Abwechslungsreich erzählter, wenig für den Einstieg in die Reihe geeigneter zweiter Fall für die neurotische Dabiri und den zwanghaft veranlagten Mentalisten Walder
Als Fredrik Walthersson an einem heißen Sommertag seinen fünf Jahre alten Sohn Ossian von einem Ausflug im Park, den sie von dessen
Kita aus organisiert haben, abholen will, schickt Betreuer Tom ihn erst zu den Schaukeln und im…mehrAbwechslungsreich erzählter, wenig für den Einstieg in die Reihe geeigneter zweiter Fall für die neurotische Dabiri und den zwanghaft veranlagten Mentalisten Walder
Als Fredrik Walthersson an einem heißen Sommertag seinen fünf Jahre alten Sohn Ossian von einem Ausflug im Park, den sie von dessen Kita aus organisiert haben, abholen will, schickt Betreuer Tom ihn erst zu den Schaukeln und im Anschluss daran nach drinnen. Aber Fredriks Sohn ist weiterhin unauffindbar und niemand weiß etwas über dessen Verbleib, bis seine Freundin Felicia enthüllt, dass Ossian zu der blöden Frau ins Auto gestiegen ist. Dann ist die Fremde mit ihm weggefahren, nachdem sie ihn mit der Aussicht auf Rennautos fortgelockt hat.
“Finsternebel” ist nach “Schwarzlicht” der zweite Fall für Polizistin Mina Dabiri und Mentalisten Vincent Walder, der zeitlich zwei Jahre nach dem ersten spielt. Minas Team besteht aus ihrer Chefin Julia, dem ehemaligen Frauenhelden Ruben, dem penibel arbeitenden Vollblutvater Peder Urgestein Christer und Neuzugang Adam.
Ohne “Schwarzlicht” zu kennen, habe ich den Einstieg in “Finsternebel” als wenig gelungen empfunden. Denn einerseits verraten Läckberg und Fexeus dabei zu viel über die Auflösung des Vorgängers. Andererseits gewinnen Mina und Vincent durch die ausführlich geratene Einleitung nicht an Profil. In Minas Figurenzeichnung stechen die von ihr gepflegten Neurosen hervor, die selbst dann oft ihre Gedankengänge beherrschen, wenn sie ihre volle Aufmerksamkeit auf ihren aktuellen Fall richten sollte. In seinem ersten Kapitel wird Vincents neue Show beschrieben. Wenn ich diese Show aber etwa dem ersten Auftritt von Mentalist Patrick Jane in der gleichnamigen Fernsehserie gegenüberstelle, ist Vincent im Vergleich dazu blass geblieben. Da sind bei mir wohl durch die Angabe, dass Walder als Mentalist kein Profiler wie viele andere ist, Erwartungshaltungen geschürt worden, die die Autoren in diesem Krimi nicht einzuhalten vermochten.
In "Finsternebel" schwankt die Qualität der Figurenzeichnung enorm. Zwischenmenschliche Beziehungen werden gekonnt zwischen Ruben und seiner Psychotherapeutin Amanda während seiner Sitzungen oder mit mehr emotionalem Tiefgang zwischen Adam und seiner Mutter bei ihrem Krankenhausbesuch beschrieben. Nur fällt eben die Charakterisierung der Protagonisten Dabiri und Walter recht schwach aus. Denn auch Vincent neigt zu zwanghaftem Verhalten, das ihn etwa ungerade Zahlen nicht ertragen und abwegige Zusammenhänge herstellen lässt. Insgesamt ist die Figurenzeichnung von Vincent inkonsistent geraten, weil er Mentalist und Profiler ist, obwohl Menschen ein Buch mit sieben Siegeln für ihn sind. Im Zuge sozialer Interaktion wird er oft mit dem Rätsel konfrontiert, das andere für ihn bedeuten, da er weder versteht, was sie ihm sagen wollen, noch welche Reaktion sie von ihm erwarten. Minas Verhalten schwankt von unsympathischen Zügen in ihrem Umgang mit Tieren wie Bürohund Bosse oder dem erbarmungslosen Zerquetschen einer Wespe, bei dem der für sie entscheidende Punkt ist, dass sie dafür ein Feuchttuch zur Hand hat, bis hin zu irritierenden Szenen, indem sie sich nach dem Weinen aus Angst vor der unhygienischen Natur von Tränen Wangen und Augen mit Desinfektionsmittel auswäscht.
"Finsternebel" beginnt stark, da das erste Kapitel mit einem Paukenschlag endet, als Vater Frederik die Entführung seines Sohns Ossian realisieren muss. Denn es gibt kaum ein schlimmeres Verbrechen als die Entführung eines kleinen Kindes. Über die Integration von Neuzugang Adam in das Team wird dann die Verbindung zu einer Verbrechensserie hergestellt. Denn im Jahr zuvor ist die Leiche der ebenfalls erst fünf Jahre alte Lily Meyer an einem Bootssteg aufgefunden worden, nachdem sie drei Tage zuvor spurlos verschwunden ist. Abgesehen von einem spannenden Einsatz, bei dem Ruben sein gutes Bauchgefühl und Adam sein Geschick als Verhandlungsführer unter Beweis stellen darf, wird in "Finsternebel" der Fokus auf die falschen Punkte gelenkt, wenn die darin erzählte Geschichte eher ein Plädoyer für den Einsatz von Feuchttüchern und Desinfektionsmittel sowie für die zwischen Vater und Mutter gleichberechtigt aufzuteilenden Pflichten im Haushalt darstellt. Im Anschluss an den gelungenen Einstieg plätschert die Handlung trotz des an sich abgründigen Falls, um den dieser Krimi kreist, zunächst über weite Strecken vor sich hin. Das liegt wohl primär im allzu jungen Alter der Opfer begründet. Prinzipiell sind die erst wiederholt eingeschobenen, in kursiv gedruckten Abschnitte, die aus Sicht von Ossian nach seiner Entführung geschildert werden, ein interessanter Ansatz. Indem sich Läckberg und Fexeus jedoch vor expliziten Szenen, ob in blutiger oder brutaler Hinsicht, scheuen und es bei harmlos kindischen Gedankengängen des weinenden Ossian, der nicht bei den Fremden mit den unnetten Augen bleiben mag, belassen, bremsen sie die Spannung aus.