farben leuchten, die Zimmer sind mit Gegenständen vollgestopft - und dennoch entziehen sich die Menschen und die Schauplätze dieses Buchs der Vorstellung des Lesers. Kann ja sein, daß die Regel, wonach Gewehre, die beschrieben werden, irgendwann auch schießen müssen, erstens reaktionär und zweitens etwas für Kriminalromane ist. Aber all die Dinge, welche Alice Sebold erwähnt, um sie drei Sätze später wieder zu vergessen: Von denen hätte man lieber gar nicht erst gehört. Susie Salmon, in ihrem Himmel voller Zerstreuungen, kann sich auf nichts anderes als sich selber konzentrieren - und selbst das fällt ihr nicht leicht. Sie erzählt vom Vater, der leidet, der Mutter, die das nicht mit ansehen kann, der Schwester, die langsam erwachsen wird - und wann immer man es gern genauer wüßte, schweift Susie Salmon ab. Ich mußte an dies und jenes denken, heißt es dann, wobei denken hier fast ein Euphemismus ist. Es gibt die gute amerikanische Tradition, wonach man die Dinge von außen betrachten und für sich selber sprechen lassen soll. Zu diesen Dingen zählt Alice Sebold offenbar auch die Gedanken, deren blanke Oberflächen ihr völlig genügen: "Es war nicht Mrs. Utemeyer. Es war etwas anderes. Doch zugleich war es Mrs. Utemeyer." Na gut, Susie Salmon ist vierzehn. Aber was soll ein erwachsener Leser mit solchen Sätzen anfangen?

Und was fängt Susie im Himmel an? Sie wird, vom vielen Alleinsein zur Egozentrikerin, was allein noch kein Argument gegen ihre Prosa wäre. Allerdings ist das Ego, das da im Zentrum steht, ein bißchen zu leer: "Ich erinnere mich, wie ich einmal... mit dem Rücken voran im Zug in einen dunklen Tunnel gefahren war. So fühlte es sich an, als ich zum zweiten Mal die Erde verließ." Ach so, denkt sich der Leser, das hört sich bloß wie eine Floskel an, ist aber tiefempfundene Erinnerung.

Wenn das Buch zu Ende geht, haben Susie und ihre Leser die Lektion fürs ewige Leben gelernt. Sie wissen jetzt, "daß in der Luft zwischen den Lebenden Geister tanzen und sich bewegen und mit uns lachen. Sie sind der Sauerstoff, den wir atmen." Ist das nur Stuß - oder taugt es als Vorlage für einen Zombiefilm: Die Toten kommen zurück und bewerfen uns mit ihren Büchern.

Alice Sebold: "In meinem Himmel". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Almuth Carstens. Manhattan, München 2003. 380 S., geb., 21,90 [Euro].

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"„In meinem Himmel“, ist ein Science-Fiction-Krimi über ein schreckliches Thema: Kindesentführung und Missbrauch. Das Opfer, ein kleines Mädchen, verfolgt den Täter aus „seinem Himmel“ als „Kommissarin“, die ihre Eltern telepathisch lenkt und ihren Mörder so gottlob zur Strecke bringt. Tröstlich bei allem Unglück wirkt die starke Verbundenheit mit dem toten Kind, dessen Seele für alle gegenwärtig und lebendig bleibt. Ein Mensch stirbt, aber das, was ihn ausgemacht hat, ist nicht tot; es ist fast körperlich greifbar. Ein Meisterwerk auch dank der großartigen Sprecherin Anna Thalbach."
(hr2 Hörbuch-Bestseller)