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Bret Easton Ellis' meisterhafter Roman erzählt eine traumatische Geschichte: Während seiner eigenen Schulzeit war ein Serienmörder in L.A. eine Bedrohung für die Jugendlichen.An der exklusiven Buckley Prep School taucht ein neuer Schüler auf. Robert Mallory ist intelligent, gutaussehend und charismatisch und zieht Bret magisch an. Obwohl sich Bret sicher ist, dass Robert ein düsteres Geheimnis hat, wird er Teil seiner Freundesgruppe. Als der Trawler, ein Serienmörder, der Jugendliche auf bestialische Weise umbringt, immer näher an ihn und seine Clique heranrückt, gerät Bret zunehmend...
Bret Easton Ellis' meisterhafter Roman erzählt eine traumatische Geschichte: Während seiner eigenen Schulzeit war ein Serienmörder in L.A. eine Bedrohung für die Jugendlichen.
An der exklusiven Buckley Prep School taucht ein neuer Schüler auf. Robert Mallory ist intelligent, gutaussehend und charismatisch und zieht Bret magisch an. Obwohl sich Bret sicher ist, dass Robert ein düsteres Geheimnis hat, wird er Teil seiner Freundesgruppe. Als der Trawler, ein Serienmörder, der Jugendliche auf bestialische Weise umbringt, immer näher an ihn und seine Clique heranrückt, gerät Bret zunehmend in eine Spirale aus Paranoia und Isolation. Doch wie zuverlässig ist Bret als Erzähler?
»The Shards« ist eine faszinierende Mischung aus Fakten und Fiktion, aus Realität und Fantasie, Sex und Eifersucht, Besessenheit und mörderischer Wut. Fesselnd, raffiniert, spannend, eindringlich und oft düster-komisch.
An der exklusiven Buckley Prep School taucht ein neuer Schüler auf. Robert Mallory ist intelligent, gutaussehend und charismatisch und zieht Bret magisch an. Obwohl sich Bret sicher ist, dass Robert ein düsteres Geheimnis hat, wird er Teil seiner Freundesgruppe. Als der Trawler, ein Serienmörder, der Jugendliche auf bestialische Weise umbringt, immer näher an ihn und seine Clique heranrückt, gerät Bret zunehmend in eine Spirale aus Paranoia und Isolation. Doch wie zuverlässig ist Bret als Erzähler?
»The Shards« ist eine faszinierende Mischung aus Fakten und Fiktion, aus Realität und Fantasie, Sex und Eifersucht, Besessenheit und mörderischer Wut. Fesselnd, raffiniert, spannend, eindringlich und oft düster-komisch.
Bret Easton Ellis wurde 1964 in Los Angeles geboren. Er besuchte die private Buckley School und begann 1986 ein Musikstudium am Bennington College in Vermont. Schon während seiner Highschool-Zeit bis in die Anfänge der 80er-Jahre spielte Ellis Keyboard in diversen New-Wave-Bands und wollte ursprünglich Musiker werden. Im Laufe des Studiums zog es ihn jedoch immer mehr zum Schreiben. Mit 21 Jahren veröffentlichte Ellis das Debüt 'Unter Null' und zog zwei Jahre später nach New York City. 1991 erschien 'American Psycho', der Roman machte ihn endgültig zum Kultautor. Seit 2006 lebt er wieder in Los Angeles, in der Nähe von Beverly Hills.

Produktbeschreibung
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- Originaltitel: The Shards
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 736
- Erscheinungstermin: 6. Juni 2024
- Deutsch
- Abmessung: 216mm x 137mm x 35mm
- Gewicht: 570g
- ISBN-13: 9783462006605
- ISBN-10: 3462006606
- Artikelnr.: 69134414
Herstellerkennzeichnung
Kiepenheuer & Witsch GmbH
Bahnhofsvorplatz 1
50667 Köln
produktsicherheit@kiwi-verlag.de
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Joachim Scholl lässt sich von Bret Easton Ellis keinen Bären aufbinden. Dessen ellenlanges, "larmoyantes" Vorwort zum neuen Roman durchschaut er flugs als "Mumpitz" des von "Slasher"-Fatasien geplagten Autors. Sei's drum. An der verkoksten und verkorksten Szenerie der Luxuskids im Los Angeles der frühen achtziger Jahre, die der Autor hier entwirft und die ein Serienmörder mit seinem Blutrausch aufstört, findet Scholl allemal Gefallen. Wie Ellis ein ums andere Mal in seinen Texten glitzernde Fassaden zum Einsturz bringt, scheint Scholl enorm unterhaltsam.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Boulevard der Dämmerung
Total Recall: "The Shards", der
neue Roman von Bret
Easton Ellis, verdichtet seine Werk- und Lebensthemen in der Form eines Albtraums.
Im Herbst 2005 saß Bret Easton Ellis auf dem Podium einer Stadtbibliothek in Neuengland und las aus seinem Roman "Lunar Park". Nach der Lesung fragte jemand, wie autobiographisch das alles sei. Ellis gab sich genervt. Bis vor ein paar Jahren verbot es sich geradezu, Schriftsteller nach dem Wahrheitsgehalt ihrer Werke zu fragen. Heute beantworten sie die Frage oft freiwillig - und sogar in den Werken selbst, die zunehmend unter Betonung ihres autobiographischen Charakters vermarktet werden.
Der neue Roman von Bret Easton Ellis hat ein
Total Recall: "The Shards", der
neue Roman von Bret
Easton Ellis, verdichtet seine Werk- und Lebensthemen in der Form eines Albtraums.
Im Herbst 2005 saß Bret Easton Ellis auf dem Podium einer Stadtbibliothek in Neuengland und las aus seinem Roman "Lunar Park". Nach der Lesung fragte jemand, wie autobiographisch das alles sei. Ellis gab sich genervt. Bis vor ein paar Jahren verbot es sich geradezu, Schriftsteller nach dem Wahrheitsgehalt ihrer Werke zu fragen. Heute beantworten sie die Frage oft freiwillig - und sogar in den Werken selbst, die zunehmend unter Betonung ihres autobiographischen Charakters vermarktet werden.
Der neue Roman von Bret Easton Ellis hat ein
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Vorwort, in dem offenbar der Autor seine Annäherung an dessen Stoff beschreibt. Es gehe um seine eigenen Erfahrungen als Jugendlicher an einer Privatschule in Los Angeles, erzählt dort jemand namens Bret, um eine Gruppe von Freunden und deren Verhältnis zu einem Serienmörder im "Schreckensjahr 1981". Er berichtet vierzig Jahre später von Panikattacken bei dem Versuch, sich an diese Zeit bewusst zu erinnern, und spricht von einem "düsteren Tunnel, den ich als Siebzehnjähriger durchquerte", bevor er sich für den Rest des Buches zurück in diesen Tunnel begibt.
Ist Bret Easton Ellis also inzwischen auch auf jenen Zug der Unterhaltungsindustrie aufgesprungen, der mit dem abgeschmackten Slogan "based on a true story" Dringlichkeit und Relevanz behauptet? Vordergründig ja. Aber wenn dann im ersten Kapitel die vermeintlich wahre Erinnerung einsetzt mit dem Sprung zu einem kalifornischen Küstenhighway im Jahr 1981, auf dem der Icherzähler in einer Corvette einem befreundeten Paar hinterherfährt und ein Lied namens "Dangerous Type" hört, wirkt das wie eine Warnung vor ihm, und dass er die folgenden Sätze verdächtig oft mit den Worten "Ich weiß noch" beginnt, weckt Zweifel, ob das stimmt. Schon bald wird klar, dass diese Erzählung kein Memoir, sondern im emphatischen Sinne ein Roman ist - und noch dazu einer, der das Lebensthema von Bret Easton Ellis, eine dekadente Jugend in Kalifornien zu Beginn der Achtzigerjahre, nach dessen Verarbeitung in Romanen wie "Unter Null" (1985) und "Die Informanten" (1994) noch einmal neu angeht und albtraumhaft verdichtet.
Bei diesem Vorgang spielt Musik eine besondere Rolle. Romane von Bret Easton Ellis bringen ja oft ihren eigenen Soundtrack mit, im Text sind ständig Verweise auf Popmusik und deren Abspielung in ganz bestimmten Situationen. Die Feststellung, dass, was bei Proust die Madeleines tun, bei Ellis die Musik macht: Erinnerungen unwillkürlich zu triggern, ist wohl nicht sehr originell und längst gängiges Prinzip der Popliteratur; aber zum einen hat Ellis diese Popliteratur maßgeblich selbst geprägt (die deutschsprachige Popliteratur seit den Neunzigern wäre ohne sein Vorbild undenkbar), und zum anderen ist die Art, wie das in seinen Texten passiert, eben doch immer wieder originell - oder es ist einfach sehr gut gemacht (siehe auch "American Psycho"). Musik erklingt bei ihm nie zufällig, sie ist immer der Spiegel der Figuren, wenn sie "mit beiläufiger Schönheit", wie es hier heißt, in Sportwagen mit Designersonnenbrillen an den Klippen des Lebens entlangfahren oder herunterstürzen. Oder zumindest will es den Erzählern von Bret Easton Ellis so erscheinen, dass Musik diese Bedeutung hat. Manchmal wirkt es gar, als seien seine Romane ganz aus dieser Musik heraus entwickelt, als schreibe er Fiktionen entlang von Liedtexten und ihren Evokationen.
Ein aus dem Radio dringender Refrain des Liedes "Vienna" von Ultravox auf einem Sender namens "Totally 80s" löst die siebenhundertseitige Erinnerung und Traumabewältigung maßgeblich aus, und das Lied rahmt deren Erzählung, wenn es kurz vor Schluss in einer dramatischen Szene wieder zitiert wird. "It means nothing to me": Das stimmt schon kaum für den Siebzehnjährigen; für den älter gewordenen Mann ist das Gegenteil der Fall. Er wird auf grausame Weise immer wieder eingeholt von seinen Erinnerungen, und sie bedeuten ihm wohl eher alles als nichts.
Die Geschichte hat dann über weite Strecken etwas von einem Kriminalroman oder auch Kriminalfilm - denn Ellis' Erzählen ist auch stark geprägt vom Kino. Was beginnt, wie man es aus seinen anderen Werken schon kennt: also mit Luxus und Langeweile, Sex und Drogen, abwesenden Eltern und deren noch nicht ganz erwachsenen Kindern, deren Leben einzig dem Hedonismus gewidmet ist, wird durch dunkle Vorausdeutungen und schließlich drastische Schilderungen von Gewalt bald zu einem Thriller, der wiederum aus allerlei kulturellen Vorbildern schöpft. Es fallen einem sowohl Bezüge zu L.A.-Krimis wie "Black Dahlia" als auch zu Filmen von David Lynch wie "Mulholland Drive" auf. Die Vorbilder und Referenzen gelangen auch immer wieder explizit in den Roman, weil er äußerst detailreich schildert, welche Filme die Jugendlichen sich ansehen und welche Bücher sie lesen. Dieser archivarisch-nostalgische Zug, mit dem Ellis oft auch ein heute nicht mehr existierendes Los Angeles mit seinen Jugendstil-Kinosälen und Taschenbuchläden heraufbeschwören will, nimmt dennoch der Spannung nichts weg, die er gezielt zu erzeugen und immer stärker zu steigern weiß.
Entscheidend wird dabei auch die Rolle des Erzählers, der maßgeblich in die grausamen Ereignisse verwickelt ist, die zu mehreren Toten und an Leib und Seele Verletzten führen (vorher allerdings gibt es sehr viele Poolpartys mit nackten, obszönen, bemitleidenswerten und verrückten Menschen zwischen Bergen von Kokain und Quaaludes). Die Ähnlichkeit zu F. Scott Fitzgeralds "Großem Gatsby" mit dessen unzuverlässigem Erzähler Nick Carraway springt geradezu ins Auge, schon wenn der Erzähler hier zu Beginn das befreundete Paar beschreibt: Susan ist die Schönheitskönigin des Jahrgangs, und Thom ist ebenso mühelos begehrenswert und sexy, dass es wehtut: Bret gibt dann zu, dass er in beide verliebt ist. In die ohnehin schon vertrackten, von Eifersucht und unterdrückter, weil stigmatisierter Homosexualität geprägten Beziehungen der Figuren bricht dann das absolut Böse in Gestalt eines Serienmörders ein, der als "der Trawler" bezeichnet wird. Seine Figur ist ein Amalgam aus fiktiven und leider auch sehr realen Vorbildern. Das ist die Horror-Kehrseite der Vorstellung, wild und frei an der Westküste herumzukurven: Überall könnte ein Ted Bundy, ein Zodiac-Killer, ein Charles Manson lauern.
Ellis spürt immer auch der Frage nach, wann und wie amerikanische und speziell kalifornische Träume eigentlich gekippt sind. Er unterscheidet dabei, wie nachzulesen in seinem Essayband "Weiß", aber auch stellenweise im vorliegenden Roman, das Zeitalter eines "Empire" von dem des "Post-Empire": Die von ihm beschriebenen Teenager um 1980 seien am Ende des Empire "zugleich deprimiert und cool und kreditwürdig gewesen", hätten aber die Versprechen des Aufschwungs bald als leer entlarvt und dagegen "mit Ironie und negativer Grundhaltung" rebelliert. Auch hierin mag man eine Parallele oder farcehafte Wiederholung jenes nicht nur von Fitzgerald beschriebenen rauschhaften "Jazz-Age" der Zwanzigerjahre und seines Niedergangs sehen.
Im desillusionierten Post-Empire jedenfalls lebt und schreibt Ellis seit 1985, und es ist symptomatisch, dass sich sein neues Werk darüber dezidiert dem Horror-Genre annähert (mit dem er auch als Drehbuchschreiber vertraut ist). Während im Mittelteil des Buches viel Raum für explizit geschilderten homo- und heterosexuellen Verkehr ist, hält es gegen Ende detaillierte Beschreibungen von Verstümmelungen, von Suiziden und Morden bereit (Letztere sind nicht immer zu unterscheiden, was die wohl größte Spannung des Romans erzeugt). Gesteigert werden soll der Horror offenbar noch dadurch, dass der Erzähler immer wieder große Ähnlichkeit mit dem Autor aufweist, sogar von der Entstehung anderer Romane erzählt, die Bret Easton Ellis geschrieben hat. Und selbst der dicke Hinweis ganz am Ende des Buches, es handle sich bei diesem um ein fiktionales Werk, soll doch wieder Zweifel streuen, wenn es darin heißt: "Abgesehen vom Autor selbst ist jede Ähnlichkeit mit Lebenden oder Verstorbenen größtenteils zufällig und nicht real." Aber bevor man auf diesen Trick hereinfällt oder gar anfängt, nach den Fakten hinter der Erzählung zu googeln, sollte man sie lieber als das nehmen, was sie ist: eben kein "Total Recall", sosehr der Erzähler das auch glauben machen will, sondern ein explodierter Traum, dessen Scherben (daher der Titel "The Shards") man als Leser rätselnd, manchmal auch hingerissen und oft erschüttert betrachtet.
So spannend er ist, erschöpft sich der Roman aber nicht in der Krimihandlung. Er ist vielmehr ein Fanal der Melancholie. Sich noch einmal erinnernd an den Soundtrack seines Aufbruchs mit Liedtiteln wie "Time for Me to Fly", klingen dem Erzähler am Ende "viele der Stücke nach verzweifelter Begierde und Zurückweisung und Flucht. Handelten die Lieder, wie ich einmal geglaubt hatte, von einem Kind, das zum Mann wurde, so handelten sie für mich als Sechsundfünfzigjährigen auch von einem Mann, der ein Kind geblieben war." JAN WIELE
Bret Easton Ellis: "The Shards". Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch von Stephan Kleiner. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023. 736 S., geb., 28,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ist Bret Easton Ellis also inzwischen auch auf jenen Zug der Unterhaltungsindustrie aufgesprungen, der mit dem abgeschmackten Slogan "based on a true story" Dringlichkeit und Relevanz behauptet? Vordergründig ja. Aber wenn dann im ersten Kapitel die vermeintlich wahre Erinnerung einsetzt mit dem Sprung zu einem kalifornischen Küstenhighway im Jahr 1981, auf dem der Icherzähler in einer Corvette einem befreundeten Paar hinterherfährt und ein Lied namens "Dangerous Type" hört, wirkt das wie eine Warnung vor ihm, und dass er die folgenden Sätze verdächtig oft mit den Worten "Ich weiß noch" beginnt, weckt Zweifel, ob das stimmt. Schon bald wird klar, dass diese Erzählung kein Memoir, sondern im emphatischen Sinne ein Roman ist - und noch dazu einer, der das Lebensthema von Bret Easton Ellis, eine dekadente Jugend in Kalifornien zu Beginn der Achtzigerjahre, nach dessen Verarbeitung in Romanen wie "Unter Null" (1985) und "Die Informanten" (1994) noch einmal neu angeht und albtraumhaft verdichtet.
Bei diesem Vorgang spielt Musik eine besondere Rolle. Romane von Bret Easton Ellis bringen ja oft ihren eigenen Soundtrack mit, im Text sind ständig Verweise auf Popmusik und deren Abspielung in ganz bestimmten Situationen. Die Feststellung, dass, was bei Proust die Madeleines tun, bei Ellis die Musik macht: Erinnerungen unwillkürlich zu triggern, ist wohl nicht sehr originell und längst gängiges Prinzip der Popliteratur; aber zum einen hat Ellis diese Popliteratur maßgeblich selbst geprägt (die deutschsprachige Popliteratur seit den Neunzigern wäre ohne sein Vorbild undenkbar), und zum anderen ist die Art, wie das in seinen Texten passiert, eben doch immer wieder originell - oder es ist einfach sehr gut gemacht (siehe auch "American Psycho"). Musik erklingt bei ihm nie zufällig, sie ist immer der Spiegel der Figuren, wenn sie "mit beiläufiger Schönheit", wie es hier heißt, in Sportwagen mit Designersonnenbrillen an den Klippen des Lebens entlangfahren oder herunterstürzen. Oder zumindest will es den Erzählern von Bret Easton Ellis so erscheinen, dass Musik diese Bedeutung hat. Manchmal wirkt es gar, als seien seine Romane ganz aus dieser Musik heraus entwickelt, als schreibe er Fiktionen entlang von Liedtexten und ihren Evokationen.
Ein aus dem Radio dringender Refrain des Liedes "Vienna" von Ultravox auf einem Sender namens "Totally 80s" löst die siebenhundertseitige Erinnerung und Traumabewältigung maßgeblich aus, und das Lied rahmt deren Erzählung, wenn es kurz vor Schluss in einer dramatischen Szene wieder zitiert wird. "It means nothing to me": Das stimmt schon kaum für den Siebzehnjährigen; für den älter gewordenen Mann ist das Gegenteil der Fall. Er wird auf grausame Weise immer wieder eingeholt von seinen Erinnerungen, und sie bedeuten ihm wohl eher alles als nichts.
Die Geschichte hat dann über weite Strecken etwas von einem Kriminalroman oder auch Kriminalfilm - denn Ellis' Erzählen ist auch stark geprägt vom Kino. Was beginnt, wie man es aus seinen anderen Werken schon kennt: also mit Luxus und Langeweile, Sex und Drogen, abwesenden Eltern und deren noch nicht ganz erwachsenen Kindern, deren Leben einzig dem Hedonismus gewidmet ist, wird durch dunkle Vorausdeutungen und schließlich drastische Schilderungen von Gewalt bald zu einem Thriller, der wiederum aus allerlei kulturellen Vorbildern schöpft. Es fallen einem sowohl Bezüge zu L.A.-Krimis wie "Black Dahlia" als auch zu Filmen von David Lynch wie "Mulholland Drive" auf. Die Vorbilder und Referenzen gelangen auch immer wieder explizit in den Roman, weil er äußerst detailreich schildert, welche Filme die Jugendlichen sich ansehen und welche Bücher sie lesen. Dieser archivarisch-nostalgische Zug, mit dem Ellis oft auch ein heute nicht mehr existierendes Los Angeles mit seinen Jugendstil-Kinosälen und Taschenbuchläden heraufbeschwören will, nimmt dennoch der Spannung nichts weg, die er gezielt zu erzeugen und immer stärker zu steigern weiß.
Entscheidend wird dabei auch die Rolle des Erzählers, der maßgeblich in die grausamen Ereignisse verwickelt ist, die zu mehreren Toten und an Leib und Seele Verletzten führen (vorher allerdings gibt es sehr viele Poolpartys mit nackten, obszönen, bemitleidenswerten und verrückten Menschen zwischen Bergen von Kokain und Quaaludes). Die Ähnlichkeit zu F. Scott Fitzgeralds "Großem Gatsby" mit dessen unzuverlässigem Erzähler Nick Carraway springt geradezu ins Auge, schon wenn der Erzähler hier zu Beginn das befreundete Paar beschreibt: Susan ist die Schönheitskönigin des Jahrgangs, und Thom ist ebenso mühelos begehrenswert und sexy, dass es wehtut: Bret gibt dann zu, dass er in beide verliebt ist. In die ohnehin schon vertrackten, von Eifersucht und unterdrückter, weil stigmatisierter Homosexualität geprägten Beziehungen der Figuren bricht dann das absolut Böse in Gestalt eines Serienmörders ein, der als "der Trawler" bezeichnet wird. Seine Figur ist ein Amalgam aus fiktiven und leider auch sehr realen Vorbildern. Das ist die Horror-Kehrseite der Vorstellung, wild und frei an der Westküste herumzukurven: Überall könnte ein Ted Bundy, ein Zodiac-Killer, ein Charles Manson lauern.
Ellis spürt immer auch der Frage nach, wann und wie amerikanische und speziell kalifornische Träume eigentlich gekippt sind. Er unterscheidet dabei, wie nachzulesen in seinem Essayband "Weiß", aber auch stellenweise im vorliegenden Roman, das Zeitalter eines "Empire" von dem des "Post-Empire": Die von ihm beschriebenen Teenager um 1980 seien am Ende des Empire "zugleich deprimiert und cool und kreditwürdig gewesen", hätten aber die Versprechen des Aufschwungs bald als leer entlarvt und dagegen "mit Ironie und negativer Grundhaltung" rebelliert. Auch hierin mag man eine Parallele oder farcehafte Wiederholung jenes nicht nur von Fitzgerald beschriebenen rauschhaften "Jazz-Age" der Zwanzigerjahre und seines Niedergangs sehen.
Im desillusionierten Post-Empire jedenfalls lebt und schreibt Ellis seit 1985, und es ist symptomatisch, dass sich sein neues Werk darüber dezidiert dem Horror-Genre annähert (mit dem er auch als Drehbuchschreiber vertraut ist). Während im Mittelteil des Buches viel Raum für explizit geschilderten homo- und heterosexuellen Verkehr ist, hält es gegen Ende detaillierte Beschreibungen von Verstümmelungen, von Suiziden und Morden bereit (Letztere sind nicht immer zu unterscheiden, was die wohl größte Spannung des Romans erzeugt). Gesteigert werden soll der Horror offenbar noch dadurch, dass der Erzähler immer wieder große Ähnlichkeit mit dem Autor aufweist, sogar von der Entstehung anderer Romane erzählt, die Bret Easton Ellis geschrieben hat. Und selbst der dicke Hinweis ganz am Ende des Buches, es handle sich bei diesem um ein fiktionales Werk, soll doch wieder Zweifel streuen, wenn es darin heißt: "Abgesehen vom Autor selbst ist jede Ähnlichkeit mit Lebenden oder Verstorbenen größtenteils zufällig und nicht real." Aber bevor man auf diesen Trick hereinfällt oder gar anfängt, nach den Fakten hinter der Erzählung zu googeln, sollte man sie lieber als das nehmen, was sie ist: eben kein "Total Recall", sosehr der Erzähler das auch glauben machen will, sondern ein explodierter Traum, dessen Scherben (daher der Titel "The Shards") man als Leser rätselnd, manchmal auch hingerissen und oft erschüttert betrachtet.
So spannend er ist, erschöpft sich der Roman aber nicht in der Krimihandlung. Er ist vielmehr ein Fanal der Melancholie. Sich noch einmal erinnernd an den Soundtrack seines Aufbruchs mit Liedtiteln wie "Time for Me to Fly", klingen dem Erzähler am Ende "viele der Stücke nach verzweifelter Begierde und Zurückweisung und Flucht. Handelten die Lieder, wie ich einmal geglaubt hatte, von einem Kind, das zum Mann wurde, so handelten sie für mich als Sechsundfünfzigjährigen auch von einem Mann, der ein Kind geblieben war." JAN WIELE
Bret Easton Ellis: "The Shards". Roman.
Aus dem amerikanischen Englisch von Stephan Kleiner. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023. 736 S., geb., 28,- Euro.
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»ein fulminantes Romancomeback« ORF-Jury-Bestenliste 20230201
"Gleichzeitig echt und übertrieben": So fasst Rezensent Ijoma Mangold seinen Eindruck von Bret Easton Ellis' autobiografisch angehauchtem neuen Roman "The Shards", zu Deutsch "die Scherben", zusammen. Worum geht's? Um die wohlstandsverwahrloste Elite in Los Angeles, besonders um die Privatschule Buckley, auf die der Ich-Erzähler Bret Ellis geht. Er erfüllt eigentlich alle Voraussetzungen, zur Coolness-Elite der frühen Achtziger zu gehören, verrät der Rezensent, wäre da nicht seine Homosexualität, die dazu führt, dass er Sexualität und Sozialleben voneinander abspalten muss. Ein bisschen billig scheint Mangold der Serienmörder-Plot, der zu den ewig koksenden Glamour-Kids und der Los Angeles-Storyline dazukommt, doch befindet er, auch mit Blick auf Ellis' größten Erfolg "American Psycho", dass der Schriftsteller meisterhaft auf dem hauchdünnen Grat zwischen billig und genial balanciert. Ein für den Autor typisches Kunstwerk, das zwischen Dekadenz und Abgründen oszilliert, schließt Mangold.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Bret Easton Ellis ist wohl vor allem durch seinen Roman "American Psycho" oder den gleichnamigen Film bekannt. Vor einigen Jahren habe ich dieses Buch gelesen und war komplett begeistert. Das Gleiche gilt für sein neuestes Werk "The Shards".
Bret Easton Ellis hat einen ganz …
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Bret Easton Ellis ist wohl vor allem durch seinen Roman "American Psycho" oder den gleichnamigen Film bekannt. Vor einigen Jahren habe ich dieses Buch gelesen und war komplett begeistert. Das Gleiche gilt für sein neuestes Werk "The Shards".
Bret Easton Ellis hat einen ganz besonderen Schreibstil, der auch gerne mal recht ausschweifend ist, wodurch seine Bücher immer an Länge gewinnen. Man könnte sich fragen, ob dies denn unbedingt nötig ist. Meiner Meinung nach ist es das jedoch durchaus. Für mich hätte dieses Buch auch gerne länger sein dürfen. Mit rund 700 Seiten ist dieses Buch zwar ein echter Schinken, den man nicht mal eben in einem Rutsch durchliest und auch ich habe einige Zeit gebraucht um mich durch dieses Buch durchzulesen und trotzdem hat jeder Satz seine Berechtigung.
„The Shards“ weist eindeutige autobiographische Züge des Autors auf. Der Protagonist selbst heißt Bret Easton und so schreibt der Autor von seiner Zeit als 17-Jähriger und als Leser fragt man sich, was in diesem Werk Realität ist und was Fiktion.
Alles in allem ist "The Shards" ein großartiges Buch, auf das man sich einfach einlassen muss.
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Gebundenes Buch
Hier sollte sie also stehen, meine überschwängliche und begeisterte Rezension. In Lobeshymnen wollte ich mich ergehen, Bestseller rufen, ein Jahrhundertbuch, ein Meisterwerk! Nichts davon ist es geworden, Ernüchterung machte sich nach dem lesen bei mir breit, enttäuscht und …
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Hier sollte sie also stehen, meine überschwängliche und begeisterte Rezension. In Lobeshymnen wollte ich mich ergehen, Bestseller rufen, ein Jahrhundertbuch, ein Meisterwerk! Nichts davon ist es geworden, Ernüchterung machte sich nach dem lesen bei mir breit, enttäuscht und traurig klappte ich das Buch zu und war sprachlos. Bis jetzt. Warum das so war, das erzähle ich euch im folgenden.
Bereits die ersten Seiten ließen mich zweifeln, ob meine Erinnerung mich nicht betrogen hat; ausschweifend referierte der Autor darüber, was er schreiben wird, wiederholte sich und hat es geschafft, meine Neugier gegen Null zu drücken, was an sich ja schon fast eine Leistung ist. Ich habe durchgehalten und dachte, wenn es einmal losgeht, dann packt es mich sicherlich. Dann ging es los und nichts geschah; kein Sog, kein Glücksgefühl stellte sich ein, Sätze über halbe Seiten lullten mich ein und die versprochene Spannung blieb einfach aus. Dafür bekam ich Einblick in die Gefühlswelt eines Teenagers, der siebzehnjährige Bret erläuterte mir ausführlich, wie es ist, von Hormonen überschüttet zu werden, stündlich, minütlich, sekündlich an Sex zu denken oder darüber, wann die Haushälterin nach Hause kommt, man könnte sich vorher noch auf die Schnelle einen runterholen. Die Länge gewisser Körperteile wurde genauso akribisch dokumentiert und auch der Pflichtsex mit der Alibifreundin seitenlang diskutiert. Nun könnte man ja sagen, ich könnte dieses Drittel überspringen, schließlich war Bret siebzehn und gerade in der Pubertät, auf der Suche nach Identität und der sexuellen Präferenz. Anscheinend ist der siebenundfünfzigjährige Bret da noch drin, anders kann ich es mir nicht erklären. Aber gut, überspringen wir dieses Drittel und gehen zum nächsten.
Was in American Psycho erfrischend neu und aufregend war, empfand ich hier fast schon beleidigend, weil Lücken füllend. Klamotten, Marken, Autos und Luxus; das Polopony von Ralph Lauren wird mich in allen Pastellfarben in den nächsten Träumen verfolgen und auch bunte Shorts, Bootsschuhe sowie Hemden von Armani werde ich in Zukunft vorerst meiden. Nun kann man das Gefühl der Achtziger sicherlich subtiler transportieren, ich fühlte mich einfach erschlagen von der Fülle an Informationen zu mehr oder weniger unwichtigen Nebensächlichkeiten. Auch dieses Drittel überspringen wir, schließlich ist das Buch dick genug, es bleiben genug Seiten über.
Kommen wir doch mal zum Kern der Story, es ging um einen neuen Mitschüler, dazu gab es einen Serienkiller und das Böse hielt Einzug. Die Frage ist hier, wo dies passierte und wann, denn im Buch passierte lange Zeit nichts. Schreckmomente gab es, weil jemand zu schüchtern war, dann zu selbstbewusst, jemand hat seltsam geschaut oder ging shoppen. Der Rest der Personen war toll in der Schule, obwohl sie alle den halben Tag zugedröhnt verbrachten und die restliche Zeit ging auf, na ihr wisst schon, drauf. Vor dreißig Jahren hätte mich die Story geschockt, ich wäre fasziniert gewesen, heute konnte ich nur müde lächeln und krampfhaft versuchen, nicht einzuschlafen. Immer wieder warf der Autor mir Häppchen zu der versprochenen nervenaufreibenden Geschichte hin und immer wieder enttäuschte er mich und schweifte ab.
Zum Ende des letzten Drittels war es dann soweit, die Situation eskalierte, Dramen spielten sich ab. Ich wusste nicht mehr, was wahr und was erfunden war, konnte der Geschichte kaum noch folgen und brachte es schnell hinter mich. Die Enthüllung am Ende brachte mich etwas aus dem Konzept und lägen nicht hunderte Seiten hinter mir, die mir keine Freude brachten, so wäre ich begeistert gewesen und hätte diesen Einfallsreichtum gefeiert, so aber war ich froh, es geschafft zu haben. Leider war dieses Werk für mich, anders als American Psycho, kein Lesegenuss, der Autor hat mich nicht erreicht. Zumindest das Cover ist toll und meine Vorfreude war riesig. Immerhin.
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eBook, ePUB
Bret Easton Ellis neuer Roman ist ein Spiel mit Fiktion und autobiografischen Elementen. Etwas, was der Autor wirklich gut beherrscht. Strassen und Orte werden genannt, auch viele Filme und Musik der Jahre 1980/1981. Ein wahres Namedropping, aber Bret Easton Ellis weiß dass geschickt …
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Bret Easton Ellis neuer Roman ist ein Spiel mit Fiktion und autobiografischen Elementen. Etwas, was der Autor wirklich gut beherrscht. Strassen und Orte werden genannt, auch viele Filme und Musik der Jahre 1980/1981. Ein wahres Namedropping, aber Bret Easton Ellis weiß dass geschickt einzusetzen. Außerdem entwickelt der Text ein große Dynamik, obwohl eigentlich nicht viel passiert.
Der 17jährige Protagonist, der Bret Ellis heißt und davon träumt, Schriftsteller zu werden erlebt die Jahre zusammen mit seinen Freunden auch als Suche nach sexueller Orientierung.
Ein verschärfendes Element der Handlung ist, dass ein Serienmörder sein Unwesen treibt.
Gleichzeitig ist Bret von einem neuen Schüler fasziniert, wie er ihn auch fürchtet.
Aus dieser Konstellation ergibt sich eine subtile Spannung.
Ein Buch voller dichter, düsterer Atmosphäre.
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Gebundenes Buch
Es wäre aufgrund der Serienkiller-Thematik zu einfach, Bret Easton Ellis' jüngst bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen neuen Roman "The Shards" als schnöden Psychothriller zu lesen oder zu bezeichnen. Denn in dem 740 Seiten schweren Pageturner steckt so viel mehr, als …
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Es wäre aufgrund der Serienkiller-Thematik zu einfach, Bret Easton Ellis' jüngst bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen neuen Roman "The Shards" als schnöden Psychothriller zu lesen oder zu bezeichnen. Denn in dem 740 Seiten schweren Pageturner steckt so viel mehr, als man es auf den ersten Blick erwarten könnte. Bereits im Vorwort, das bis sage und schreibe Seite 24 andauert, erkennt man die große Fabulierlust des Autors, seine Liebe zum Detail, seinen Blick für vermeintliche Nebensächlichkeiten. Es soll nicht das letzte Mal sein, dass man sich während der Lektüre an Stephen Kings große Werke erinnert fühlt. Ellis betont in seinem Vorwort fast schon obsessiv, wie stark ihn die Vorkommnisse im September 1981 traumatisiert hätten und erklärt, warum er sich erst jetzt in der Lage fühle, diese Geschehnisse niederzuschreiben. Denn der Protagonist und Ich-Erzähler - und hier beginnt bereits das Verwirrspiel mit den Leser:innen - heißt eben Bret Ellis und nur "Easton" scheint einen Keil zwischen Hauptfigur und Autor treiben zu wollen. Bret ist ein Erzähler, der mit zunehmender Dauer immer paranoider und unzuverlässiger zu werden scheint. Es ist daher dringend zu empfehlen, bei der Lektüre auf jeden kleinsten Zwischenton des Erzählers zu achten, jede Äußerung gerade im Finale des Buches auf die Goldwaage zu legen. Denn ansonsten entgehen der Leserschaft möglicherweise zentrale Details.
Im September 1981 beginnt das letzte Schuljahr für Bret und seine Freunde auf der Buckley School. Ellis baut eine Scheinwelt der Reichen und Schönen auf und ist sich nicht zu schade, die ein oder andere Klischeefigur auftreten zu lassen. Wie an amerikanischen Highschools üblich, gibt es natürlich den beliebten und etwas einfältigen Football-Star, der selbstverständlich mit dem schönsten Mädchen der Schule ein Traumpaar bildet. Es gibt den dauerbekifften Träumer, die drogenabhängige Tochter eines berühmten Filmproduzenten. Und natürlich gibt es Bret, der inmitten dieser Clique den coolen Unauffälligen gibt. Diese Unauffälligkeit ist ein zentrales Element, um den Protagonisten und alle seine folgenden Handlungen zu verstehen. Denn sie ist nicht aufgesetzt, sondern überlebenswichtig: Bret versteckt seine Homosexualität vor den anderen und hat sich mit Debbie, jener Filmproduzententochter, sogar eine Schein-Freundin zugelegt. Doch diese Scheinwelt bricht nach und nach wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Spätestens mit dem Auftritt Robert Mallorys lassen sich vorherige Oberflächlichkeiten nicht mehr aufrechterhalten.
Während also der Großteil seiner Freunde nichts davon ahnt, konfrontiert der Ich-Erzähler seine Leserschaft umso expliziter mit dieser Homosexualität. Denn gerade in der ersten Hälfte des Romans bleibt man von den Details nicht verschont. In diesen Momenten erinnert "The Shards" ein wenig an Alan Hollinghurst, wobei dessen Figuren in der Regel etwas bornierter scheinen. Berührender sind da schon die stillen Momente, Brets Gedanken und Gefühle, die er verstecken muss.
Ebenso explizit und grausam sind die Details der Trawler-Morde, die im letzten Drittel an einen Slasher-Film erinnern. Sie sind zu verzeihen, denn zuvor schafft es Bret Easton Ellis auf wirklich außergewöhnliche Art und Weise, eine so unheimliche und bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen, wie ich sie lange nicht mehr gelesen habe. In einer besonders aufregenden Szene verbringt Bret allein eine Nacht in einem Haus in der Wüste in Palm Springs und wird durch Geräusche und einen durchs Haus wandernden Lichtstrahl einer Taschenlampe geweckt, was fast schon atemberaubend spannend ist. Ohnehin schafft Ellis immer wieder Cliffhanger und Andeutungen an den Kapitelenden, die es den Lesenden unglaublich schwer machen, das Buch aus der Hand zu legen.
Die Einsamkeit der Jugendlichen ist ein weiterer zentraler Aspekt in "The Shards". Denn die Erwachsenen glänzen vornehmlich durch Abwesenheit oder Fehlverhalten. So erwacht Bret jeden Morgen in seinem "leeren Haus am Mulholland Drive", die Eltern eines verschwundenen Mitschülers bemerken erst drei Tage später dessen Verlust. Eine Einsamkeit, die sich ganz hervorragend auch am melancholischen Soundtrack des Buches ablesen und nachhören lässt, denn der Einsatz der Musik spielt eine so wichtige Rolle, dass man sich auch diesen Ellis-Roman wieder, wie schon bei "American Psycho", unbedingt als Verfilmung vorstellen kann.
Insgesamt ist "The Shards" eine äußerst gelungene Mischung aus Coming-of-Age-Drama, Highschool-Roman, Psychothriller und Horror, die neben den King- und Hollinghurst-Referenzen in ihren filmischen Momenten auch an David Lynch, Brian de Palma oder John Carpenter erinnert. Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Orts- und Straßennamen in Hollywood und Los Angeles. Unbedingt lesenswert, auch wenn das Buch insgesamt vielleicht 50 oder 100 Seiten kürzer hätte ausfallen können.
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Meine Meinung:
Hat mir überraschend gut gefallen
Es handelt sich hier um ein Buch, welches gute 730 Seiten umfasst. Die rasante Geschichte hat es zu gefühlten 400 Seiten schrumpfen lassen. Wir erleben alles aus der Sicht des 17jährigen Bret. Ein junger Mann, der nicht …
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Meine Meinung:
Hat mir überraschend gut gefallen
Es handelt sich hier um ein Buch, welches gute 730 Seiten umfasst. Die rasante Geschichte hat es zu gefühlten 400 Seiten schrumpfen lassen. Wir erleben alles aus der Sicht des 17jährigen Bret. Ein junger Mann, der nicht sympathisch rüber kommt. Aber seien wir mal ehrlich … wer tut das in der Geschichte schon?
Bret geht auf die Buckley. Eine Elite Schule in Los Angeles, bei denen Lehrer anscheinend Tomaten auf den Augen und zu viel Schmalz in den Ohren haben. Ich zumindest hätte in meiner Schulzeit niemals bekifft das Klassenzimmer betreten können. Die Konsequenzen könnte ich mir sogar heute noch ausmalen. Den Sog der Geschichte machen eindeutig die vielen Poolpartys, Drogen und die Musik der 80er aus. Bret und seine Freunde stammen alle aus mehr oder weniger reichen Familien. Die Eltern der Teenies muten an wie Zierrat, der hin und wieder zum Vorschein kommt. Aber nie, wenn sie dringend gebraucht werden. Besonders Brets Eltern scheinen vergessen zu haben, dass sie einen 17jährigen Jungen haben, der von der Haushälterin bekocht wird. Saubere Wäsche und jede Menge Geld. Daran fehlt es Bred wahrlich nicht. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob er jemals elterliche Fürsorge kennen gelernt hat. In jedem Garten ein Pool. Das ist das Leben der Teenies in San Franzisco! Eltern die selber jede Menge Alkohol und Drogen konsumieren. Dennoch genießen Bret und seine Klassenkameraden das sorgenlose, oberflächliche Leben.
Das sorgenlose Leben endet für Bret, mit dem neuen Schüler Robert Mallory. Vor allem ein Serienmörder, der Trawler, bereitet Bret Kopzerbrechen. Er kommt sich immer mehr wie ein Außenseiter vor. Sein Drogen- und Alkoholkonsum steigt. Wir als Leser können bald Drogenrausch und Realität nicht mehr von einander unterscheiden. Wer ermordet junge Frauen auf bestialische Weise? Wer ermordet sämtliche Haustiere und macht auch vor Zierfischen keinen Halt? Warum ist Bret der Einzige, an dem diese Morde nicht spurlos vorbei gehen? Den sie gedanklich beschäftigen.
Habe ich mich eigentlich schon jemals gefragt, wie das Liebesleben bei Homosexuellen ausschaut? Nein! Dennoch spart der Autor nicht mit detaillierten Beschreibungen. Bret wacht jeden Morgen auf und befreit sich selbst von seinem Überdruck. Sexuelle Beschreibungen findet man in diesem Buch genauso oft, wie Drogen- und Alkoholmissbrauch. Ich empfand es nicht störend, da es zum Gesamtpaket einfach passt. Ich habe bis zum bitteren Ende gerätselt, wer für die Morde verantwortlich ist. Ihr dürft mir wirklich glauben: Das Ende ist bitter!
Fazit:
Der über 50jährige Bret schreibt ein Buch aus seiner Zeit auf der exklusiven Buckley Prep School. Was ist ist wahr? Was Fiktion? Ich habe diesen rasanten Thriller sehr gerne gelesen, obwohl er stellenweise von meinem Genre weit entfernt liegt. Der Autor liebt Romane von Stephen King. Diese Tatsache hat stark dazu beigetragen, dieses Buch zu lesen. Ich habe das Leben in San Franzisco stellenweise sehr genossen. Bin bei 80er Musik in einem Porsche über die Golden Gate Bridge gebrettert. Einen fetten Kater hatte ich nach dem Lesen auch. Der war jedoch weder Drogen noch Alkohol geschuldet. Es war das bittere Ende ….
Danke Bret Easton Ellis
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