Fang Fang
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Wuhan Diary (MP3-Download)
Tagebuch aus einer gesperrten Stadt Ungekürzte Lesung. 731 Min.
Sprecher: Jürgens, Heidi / Übersetzer: Kahn-Ackermann, Michael
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Das Tagebuch der berühmten chinesischen Schriftstellerin Fang Fang aus einer abgeriegelten Stadt ist ein einzigartiges, ergreifendes Zeitdokument über den Kampf gegen einen unsichtbaren Feind, den die Menschen in Wuhan weltweit als erste führten. Wuhan: Am 25. Januar, zwei Tage nachdem erstmals in der Geschichte eine 9-Millionen-Einwohner-Stadt komplett von der Außenwelt abgeriegelt wurde, beginnt Fang Fang, online Tagebuch zu schreiben. Eingeschlossen in ihrer Wohnung berichtet sie vom Hereinbrechen und dem Verlauf einer Katastrophe, von der Panik während der ersten Tage der Covid-19-Epi...
Das Tagebuch der berühmten chinesischen Schriftstellerin Fang Fang aus einer abgeriegelten Stadt ist ein einzigartiges, ergreifendes Zeitdokument über den Kampf gegen einen unsichtbaren Feind, den die Menschen in Wuhan weltweit als erste führten. Wuhan: Am 25. Januar, zwei Tage nachdem erstmals in der Geschichte eine 9-Millionen-Einwohner-Stadt komplett von der Außenwelt abgeriegelt wurde, beginnt Fang Fang, online Tagebuch zu schreiben. Eingeschlossen in ihrer Wohnung berichtet sie vom Hereinbrechen und dem Verlauf einer Katastrophe, von der Panik während der ersten Tage der Covid-19-Epidemie bis zu ihrer erfolgreichen Eindämmung. Sie erzählt von der Einsamkeit, dem heroischen Kampf des Personals in den Krankenhäusern, vom Leid der Erkrankten, dem Schmerz der Angehörigen von Verstorbenen und der Solidarität unter Nachbarn. Millionen Chinesen folgen ihren Gedanken und ihren Geschichten aus dem unmöglichen Alltag – vom Zorn über die Untätigkeit und Vertuschungsmanöver der Behörden während der Anfangsphase der Epidemie und der Unterdrückung warnender Stimmen, bis zur Anerkennung der wirkungsvollen Maßnahmen der Regierung in den Wochen danach. Fang Fang liefert einen unverstellten Blick auf die Katastrophe "von unten", ganz nah an den Menschen, ihren Ängsten und Nöten, aber auch ihren kleinen Freuden und dem speziellen Wuhaner Humor selbst in dunkelsten Stunden. Zugleich wurde ihr Wuhan Diary in China zum Gegenstand erbitterter Auseinandersetzung über den Umgang mit kritischen Stimmen und Verantwortung – und somit über Chinas künftigen Weg. "Als Zeugen, die wir die tragischen Tage von Wuhan miterlebt haben, sind wir verpflichtet, für diejenigen Gerechtigkeit einzufordern, die gestorben sind." - Fang Fang
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Fang Fang ist eine der bekanntesten Schriftstellerinnen Chinas. Sie wurde 1955 geboren und lebt seit ihrem zweiten Lebensjahr in Wuhan. Ihr 2020 auf Deutsch erschienenes Wuhan Diary stand wochenlang auf der Spiegel -Bestsellerliste. Zuletzt erschien von ihr bei Hoffmann und Campe der vielfach gefeierte Roman Glänzende Aussicht (2024).
Produktdetails
- Verlag: SAGA Egmont
- Gesamtlaufzeit: 731 Min.
- Erscheinungstermin: 16. Juni 2020
- Sprache: Deutsch
- ISBN-13: 9788726582222
- Artikelnr.: 62165785
Wollt ihr ernsthaft, dass wir alle durchdrehen?
Wegen ihrer im Netz veröffentlichten Aufzeichnungen über die Pandemie in Wuhan ist sie ins Visier der chinesischen Behörden geraten. Nun erscheint Fang Fangs Tagebuch auch auf Deutsch.
Acht Tage nach der Abriegelung von Wuhan wendet sich die Schriftstellerin Fang Fang in einem Appell an ihre Kollegen: "Bestimmt werdet ihr, wenn alles vorüber ist, dazu aufgefordert, lobpreisende Essays und Gedichte zu verfassen. Doch ich bitte euch, nehmt euch Zeit, um euch darüber klarzuwerden, wen ihr preisen wollt." Als erfahrene Romanautorin kennt Fang Fang die Mechanismen des chinesischen Zensur- und Propagandabetriebs. Trotzdem hat die Wuhanerin wohl nicht damit gerechnet, dass
Wegen ihrer im Netz veröffentlichten Aufzeichnungen über die Pandemie in Wuhan ist sie ins Visier der chinesischen Behörden geraten. Nun erscheint Fang Fangs Tagebuch auch auf Deutsch.
Acht Tage nach der Abriegelung von Wuhan wendet sich die Schriftstellerin Fang Fang in einem Appell an ihre Kollegen: "Bestimmt werdet ihr, wenn alles vorüber ist, dazu aufgefordert, lobpreisende Essays und Gedichte zu verfassen. Doch ich bitte euch, nehmt euch Zeit, um euch darüber klarzuwerden, wen ihr preisen wollt." Als erfahrene Romanautorin kennt Fang Fang die Mechanismen des chinesischen Zensur- und Propagandabetriebs. Trotzdem hat die Wuhanerin wohl nicht damit gerechnet, dass
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ihr eigenes, täglich im Internet veröffentlichtes Tagebuch aus dem Epizentrum der Seuche sie später zum Ziel einer staatlich geförderten Hetzkampagne machen würde. Dabei ist das "Wuhan Diary" nicht einmal übermäßig kritisch. Doch allein die hohe Zahl der Leser, die ihre täglichen Aufzeichnungen im Netz verfolgten, an manchen Tagen waren es Millionen, machten das Tagebuch zu einer wirkmächtigen Gegenerzählung zur Staatspropaganda. Heute erscheint es als Buch auf Deutsch und in etlichen anderen Sprachen. In den Augen der chinesischen Nationalisten macht das seine Autorin zur Nestbeschmutzerin.
76 Tage dauerte die Abriegelung von Wuhan. Fang Fang dokumentiert diese Zeit aus der Perspektive einer Eingeschlossenen, die ihre Wohnung nur selten verlässt. Ihre Informationen erhält sie von befreundeten Ärzten, Polizisten, Schriftstellern, von ihrer Familie und oft auch einfach aus dem Internet. Sie erhebt nicht den Anspruch, Wahrheiten zu enthüllen, sondern kommentiert und reflektiert einfach nur das, was sie zu Ohren und zu Gesicht bekommt. Fast jedes ihrer Kapitel beginnt mit dem Wetter, weil es das Einzige ist, das sie von der Welt jenseits ihres Wohnzimmerfensters direkt wahrnehmen kann.
Ein Motiv zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch: die Forderung, dass diejenigen, die die Gefährlichkeit des neuartigen Coronavirus drei Wochen lang vertuscht haben, zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Zugleich kommt Fang Fang zu dem Schluss, dass es sich nicht allein um persönliches Versagen einzelner Funktionäre handelt, sondern um die Mechanismen des chinesischen Herrschaftssystems. Sie zählt auf: die Neigung der Beamten, negative Nachrichten zu unterdrücken; das leere, politisch korrekte Geschwätz; die Verhinderung, dass die Medien den wahren Sachverhalt berichten. Viele Wuhaner teilten damals ihre Kritik, als nach und nach enthüllt wurde, wie systematisch die Kader die Wahrheit unterdrückt hatten. "Hört man sich um, kommt erst jetzt vielen Leuten zu Bewusstsein, dass es nichts bringt, Tag für Tag nur die Stärke unserer Nation zu bejubeln, und dass Kader, die nur in politischen Schulungen herumsitzen, aber unfähig sind, konkrete Arbeit zu leisten, völlig nutzlos sind", schreibt Fang Fang.
An anderer Stelle findet die Autorin aber durchaus lobende Worte für die Anstrengungen dieser Kader: für die Parteimitglieder, die in die Haushalte geschickt werden, um den Gesundheitszustand der Bürger zu dokumentieren; für die Polizisten, die trotz der Gefahr einer Ansteckung Kranke auf ihrem Rücken die Treppe hinuntertragen; für das Militär, das die Seuchenbekämpfung generalstabsmäßig organisiert, und für die neu eingesetzte Parteiführung von Wuhan, die im Februar mit beherzten Entscheidungen die Lage unter Kontrolle bringt.
Das Normalmaß, mit dem sie die Fehler und die Erfolge der handelnden Personen bewertet, hebt sich wohltuend ab von der chinesischen Heldenpropaganda, aber auch von manchen Kritikern im Ausland, die den Verantwortlichen nicht zugestehen, dass vieles nicht vom ersten Tag an so eindeutig war, wie es im Nachhinein erscheint.
Fang Fang erinnert daran, dass am 31. Dezember halb Wuhan die warnenden Nachrichten des Augenarztes Li Wenliang gelesen hat, der dafür später von der Polizei abgestraft wurde. Warum, so fragt sie sich selbst, ergriff sie dennoch keine Vorsichtsmaßnahmen? Die Antwort ist bezeichnend: "Wir hätten nie geglaubt, dass es die Führung der Provinzregierung von Hubei wagen würde, sich in einer so schicksalhaften Angelegenheit derart achtlos und verantwortungslos zu verhalten." Ihr Vertrauen in die chinesische Zentralregierung scheint sogar noch auf dem Höhepunkt der Krise ungebrochen. "Jedermann weiß, dass in China sämtliche Kräfte mobilisiert werden, wenn der Staat auf nationaler Ebene die Sache in die Hand nimmt", schreibt sie. Mit solchen Passagen gibt das "Wuhan Diary" Einblicke in das Verhältnis zwischen dem autoritären Staat und seinen Bürgern, das komplizierter ist als häufig angenommen.
Das gilt auch für die Zensur in China. "Liebe Netzzensoren", schreibt Fang Fang an einer Stelle. "Gewisse Dinge anzusprechen, müsst ihr den Wuhanern gestatten. Das schafft ihnen etwas Erleichterung. Wollt ihr ernsthaft, dass wir alle durchdrehen, weil ihr uns verbietet, unseren Kummer loszuwerden?" Das dürfte durchaus ein ernstgemeinter Appell sein. Auch die Zensoren waren darauf bedacht, dass der Druck aus dem Kessel entweichen konnte.
Jetzt aber, da das Schlimmste überstanden ist, haben sie die Zügel wieder angezogen. Erst recht, seit China wegen der Vertuschung des Ausbruchs international auf der Anklagebank sitzt. Auf einmal heißt es, Fang Fang und ihre Unterstützer hätten "pervertierte Werte und verkrümmte Seelen", wie ein führender Wissenschaftler in einer Vorlesung verkündete, die dann von Parteimedien verbreitet wurde. Das "Wuhan Diary" ist damit auch ein Dokument für die jedem Intellekt Hohn sprechende Verengung dessen, was im heutige China noch gesagt werden darf.
Die 65 Jahre alte Schriftstellerin, die mit bürgerlichem Namen Wang Fang heißt, ist in China keine Unbekannte. Sie wurde 2010 mit dem renommierten Lu-Xun-Literaturpreis ausgezeichnet. In vielen ihrer Werke beschreibt sie das Leben einfacher Leute und übt moderate Gesellschaftskritik. Das hat sie auch schon früher zum Ziel von Angriffen gemacht.
Das Bedrückendste an ihrem neuen Buch ist der Mangel an Menschlichkeit des Machtapparats im Angesicht der Katastrophe. Die freiwilligen Helfer können nicht einfach nur helfen, sie müssen "Fähnchen schwenken", wie Fang Fang spitz bemerkt. An anderer Stelle berichtet sie über ein Interview, das sie einer Parteizeitung gibt. Ihr Hinweis, dass die Angehörigen der Toten "den Trost und die Fürsorge des Staates" brauchten, wird vor der Veröffentlichung gestrichen. Nach dem Ende der Epidemie, schreibt Fang Fang, werde es notwendig sein, für mehr humanistische Erziehung einzutreten.
Dem Hurra der Propaganda stellt sie selbst nüchterne Betrachtungen über die Menschen in ihrem Umfeld gegenüber: Ärzte, die über den Nutzen von traditioneller chinesischer Medizin streiten, ein Straßenfeger, der trotz der abgesperrten Straßen tagtäglich seiner Arbeit nachgeht; Beamte, die sich Gedanken darüber machen, wie die Mobiltelefone der Verstorbenen für die Angehörigen als Erinnerungsstücke erhalten werden können; und nicht zuletzt ein Arzt, der sich quälend fragt, wie es zu dem "kollektiven Schweigen" kommen konnte, obwohl so viele Mediziner wussten, dass etwas im Gange war. Darauf eine bündige Antwort zu geben, maßt sich Fang Fang nicht an.
FRIEDERIKE BÖGE
Fang Fang: "Wuhan Diary". Tagebuch aus einer
gesperrten Stadt.
Aus dem Chinesischen von Michael Kahn-Ackermann. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2020. 349 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
76 Tage dauerte die Abriegelung von Wuhan. Fang Fang dokumentiert diese Zeit aus der Perspektive einer Eingeschlossenen, die ihre Wohnung nur selten verlässt. Ihre Informationen erhält sie von befreundeten Ärzten, Polizisten, Schriftstellern, von ihrer Familie und oft auch einfach aus dem Internet. Sie erhebt nicht den Anspruch, Wahrheiten zu enthüllen, sondern kommentiert und reflektiert einfach nur das, was sie zu Ohren und zu Gesicht bekommt. Fast jedes ihrer Kapitel beginnt mit dem Wetter, weil es das Einzige ist, das sie von der Welt jenseits ihres Wohnzimmerfensters direkt wahrnehmen kann.
Ein Motiv zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch: die Forderung, dass diejenigen, die die Gefährlichkeit des neuartigen Coronavirus drei Wochen lang vertuscht haben, zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Zugleich kommt Fang Fang zu dem Schluss, dass es sich nicht allein um persönliches Versagen einzelner Funktionäre handelt, sondern um die Mechanismen des chinesischen Herrschaftssystems. Sie zählt auf: die Neigung der Beamten, negative Nachrichten zu unterdrücken; das leere, politisch korrekte Geschwätz; die Verhinderung, dass die Medien den wahren Sachverhalt berichten. Viele Wuhaner teilten damals ihre Kritik, als nach und nach enthüllt wurde, wie systematisch die Kader die Wahrheit unterdrückt hatten. "Hört man sich um, kommt erst jetzt vielen Leuten zu Bewusstsein, dass es nichts bringt, Tag für Tag nur die Stärke unserer Nation zu bejubeln, und dass Kader, die nur in politischen Schulungen herumsitzen, aber unfähig sind, konkrete Arbeit zu leisten, völlig nutzlos sind", schreibt Fang Fang.
An anderer Stelle findet die Autorin aber durchaus lobende Worte für die Anstrengungen dieser Kader: für die Parteimitglieder, die in die Haushalte geschickt werden, um den Gesundheitszustand der Bürger zu dokumentieren; für die Polizisten, die trotz der Gefahr einer Ansteckung Kranke auf ihrem Rücken die Treppe hinuntertragen; für das Militär, das die Seuchenbekämpfung generalstabsmäßig organisiert, und für die neu eingesetzte Parteiführung von Wuhan, die im Februar mit beherzten Entscheidungen die Lage unter Kontrolle bringt.
Das Normalmaß, mit dem sie die Fehler und die Erfolge der handelnden Personen bewertet, hebt sich wohltuend ab von der chinesischen Heldenpropaganda, aber auch von manchen Kritikern im Ausland, die den Verantwortlichen nicht zugestehen, dass vieles nicht vom ersten Tag an so eindeutig war, wie es im Nachhinein erscheint.
Fang Fang erinnert daran, dass am 31. Dezember halb Wuhan die warnenden Nachrichten des Augenarztes Li Wenliang gelesen hat, der dafür später von der Polizei abgestraft wurde. Warum, so fragt sie sich selbst, ergriff sie dennoch keine Vorsichtsmaßnahmen? Die Antwort ist bezeichnend: "Wir hätten nie geglaubt, dass es die Führung der Provinzregierung von Hubei wagen würde, sich in einer so schicksalhaften Angelegenheit derart achtlos und verantwortungslos zu verhalten." Ihr Vertrauen in die chinesische Zentralregierung scheint sogar noch auf dem Höhepunkt der Krise ungebrochen. "Jedermann weiß, dass in China sämtliche Kräfte mobilisiert werden, wenn der Staat auf nationaler Ebene die Sache in die Hand nimmt", schreibt sie. Mit solchen Passagen gibt das "Wuhan Diary" Einblicke in das Verhältnis zwischen dem autoritären Staat und seinen Bürgern, das komplizierter ist als häufig angenommen.
Das gilt auch für die Zensur in China. "Liebe Netzzensoren", schreibt Fang Fang an einer Stelle. "Gewisse Dinge anzusprechen, müsst ihr den Wuhanern gestatten. Das schafft ihnen etwas Erleichterung. Wollt ihr ernsthaft, dass wir alle durchdrehen, weil ihr uns verbietet, unseren Kummer loszuwerden?" Das dürfte durchaus ein ernstgemeinter Appell sein. Auch die Zensoren waren darauf bedacht, dass der Druck aus dem Kessel entweichen konnte.
Jetzt aber, da das Schlimmste überstanden ist, haben sie die Zügel wieder angezogen. Erst recht, seit China wegen der Vertuschung des Ausbruchs international auf der Anklagebank sitzt. Auf einmal heißt es, Fang Fang und ihre Unterstützer hätten "pervertierte Werte und verkrümmte Seelen", wie ein führender Wissenschaftler in einer Vorlesung verkündete, die dann von Parteimedien verbreitet wurde. Das "Wuhan Diary" ist damit auch ein Dokument für die jedem Intellekt Hohn sprechende Verengung dessen, was im heutige China noch gesagt werden darf.
Die 65 Jahre alte Schriftstellerin, die mit bürgerlichem Namen Wang Fang heißt, ist in China keine Unbekannte. Sie wurde 2010 mit dem renommierten Lu-Xun-Literaturpreis ausgezeichnet. In vielen ihrer Werke beschreibt sie das Leben einfacher Leute und übt moderate Gesellschaftskritik. Das hat sie auch schon früher zum Ziel von Angriffen gemacht.
Das Bedrückendste an ihrem neuen Buch ist der Mangel an Menschlichkeit des Machtapparats im Angesicht der Katastrophe. Die freiwilligen Helfer können nicht einfach nur helfen, sie müssen "Fähnchen schwenken", wie Fang Fang spitz bemerkt. An anderer Stelle berichtet sie über ein Interview, das sie einer Parteizeitung gibt. Ihr Hinweis, dass die Angehörigen der Toten "den Trost und die Fürsorge des Staates" brauchten, wird vor der Veröffentlichung gestrichen. Nach dem Ende der Epidemie, schreibt Fang Fang, werde es notwendig sein, für mehr humanistische Erziehung einzutreten.
Dem Hurra der Propaganda stellt sie selbst nüchterne Betrachtungen über die Menschen in ihrem Umfeld gegenüber: Ärzte, die über den Nutzen von traditioneller chinesischer Medizin streiten, ein Straßenfeger, der trotz der abgesperrten Straßen tagtäglich seiner Arbeit nachgeht; Beamte, die sich Gedanken darüber machen, wie die Mobiltelefone der Verstorbenen für die Angehörigen als Erinnerungsstücke erhalten werden können; und nicht zuletzt ein Arzt, der sich quälend fragt, wie es zu dem "kollektiven Schweigen" kommen konnte, obwohl so viele Mediziner wussten, dass etwas im Gange war. Darauf eine bündige Antwort zu geben, maßt sich Fang Fang nicht an.
FRIEDERIKE BÖGE
Fang Fang: "Wuhan Diary". Tagebuch aus einer
gesperrten Stadt.
Aus dem Chinesischen von Michael Kahn-Ackermann. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2020. 349 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Ihr Buch ist einzigartig. Es bringt uns die Chinesen nahe, öffnet ein Fenster zu einer privaten Welt, die wir nicht kennen. Es ist tragisch und paradox, dass ausgerechnet diese zutiefst menschliche, auf ihre Art patriotische Stimme zum Schweigen gebracht werden soll.« ttt - titel thesen temperamente 20200607
Gebundenes Buch
Isolationshaft durch Corona
Seit Anfang des Jahres hat die Pandemie des Corona-Virus die Welt fest in ihren Klauen. Der noch unbekannte Virus mit dem Namen SARS-COV-2, der vom chinesischen Wuhan aus die Welt eröbert, stellt die Bevölkerung vor neue Herausforderungen, denn niemand …
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Isolationshaft durch Corona
Seit Anfang des Jahres hat die Pandemie des Corona-Virus die Welt fest in ihren Klauen. Der noch unbekannte Virus mit dem Namen SARS-COV-2, der vom chinesischen Wuhan aus die Welt eröbert, stellt die Bevölkerung vor neue Herausforderungen, denn niemand weiß wirklich, in wie weit dieser sich auf den Körper längerfristig auswirken und wieviele Todesopfer er hinterlassen wird.
Die chinesische Schriftstellerin Fang Fang hat bereits ab dem 25. Januar 2020, als die Millionenstadt Wuhan von der Außenwelt abgeriegelt wurde, mit ihrem Online-Tagebuchbericht begonnen, um die Weltbevölkerung von dem Verlauf und den Auswirkungen des Virus auf das tägliche Leben zu berichten. Allein und allein in ihrer Wohnung eingeschlossen, um einer Ansteckung zu entgehen, lässt sie ihre Leser teilhaben an den Folgen, die diese noch unerforschte Krankheit mit sich bringt, ohne sich um die eventuellen Sanktionen seitens der chinesischen Regierung zu kümmern. Sie berichtet nicht nur von dem großen Gefühl der Einsamkeit, das sie durch ihren Internet-Blog zu kompensieren sucht, sondern auch von der Solidarität unter Nachbarn, die sich gegenseitig mit dem Nötigsten aushelfen. Sie schreibt mit Hilfe ihres Netzwerkes, das sie mit Informationen versorgt, auch ungehemmt über die Vertuschungsmanöver der Regierung, die den Tod zweier bekannter Ärzte, die schon früh vor dem Ausbruch gewarnt haben, sowie über das völlig überlastete Gesundheitssystem, dass nicht allen Erkrankten Hilfe bieten konnte. Gerade ihre Veröffentlichungen über das Internet, welche sogar zeitweilig der Zensur unterlagen, öffneten ihr das Tor zu anderen Mitleidenden und Mitstreitern und durch den regen Austausch kamen immer mehr Informationen ans Licht.
Mit ihrem „Wuhan Diary“ hat Fang Fang den Startschuss für die Offenlegung des Virus uns seine Folgen für die Weltbevölkerung gelegt, denn seither versuchen sämtliche Staaten der Welt, die Pandemie in den Griff zu bekommen und ihre Bewohner vor einer Ansteckung zu schützen. Auch meine Kollegen und ich haben 8 Wochen im Home Office zugebracht, waren nur über Internet miteinander verbunden und ansonsten mit unseren Familien oder allein auf uns gestellt. Das Haus wurde nur vermummt zum Einkaufen verlassen, immer in der Angst, auch den gefürchteten Virus mit in die Wohnung zu schleppen, während die Nachrichten täglich neue Hiobsbotschaften und neue Todeszahlen meldeten.
Fang Fang übt mit angenehmem Schreibstil offen Kritik an der viel zu späten Information an die Bevölkerung. Auch hierzulande hat man sich viel Zeit gelassen und den Virus erst einmal nicht ernst genommen. Die stetig ansteigenden Fallzahlen zwangen unsere Regierung dann dazu, endlich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die allen von uns einiges abverlangt haben, vor allem aber den Älteren und Vorerkrankten, die besonders gefährdet sind. Unterschiedliche Sichtweise sowie orakelnde Besserwisser haben innerhalb der Bevölkerung einigen Zweifel gesät, der regelrecht Blüten trieb und Maskengegner hervorrief. All jenen sei gesagt, wenn sie schon nicht sich selbst schützen wollen, stehen sie doch in der Pflicht, andere zu schützen.
Ein eindrucksvoller und ungeschönter Bericht, wie der Virus in Wuhan seine Reise um die Welt antrat und wie Wuhan und seine Bewohner die entbehrungsreiche und leidige Zeit der Isolation erlebt haben. Absolut empfehlens- und lesenswert!!!
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Broschiertes Buch
Ende 2019 bricht COVID-19 in Wuhan aus. Anfang 2020 startet der Lockdown in der chinesischen Millionenstadt. "Eingesperrt" ist so auch die Schriftstellerin Fang Fang, die in einem Blog ihr persönliches Tagebuch über 60 Tage führt.
Das Cover des Buches ist absolut passend …
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Ende 2019 bricht COVID-19 in Wuhan aus. Anfang 2020 startet der Lockdown in der chinesischen Millionenstadt. "Eingesperrt" ist so auch die Schriftstellerin Fang Fang, die in einem Blog ihr persönliches Tagebuch über 60 Tage führt.
Das Cover des Buches ist absolut passend und gefällt mir hervorragend.
Der Schreibstil der Autorin ist ausgezeichnet, auch wenn man oft auch merkt, dass es eben "nur" aus einem Blog zusammengestellt ist und so auch kein literarisches Meisterwerk darstellt. Dies meine ich aber nicht negativ, da es dem Buch auch eine noch höhere Authentizität gibt.
Ich habe das Buch doch jetzt einige Zeit nach der Pandemie gelesen, denn während der COVID-19-Welle hörte, sah und las man ja kaum über anderes. Und ich glaube im Nachhinein betrachtet, zeigt das Buch doch viele interessante Aspekte.
Die Autorin schreibt eben jeden Tag einen Tagebucheintrag, der meist persönlich gehalten ist, aber natürlich fließen nicht nur die Zahlen der Erkrankten oder Todesfälle ein, sondern die Autorin macht sich auch Gedanken, was alles falsch läuft oder man besser machen (hätte) können.
So ist auch ein großes Thema, dass am Anfang das Corona-Virus in Wuhan verschwiegen, ja sogar verleugnet wurde und daher die Krankheitsfälle mehr wurden. Denn selbst als man das Virus bekannt machte, wurde kommuniziert es wäre kein Problem und eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung sei unmöglich.
Was die Autorin allerdings so nicht aufgreift, ist warum das wohl so sei. Sicher wird hier von unfähigen Beamten gesprochen, aber eben auch, dass das Virus seinen Ursprung am Markt für Meeresfrüchte habe, was schon damals im Westen der Welt angezweifelt wurde und mittlerweile fast ausgeschlossen wurde. Hier deutet natürlich viel darauf hin, dass es tatsächlich im Labor entstanden ist.
Ein weiteres großes Thema neben den Maßnahmen und dem Eingesperrt-Sein ist hier auch die Zensur, denn die Blogs der Autorin werden immer wieder gesperrt und auch negativ kommentiert, was Fang Fang auf die Linksextremisten schiebt. Insgesamt wirkt sie doch sehr regierungsfreundlich, was natürlich auch an der politischen Lage und Zensur liegen kann bzw. wird.
Am Ende des Buches ist nicht nur eine Chronologie des COVID-Virus (bis Mitte 2020) zu finden, sondern auch eine Erklärung vieler Wörter, Personen und geschichtlichem Hintergrundwissen, das ein Europäer normal so nicht weiß. So ist dies sehr hilfreich.
Das Buch endet mehr oder weniger mit dem Ende des Lockdowns in Wuhan, während es im Rest der Welt erst so richtig losgeht.
Fazit: Interessanter Rückblick auf die Pandemie. 5 von 5 Sternen
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Gebundenes Buch
Die 9 Millionen Stadt Wuhan wurde vom 25. Januar bis 24 März 2020 komplett von der Außenwelt abgeriegelt. Auch wenn man von Covid 19 schon total genervt ist, sollte man dieses Tagebuch gelesen haben. Es zeigt einmal mehr, dass Verschwörungstheoretiker kein Verantwortungsgefühl …
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Die 9 Millionen Stadt Wuhan wurde vom 25. Januar bis 24 März 2020 komplett von der Außenwelt abgeriegelt. Auch wenn man von Covid 19 schon total genervt ist, sollte man dieses Tagebuch gelesen haben. Es zeigt einmal mehr, dass Verschwörungstheoretiker kein Verantwortungsgefühl haben. Jeder Mensch hat so seine eigenen Theorien im Kopf. Dennoch sollte man sie nicht wahllos ins Netz stellen. Für mich sind genau diese Menschen ängstlich. Sie können sich nicht mit der Wahrheit auseinandersetzen, ohne in Panik zu geraten. Panik ist fehl am Platz. Nur ein Miteinander hilft uns aus dieser weltweiten Krise. Das Buch war leicht und flüssig zu lesen. Die Autorin gewährt dem Leser Einblick in die Ängste der Wuhaner. Interessant sind auch die Fußnoten. Die Autorin hat ehrlich ihre Meinung geäußert. Sie wurde oftmals dafür von Menschen angegriffen, die selbst im Epizentrum leben. Guten Journalismus weiß sie besonders zu schätzen. Der ist ja auf der ganzen Welt nicht selbstverständlich. In China ist er ein ganz besonders große Herausforderung. Die Autorin lebt seit ihrem zweiten Lebensjahr in Wuhan. Ihre Liebe zu dieser Stadt kommt in diesem Zeitdokument groß zu tragen.
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