Alessandra Carati
Broschiertes Buch
Und dann sind wir gerettet
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April 1992. Aida ist gerade sechs Jahre alt, als der Krieg, der das ehemalige Jugoslawien zerstö- ren wird, ihr kleines bosnisches Dorf erreicht. Nach einer abenteuerlichen Flucht schaffen sie und ihre Eltern es bis nach Mailand, wo ihr Bru- der Ibro geboren wird. Die Geschwister wachsen in einem fremden Land auf, während der Krieg ihre Heimat auslöscht und der Schmerz über die erzwungene Umsiedlung und die Trauer um die zahlreichen Kriegsopfer das Leben ihrer gesamten Familie aus den Fugen geraten lassen. Und dann sind wir gerettet ist nicht nur ein außer- gewöhnlicher Bildungsroman, so...
April 1992. Aida ist gerade sechs Jahre alt, als der Krieg, der das ehemalige Jugoslawien zerstö- ren wird, ihr kleines bosnisches Dorf erreicht. Nach einer abenteuerlichen Flucht schaffen sie und ihre Eltern es bis nach Mailand, wo ihr Bru- der Ibro geboren wird. Die Geschwister wachsen in einem fremden Land auf, während der Krieg ihre Heimat auslöscht und der Schmerz über die erzwungene Umsiedlung und die Trauer um die zahlreichen Kriegsopfer das Leben ihrer gesamten Familie aus den Fugen geraten lassen. Und dann sind wir gerettet ist nicht nur ein außer- gewöhnlicher Bildungsroman, sondern zeigtdie Verwüstungen auf, die der Krieg in einem ganzen Volk bis hinein in die Psyche jedes Einzelnen anrichtet.
Alessandra Carati, 1974 in Monza geboren, ist Schrifststellerin, Lektorin und Drehbuchautorin. Zusammen mit Danilo Di Luca schrieb sie Bestie da vittoria (Piemme, 2016) und mit Daniele Nardi La via perfetta (Einaudi Stile Libero, 2019). Mit dem Roman E poi saremo salvi (Mondadori, 2021) gewann sie den Premio Viareggio-Rèpaci Opera Prima und war unter den fünf Finalist*innen für den Premio Strega 2022.
Produktdetails
- Verlag: Nonsolo
- Originaltitel: E poi saremo salvi
- Seitenzahl: 294
- Erscheinungstermin: 17. Oktober 2023
- Deutsch
- Abmessung: 206mm x 131mm x 27mm
- Gewicht: 397g
- ISBN-13: 9783947767144
- ISBN-10: 3947767145
- Artikelnr.: 68016573
Herstellerkennzeichnung
nonsolo Verlag UG
Hildastraße 5
79102 Freiburg
info@nonsoloverlag.de
"In ihrem erfolgreichen Debütroman [...] vermeidet Alessandra Carati jede Betroffenheitsgeste. Sie folgt der Logik der geschilderten Ereignisse. Wenn man sich für den Krieg und für das Böse entscheidet, kann der Schaden, der dadurch verursacht wird, nicht immer repariert werden, sagt Alessandra Carati. Deswegen bietet das Buch auch keinen Trost." - Antonio Pellegrino, BR 24 "In direktem, schnörkellosem Stil setzt sich Alessandra Carati mit den tiefen Wunden des Exils auseinander; ein bewegender Roman über komplexe, oft unausgesprochene Beziehungen, vom Schmerz zerrissene Persönlichkeiten und deren Unfähigkeit, ihr Leid zu teilen." Marzia Fontana, La Lettura - Corriere della Sera "Caratis Erzählstimme lässt uns an einem stetig anwachsenden Gefühlsstrom teilhaben. Sie konstruiert ihr Werk bewusst außerhalb der üblichen Muster und Stereotypen rund um das Thema Migration." Mirella Serri, Tuttolibri
Gibt es eine echte Rettung vor Krieg und (vererbten) Traumata?
Aida ist 6 Jahre alt, als sie im Jahr 1992 mit ihren Eltern aus ihrer bosnischen Heimat vor dem Krieg flieht. Was folgt, ist nicht nur eine gefährliche Flucht durch ein bereits kriegsgebeuteltes Gebiet, sondern auch ein Ankommen …
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Gibt es eine echte Rettung vor Krieg und (vererbten) Traumata?
Aida ist 6 Jahre alt, als sie im Jahr 1992 mit ihren Eltern aus ihrer bosnischen Heimat vor dem Krieg flieht. Was folgt, ist nicht nur eine gefährliche Flucht durch ein bereits kriegsgebeuteltes Gebiet, sondern auch ein Ankommen in Italien, das zwar physisch zunächst Frieden verspricht, innerlich kann jedoch kein Familienmitglied die schrecklichen Erfahrungen abstreifen. Hinzu kommt die stete Sorge und Trauer um die zurückgelassenen Familienmitglieder und Freunde.
In diesem Rahmen erzählt Alessandra Carati auf drei Zeitebenen zwischen 1992 und 2013 die Geschichte einer Flucht, eines Ankommens und einer Rückkehr.
Poetisch und sensibel, mit einem besonderen Blick für die menschlichen Zwischentöne beschreibt die Autorin die Herausforderungen für das Familienleben, bei dem die Integration in das neue Umfeld der Sehnsucht nach der Heimat und dem Schmerz der Kriegserfahrung gegenübersteht und wie ein Pendel ausschlagen, ohne je in ein echtes Gleichgewicht zu finden, eben weil dies vielleicht auch kaum möglich ist.
In einer Familie zeigt Carati so die Variation von Traumata durch Kriegs- und Fluchterfahrung und den Umgang mit diesen, von Abgrenzung, Aggression über innere Verschlossenheit bis hin zur Psychose.
Und dann sind wir gerettet ist ein schmerzhaftes und hoffnungsvolles Buch zugleich, das nicht nur inhaltlich mit einem sensiblen Blick für psychische und soziale Herausforderungen in Verbindung mit Krieg, Flucht und Neuanfang, sondern auch einer wundervoll poetischen Sprache der Autorin überzeugt. An dieser Stelle muss auch die herausragende Übersetzung aus dem Italienischen unbedingt erwähnt werden.
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Der Roman "Und dann sind wir gerettet" erzählt die Geschichte von Aida und ihrer Familie, die vor dem Jugoslawienkrieg nach Italien fliehen müssen. Das Trauma von Krieg und Flucht prägt das Leben von Aida nachhaltig. Besonders bedrückend ist der Zustand ihrer Mutter, …
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Der Roman "Und dann sind wir gerettet" erzählt die Geschichte von Aida und ihrer Familie, die vor dem Jugoslawienkrieg nach Italien fliehen müssen. Das Trauma von Krieg und Flucht prägt das Leben von Aida nachhaltig. Besonders bedrückend ist der Zustand ihrer Mutter, den die junge Aida kaum begreifen kann. Die Autorin zeigt einfühlsam, wie Aida in Italien schon bald zwischen zwei Welten lebt.
Aidas Familie findet Hilfe und die enge Beziehung zu Emilia, obwohl von ambivalenten Motiven geprägt, spielt eine zentrale Rolle in ihrer Integration in die italienische Gesellschaft. Die Entscheidung zwischen zwei Heimaten und Identitäten wird für Aida immer drängender. Die Vernachlässigung der Schule durch geflüchtete Jugendliche aus Hoffnung auf Rückkehr in ihre Heimatländer wird ebenso wie Aidas persönlicher Kampf mit den eigenen Bedürfnissen und Verantwortlichkeiten authentisch dargestellt.
Die realistische Darstellung der Hilflosigkeit der Familie und die Unterstützung von außen, die das Innenleben der Familie nicht verstehen und dementsprechend nicht helfen kann, zeigen eindringlich die Einsamkeit im Umgang mit solchen Herausforderungen auf. Dazu trägt außerdem die poetische und einfühlsame Sprache der Autorin bei, welche die Auswirkungen des Krieges auf individueller Ebene greifbar macht, ohne explizit zu erklären.
Insgesamt überzeugt "Und dann sind wir gerettet" durch seine einfühlsame Darstellung der Flucht, der schwierigen Integration in einer fremden Gesellschaft und des familiären Dramas. Die poetische Sprache und die detaillierten Charakterstudien machen den Roman zu einem berührenden Leseerlebnis, das die Leser:innen auf eine emotionale Reise mitnimmt. Dabei schafft es die Autorin, die Schwere des Themas immer wieder auch mit einer gewissen Leichtigkeit zu erzählen, ohne dabei die tiefgreifenden Auswirkungen des Krieges zu vernachlässigen.
Das Buch wurde zudem durch die Europäische Union gefördert - was für eine gute Erinnerung, wählen zu gehen, damit solche Projekte bestehen bleiben und für Verständigung unter den Menschen sorgen können.
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Beschrieben wird in diesem Roman das Leben der Ich-Erzählerin Aida die im Alter von 6 Jahren mit ihrer schwangeren Mutter in letzter Minute vor den „ethnischen Säuberungen“ der Mörderbanden der serbischen Nationalisten, zunächst zur Grenze und dann mit dem dort …
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Beschrieben wird in diesem Roman das Leben der Ich-Erzählerin Aida die im Alter von 6 Jahren mit ihrer schwangeren Mutter in letzter Minute vor den „ethnischen Säuberungen“ der Mörderbanden der serbischen Nationalisten, zunächst zur Grenze und dann mit dem dort wartenden Vater, nach Italien flieht.
Dort angekommen ähnelt die weitere Familiengeschichte von außen betrachtet derjenigen von Millionen Migranten. Ankommen, Arbeit finden, malochen, Geld nach Hause schicken und den Traum einer Rückkehr erst nach Jahrzehnten aufgeben.
Doch diese Familie ist durch die Flucht traumatisiert. Die Mutter zieht sich in sich zurück, der Vater in den Rhytmus von schuften und schlafen.
Kaum gerettet und in Italien in Sicherheit angekommen wird ein Schaf gekauft und nachdem man es eine Weile versorgt hat, wird ihm im Rahmen eines stumpfsinnigen und dummen „Ritus“ anläßlich des muslimischen „Opferfestes“ die Kehle durchgeschnitten. Was für ein fragwürdiges Opfer wird da erbracht, wenn man das Leben eines anderen Lebewesens opfert.
Aida erlebt das Schicksal vieler Mädchen in muslimischen Familien. Obwohl die Familie liberal ist, hat Schulbildung keine Wichtigkeit, erst recht nicht für ein Mädchen und man geht ja eh bald zurück.
Einziger Sonnenstrahl in diesem von Tristesse und Lieblosigkeit geprägten Familienleben ist der kurz nach der Ankunft in Italien geborene Bruder Ibro. Doch auch dessen Existenz kann ihre ganz normalen emotionalen Bedürfnisse nicht ausgleichen.
So rettet sich Aida zunehmend zu einem zu Freunden gewordenen kinderlosen italienischen Ehepaar, welches der Familie seit ihrer Ankunft im Rahmen ihrer Möglichkeiten hilft. Diese haben Aidas Potenzial erkannt und unterstützen sie bei ihrem Medizinstudium.
Auch der brüchige Frieden, der nach all dem Grauen und Gemetzel des als Jugoslawienkrieg bezeichneten Krieges, erreicht wurde, hat nicht zur vollständigen Rückkehr der Familie in die Heimat geführt.
Diesem Bildungsroman per definitionem gab die Autorin eine interessante Struktur.
Beschrieben werden in 4 Abschnitten jeweils 1-2 Jahre. Dann noch ein Epilog. Zwischen den Abschnitten liegen jeweils 10 Jahre. Aida ist in den jeweiligen Abschnitten also etwa 6 Jahre alt, dann 16, 26 und 36.
Diese Konstruktion ermöglicht es der Autorin die wesentlichen Lebensabschnitte der Protagonisten zu beschreiben und den Roman nicht zu sehr ausufern zu lassen.
Ich hätte mir aber gewünscht, daß dies den Lesenden in einem Vorwort kurz erklärt wird.
Das Buch ist in viele kleine, teilweise nur eine Seite umfassende Kapitelchen gestückelt und so empfand ich den Erzählstrang weniger wie einen Film, sondern eher wie ein Fotoalbum mit vielen Polaroidfotos.
Der Stil ist mehr ein beschreibender, als ein poetischer und wenn die Autorin immer wieder mal ein oder zwei philosophische Erkenntnisse einstreut, dann klangen diese für mich meist ein wenig deplatziert.
Dennoch haben mich einige ihrer Formulierungen und Feststellungen zu Tränen gerührt oder mit offenem Mund (entsetzt) sein lassen.
Die direkte Rede in diesem Buch war für mich problematisch, denn bis auf Ibro, den Bruder der Hauptfigur Aida, läßt die Autorin alle Figuren in der gleichen Weise sprechen und selbst die Mutter, die weder lesen noch schreiben gelernt hat, drückt sich, wenn sie mal etwas sagt, gebildet aus. Da hätte ich mir mehr Mühe der Autorin gewünscht, die Sprache der Figuren ihrer Beschreibung anzupassen.
Das ist zum Beispiel einer der Gründe, warum ich mich als Leser dieses Buches stellenweise wie ein ungebetener Gast gefühlt habe, dem man es nicht allzu bequem machen will, damit er sich nicht bei einem festsetzt.
Ein weiteres Beispiel für dieses Gefühl als Leser ist, daß zwar die erste pubertäre zaghafte Annäherung an einen Jungen im Teenageralter ausführlich beschrieben wird, dann aber nichts mehr kommt und einem kurz vor Schluß dann ein Ehemann präsentiert wird, mit dem man schon Jahre zusammen ist. Damit fühlt man sich als Leser vom Geschehen ausgeschlossen und vor den Kopf gestoßen.
So sind die ersten beiden Drittel des Buches zwar interessant, aber ein wenig holprig, doch dann, als es um die Problematik mit ihrem Bruder Ibro geht, zeigt die Autorin mehr Talent und man fühlt sich einbezogen und mitgenommen.
Ein wenig mehr Recherche hätte dem Buch auch gut getan. Entsetzt war ich zu lesen, daß die Flüchtlingsfamilie das stehengelassene Abendessen ins Klo geschüttet haben soll. Derartiges würde eine muslimische Familie wie diese niemals tun.
Ein durchaus lesenswerter Roman, wenn man nicht allzu große stilistische Ansprüche stellt, mit einer geradezu beklemmenden Aktualität, da die serbischen Nationalisten in den Jahren 2023/2024 durch den Angriffskrieg des Diktators des russischen „Brudervolkes“ wieder Auftrieb verspüren Ihre großserbischen Machtphantasien mit Gewalt durchzusetzen.
Allerdings hätte das Buch eine weniger fade und nichtssagende Covergestaltung durchaus verdient.
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„Und dann sind wir gerettet“, das Romandebut von Alessandra Carati, erschienen 2023 im nonsolo Verlag, ist eines dieser seltenen Bücher, die mensch nicht mehr aus der Hand legen möchte: Ein Ausnahmebuch, das es verdient, auf den Bestsellerlisten ganz weit nach oben zu wandern. …
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„Und dann sind wir gerettet“, das Romandebut von Alessandra Carati, erschienen 2023 im nonsolo Verlag, ist eines dieser seltenen Bücher, die mensch nicht mehr aus der Hand legen möchte: Ein Ausnahmebuch, das es verdient, auf den Bestsellerlisten ganz weit nach oben zu wandern. Ein Buch, dem ich nicht mit einer kurzen Rezension gerecht werden kann.
Die Autorin beschreibt die Situation einer Familie auf der Flucht vor dem Bosnienkrieg so klar, schnörkellos, gedrängt, teilweise gewaltvoll aber vor allem immer auch poetisch, dass es einen direkt packt. Vor allem die Sprache ist einfach wunderschön. Der erste Abschnitt April 1992/Flucht gibt vor allem indirekte Informationen über den Jugoslawienkrieg. Es ist eher der emotionale Gehalt, der einem mit aller Brutalität bewusst wird.
Im zweiten Abschnitt, 1992/1993/Die Familie zieht mit der Geburt von Ibro auch das Thema "Geschwister" in den Roman ein. Ich hatte mich schon davor gefragt, wie es wohl sein muss, wenn ein Geschwisterkind Krieg, Flucht und alte Heimat am eigenen Leib erlebt hat und erinnert und das andere nicht. Beide sind zwar Teil derselben Familie, wachsen aber unter so unterschiedlichen Voraussetzungen auf, das stelle ich mir schwierig vor. Zumal die Eltern sich zunehmend so traumatisiert zeigen, dass hier wenig Unterstützung vorhanden ist: Der Vater, der immer aggressiver und gewaltvoller wird, weil er keine Lösung für all die Probleme finden kann und die Mutter, die sich immer weiter zurückzieht und apathisch schweigt, keine Liebe mehr geben kann. Beide Eltern erzeugen wirklich heftige und gewaltvolle Momente in ihrer Hilflosigkeit.
Die Familie zeigt ansonsten erstaunlich wenig Anpassungsprobleme, verdrängt aber mehr oder minder erfolgreich durchweg, dass der Krieg noch länger dauern kann. Immer wieder wird das Hier und Jetzt als Provisorium angesehen, wird beschworen, dass man zurückgehen wird. Das macht es schwierig anzukommen und sich weiterzuentwickeln.
Bedrückend, wie sehr der Krieg auch zehn Jahre später noch das Leben der Familien bestimmt. Sehr plastisch wird für mich beschrieben, wie absurd die recht willkürliche Neuaufteilung in neue autonome Länder ist - mit weitreichenden Konsequenzen für die Bevölkerung, die entwurzelt wird und neu zugeordnet, was auch zu extremem Misstrauen unter Menschen führt, die früher alle zusammen an einem Ort gelebt haben. Die daraus abgeleiteten Gedanken, dass man nun für immer im Exil ist und seine Heimat verloren hat, dass sie nicht wieder herstellbar ist, finde ich zutiefst schmerzhaft. Verrückt, wie die Elterngeneration dann dennoch weiter an einer Rückkehr klammert und sich einfach nicht neu in Italien zuordnen und einleben kann. Ein Leben auf gepackten Koffern, mit einer ständig aufgeklappten Schere im Herzen.
Carati schildert all dieses so dicht und emotional stark und mensch ist durchgehend sehr berührt von allen Figuren. Es fühlt sich an, als wären sie alle in Schraubzwingen gepresst, beim Lesen oft kaum auszuhalten. Man wünscht ihnen allen so sehr Luft unter den Flügeln.
Der letzte Abschnitt bringt noch einmal eine starke Wendung mit sich, die ich hier auf keinen Fall spoilern möchte. Was ich aber noch sagen kann: Fertig mit dem Buch und auch ein bisschen fertig mit der Welt war für mich im letzten Abschnitt sehr eindrücklich, dass es einfach nie ein vollkommenes Ankommen in der neuen Welt gibt. Aida macht eigentlich eine Vorzeigeintegrationsgeschichte durch und dennoch verfolgt sie bis zum Schluss der Krieg, das Trauma, die Zerrissenheit. Wie muss es sein, immer aus einem empfundenen Defizit heraus zu leben (und sich zeitgleich immer schuldig zu fühlen und das Gefühl zu haben, aus allem das Maximum rausholen zu müssen, denn man hat es ja herausgeschafft, anders, als viele andere)? Auch in diesem letzten Abschnitt ist der Krieg präsent, wie eine mahnende Wolke, die über allem schwebt und sich nie richtig auflöst. Vor allem aber erscheint der Krieg hier auch als Erblast, als etwas, aus dem man als Sieger:in im neuen Leben hervorgehen muss.
Das Buch hat für mich bis zum letzten Satz einfach alles eingehalten, was ich mir von einem Buch nur wünschen kann. Sprachlich einfach ganz besonders ausgezeichnet, durchweg zutiefst berührend, eine so kluge Geschichte über das, was Kriege EIGENTLICH auslösen, in uns, in den Menschen, im Miteinander, wie weitreichend die Folgen über Generationen hinweg sind, ich bin auf eine sehr gute Art vollkommen zerstört 5-Sterne-deluxe, ich würde gerne 6 Sterne geben können. Einzig die einleitenden Zitate vor den Abschnitten hätte ich nicht gebraucht. Sie geben für mich nichts dazu, das ist so ein komisches Dekor, das gegen den Roman sowieso nur abfallen kann. Und wenn ich mir etwas für die nächste Auflage wünschen dürfte, wären das noch ein paar mehr Begriffserläuterungen. Aber das sind Marginalitäten angesichts dieses wirklich großen Wurfs. Ich hoffe, wir werden noch ganz viel von Alessandra Carati zu lesen bekommen.
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„Und dann sind wir gerettet“ ist die Geschichte der kleinen Aida, die mit 6 Jahren vor dem Jugoslawien Krieg von Bosnien nach Italien geflohen ist. Während der Krieg ihr Zuhause vollkommen zerstört, wächst sie mit ihrem kleinen Bruder Ibro zwar behütet, aber in einem …
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„Und dann sind wir gerettet“ ist die Geschichte der kleinen Aida, die mit 6 Jahren vor dem Jugoslawien Krieg von Bosnien nach Italien geflohen ist. Während der Krieg ihr Zuhause vollkommen zerstört, wächst sie mit ihrem kleinen Bruder Ibro zwar behütet, aber in einem ihr völlig fremden Land auf. Die ganze Familie leidet under dem Schmerz und der Trauer des Krieges und versucht gleichzeitig in Italien Fuß zu fassen. Doch das Leben der kleinen Familie gerät immer mehr aus den Fugen.
Ehrlich gesagt hatte ich mit dem Buch so meine Schwierigkeiten. Der Schreibstil ist zwar super angenehm und flüssig zu lesen, aber ich konnte mit keinem der Charaktere im Verlauf der Geschichte wirklich warm werden. Gerade zu Beginn klang das Ganze mehr wie eine reine Abhandlung der Geschehnisse ohne das große Emotionen dabei vorkamen. Vielleicht wäre an der Stelle auch ein Vorwort nett gewesen, um dem Leser zu zeigen auf was genau er sich da einlässt. Wir haben die Geschichte immer nur aus der Sicht von Aida erzählt bekommen und nie erfahren was in den Köpfen von ihren Eltern oder ihrem Bruder wirklich vorgeht.
Das hätte dem Buch in meinen Augen deutlich mehr Tiefe verliehen, da wir uns nicht nur auf Aidas Einschätzungen hätten verlassen müssen. Immer wieder gab es Momente, die mich emotional tief berührt haben, aber leider konnte die Autorin diese Emotionen nicht beibehalten. Während mir einige Abschnitte zu monoton und langweilig waren, hätte ich mir an anderer Stelle gewünscht, dass mehr ins Detail gegangen wird. Gerade als Aidas Leben sich teilweise zum positiven wendet, erfahren wir darüber so gut wie gar nichts. Das Trauma, dass man durch so eine Flucht erlebt und wie schwierig es ist in einem neuen Land anzukommen, hätte man in meinen Augen nachvollziehbarer gestalten können. Das Thema ist nach wie vor wichtig und hier hätte die Geschichte noch einiges an Potenzial gehabt.
Eine Geschichte mit viel Potenzial und einigen emotionalen Momenten, die aber noch einiges an Luft nach oben hat und mit deren Charakteren man nicht wirklich warm wird.
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