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»Verlorene Sterne ist die Art von Buch, die Leben rettet.« Kaveh AkbarDER Roman zum US-Wahljahr 2024: Ein spektakuläres Familienepos und eine vernichtende Anklage gegen Amerika von Tommy OrangeOrvil Red Feather kommt nicht los von den Schmerzmitteln. Er weiß, er ist ein Klischee: verletzt ins Krankenhaus rein, geheilt und abhängig wieder raus - eine zeitgenössische Tragödie. Doch die Sucht zieht sich schon lange durch seine Familie. 1864 kämpft Jude Star, ein Vorfahre Orvils, als Kind gegen die brutale Austreibung seiner indigenen Sprache und Kultur. Am Ende ist es der Alkohol, der ihn...
»Verlorene Sterne ist die Art von Buch, die Leben rettet.« Kaveh AkbarDER Roman zum US-Wahljahr 2024: Ein spektakuläres Familienepos und eine vernichtende Anklage gegen Amerika von Tommy OrangeOrvil Red Feather kommt nicht los von den Schmerzmitteln. Er weiß, er ist ein Klischee: verletzt ins Krankenhaus rein, geheilt und abhängig wieder raus - eine zeitgenössische Tragödie. Doch die Sucht zieht sich schon lange durch seine Familie. 1864 kämpft Jude Star, ein Vorfahre Orvils, als Kind gegen die brutale Austreibung seiner indigenen Sprache und Kultur. Am Ende ist es der Alkohol, der ihn kurzzeitig in seiner Trauer auffängt und schließlich niederstreckt. Meisterhaft verknüpft Tommy Orange die Schicksale zweier Jungen, zwischen denen 150 Jahre Kolonialgeschichte liegen, und zeigt uns Amerika in neuem Licht: als ein Kontinuum von Vertreibung und Gewalt, das nur hin und wieder von lichten Momenten des Widerstands unterbrochen wird.
Tommy Orange, geboren 1982 in Oakland, ist Mitglied der Cheyenne und Arapaho Tribes. Sein erstes Buch, Dort, dort, war für den Pulitzerpreis 2019 nominiert und erhielt den American Book Award 2019. Er lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in Angels Camp, Kalifornien.
Produktdetails
- Verlag: Hanser Berlin
- Originaltitel: Wandering Stars
- Artikelnr. des Verlages: 516/28001
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 304
- Erscheinungstermin: 19. August 2024
- Deutsch
- Abmessung: 211mm x 148mm x 30mm
- Gewicht: 466g
- ISBN-13: 9783446280014
- ISBN-10: 3446280014
- Artikelnr.: 70176334
Herstellerkennzeichnung
Hanser Berlin
Lehrter Straße 57 Haus 4
10557 Berlin
info@hanser.de
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Ein tolles Buch über Herkunft und die Frage, ob man ihr entfliehen kann, hat Tommy Orange geschrieben, lobt Rezensent Jens Uthoff. In der Nachfolge von Oranges "Dort dort" gehe es wieder um Orwil, einen Amerikaner indigener Abstammung, der nach einer Verletzung medikamentenabhängig wird und sich in sein Gitarrenspiel flüchtet. Eine weitere wichtige Figur ist Sean Price, ein anderer Indigener, der sowohl Männer als auch Frauen begehrt. Außerdem spielt die Geschichte der Indigenen eine Rolle im Buch, unter anderem geht es um das Sand-Creek-Massaker aus dem 19. Jahrhundert, erzählt Uthoff. Viel, manchmal fast zu viel wird in diesem Buch verhandelt, findet er, der sich freilich an Oranges anspielungsreichem Stil erfreut und auch die sprachliche Gestaltung, wie etwa den Gebrauch von langen Ketten von Nebensätzen, lobt. Als ein wichtiges Motiv macht der Rezensent die Schleife, also die ewige Wiederkehr aus. Insgesamt scheint Orange ihm nahe zu legen, dass man seine Identität nicht beliebig frei erfinden kann.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Aus vielen Mündern und Blickwinkeln erzählt sich die Historie der Natives; sichtbar wird eine Geschichte der Einsamkeit, der Verlorenheit, des Scheiterns, der Sucht und Abhängigkeit, aber auch der Kampf um das Leben und der Wunsch nach Zugehörigkeit - und am Ende gibt es doch Hoffnung auf Zukunft und Miteinander." Brigitte Schweins-Harrant, Die Furche 27.2.25 "Cooler ist dieser pathosgefährdete Stoff noch nie erzählt worden. Der Autor vermeidet alle Klagerhetorik, sondern behandelt die historische Katastrophe mit grimmigem Sarkasmus." Sigrid Löffler, Deutschlandfunk, 01.10.24 "Zugleich gelingt Orange... eine soghafte Erzählung. ... Darüber hinaus ist Verlorene Sterne sehr anspielungsreich, die Harlem Renaissance wird genauso zitiert wie
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zeitgenössische Popkultur oder indigene Kulturpraktiken." Jens Uthoff, die tageszeitung, 7.11.24 "Ein notwendiges Buch, nach dem man das 'Land der Freiheit' mit anderen Augen sieht." Thomas Correll, Nürnberger Nachrichten, 5.11.24 "Erschütternd! ... Ein düsteres Buch, teilweise auch ein wütendes Buch, aber auch ein wichtiges Buch mit wunderschönen Sätzen." Jan Ehlert, NDR-Podcast, eat.READ.sleep, 31.1.25 "Dies ist kein Roman, der an Mitgefühl appelliert oder Wunden leckt, er strahlt nicht einmal eine besondere Wut au, er beharrt aber auf einem Vermächtnis." Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau, 16.09.24 "Orange erzählt meisterhaft von einem Krieg gegen das eigene Volk, der bis heute tiefe Wunden hinterlässt." Tina Schraml, Bücher-Magazin, 6/2024 "Orange hebt nicht den moralischen Zeigefinger, sondern erkundet mit Witz die Widersprüche seiner Charaktere. Für jeden einzelnen findet er eine eigene Sprache und eine eigene Erzählweise." Marie Schoeß, Deutschlandfunk Kultur, 19.08.24 "Ein Roman mit vielen historischen Ankern, ...es geht um Ausgrenzung, Diskriminierung, Rassismus und Fragen der Identität. ... Orange erzählt mit Humor, multiperspektivisch, intelligent und poetisch, es macht Spaß, diesen Roman zu lesen." Gerrit Bartels, rbb Radio 3, 22.08.24 "Ein Buch, das einen von der ersten Seite an in die Geschichte einsaugt und nicht mehr loslässt: aufrüttelnd, brillant, dicht. ... Die Übersetzung von Hannes Meyer ermöglicht wie schon im Vorgänger beim Lesen den Eindruck, es handle sich um die Originalfassung - der Text büßt im Deutschen in keinster Weise an Intensität ein." Maria Nowotnick, Galore, 22.08.24 "An solchen Stellen, die einem beim Lesen den Hals zuschnüren, ist man Tommy Orange dankbar, dass er nicht linear und chronologisch erzählt, sondern exemplarische Szenen und Lebensausschnitte zu einer vielstimmigen Symphonie 'gesampelt' hat. Nach der letzten Seite des Romans überwiegen jedoch weder Empörung, Mitleid, Trauer oder Wut, sondern Staunen über die Leidensfähigkeit, Wandelbarkeit und innere Stärke der Nachkommen der Ureinwohner Amerikas. Und natürlich über Tommy Orange' polyphonen Roman mit Schwindel erregenden menschlichen Untiefen, hoffnungsvollen Erlösungs- und Machtfantasien, sowie einem stillen, unzerstörbaren Humor." Andrej Gato, Literatur Review, 8.10.2024 "Falsche Propheten des amerikanischen Traums finden sich in Oranges Roman zuhauf ... Ein Epos über intergenrationales Trauma, über den Krieg Amerikas gegen seine indigene Bevölkerung und das Leben von Natives in den heutigen USA. Komplex komponiert, fesselnd und tiefgründig, ästhetisch anspruchsvoll, spannend und thematisch relevant." Meike Stein, SR2 Kulturradio, 19.08.24 "Die große Stärke des Romans: Orange zeigt, welche Traumata die Überlebenden mit sich tragen und wie sie sich in Form von Suchtproblemen in allen Generationen wiederfinden lassen, ... mit Empathie und den richtigen Worten für das Komplexe. Was er uns mitgibt, ist das Geschenk, zu verstehen. Denn in Oranges Büchern geht es um das Bestehen in einer Welt, in der man sich nicht auskennt, in der es keine einfachen und klaren Zuordnungen gibt, in der Fragen statt Antworten und Nuancen statt Deutlichkeit warten. ... Bei Orange vermischt sich alles: Kleine Beobachtungen und große Geschichten, wahre Begebenheiten und Figuren, die es sein könnten, relevante Themen, die nicht erst auf den zweiten Blick überraschen. Das sind sie, die verlorenen Sterne." Teresa Preis, Buchkultur, 23.08.24 "Das ist große Literatur! Orange ist kein Show-off, ... er findet für jede Geschichte sehr behutsam die passende Form und Perspektive, ... er gibt seinen Charakteren immer Würde und Hoffnung, ... schwach strahlend wie verlorene Sterne." Daniel Koch, Diffus, 17.08.24
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Tommy Orange greift mit dem Schicksal der indigenen Bevölkerung, den Gräueltaten, die ihnen durch die Weißen zugefügt wurden, und der Suchtproblematik wichtige Themen auf.
Jedoch wurde ich mit der Umsetzung nicht warm. Tommy Orange erzählt die Geschichte einer Familie …
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Tommy Orange greift mit dem Schicksal der indigenen Bevölkerung, den Gräueltaten, die ihnen durch die Weißen zugefügt wurden, und der Suchtproblematik wichtige Themen auf.
Jedoch wurde ich mit der Umsetzung nicht warm. Tommy Orange erzählt die Geschichte einer Familie von Native Americans vom Sand Creek Massacre 1864 bis heute und zeigt, wie Traumata über mehrere Generationen hinweg wirken. Seinen sprunghaften Erzählstil, der immer wieder zwischen den Generationen wechselt, fand ich ungewöhnlich, aber interessant und keineswegs störend. Leider liest sich das Buch insgesamt sehr zäh, und die weitschweifige, oft poetische Erzählweise lag mir überhaupt nicht. Ich hatte das Gefühl, die Handlung bewegte sich nicht von der Stelle, mir fehlten ein roter Faden und eine gewisse Griffigkeit. Die Protagonist/innen blieben mir seltsam fremd, und ich war letztendlich erleichtert, als ich das Buch beendet hatte.
Fazit: Wer einen poetischen Schreibstil und eine experimentelle Erzählweise schätzt und sich vor allem mit dem Innenleben der Protagonist/innen auseinandersetzen möchte, wird an „Verlorene Sterne“ bestimmt Gefallen finden. Da ich direkte, nüchterne Sprache bevorzuge (die dennoch gerne komplex sein darf!), war es leider nichts für mich.
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Ich fand den Klappentext und das Thema das er anteasert sehr interessant und ansprechend und fand die Idee die Gegenwart mit der Vergangenheit und der kulturgeschichtlichen Herkunft zu verknüpfen wirklich gut. Die Geschichte selbst hat mich dann aber einfach nicht packen können.
Zum …
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Ich fand den Klappentext und das Thema das er anteasert sehr interessant und ansprechend und fand die Idee die Gegenwart mit der Vergangenheit und der kulturgeschichtlichen Herkunft zu verknüpfen wirklich gut. Die Geschichte selbst hat mich dann aber einfach nicht packen können.
Zum Inhalt: Orvil Red Feather wurde angeschossen. Das allein ist schon eine Tragödie. Doch schlimmer trifft ihn, dass er seitdem nicht mehr von den Schmerzmitteln loskommt. Und damit ist Orvil nicht allein. Die Sucht scheint ein beständiger Teil seiner Familiengeschichte zu sein, genauso wie die Suche nach der eigenen Identität.
Vielleicht so viel zuerst: ich war überrascht, dass die Geschichte nicht mit Orvil startet. Hatte mich sein Schicksal doch im Klappentext neugierig gemacht, so deutet der angedruckte Stammbaum bereits darauf hin, dass er ganz am Ende einer Verkettung von Einzelschicksalen steht. Und so kommt es, dass die Schicksale einiger Vorfahren beleuchtet werden. Und diese Einzelschicksale sind durchaus beklemmend und berührend, aber ich fand es schwer den Zusammenhang zwischen ihnen zu sehen, aufgrund der wechselnden Namen und manchmal schwer durchschaubaren Familienverhältnisse. Dafür war der Stammbaum dann sehr hilfreich
Vielmehr zieht sich das Thema Sucht wie ein roter Faden durch die Geschichte, dem sowohl die Vorfahren Orvils zum Opfer fielen, als auch dir Menschen in deren Umfeld, die Gesellschaft an sich. Als es in Teil 2 dann endlich um Orvil selbst ging, wurde die Geschichte für mich nicht nur greifbarer, sondern auch interessanter.
Die Geschichte ist keine leichte Kost und war stellenweise fast schon mühsam zu lesen. Ich hatte aufgrund des Klappentextes eine völlig andere Geschichte erwartet und fand es schwer so richtig in der Geschichte anzukommen. Hat sich an sich nicht schlecht lesen lassen, ist für mich aber auch keine Geschichte die hängen bleibt.
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Orvils Erbe
Tommy Oranges zweiter Roman, nach seinem Welterfolg Dort Dort, in dem er uns mit seinem ganz eigenem Stil in die Gegenwart der indigenen Gemeinschaft und deren durch die Landnahme der USA entstanden und immer noch bestehenden Probleme und Traumas führte, ist als loses …
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Orvils Erbe
Tommy Oranges zweiter Roman, nach seinem Welterfolg Dort Dort, in dem er uns mit seinem ganz eigenem Stil in die Gegenwart der indigenen Gemeinschaft und deren durch die Landnahme der USA entstanden und immer noch bestehenden Probleme und Traumas führte, ist als loses Nachfolgewerk zu verstehen, welches man auch problemlos ohne dem ersten Buch lesen kann. Was mir direkt aufgefallen ist: Es ist anders als Dort Dort, erwachsener! Orange führt anhand der kompletten Ahnen und Familienmitglieder von Orvil, den wir in Dort Dort kennengelernt haben, und zu dem wir letztendlich auch wieder gelangen, durch die komplette (Umerziehung)geschichte der Indigenen der USA, angefangen mit dem bekannten Sand Creek Massaker, Boarding Schools und Richard Henry Pratt. Dadurch wird dem Leser möglich, die gegenwärtig immer noch bestehen Problematiken und das Trauma dieser Gemeinschaft innerhalb der USA überhaupt zu verstehen und zu begreifen. Die Geschichte fesselt mit seinem ganz eigenen, unüblichen, sprunghaften aber auch in Strecken wunderschönen ruhigen, teils auch knallhart ironischen Schreibstil, wie gesagt, erwachsener und mit viel Tiefe und einigen originellen Wortspielen. Ich würde dieses Buch, wenn ein Vergleich zur Erklärung erlaubt ist, als Trapez zwischen DeeBrown und Louise Erdrich ansehen, was somit schon ein Komplettwerk für den heutigen, interessierten und bitte unbedingt auch jungen Leser darstellt; und es sollte auch gelesen werden, es ist wichtig, rührend und liebevoll, mitunter verschlägt es einem über die unglaublichen Vorgänge die Sprache, was Orange durch seinen bedachten Schreibstil gut aufzufangen weiß und man das Buch unbedingt weiterlesen möchte. Ich kann es nur jedem ans Herz legen, die Sterne zu lesen, mich hat es tief berührt und manche Dingen auch begreifen lassen. Vielen herzlichen Dank an den Autor für dieses wunderbare Werk.
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Manche Romane sind harter Tobak, und dieser Roman gehört dazu. Ausgangspunkt ist das Massaker von Sand Creek in Colorado, als im Spätherbst 1864 die U.S. Armee das Winterlager der Cheyenne und Arapaho überfiel und die Bewohner töteten, 2/3 davon Frauen und Kinder. Ein Junge kann …
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Manche Romane sind harter Tobak, und dieser Roman gehört dazu. Ausgangspunkt ist das Massaker von Sand Creek in Colorado, als im Spätherbst 1864 die U.S. Armee das Winterlager der Cheyenne und Arapaho überfiel und die Bewohner töteten, 2/3 davon Frauen und Kinder. Ein Junge kann sich retten und schließt sich mit dem indigenen Deserteur Red Feather zusammen. Über sieben Generationen und 150 Jahre hinweg bis in die Jetzt-Zeit verfolgt nun der Autor die Geschichte der Abkömmlinge dieser beiden „Indianer“, wie der Autor sie nennt. Und weil der Autor selber dem Stamm der Cheyenne und Arapaho angehört, ist es erlaubt, das Wort zu übernehmen.
Orange verfolgt die Lebenslinien aber nicht chronologisch exakt, sondern eher in einer Zickzacklinie. So entsteht ein vielstimmiger und sprachlich abwechslungsreicher Chor, der eine unglaubliche Leidensgeschichte erzählt, wobei der Ton immer unterkühlt bleibt., so als ob selbstverständliche Fakten erzählt würden, und niemals ins Pathos wechselt.
Dennoch: der Roman ist eine einzige Anklage gegen die USA und den Umgang mit den Native Americans, der letztlich nur ein Ziel hatte: die systematische Ausrottung der indianischen Bevölkerung und ihrer Kultur. Der Leser liest von den sog. Bisonkriegen, in denen „meilenweit und mannshoch Bisonkadaver aufgeschichtet“ werden, denn „jeder tote Bison bedeutet einen Indianer weniger“. Internierungen, Zwangsarbeit, die Errichtung von Reservaten bzw. der Versuch, die Assimilierung durch die Ansiedlung in Städten voranzutreiben, der Entzug der Kinder und ihre Zwangseinweisung in die sog. Indianerinternate sind einige der Erfahrungen, die auch die folgenden Generationen traumatisieren:
„ Er hegt den Verdacht, dass sich noch etwas Schlimmeres unter seinen schlimmsten Erinnerungen an die Schule verbirgt, unter den Haarschnitten und dem Abbürsten, den Märschen, den Prügeln, dem Hunger und dem Arrest und den zahllosen Bloßstellungen, weil er Indianer blieb, während sie sich fortwährend bemühten, ihn zu bilden, zu christianisieren, zu zivilisieren.“
Darüber hinaus geht um den Landraub, der bis heute noch nicht aufgearbeitet ist und, wie es aussieht, unter Trump auch keine Beachtung finden wird. Es geht in diesem Buch also nicht nur um das Problem der Identität, der Zugehörigkeit bzw. Nichtzugehörigkeit, sondern auch darum, wie man in einem Land leben kann, das einem gestohlen wurde von Weißen, „die immer geglaubt haben, sie besäßen die Erde und dürften gebrauchen und ausnutzen, was immer ihnen in die kalten, toten Hände kommt, die dieses Land in die Versenkung geführt haben, in seinen unausweichlichen Niedergang.“
Über Generationen hinweg zeigt der Autor die Probleme, die damit einhergehen: Alkohol, Drogensucht, Arbeitslosigkeit, fehlende Bildung, Gewalt, dysfunktionale Familien und Orientierungslosigkeit und zugleich der Kampf um die Bewahrung indianischer Bräuche. Das Ende des Romans wirkt wie das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels: der junge Orvil beschließt einen Entzug. Ein etwas zu idyllischer Schluss.
Die unterschiedlichen Erzählstimmen werden nicht nur durch ähnliche Themen wie Suchtprobleme zusammengehalten, sondern auch sehr lyrisch durch das Motiv der Vögel, das im Namen Red Feather schon anklingt. Der Wunsch, frei wie ein Vogel sich über die Erde mit ihren Widrigkeiten zu erheben, verbindet alle Generationen.
4,5/5*
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Familienepos und mögliche Zukunft
Tommy Orange hatte mich mit seinem Vorgänger „Dort dort“ tief getroffen. Dieser Blick auf die Indigenen der USA mit diesem Showdown beeindruckte mich tief. Was bedeutet es in einem Land zu leben, dass in der Vergangenheit versucht hat, dein …
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Familienepos und mögliche Zukunft
Tommy Orange hatte mich mit seinem Vorgänger „Dort dort“ tief getroffen. Dieser Blick auf die Indigenen der USA mit diesem Showdown beeindruckte mich tief. Was bedeutet es in einem Land zu leben, dass in der Vergangenheit versucht hat, dein Volk zu vernichten, dass dich deines Landes beraubt hat und für das du ein Bürger zweiter Klasse bist. Interessante Blickwinkel. Man könnte im Gestern verharren und ewig wütend und unglücklich sein. Mit Recht und völlig nachvollziehbar. Man könnte sich auf eine Zukunft fokussieren und das Weiter in den eigenen Blick rücken. Könnte man. Aber eigentlich ist es doch die Frage wie viele Rückschläge ein Mensch verkraften kann. Oder? Denn wenn man ewiger Benachteiligung ausgesetzt ist, macht dies natürlich etwas mit den Betroffenen. Und dies ist in der Geschichte der Indigenen der Amerikas immer wieder beobachtbar. Schon in „Dort dort“ hatte Tommy Orange, selbst ein Indigener, ein Angehöriger der Cheyenne und Arapahoe, auf dieses Dilemma geblickt. Sehr intensiv geblickt.
Mit „Verlorene Sterne“ rundet er nun „Dort dort“ noch ab. Denn in diesem intensiven Familienepos rechnet er grandios mit den USA, mit der Vergangenheit und mit dem Heute ab. Er lässt einige Protagonisten des Vorgängers in „Verlorene Sterne“ erneut auftreten, erzählt die Geschichte einer Familie der Cheyenne. Am Anfang steht der Horror des Massakers von Sand Creek, welches ein Glück nur kurz angeschnitten wird. Denn dieser Horror, dem die Südlichen Cheyenne damals ausgesetzt waren, würde eine Zukunft verneinen. Dieses Geschehen damals zu verzeihen, dürfte den Indigenen sehr schwerfallen. Und auch dem uninformierten Leser dürfte es danach sehr schwer fallen positiv in die Zukunft zu schauen. Denn was damals in Sand Creek mit den Indigenen passierte, übertrifft fast jeden vorstellbaren Horror. Wen es interessiert, lest „Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses“ von Dee Brown, dort schildern Augenzeugen das unmenschliche Geschehen von Sand Creek und von noch vielen anderen Orten in den jetzigen USA.
Zurück zum Buch, „Verlorene Sterne“, ein Familienepos, welches fast zweihundert Jahre einer Cheyenne-Familie schildert. Sand Creek im Jahre 1864 ist der Beginn, das Heute ist das Ende. Das Geschehen vor „Dort dort“ wird geschildert und das Geschehen danach, die „Verlorenen Sterne“ umschließen „Dort dort“ und beide Bücher bilden eine Einheit. Beide Bücher zeigen was Unterdrückung und Rassismus mit den Cheyenne gemacht haben. Beide Bücher stehen exemplarisch für die Taten weißen Eroberer und deren Folgen für die Indigenen, für die Cheyenne und alle anderen Stammesgruppen in den USA, in Kanada, eigentlich in den Amerikas. Tommy Orange feiert damit in den USA Erfolge und dies ist richtig so. Denn hier gehört etwas geradegerückt. Gerade in diesem Wahljahr 2024.
Tommy Orange schreibt in seinen Büchern über die Sucht, ein großes Problem für die Indigenen, resultierend aus langjährigem Fehlverhalten. Fehlverhalten im Damals und Fehlverhalten im Heute. Die Sucht, eine Erkrankung, die die Indigenen dahinrafft, dieser Tod auf Raten. Die Sucht, eine Erkrankung, die die indigenen Strukturen schwächt, eine Erkrankung, die in den Familien weitergegeben wird. Die Sucht, ein weiterer Krieg. Eine weitere Vernichtung.
Aber Tommy Orange schreibt auch über eine Möglichkeit zur Umkehr, zeigt damit die Hoffnung, die die Indigenen sicher umtreibt.
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"Verlorene Sterne" ist der zweite Roman des Autors Tommy Orange. In diesem Roman erzählt der Autor über die Ausrottung der Indianer.
Der Autor verbindet die Geschichte von zwei Charaktere, Orvil Red Feather, der von den Schmerzmitteln nicht loskommt, und Jude …
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"Verlorene Sterne" ist der zweite Roman des Autors Tommy Orange. In diesem Roman erzählt der Autor über die Ausrottung der Indianer.
Der Autor verbindet die Geschichte von zwei Charaktere, Orvil Red Feather, der von den Schmerzmitteln nicht loskommt, und Jude Star, einem Vorfahre Orvis, der vor 150 Jahren gelebt hat.
Die angesprochenen Themen sind sehr ernst. Viele Charaktere kommen zu Wort und erzählen von Vertreibung und Diskriminierung der Indianer.
Ein großes Thema in diesem Buch sind die Drogen. Die Drogen, von Medikamenten bis zu Opium, kommen in vielen Formen im Buch vor, wenn nicht als Rituale, dann als Betäubungs- oder Heilungsmittel. In Orvils Familie bleibt niemand verschont.
Tommi Orange hat einen tollen und total fesselnden Schreibstil und kann sehr gut die finstere Atmosphäre näher bringen und greifbarer machen. Trotz der sehr dunklen Atmosphäre und die vielen Charakteren, die manchmal sehr verwirrend für mich waren, wollte ich das Buch einfach weiterlesen.
Fazit: "Verlorene Sterne" von Tommy Orange ist ein bewegendes Buch, das ein Stück Geschichte erzählt und sehr viele ernste Themen anspricht.
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