Patrick Deville
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Pest & Cholera
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Alexandre Yersin, Arzt, Forscher, Seefahrer, Landwirt, Geograf und Mitarbeiter Louis Pasteurs, wird von einer unbändigen Neugier um die Welt getrieben. Als Schiffsarzt befährt er die Meere Asiens und stürzt sich in immer neue wissenschaftliche Abenteuer. In China gelingt ihm unter dramatischen Umständen eine sensationelle Entdeckung: Er identifiziert den Pestbazillus und entwickelt als Erster einen Impfstoff gegen die Geißel der Menschheit.Der französische Schriftsteller und Bestsellerautor Patrick Deville erzählt in einem leidenschaftlichen Abenteuerroman von diesem außergewöhnlichen...
Alexandre Yersin, Arzt, Forscher, Seefahrer, Landwirt, Geograf und Mitarbeiter Louis Pasteurs, wird von einer unbändigen Neugier um die Welt getrieben. Als Schiffsarzt befährt er die Meere Asiens und stürzt sich in immer neue wissenschaftliche Abenteuer. In China gelingt ihm unter dramatischen Umständen eine sensationelle Entdeckung: Er identifiziert den Pestbazillus und entwickelt als Erster einen Impfstoff gegen die Geißel der Menschheit.
Der französische Schriftsteller und Bestsellerautor Patrick Deville erzählt in einem leidenschaftlichen Abenteuerroman von diesem außergewöhnlichen Mann und seiner Epoche.
Der französische Schriftsteller und Bestsellerautor Patrick Deville erzählt in einem leidenschaftlichen Abenteuerroman von diesem außergewöhnlichen Mann und seiner Epoche.
Patrick Deville, geboren 1957, studierte Vergleichende Literaturwissenschaften und Philosophie in Nantes und arbeitete dort anfänglich als Dozent. Er lebte in den 1980er Jahren im Nahen Osten, in Nigeria und Algerien. In den 1990er Jahren besuchte er Kuba, Uruguay, Mittelamerikanische Staaten und Staaten des ehemaligen Ostblocks. Er gründete und leitet die 'Maison des écrivains étrangers et des traducteurs' und deren Zeitschrift Meet. Seine Werke wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem als 'bester Roman des Jahres' der Zeitschrift Lire, mit dem Fnac-Preis und dem Prix Femina.
Produktdetails
- Unionsverlag Taschenbuch
- Verlag: Unionsverlag
- Originaltitel: Peste & Choléra
- 3. Aufl.
- Seitenzahl: 240
- Erscheinungstermin: 24. Juli 2017
- Deutsch
- Abmessung: 190mm x 127mm x 22mm
- Gewicht: 274g
- ISBN-13: 9783293207752
- ISBN-10: 3293207758
- Artikelnr.: 48273022
Herstellerkennzeichnung
Nördlinger Verlagsauslfg
Augsburger Str. 67a
86720 Nördlingen
Kundenservice@beck.de
»Patrick Deville hat nicht nur eine fulminante romanhafte Biografie geschrieben, sondern einen Wissenschaftskrimi, der die in Fachzeitschriften und Reagenzgläsern schlummernde Geschichte der modernen Medizin vom Staub der Bibliotheken befreit und auf stupende Weise zum Leben erweckt.« Hans Christoph Buch Frankfurter Allgemeine Zeitung
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Sehr viel Gutes kann Ingeborg Waldinger an Patrick Devilles Roman "Pest und Cholera" finden. Es sei beeindruckend, freut sich die Rezensentin, wie es dem Autor gelinge, die biografischen Fakten in solch wundervolle und bewegende Geschichten zu verwandeln: In diesem Fall die Lebensgeschichte des Schweizer Arztes und Bakteriologen Alexandre Yersin. In dieser turbulenten Geschichte reist Waldinger von Paris nach Vietnam, von Berlin nach Hongkong und begleitet den Protagonisten, einen erfolgreichen Geschäftsmann und gefeierten Gelehrten im Kampf gegen Epidemien, Elend und gegen die eigene Unruhe. "Ein großer Mann. Ein großes Buch" schließt Waldinger seine mitreißenden Besprechung.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Im Gehirn ist ein Gefäß explodiert
Die Gleichzeitigkeit von Wissenschafts- und Poesie-Revolution: Patrick Devilles fulminanter biographischer Roman "Pest & Cholera" über den Erfinder der Pestimpfung
Der Preis der Literaturpreise, der Prix Femina, und der Preis der Buchhandelskette FNAC - das ist eine Bilanz, die selbst den stärksten Appetit eines französischen Schriftstellers befriedigen sollte. All diese Auszeichnungen hat Patrick Deville für seinen Roman "Pest & Cholera" gewonnen. Der 1957 geborene Autor ist Literaturkennern in Frankreich schon lange ein Begriff, in Deutschland aber kaum bekannt und wenig übersetzt, also noch immer ein Geheimtipp. Anders als die in Sonntagsreden gefeierte Freundschaft beider
Die Gleichzeitigkeit von Wissenschafts- und Poesie-Revolution: Patrick Devilles fulminanter biographischer Roman "Pest & Cholera" über den Erfinder der Pestimpfung
Der Preis der Literaturpreise, der Prix Femina, und der Preis der Buchhandelskette FNAC - das ist eine Bilanz, die selbst den stärksten Appetit eines französischen Schriftstellers befriedigen sollte. All diese Auszeichnungen hat Patrick Deville für seinen Roman "Pest & Cholera" gewonnen. Der 1957 geborene Autor ist Literaturkennern in Frankreich schon lange ein Begriff, in Deutschland aber kaum bekannt und wenig übersetzt, also noch immer ein Geheimtipp. Anders als die in Sonntagsreden gefeierte Freundschaft beider
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Staaten suggeriert, sind deutsche und französische Kultur keine kommunizierenden Röhren, ganz zu schweigen von einem Antriebsmotor für Europa, und man muss froh sein, wenn sie einander überhaupt zur Kenntnis nehmen.
Der Name Patrick Deville steht stellvertretend für den "nouveau nouveau roman". Darunter fasst man eine innovative Erzählkunst, die den "Voyages extraordinaires" von Jules Verne ebenso viel verdankt wie den "Tristes tropiques" von Claude Lévi-Strauss: Reiseliteratur in Fortschreibung einer Tradition, die von Voltaires "Candide" bis zu den Büchern des französischen Literaturnobelpreisträgers Le Clézio reicht.
Die Rezeption von Patrick Devilles Werk wurde dadurch erschwert, dass man in Deutschland nach dem frühen Verlust der Kolonien die Antennen zu außereuropäischen Kulturen einfuhr und Reiseliteratur als minderwertiges Genre ansah. Exotismus ist hierzulande ein Schimpfwort. Devilles ins Deutsche übertragenen Texte wurden durch Fußnoten und Bilder ergänzt, die man im Original vergeblich sucht, und als Sachbücher präsentiert - ein Begriff, den es im Französischen so nicht gibt.
Die sprachliche Qualität von Devilles Prosa, ihre Feinnervigkeit und Eleganz, wurde dem Informationsgehalt geopfert, die Form dem Inhalt unterstellt: ein Missverständnis, das die nun im Bilgerverlag erschienene Übersetzung von "Pest & Cholera" glänzend widerlegt, indem sie die an Proust geschulte Erzählweise nachvollzieht, bei der Schnörkel und Arabesken keine Nebensache sind, sondern die Sache selbst. Der Weg ist das Ziel.
Worum geht es? Vordergründig um das Leben des Bakteriologen Alexandre Yersin, eines aus der Schweiz stammenden Schülers von Louis Pasteur, der unter anderem bei Robert Koch studiert, den Pestbazillus entdeckt und einen Impfstoff gegen die Seuche entwickelt hat, die noch heute seinen Namen trägt: Yersinia Pestis. Doch Patrick Deville hat nicht nur eine romanhafte Biographie geschrieben, sondern einen Wissenschaftskrimi, der die in Fachzeitschriften und Reagenzgläsern schlummernde Geschichte der modernen Medizin vom Staub der Bibliotheken befreit und auf stupende Weise zum Leben erweckt.
"Häufig rollt man die Wissenschaftsgeschichte aus wie einen Boulevard . . . Eher ist sie ein Netz von ausweglosen Pfaden, in denen sich das Denken verirrt und verfängt. Eine Ansammlung von kläglichen und manchmal lächerlichen Fehlschlägen. Darin ist sie mit der Geschichte der beginnenden Luftfahrt vergleichbar. Die wiederum mit den Anfängen des Films zusammenfällt. Jenen ruckelnden Filmen in Schwarzweiß, in denen man Holz splittern oder Leinwand reißen sieht."
Damit nicht genug. Patrick Deville verknüpft die Pioniertaten der Ärzte und Ingenieure mit neuen Sehweisen in Kunst und Literatur, die sein Held Yersin für Quatsch und überflüssigen Luxus hält: "Im selben Moment, da Mikroskop und Injektionsnadel als absolute Neuheiten auftauchen, verstummt der Alexandriner, erledigt durch den Meisterstreich des jungen Dichters, der aufgebrochen ist, um dem künftigen Kaiser von Äthiopien, Menelik II., Gewehre zu verkaufen."
Gemeint ist mit diesem jungen Dichter natürlich Rimbaud, und schon hier wird klar, wie unprätentiös der Autor seine Arbeitsfelder miteinander vernetzt und die "Pasteuriens", also die Schüler von Pasteur, mit den "Parnassiens" genannten Poeten zusammenbringt. Beide tagten gleichzeitig in Pariser Cafés und fanden doch nicht zueinander - so wenig wie Robert Koch und Louis Pasteur, deren berufliche Rivalität sich zu politischer Feindschaft verschärfte.
Mit leichter Feder, aber exakt und tiefenscharf, entwirft Deville das Panorama einer Epoche vom Zweiten Kaiserreich bis zum Zweiten Weltkrieg, als Yersin mit der letzten Maschine der Air France aus dem von der Wehrmacht besetzten Paris flieht, um einsam zu sterben in Vietnam, wo er ein Mustergut mit Versuchslabor errichtet hat und als Wohltäter verehrt wird. "Er sollte den Schutzschalter drücken, aufstehen, den Schaukelstuhl verlassen. Unmöglich. Die kurzen Blitze des Kurzschlusses. Die Explosion eines Gefäßes im Gehirn. Es ist ein Uhr morgens. Das Licht ist erloschen."
So lauten die letzten Sätze des Romans, dessen Autor als Gespenst der Zukunft durch das Buch geistert, Mauern durchdringen und in die Haut des Helden schlüpfen kann, trotzdem aber Diskretion walten lässt, was Yersins sexuelle Orientierung betrifft. Patrick Deville ist ein Weltbürger, der in seiner Heimatstadt Saint-Nazaire das Literaturhaus leitet und Romane aus und über Zentralamerika, Afrika und Asien schreibt. Für "Pest & Cholera" wurde er mit den bereits genannten Literaturpreisen geehrt, aber trotz oder gerade wegen dieses Erfolgs blieben Feinde nicht aus, die ihm vorgeworfen haben, den Kolonialismus schönzureden und Impfkampagnen gutzuheißen, die man unterdrückten Völkern gegen deren Willen aufoktroyiert habe.
Damit war zu rechnen, nicht aber mit Drohungen sektenmäßig organisierter Gruppen, die Impfstoffe für Teufelszeug halten und Injektionen so pauschal ablehnen wie Operationen und jegliche moderne Medizin. Auch das gab es. Zu solchen Einstellungen hat Patrick Deville jedoch gleich zu Anfang dieses von Sabine Müller und Holger Fock kongenial übersetzten Romans das Entscheidende gesagt: "Yersin lacht darüber, und mit ihm die ganze verschworene Bande . . . Sie alle hätten sich kaum ausmalen können, dass eineinhalb Jahrhunderte nach ihnen die Hälfte der Weltbevölkerung noch immer den Kreationismus verteidigt."
HANS CHRISTOPH BUCH.
Patrick Deville: "Pest & Cholera". Roman.
Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Bilgerverlag, Zürich 2013. 240 S., br., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Name Patrick Deville steht stellvertretend für den "nouveau nouveau roman". Darunter fasst man eine innovative Erzählkunst, die den "Voyages extraordinaires" von Jules Verne ebenso viel verdankt wie den "Tristes tropiques" von Claude Lévi-Strauss: Reiseliteratur in Fortschreibung einer Tradition, die von Voltaires "Candide" bis zu den Büchern des französischen Literaturnobelpreisträgers Le Clézio reicht.
Die Rezeption von Patrick Devilles Werk wurde dadurch erschwert, dass man in Deutschland nach dem frühen Verlust der Kolonien die Antennen zu außereuropäischen Kulturen einfuhr und Reiseliteratur als minderwertiges Genre ansah. Exotismus ist hierzulande ein Schimpfwort. Devilles ins Deutsche übertragenen Texte wurden durch Fußnoten und Bilder ergänzt, die man im Original vergeblich sucht, und als Sachbücher präsentiert - ein Begriff, den es im Französischen so nicht gibt.
Die sprachliche Qualität von Devilles Prosa, ihre Feinnervigkeit und Eleganz, wurde dem Informationsgehalt geopfert, die Form dem Inhalt unterstellt: ein Missverständnis, das die nun im Bilgerverlag erschienene Übersetzung von "Pest & Cholera" glänzend widerlegt, indem sie die an Proust geschulte Erzählweise nachvollzieht, bei der Schnörkel und Arabesken keine Nebensache sind, sondern die Sache selbst. Der Weg ist das Ziel.
Worum geht es? Vordergründig um das Leben des Bakteriologen Alexandre Yersin, eines aus der Schweiz stammenden Schülers von Louis Pasteur, der unter anderem bei Robert Koch studiert, den Pestbazillus entdeckt und einen Impfstoff gegen die Seuche entwickelt hat, die noch heute seinen Namen trägt: Yersinia Pestis. Doch Patrick Deville hat nicht nur eine romanhafte Biographie geschrieben, sondern einen Wissenschaftskrimi, der die in Fachzeitschriften und Reagenzgläsern schlummernde Geschichte der modernen Medizin vom Staub der Bibliotheken befreit und auf stupende Weise zum Leben erweckt.
"Häufig rollt man die Wissenschaftsgeschichte aus wie einen Boulevard . . . Eher ist sie ein Netz von ausweglosen Pfaden, in denen sich das Denken verirrt und verfängt. Eine Ansammlung von kläglichen und manchmal lächerlichen Fehlschlägen. Darin ist sie mit der Geschichte der beginnenden Luftfahrt vergleichbar. Die wiederum mit den Anfängen des Films zusammenfällt. Jenen ruckelnden Filmen in Schwarzweiß, in denen man Holz splittern oder Leinwand reißen sieht."
Damit nicht genug. Patrick Deville verknüpft die Pioniertaten der Ärzte und Ingenieure mit neuen Sehweisen in Kunst und Literatur, die sein Held Yersin für Quatsch und überflüssigen Luxus hält: "Im selben Moment, da Mikroskop und Injektionsnadel als absolute Neuheiten auftauchen, verstummt der Alexandriner, erledigt durch den Meisterstreich des jungen Dichters, der aufgebrochen ist, um dem künftigen Kaiser von Äthiopien, Menelik II., Gewehre zu verkaufen."
Gemeint ist mit diesem jungen Dichter natürlich Rimbaud, und schon hier wird klar, wie unprätentiös der Autor seine Arbeitsfelder miteinander vernetzt und die "Pasteuriens", also die Schüler von Pasteur, mit den "Parnassiens" genannten Poeten zusammenbringt. Beide tagten gleichzeitig in Pariser Cafés und fanden doch nicht zueinander - so wenig wie Robert Koch und Louis Pasteur, deren berufliche Rivalität sich zu politischer Feindschaft verschärfte.
Mit leichter Feder, aber exakt und tiefenscharf, entwirft Deville das Panorama einer Epoche vom Zweiten Kaiserreich bis zum Zweiten Weltkrieg, als Yersin mit der letzten Maschine der Air France aus dem von der Wehrmacht besetzten Paris flieht, um einsam zu sterben in Vietnam, wo er ein Mustergut mit Versuchslabor errichtet hat und als Wohltäter verehrt wird. "Er sollte den Schutzschalter drücken, aufstehen, den Schaukelstuhl verlassen. Unmöglich. Die kurzen Blitze des Kurzschlusses. Die Explosion eines Gefäßes im Gehirn. Es ist ein Uhr morgens. Das Licht ist erloschen."
So lauten die letzten Sätze des Romans, dessen Autor als Gespenst der Zukunft durch das Buch geistert, Mauern durchdringen und in die Haut des Helden schlüpfen kann, trotzdem aber Diskretion walten lässt, was Yersins sexuelle Orientierung betrifft. Patrick Deville ist ein Weltbürger, der in seiner Heimatstadt Saint-Nazaire das Literaturhaus leitet und Romane aus und über Zentralamerika, Afrika und Asien schreibt. Für "Pest & Cholera" wurde er mit den bereits genannten Literaturpreisen geehrt, aber trotz oder gerade wegen dieses Erfolgs blieben Feinde nicht aus, die ihm vorgeworfen haben, den Kolonialismus schönzureden und Impfkampagnen gutzuheißen, die man unterdrückten Völkern gegen deren Willen aufoktroyiert habe.
Damit war zu rechnen, nicht aber mit Drohungen sektenmäßig organisierter Gruppen, die Impfstoffe für Teufelszeug halten und Injektionen so pauschal ablehnen wie Operationen und jegliche moderne Medizin. Auch das gab es. Zu solchen Einstellungen hat Patrick Deville jedoch gleich zu Anfang dieses von Sabine Müller und Holger Fock kongenial übersetzten Romans das Entscheidende gesagt: "Yersin lacht darüber, und mit ihm die ganze verschworene Bande . . . Sie alle hätten sich kaum ausmalen können, dass eineinhalb Jahrhunderte nach ihnen die Hälfte der Weltbevölkerung noch immer den Kreationismus verteidigt."
HANS CHRISTOPH BUCH.
Patrick Deville: "Pest & Cholera". Roman.
Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller. Bilgerverlag, Zürich 2013. 240 S., br., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Universitas rerum - Die Gesamtheit aller Dinge
Deville strickt uns eine Biographie aus bunten Fäden mit politischen, kulturellen und historischen Ausfransungen. Wieder ist es ihm meisterlich gelungen, eine Lebens-geschichte zu einer spannenden und lehrreichen Lektüre …
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Universitas rerum - Die Gesamtheit aller Dinge
Deville strickt uns eine Biographie aus bunten Fäden mit politischen, kulturellen und historischen Ausfransungen. Wieder ist es ihm meisterlich gelungen, eine Lebens-geschichte zu einer spannenden und lehrreichen Lektüre aufzubauen, gespickt mit glorreichen Namen jener Zeit.
Es ist eine detailreiche Biographie Alexandre Yersins, dem Entdecker des Pestbazillus, der nach dem Medizinstudium zu Pasteur, dem Entdecker der Tollwut-Impfung, geht. Doch Yersin ist ein unruhiger Geist. Nach Jahren in Paris heuert er als Schiffsarzt an, zwischen Saigon und Manila pendelnd. Er liest viel, er beschäftigt sich mit Astronomie, Drachenbau, Vulkanologie, Ethnologie. Und er findet, ohne es zu suchen, sein ganz persönliches Paradies, sein „Walden“, aber eben nicht nur auf Zeit und nicht als Experiment, sondern es wird sein Lebensinhalt: das Fischerdorf Nha Trang im heutigen Vietnam.
Und er baut sein kleines Paradies aus, kauft Land und erschafft eine autarke Arche. Er baut eine Klinik und bildet die Einheimischen aus, gründet ein Pasteur-Institut und interessiert sich für Ackerbau und Viehzucht, produziert seinen eigenen Strom. Er legt Kautschukplantagen an, kultiviert Chinarindenbäume, produziert Malariamittel. Er wird Ornithologe und Orchideenzüchter, baut Kaffee und Tabak an, braut ein belebendes anregendes Getränk - die Kola-Cannelle – das er leider nicht patentieren ließ. Er baut eine Wetterstation, kümmert sich um Aufforstung, beschäftigt sich mit Meteorologie und Geodäsie und zum Ende seines Lebens verfällt er der klassischen Literatur: er übersetzt die Griechen und Lateiner.
Ihn erreichen Hilferufe aus Hongkong: die Pest sei ausgebrochen. Früher reiste die Pest gemächlich. Zu seiner Zeit und heute mit Dampfmaschinen-oder Düsengeschwindigkeit. Yersin entdeckt den Pestbazillus und entwickelt ein Serum. Später wird der Floh als Überträger identifiziert.
1940 kommt er von seiner letzten Reise nach Paris zurück ins Paradies, wird dort bleiben und wird dort sterben: Yersin – ein Tausendsassa im Denken, ein Einzelgänger mit Agoraphobie und doch die Menschen liebend, ein Grenzgänger und Eigenbrötler, ein ruheloser Geist, ein Visionär, ein Alleswissenwollender, ein Vollblut-Forscher, für den Nichtwissen unentschuldbar ist.
Was ist geblieben von Alexandre Yersin? Ein Begriff ist geblieben: Yersinia pestis. Und dieses wunderbare Buch, mit dem Deville uns einen Ausnahme-Menschen, einen Universalisten auf dem Silberteller kredenzt.
Ich bin tief beeindruckt von diesem bereichernden Buch, das in fast kühler und doch höchst empathischer Schreibe, ein Leben nachzeichnet, das den meisten von uns Lesern gewiss fremd ist. Fremd als Name, fremd in seiner betörenden Wissbegier und in seiner totalen Individualität.
Echter Fortschritt ist nur im und durch das Individuum möglich. Masse hat nie etwas Großes geschaffen. So erinnert eine Ratssitzung an die Hellsichtigkeit von Hamstern und ein Stadion an den Scharfsinn von Pantoffeltierchen. (Baudelaire)
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Broschiertes Buch
Der Verlag beschreibt den Autor des Buches, Patrick Deville, als einen, der "dem Rauschen der Historie und dem Murmeln der Gespräche" zuhört. Wow! Also ich war sehr viel bescheidener: ich habe sein Buch gelesen. Denn ich wußte nichts über Alexandre Yersin. Deville …
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Der Verlag beschreibt den Autor des Buches, Patrick Deville, als einen, der "dem Rauschen der Historie und dem Murmeln der Gespräche" zuhört. Wow! Also ich war sehr viel bescheidener: ich habe sein Buch gelesen. Denn ich wußte nichts über Alexandre Yersin. Deville beschreibt ihn mit Sympathie, und die kommt rüber, jedenfalls sehe ich Yersin aufgrund der Beschreibungen als eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit, die Vorbild sein könnte. Nicht allein wegen seiner Verdienste um das Wohl der Menschen und den Fortschritt der Bakteriologie, sondern auch und vor allem wegen seiner moralischen Integrität. Ihm fehlte nämlich, glaubt man dem Buch (und warum sollte ich das nicht tun?) eine Eigenschaft, die allen Wissenschaftlern im Übermaß gemeinsam ist: ich meine die Eitelkeit. Und er besaß, was denen (und anderen) meist fehlt: Uneigennützigkeit.
Und doch hätte mir Devilles Buch besser gefallen, wenn er etwas mehr in die Tiefe gegangen wäre, die Krankheit detailliert beschrieben, das Bakterium erklärt und den Prozess der Entdeckung wissenschaftlich nachgezeichnet hätte. Denn oft ist in der Forschung nicht das Ergebnis, sondern der Weg dahin das eigentlich Aufregende. In diesem Punkt bleibt Deville auf einer seichten Oberfläche. Schade, Yersin hätte sicher mehr verdient.
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