Marianna Kurtto
Gebundenes Buch
Tristania
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Zwei Menschen, die sich in ihrer heimischen Inselgemeinschaft nicht zu Hause fühlen: Der Fischer Lars lässt Frau und Sohn auf Tristan da Cunha zurück, weil er sich in England neu verliebt hat. Und auch Martha, die Insellehrerin, träumt von einem Schiff, das sie mitnimmt. Sie musste erfahren, dass sie nicht allen Insulanern vertrauen und überdies mit ihrem Mann kein Kind bekommen kann. Und dann, eines Tages, bricht auf Tristan der Vulkan aus. Alle Bewohner müssen fliehen. Nur Jon, Lars' Sohn und Marthas Schüler, wird plötzlich vermisst, und Lars und Martha erkennen, dass ihre Schicksale...
Zwei Menschen, die sich in ihrer heimischen Inselgemeinschaft nicht zu Hause fühlen: Der Fischer Lars lässt Frau und Sohn auf Tristan da Cunha zurück, weil er sich in England neu verliebt hat. Und auch Martha, die Insellehrerin, träumt von einem Schiff, das sie mitnimmt. Sie musste erfahren, dass sie nicht allen Insulanern vertrauen und überdies mit ihrem Mann kein Kind bekommen kann. Und dann, eines Tages, bricht auf Tristan der Vulkan aus. Alle Bewohner müssen fliehen. Nur Jon, Lars' Sohn und Marthas Schüler, wird plötzlich vermisst, und Lars und Martha erkennen, dass ihre Schicksale untrennbar mit der Insel verbunden sind.In poetischer, bildmächtiger Sprache erzählt Marianna Kurtto eine universell menschliche Geschichte voll spannungsreicher Wendungen - mit Figuren, die uns nahe sind in ihren Irrungen und Wirrungen und in ihrer Sehnsucht nach der wirklichen Heimat.
Marianna Kurtto, geboren 1980 in Helsinki, lebt seit einigen Jahren auf dem Land, als Writer in Residence im Haus der Schriftstellerin Eeva Joenpelto. In Finnland erschienen von ihr bisher fünf Gedichtbände und zwei Romane. Sie wurde mit diversen Literaturpreisen ausgezeichnet. Ihr Debütroman »Tristania« wurde für den Preis des Nordischen Rates nominiert, in mehrere Sprachen übersetzt und ist ihr erstes Werk, das auf Deutsch erscheint. Stefan Moster, geboren 1964 in Mainz, lebt als Autor und Übersetzer in Berlin. Er unterrichtete an den Universitäten München und Helsinki; 2001 erhielt er den Staatlichen finnischen Übersetzerpreis.
Produktdetails
- Verlag: mareverlag
- Originaltitel: Tristania
- Seitenzahl: 304
- Erscheinungstermin: 26. Juli 2022
- Deutsch
- Abmessung: 209mm x 134mm x 29mm
- Gewicht: 463g
- ISBN-13: 9783866486560
- ISBN-10: 3866486561
- Artikelnr.: 63782504
Herstellerkennzeichnung
mareverlag GmbH
Pickhuben 2
20457 Hamburg
mare@marbuch.de
Warum nimmt nichts die Sehnsucht?
In Marianna Kurttos melancholischem Roman "Tristania" verlässt ein Mann seine Familie - aber auch die entlegenste bewohnte Insel der Welt
Neunzehn Jahre ist es her, seit Raoul Schrott aus der Perspektive einer Wissenschaftlerin, eines Pfarrers, eines Funkers und eines Briefmarkensammlers von einer Vulkaninsel im Atlantik erzählte, und man konnte schon damals, in diesem herrlich redseligen Wälzer, kaum glauben, dass es einen derart abseitigen und doch besiedelten Ort wie Tristan da Cunha tatsächlich gibt. Die karge Insel, die lange nur Walfängern bekannt war, liegt 4100 Kilometer östlich von Buenos Aires, 2800 Kilometer westlich von Kapstadt, sie gehört seit 1816 zu Großbritannien,
In Marianna Kurttos melancholischem Roman "Tristania" verlässt ein Mann seine Familie - aber auch die entlegenste bewohnte Insel der Welt
Neunzehn Jahre ist es her, seit Raoul Schrott aus der Perspektive einer Wissenschaftlerin, eines Pfarrers, eines Funkers und eines Briefmarkensammlers von einer Vulkaninsel im Atlantik erzählte, und man konnte schon damals, in diesem herrlich redseligen Wälzer, kaum glauben, dass es einen derart abseitigen und doch besiedelten Ort wie Tristan da Cunha tatsächlich gibt. Die karge Insel, die lange nur Walfängern bekannt war, liegt 4100 Kilometer östlich von Buenos Aires, 2800 Kilometer westlich von Kapstadt, sie gehört seit 1816 zu Großbritannien,
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und sie hat auch andere Dichter schwer fasziniert.
Manche von ihnen schrieben ganze Romane über das Eiland wie Johann Gottfried Schnabel, der sich von Tristan da Cunha wohl zu seiner utopischen Geschichte "Insel Felsenburg" inspirieren ließ. Andere streiften es nur, nutzten das unvorstellbar weltferne Tristan, so schrieb es der Literaturwissenschaftler Karl Guthke in einer thematischen Zusammenschau, eher als "Zauberwort".
In "Tristania", dem Debütroman der finnischen Dichterin Marianna Kurtto, wird die Insel zur Kulisse eines Ehedramas, das genauso gut in einer europäischen Reihenhaussiedlung hätte spielen können, nun aber durch die Entlegenheit des Schauplatzes, die Kargheit seiner Landschaft und den Vulkanausbruch vom 12. Oktober 1961 - der vorübergehend zur Evakuierung der Bevölkerung nach Kapstadt führte - ins Tagtraumhafte, ja Poetische gezogen wird.
Die Figuren der Handlung sind anfangs schwer zu erkennen. Kurtto hat die Story zersplittert, sie lässt bewusst vieles aus, deutet manches nur an, und der Blickwinkel wechselt von Abschnitt zu Abschnitt. Wir begegnen Jon, einem melancholischen Knaben, der seinen Vater vermisst und seine Mutter "um Verzeihung bitten" möchte, "dafür dass ich immer derselbe bin", besagter Mutter, die Lisa heißt und bei einem Spaziergang zu den Schafen darüber nachdenkt, dass sich "etwas verschoben" hat, der Lehrerin Martha, die ebenso kinderlos wie depressiv mit ihrem Mann im Nachbarhaus lebt.
Und neben weiteren Inselbewohnern begegnen wir vor allem Lars, dem vermissten Vater. Er erwacht eines Tages in London, eine sechswöchige Seereise von seiner Familie entfernt, neben ihm eine lebensfrohe Blumenhändlerin voller Sommersprossen, um ihn eine Stadt, in der sie "Fisch mögen, der zum Zwieback gebraten wird", und viele andere Gewohnheiten haben, die ihm fremd sind. Die Eltern seiner Geliebten essen "mit blinkenden Gabeln" und legen Wert darauf, "wie man eine Kaffeetasse hebt". Auf Tristan wird "das Bier aus Blechtassen mit oxidierten Henkeln" getrunken.
So wird das Leben in der Fremde bei allen Vorzügen, die eine anonyme Großstadt im Vergleich zu einer 250 Seelen umfassenden Inselgesellschaft hat, immer stärker zu einer Erinnerung an das, was er verließ, und "Tristania" zu einem Buch über Sehnsüchte, Treue und Untreue und Verantwortung und Schuld. Bis der Vulkan als äußerer Ausdruck der inneren Anspannung, die viele Bewohner der Insel beherrscht und lähmt, einfach ausbrechen muss und sich alles noch mal neu sortieren darf.
Gewöhnungsbedürftig ist die von Stefan Moster ins Deutsche übertragene bildhafte Sprache von Marianna Kurtto. Sie ist voller Stolperfallen ("Dann schaut Martha aufs Meer, dessen Diamanten sich getrübt haben") und schrammt manchmal haarscharf am Kitsch entlang. Die Lehrerin Martha kann vom Ufer aus den Walen im Atlantik zuhören: "Sie unterhalten sich über das Wetter. Sie wählen ihre Partner aus, und wenn die Wahl getroffen ist, gilt sie für das ganze Leben." Yvonne in London verstreut auch mal Blumen auf den Bänken im Park, oder sie will "auf der Haut die harten Schläge des Regens spüren". Im Meer versinkt ein Schiff "mit einem kompletten Zirkus an Bord". Am Himmel "pulsieren" die Sterne "wie aus Licht geschnitzte Medusen".
Aber vielleicht gehört sich das einfach so, wenn eine Autorin, die vorher fünf Gedichtbände schrieb, ihren ersten Roman verfasst. 2019 jedenfalls war Marianna Kurttos stiller Roman "Tristania" - der keineswegs nur melancholisch-verträumte, sondern auch heftigere Passagen hat - einer der beiden finnischen Vorschläge für den renommierten Literaturpreis des Nordischen Rates.
Auf der offiziellen Homepage von Tristan ist unterdessen zu lesen, dass die einzige Siedlung der Insel, Edinburgh of the Seven Seas, aktuell 238 Bewohner mit neun unterschiedlichen Nachnamen habe. MATTHIAS HANNEMANN
Marianna Kurtto: "Tristania". Roman.
Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Mare Verlag, Hamburg 2022. 304 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Manche von ihnen schrieben ganze Romane über das Eiland wie Johann Gottfried Schnabel, der sich von Tristan da Cunha wohl zu seiner utopischen Geschichte "Insel Felsenburg" inspirieren ließ. Andere streiften es nur, nutzten das unvorstellbar weltferne Tristan, so schrieb es der Literaturwissenschaftler Karl Guthke in einer thematischen Zusammenschau, eher als "Zauberwort".
In "Tristania", dem Debütroman der finnischen Dichterin Marianna Kurtto, wird die Insel zur Kulisse eines Ehedramas, das genauso gut in einer europäischen Reihenhaussiedlung hätte spielen können, nun aber durch die Entlegenheit des Schauplatzes, die Kargheit seiner Landschaft und den Vulkanausbruch vom 12. Oktober 1961 - der vorübergehend zur Evakuierung der Bevölkerung nach Kapstadt führte - ins Tagtraumhafte, ja Poetische gezogen wird.
Die Figuren der Handlung sind anfangs schwer zu erkennen. Kurtto hat die Story zersplittert, sie lässt bewusst vieles aus, deutet manches nur an, und der Blickwinkel wechselt von Abschnitt zu Abschnitt. Wir begegnen Jon, einem melancholischen Knaben, der seinen Vater vermisst und seine Mutter "um Verzeihung bitten" möchte, "dafür dass ich immer derselbe bin", besagter Mutter, die Lisa heißt und bei einem Spaziergang zu den Schafen darüber nachdenkt, dass sich "etwas verschoben" hat, der Lehrerin Martha, die ebenso kinderlos wie depressiv mit ihrem Mann im Nachbarhaus lebt.
Und neben weiteren Inselbewohnern begegnen wir vor allem Lars, dem vermissten Vater. Er erwacht eines Tages in London, eine sechswöchige Seereise von seiner Familie entfernt, neben ihm eine lebensfrohe Blumenhändlerin voller Sommersprossen, um ihn eine Stadt, in der sie "Fisch mögen, der zum Zwieback gebraten wird", und viele andere Gewohnheiten haben, die ihm fremd sind. Die Eltern seiner Geliebten essen "mit blinkenden Gabeln" und legen Wert darauf, "wie man eine Kaffeetasse hebt". Auf Tristan wird "das Bier aus Blechtassen mit oxidierten Henkeln" getrunken.
So wird das Leben in der Fremde bei allen Vorzügen, die eine anonyme Großstadt im Vergleich zu einer 250 Seelen umfassenden Inselgesellschaft hat, immer stärker zu einer Erinnerung an das, was er verließ, und "Tristania" zu einem Buch über Sehnsüchte, Treue und Untreue und Verantwortung und Schuld. Bis der Vulkan als äußerer Ausdruck der inneren Anspannung, die viele Bewohner der Insel beherrscht und lähmt, einfach ausbrechen muss und sich alles noch mal neu sortieren darf.
Gewöhnungsbedürftig ist die von Stefan Moster ins Deutsche übertragene bildhafte Sprache von Marianna Kurtto. Sie ist voller Stolperfallen ("Dann schaut Martha aufs Meer, dessen Diamanten sich getrübt haben") und schrammt manchmal haarscharf am Kitsch entlang. Die Lehrerin Martha kann vom Ufer aus den Walen im Atlantik zuhören: "Sie unterhalten sich über das Wetter. Sie wählen ihre Partner aus, und wenn die Wahl getroffen ist, gilt sie für das ganze Leben." Yvonne in London verstreut auch mal Blumen auf den Bänken im Park, oder sie will "auf der Haut die harten Schläge des Regens spüren". Im Meer versinkt ein Schiff "mit einem kompletten Zirkus an Bord". Am Himmel "pulsieren" die Sterne "wie aus Licht geschnitzte Medusen".
Aber vielleicht gehört sich das einfach so, wenn eine Autorin, die vorher fünf Gedichtbände schrieb, ihren ersten Roman verfasst. 2019 jedenfalls war Marianna Kurttos stiller Roman "Tristania" - der keineswegs nur melancholisch-verträumte, sondern auch heftigere Passagen hat - einer der beiden finnischen Vorschläge für den renommierten Literaturpreis des Nordischen Rates.
Auf der offiziellen Homepage von Tristan ist unterdessen zu lesen, dass die einzige Siedlung der Insel, Edinburgh of the Seven Seas, aktuell 238 Bewohner mit neun unterschiedlichen Nachnamen habe. MATTHIAS HANNEMANN
Marianna Kurtto: "Tristania". Roman.
Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Mare Verlag, Hamburg 2022. 304 S., geb., 24,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Johann Gottfried Schnabel schrieb über die Insel Tristan da Cunha im Atlantik, ihm folgten zahlreiche Schriftsteller, zuletzt etwa Raoul Schrott. Nun siedelt die finnische Dichterin Marianna Kurtto ihren Debütroman dort an und Rezensent Matthias Hannemann lässt sich in den Bann ziehen von dem "Tagtraumhaften, Poetischen" der Kulisse. Zunächst hat der Kritiker einige Probleme, die verschiedenen Figuren in der oft nur angedeuteten Handlung zu erfassen. Bald aber erkennt er: Hier spielt sich ein Ehedrama ab, Vater Lars ist an der Seite einer Blumenhändlerin nach London verschwunden, Sohn Jon verfällt der Melancholie, Lehrerin Martha der Depression. Schließlich bricht ein Vulkan aus und alles wird noch einmal auf null gesetzt. Tristania ist ein Roman über Schuld, Treue und Sehnsüchte, erläutert Hannemann, der zwar gelegentlich über schiefe Bilder stolpert. Die deftigen Passagen im Roman sorgen aber für den Ausgleich, versichert der Kritiker.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Klappentext:
„Zwei Menschen, die sich in ihrer heimischen Inselgemeinschaft nicht zu Hause fühlen: Der Fischer Lars lässt Frau und Sohn auf Tristan da Cunha zurück, weil er sich in England neu verliebt hat. Und auch Martha, die Insellehrerin, träumt von einem Schiff, das …
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Klappentext:
„Zwei Menschen, die sich in ihrer heimischen Inselgemeinschaft nicht zu Hause fühlen: Der Fischer Lars lässt Frau und Sohn auf Tristan da Cunha zurück, weil er sich in England neu verliebt hat. Und auch Martha, die Insellehrerin, träumt von einem Schiff, das sie mitnimmt. Sie musste erfahren, dass sie nicht allen Insulanern vertrauen und überdies mit ihrem Mann kein Kind bekommen kann. Und dann, eines Tages, bricht auf Tristan der Vulkan aus. Alle Bewohner müssen fliehen. Nur Jon, Lars’ Sohn und Marthas Schüler, wird plötzlich vermisst, und Lars und Martha erkennen, dass ihre Schicksale untrennbar mit der Insel verbunden sind.
In poetischer, bildmächtiger Sprache erzählt Marianna Kurtto eine universell menschliche Geschichte voll spannungsreicher Wendungen – mit Figuren, die uns nahe sind in ihren Irrungen und Wirrungen und in ihrer Sehnsucht nach der wirklichen Heimat.“
Autorin Marianna Kurtto beleuchtet in ihrem Buch „Tristania“ viele Punkte zur selben Zeit: Ist Heimat wirklich „Heimat“? Muss ich mich in dieser Heimat auch zu Hause fühlen oder darf ich auch gehen? Und was denken die, für die Tristan da Cunha ihr Zuhause ist? Wo gehöre ich hin?
Im wahrsten Sinne tut sich hier die Erde auf, denn ein Vulkanausbruch bringt alle noch mehr durcheinander als ohnehin. Lars ist bereits gegangen, einer neuen Liebe wegen. Martha träumt und träumt und will einfach nur endlich „Heimat“ finden aber nicht auf Tristan da Cunha! Als dann der Vulkan ausbricht und alle die Insel verlassen müssen - für die Einen das pure Glück und für die Anderen das größte Unglück, verschwindet Lars‘ Sohn Jon. Seine Lehrerin Martha und eben Lars erkennen beide - Tristan da Cunha hält die beiden fester in ihren Klauen als gewünscht. Es gilt nun. den Jungen zu finden. Und vielleicht noch so viel mehr. Kurtto zeichnet höchst interessante Charaktere auf, verstrickt sich aber nach meiner Ansicht oft in in zu vielen Phrasen und langatmigen Dialogen oder Gedankengängen. Längen die gar nicht sein müssten. Manches Mal fiel es dadurch schwer der Geschichte zu folgen. Die bereits angepriesene bildmächtige Sprache ist definitiv zu finden - nur leider war es manches Mal einfach zu viel des Guten, zu übertrieben, zu gewollt. Kurtto haftet sich komplett an dieser bildhaften Sprache fest, dass man als Leser manches Mal vor lautet Rauch weder den Vulkan, noch Tristan da Cunha oder gar die Protagonisten sieht. Trotzdem ist die Geschichte besonders: die Charaktere wurden sehr intensiv von Kurtto „ausgemalt“ und nehmen uns Leser auf besondere „Reisen“ mit. Sie zeigen uns ihre Seele, ihr Denken, ihre Hoffnung und dann kam alles anders. Wie so oft im Leben kommt manches anders als geplant, und dann? Was macht man dann? Und wo zum Teufel ist denn diese „Heimat“? Das alles sind Fragen die man sich oft selber stellt oder gestellt hat wenn man endlich dort angekommen ist wo man hin wollte. Kurtto hat ein feines Gespür die Gefühle und Denkweisen der Menschen zu analysieren und diese hier in ihre Geschichte mit einweben zu lassen.
Fazit: weniger bildmächtige Sprache und dann passt es perfekt! Eine gute Geschichte mit Luft nach oben! 3 von 5 Sterne.
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Oktober, 1961: Als auf der kleinen südatlantischen Insel Tristan da Cunha der Vulkan ausbricht, geht es für die Menschen dort nicht nur um die Rettung ihrer eigenen Leben. Denn zusammen mit der Lava brechen Geheimnisse und Gefühle hervor, die fast genauso lange unter der …
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Oktober, 1961: Als auf der kleinen südatlantischen Insel Tristan da Cunha der Vulkan ausbricht, geht es für die Menschen dort nicht nur um die Rettung ihrer eigenen Leben. Denn zusammen mit der Lava brechen Geheimnisse und Gefühle hervor, die fast genauso lange unter der Oberfläche brodelten wie das bedrohliche Magma. Im Epizentrum des Ausbruchs: Lehrerin Martha, ihre Nachbarin Lise und deren nach England geflohener Mann Lars sowie Jon, Lises und Lars' Sohn.
Wer den Namen "Tristania" liest, erinnert sich zunächst vielleicht an die gleichnamige norwegische Gothic Metal-Band, die um die Jahrtausendwende in der Szene mit einigen gutklassigen Alben durchaus Beachtung fand. Was den Debütroman der finnischen Autorin Marianna Kurtto mit dieser Band verbindet, ist der traurige Grundton, der sich wie ein glühender Lavastrom durch die 300 Seiten bewegt. Die zweite Auffälligkeit betrifft den Übersetzer Stefan Moster, der sich in für ihn nicht unbekannten Gefilden bewegt. Denn schon im letzten Jahr reiste Moster für den mare-Verlag literarisch auf eine Insel des Südatlantiks und begleitete in Olli Jalonens herausragendem Roman "Die Himmelskugel" den kleinen Angus auf St. Helena.
Gleich zu Beginn fällt den Leser:innen die poetische Sprache auf, die Kurtto im Prolog genial einsetzt, um die Wellen vor Tristan auf die Suche nach menschlichem Leben nach dem - übrigens historisch belegten - Vulkanausbruch zu schicken. Diese Poesie behält sie für den Rest des Romans bei, wobei der Einsatz nicht immer gleichermaßen gelungen ist. Schöne und treffende Bilder wechseln sich mit bemüht wirkenden Vergleichen ab. Zudem verhindert die etwas artifiziell wirkende Sprache eine nähere Verbindung zu den Figuren.
Meisterlich ist hingegen die Komposition des Romans. Insbesondere bei der Figurenentwicklung gelingt es Kurtto, mit den Erwartungen der Leserschaft zu spielen und ihr immer wieder den Spiegel vorzuhalten, um festgelegte Vorurteile zu hinterfragen und wieder über den Haufen zu werfen. Dies gelingt ihr durch die verschiedenen Perspektiven der Charaktere. Wir folgen den Ich-Erzählern Jon und Lars und lassen uns von einem personalen Erzähler durch die Gedankenwelten von Martha und Lise begleiten. Doch Kurtto belässt es nicht bei den Protagonist:innen, sondern spielt dieses Spiel bis in die kleinsten Nebenfiguren hinein. So entpuppt sich eine eigentlich schwache Figur als eigentliche Heldin, während ein vermeintlich rechtschaffener Charakter das vielleicht dunkelste Geheimnis hütet.
Sehr gut hat mir zudem die Empathie der Autorin für ihre Figuren gefallen. Zwar schickt sie sie auf eine melancholische und traurige Reise, schenkt ihnen aber immer auch Hoffnung und zarte Momente des Glücks. Ganz erstaunlich ist auch, wie es Kurtto gelingt, trotz des durchweg ruhigen Erzähltempos gerade in der zweiten Hälfte des Romans eine intensive und hochdramatische Spannung zu erzeugen.
Nun ist es schwer, diese Rezension zu verfassen, ohne auf das Finale einzugehen. In der Tat ist es am besten, sich auf dieses einzulassen und vorher so wenig wie möglich darüber zu wissen. Nur so viel sei gesagt: Es gibt einen wahrlich dramatischen Wendepunkt in der Geschichte, der die Leserschaft spalten und ungläubig zurücklassen wird. In der jüngeren Literatur hat zuletzt vielleicht Alex Schulman mit "Die Überlebenden" für einen ähnlichen Effekt gesorgt.
Insgesamt ist "Tristania" ein lesenswerter und gelungener Roman mit bemerkenswerter Figurenkonzeption und einem traurig-leisen und dennoch hochspannenden Plot, der allerdings sprachlich manchmal zu viel will und im Finale aufgrund eines Überraschungseffekts ein wenig an Glaubwürdigkeit einbüßt. Um in eine passende melancholische Stimmung zu kommen, lesen Sie zur Einstimmung auf den Roman am besten den wunderbaren Prolog - und hören ganz nebenbei einmal "Beyond The Veil", das wohl beste Album von Tristania aus dem Jahre 1999.
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Unter der Oberfläche
Die kleine Vulkaninsel Tristan da Cunha ist eine der entlegensten bewohnten Insel der Welt. Die wenigen Einwohner leben von der Fischerei und Guano, einer begehrten Handelsware, die sie auf den nahgelegenen Vogelinseln sammeln. Nicht allzu häufig ankern Schiffe an der …
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Unter der Oberfläche
Die kleine Vulkaninsel Tristan da Cunha ist eine der entlegensten bewohnten Insel der Welt. Die wenigen Einwohner leben von der Fischerei und Guano, einer begehrten Handelsware, die sie auf den nahgelegenen Vogelinseln sammeln. Nicht allzu häufig ankern Schiffe an der schroffen südatlantischen Küste, ungünstige Winde erschweren manchmal ein Anlegen. Fremde Schiffe sind eine überlebensnotwendige Abwechslung, bringen Lebensmittel und andere nützliche Dinge zum Tausch.
Die finnische Autorin Marianna Kurtto hat diese karge Insel als Ort ihres Romans „Tristania“ gewählt. Die Ereignisse kreisen um wenige Personen und lassen sich zeitlich von den späten 1950er Jahren bis Mitte der 1960er Jahre einordnen. Eine wichtige Rolle spielt Lars, der einzige Bewohner, den es weit hinaus in die Welt zieht. Er ist oft monatelang unterwegs, bringt seinem Sohn Jon Bücher und Süßigkeiten von seinen Reisen mit. Irgendwann ist er länger als üblich verschwunden, hat sich mit einer neuen Frau in England eingerichtet. Das Leben seiner Frau Lise und seines Sohnes sind geprägt durch die Abwesenheit des Ehemanns und Vaters. In unmittelbarer Nachbarschaft von Lise und John leben Martha (Jons Lehrerin) und ihr Mann Bert, deren Ehe kinderlos geblieben ist, sowie Lises Freundin Elide mit ihrem Ehemann Paul und ihren zahlreichen Kindern.
Kurtto schreibt in einer bildreichen, lyrisch-poetischen Sprache. Sie erschafft eine melancholische Atmosphäre, lässt uns Stück für Stück an den Handlungen, Gedanken und der Gefühlswelt der Protagonist:innen teilhaben. Schon bald ist klar, dass es unter der Oberfläche brodelt, tiefe Verletzungen und traumatische Ereignisse stattgefunden haben müssen. Kurtto platziert Andeutungen sehr geschickt, führt uns in die Irre, lässt manches nur erahnen. Bilder wollen entschlüsselt werden, die Sichtweisen auf einzelne Personen verändern sich während des Lesens, nichts ist so, wie es zunächst scheint. 1961 kommt es zur Katastrophe: Der Vulkan bricht aus, nicht alle können evakuiert werden, einige Menschen werden vermisst. Lars, der von dem Unglück in der Zeitung erfährt, macht sich auf den Weg, in der Hoffnung, seine Angehörigen zu treffen ….
Kurtto erzählt eine tragische Geschichte von Sehnsucht, Versäumnissen, Fehlern, Schuld und Heimat. Die Sprache ist zutiefst poetisch, fast schon lyrisch und vermittelt eine sehr besondere, schwermütige Atmosphäre, in der ich mich regelrecht verfangen habe. Abseits des Mainstream ist „Tristania“ eine anspruchsvolle, literarische Perle, die mir sowohl inhaltlich als auch sprachlich in Erinnerung bleiben wird. Ich hoffe sehr, dass weitere Werke der Autorin ins Deutsche übersetzt werden. Die hier vorliegende Übersetzung von Stefan Moster ist übrigens eine Meisterleistung.
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