Ernest Hemingway
Gebundenes Buch
Paris, ein Fest fürs Leben
A Moveable Feast: Die Urfassung
Mitarbeit: Hemingway, Patrick; Hemingway, Seán;Übersetzung: Schmitz, Werner
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Als Hemingway im Jahre 1956 mit seiner Frau Mary im Hotel Ritz in Paris abstieg, ließ er sich aus dem Keller die Koffer holen, die dort seit mehr als zwanzig Jahren auf ihn warteten. Sie enthielten seine Tagebücher und Aufzeichnungen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als er Korrespondent einer kanadischen Zeitung in Paris war. Für Hemingway waren es glückliche Zeiten, als er an der Seine angelte, bescheidene Gewinne beim Pferderennen in Champagner umsetzte, sich mit Gertrude Stein, James Joyce, Ezra Pound und F. Scott Fitzgerald traf - und im übrigen lebte, wie Gott in Frankreich zu...
Als Hemingway im Jahre 1956 mit seiner Frau Mary im Hotel Ritz in Paris abstieg, ließ er sich aus dem Keller die Koffer holen, die dort seit mehr als zwanzig Jahren auf ihn warteten. Sie enthielten seine Tagebücher und Aufzeichnungen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als er Korrespondent einer kanadischen Zeitung in Paris war. Für Hemingway waren es glückliche Zeiten, als er an der Seine angelte, bescheidene Gewinne beim Pferderennen in Champagner umsetzte, sich mit Gertrude Stein, James Joyce, Ezra Pound und F. Scott Fitzgerald traf - und im übrigen lebte, wie Gott in Frankreich zu leben pflegt.
Hemingway, ErnestErnest Hemingway, geboren 1899 in Oak Park, Illinois, gilt als einer der einflussreichsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. In den zwanziger Jahren lebte er als Reporter in Paris, später in Florida und auf Kuba; er nahm auf Seiten der Republikaner am Spanischen Bürgerkrieg teil, war Kriegsberichterstatter im Zweiten Weltkrieg. 1953 erhielt er den Pulitzer-Preis, 1954 den Nobelpreis für Literatur. Hemingway schied nach schwerer Krankheit 1961 freiwillig aus dem Leben.
Schmitz, WernerWerner Schmitz ist seit 1981 als Übersetzer tätig, u. a. von Malcom Lowry, John le Carré, Ernest Hemingway, Philip Roth und Paul Auster. 2011 erhielt er den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis. Er lebt in der Lüneburger Heide.
Schmitz, WernerWerner Schmitz ist seit 1981 als Übersetzer tätig, u. a. von Malcom Lowry, John le Carré, Ernest Hemingway, Philip Roth und Paul Auster. 2011 erhielt er den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis. Er lebt in der Lüneburger Heide.

Produktdetails
- Verlag: Rowohlt, Hamburg
- Originaltitel: A Moveable Feast, Urfassung
- 6. Aufl.
- Seitenzahl: 320
- Erscheinungstermin: Juli 2011
- Deutsch
- Abmessung: 205mm x 125mm x 29mm
- Gewicht: 436g
- ISBN-13: 9783498030087
- ISBN-10: 3498030086
- Artikelnr.: 32470913
Herstellerkennzeichnung
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Die wahren und guten Dinge
Herabsetzung, Lebens- und Liebeskunst: Ernest Hemingways "Paris - Ein Fest fürs Leben", erstmals in der Urfassung und glänzend neu übersetzt.
Von Wolfgang Schneider
Dieses Buch ist nicht nur ein herausragendes literarisches Werk, sondern auch ein Schlüsseltext zur Kulturgeschichte der Moderne. Das legendäre Paris der zwanziger Jahre mit seiner Kultur der amerikanischen Expats, denen der starke Dollar ein bequemes Leben der Boheme ermöglichte, ist in dieser Prosa zu besichtigen, wie in klaren Bernstein gebannt. Und es ist ein grandioses Porträt des Künstlers als jungen Mann. Gerade hat er die Poetik der radikalen Verknappung erfunden. Er bummelt die Seine entlang, sieht den Anglern
Herabsetzung, Lebens- und Liebeskunst: Ernest Hemingways "Paris - Ein Fest fürs Leben", erstmals in der Urfassung und glänzend neu übersetzt.
Von Wolfgang Schneider
Dieses Buch ist nicht nur ein herausragendes literarisches Werk, sondern auch ein Schlüsseltext zur Kulturgeschichte der Moderne. Das legendäre Paris der zwanziger Jahre mit seiner Kultur der amerikanischen Expats, denen der starke Dollar ein bequemes Leben der Boheme ermöglichte, ist in dieser Prosa zu besichtigen, wie in klaren Bernstein gebannt. Und es ist ein grandioses Porträt des Künstlers als jungen Mann. Gerade hat er die Poetik der radikalen Verknappung erfunden. Er bummelt die Seine entlang, sieht den Anglern
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zu, und immer arbeiten die Geschichten in ihm. In schön hemdsärmeligen Dialogen werden Fragen des Handwerks besprochen.
Auf den Spuren Hamsuns inszeniert Hemingway seine Hungerjahre in der Großstadt. In Wahrheit waren seine Verhältnisse nicht ganz so ungesichert. Hadley, seine erste Frau, verfügte über Geldzuflüsse. Es war also keineswegs zwingend, dass sich das Paar beim ersten Parisaufenthalt in einer Art Slum einmietete. Später wohnten sie auf dem Hinterhof eines Sägewerks - und Hemingway ging zum Schreiben ins Café. Das Geld investierte er lieber in diverse sportliche Leidenschaften und Pferdewetten. Er boxt mit jedem, der es mit ihm aufnimmt, spielt Tennis mit Ezra Pound, firmiert als Leibwächter für den fragilen James Joyce. Beim Sport liebt er den Geruch von Schweiß und Tod.
Sei einfach, sei wahr - das ist Hemingways stilistisches Mantra. Wenn das mit der Wahrheit bloß immer so einfach wäre. Da schildert er Paris als brodelndes Laboratorium der Moderne - und findet für die eigene Tätigkeit nur Vergleiche aus biblischer Urzeit: "Ich hatte bereits gelernt, den Brunnen meines Schreibens nie zu erschöpfen, sondern stets aufzuhören, wenn im tiefen Teil des Brunnens noch etwas übrig war, und ihn über Nacht von den Quellen, die ihn speisten, wieder füllen zu lassen." Wenn das nicht von Hemingway wäre, könnte es auch von Coelho sein.
Aber Hemingway ist kein dürrer Simplizitätsschreiber; anderswo findet man atemberaubende Metaphern und Vergleiche. Kriegskrüppel sitzen in den Cafés, und er sinniert über die Kunst der Gesichts-Chirurgie: "Ein in großem Umfang wiederhergestelltes Gesicht hatte immer etwas Schillerndes oder Glänzendes, fast so wie eine guteingefahrene Skipiste" - das erinnert in der Übertragung von Detailwahrnehmungen in einen anderen Zusammenhang an das Verfahren Prousts, den er im Übrigen verachtet. Und nicht nur ihn. Über Ford Maddox Ford, den Kollegen und Förderer, heißt es: "Ford saß aufrecht wie ein großer keuchender Fisch und hatte einen Atem, der schlimmer stank als die Fontäne eines Wals."
Höhepunkt ist das über mehrere Kapitel gehende Porträt von Zelda und Scott Fitzgerald. Schon dessen erste Beschreibung ist herabsetzend, betont den "feinen" Mund, "der bei einem Mädchen der Mund einer Schönheit gewesen wäre", und die allzu kurzen Beine. Zelda wird als vergnügungssüchtige Frau geschildert, die aus Eifersucht ständig die Arbeit ihres Mannes sabotiert. Und dann kommt die ungeheuerliche Szene, in der Scott sich dem Alpha-Mann anvertraut: Zelda sei unzufrieden mit der Größe seines Geschlechtsteils. Hemingway, der Arztsohn, bittet Fitzgerald "in die Praxis" (nicht mehr, wie in der alten Übersetzung, "ins Büro"), also auf die Toilette des Restaurants, um die Sache in Augenschein zu nehmen. Und geht mit Klein-Fitzgerald dann noch hinüber in den Louvre, um ihn anhand der Statuen Penisgrößen zu erläutern. Wieso diese entwürdigende Darstellung des Freundes, dessen "Gatsby" er oft gelobt hatte? In den späten fünfziger Jahren wurde der früh verstorbene Fitzgerald wiederentdeckt, während Hemingway nach dem Nobelpreis stagnierte; hier versucht er, den anschwellenden Ruhm des Rivalen nach Kräften zu beschädigen.
Diese revidierte Ausgabe, die als "Ur-Fassung" daherkommt, folgt dem beinahe fertigen Manuskript, wie es Hemingway bei seinem Selbstmord im Juli 1961 hinterließ. Die Edition von Mary Hemingway und Harry Brague aus dem Jahr 1964 hat die Reihenfolge der Kapitel geändert, einige Absätze aus dem Buch herausgenommen und es im Gegenzug mit fragmentarischem oder gestrichenem Text-Material angereichert, darunter Passagen, die Hemingways zweite Ehefrau Pauline Pfeiffer in ungünstiges Licht rücken. Mit der "Reichen", die sich in seinem Leben "einnistet", betrügt er Hadley. Pauline erscheint als Zerstörerin der Liebe. Herausgeber und Enkel Seán Hemingway will nun seine Mutter Pauline rehabilitieren. Im Kapitel "Der Lotsenfisch und die Reichen", das jetzt unter den zusätzlichen Pariser Skizzen zu lesen ist, schildert Hemingway den Frauenwechsel differenzierter und nimmt den Großteil der Schuld auf sich.
Beim Meister des Weglassens weckt alles Weggelassene große Erwartungen. So genießt man ein paar schöne Outtakes, ein fachmännisches Kapitel über einen Boxkampf und einen verspielt-verliebten Dialog mit Hadley über Frisuren. Amüsant auch ein Kapitel über eine Autofahrt in Philadelphia mit den Fitzgeralds. Zum Besten gehört das Kapitel "Winter in Schruns", das um gestrichene Passagen ergänzt wurde. Dank der Inflation können die Amerikaner nicht nur billig in Paris leben, sondern sich auch nachhaltige Skiferien in den Alpen leisten.
Eine auffallende Änderung der Neuausgabe besteht in der gelegentlichen Verwendung der Selbstanrede in "Du"-Form, wo bisher ein blasses "man" zu lesen war: "Als du Mahlzeiten auslassen musstest, nachdem du den Journalismus aufgegeben hattest und nichts zustande brachtest, was jemand in Amerika kaufen wollte . . ." Der Eindruck ist zwiespältig. Zwar wird bei diesen Passagen nun der Charakter der intimen poetischen Erinnerungsarbeit verstärkt, aber Verbformen wie "du heuertest" oder "du verheiztest" haben nicht gerade Parlando-Charakter.
Trotzdem ist der Gewinn dieser Ausgabe vor allem die frische, luftige Neuübersetzung von Werner Schmitz. Hemingways Stil ist bei aller Einfachheit ja so schwer zu übertragen wie Lyrik; und die alte Übersetzung enthielt manchen Stolperstein - "Hasardspiel mit Pferden" zum Beispiel. Da steht jetzt einfach "Pferdewetten". Und Katherine Mansfields Geschichten lesen sich nicht mehr wie "Fastbier", sondern "wie Dünnbier".
Eines der auratischen Wörter Hemingways ist "wunderbar". "Die Forellen waren einfach wunderbar", Miss Stein leiht ihm "diese wunderbare Geschichte von Jack the Ripper", und über Dostojewski heißt es: "Seine Heiligen sind wunderbar." Das eigentlich nichtssagende Wort hat etwas mit der Essenz des Lebens zu tun, mit einfachen, unverfälschten Genüssen, mit den wahren und guten Dingen. Bei Hemingway, und nur bei ihm, lässt man sich diese Manier gefallen. An einer Stelle beschreibt er, wie er endlich Geld für eine Geschichte bekommt und erst einmal etwas essen geht. Die einfache Sinnlichkeit des Vorgangs wird zum literarischen Ereignis: "Das Bier war sehr kalt und trank sich wunderbar. Die pommes à l'huile waren fest und mariniert und das Olivenöl köstlich. Ich mahlte schwarzen Pfeffer auf die Kartoffeln und tränkte das Brot mit Olivenöl. Nach dem ersten tiefen Schluck Bier trank und aß ich sehr langsam." Das ist ganz einfach: wunderbar.
Ernest Hemingway: "Paris - Ein Fest fürs Leben". Die Urfassung.
Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Rowohlt Verlag, Reinbek 2011. 316 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Auf den Spuren Hamsuns inszeniert Hemingway seine Hungerjahre in der Großstadt. In Wahrheit waren seine Verhältnisse nicht ganz so ungesichert. Hadley, seine erste Frau, verfügte über Geldzuflüsse. Es war also keineswegs zwingend, dass sich das Paar beim ersten Parisaufenthalt in einer Art Slum einmietete. Später wohnten sie auf dem Hinterhof eines Sägewerks - und Hemingway ging zum Schreiben ins Café. Das Geld investierte er lieber in diverse sportliche Leidenschaften und Pferdewetten. Er boxt mit jedem, der es mit ihm aufnimmt, spielt Tennis mit Ezra Pound, firmiert als Leibwächter für den fragilen James Joyce. Beim Sport liebt er den Geruch von Schweiß und Tod.
Sei einfach, sei wahr - das ist Hemingways stilistisches Mantra. Wenn das mit der Wahrheit bloß immer so einfach wäre. Da schildert er Paris als brodelndes Laboratorium der Moderne - und findet für die eigene Tätigkeit nur Vergleiche aus biblischer Urzeit: "Ich hatte bereits gelernt, den Brunnen meines Schreibens nie zu erschöpfen, sondern stets aufzuhören, wenn im tiefen Teil des Brunnens noch etwas übrig war, und ihn über Nacht von den Quellen, die ihn speisten, wieder füllen zu lassen." Wenn das nicht von Hemingway wäre, könnte es auch von Coelho sein.
Aber Hemingway ist kein dürrer Simplizitätsschreiber; anderswo findet man atemberaubende Metaphern und Vergleiche. Kriegskrüppel sitzen in den Cafés, und er sinniert über die Kunst der Gesichts-Chirurgie: "Ein in großem Umfang wiederhergestelltes Gesicht hatte immer etwas Schillerndes oder Glänzendes, fast so wie eine guteingefahrene Skipiste" - das erinnert in der Übertragung von Detailwahrnehmungen in einen anderen Zusammenhang an das Verfahren Prousts, den er im Übrigen verachtet. Und nicht nur ihn. Über Ford Maddox Ford, den Kollegen und Förderer, heißt es: "Ford saß aufrecht wie ein großer keuchender Fisch und hatte einen Atem, der schlimmer stank als die Fontäne eines Wals."
Höhepunkt ist das über mehrere Kapitel gehende Porträt von Zelda und Scott Fitzgerald. Schon dessen erste Beschreibung ist herabsetzend, betont den "feinen" Mund, "der bei einem Mädchen der Mund einer Schönheit gewesen wäre", und die allzu kurzen Beine. Zelda wird als vergnügungssüchtige Frau geschildert, die aus Eifersucht ständig die Arbeit ihres Mannes sabotiert. Und dann kommt die ungeheuerliche Szene, in der Scott sich dem Alpha-Mann anvertraut: Zelda sei unzufrieden mit der Größe seines Geschlechtsteils. Hemingway, der Arztsohn, bittet Fitzgerald "in die Praxis" (nicht mehr, wie in der alten Übersetzung, "ins Büro"), also auf die Toilette des Restaurants, um die Sache in Augenschein zu nehmen. Und geht mit Klein-Fitzgerald dann noch hinüber in den Louvre, um ihn anhand der Statuen Penisgrößen zu erläutern. Wieso diese entwürdigende Darstellung des Freundes, dessen "Gatsby" er oft gelobt hatte? In den späten fünfziger Jahren wurde der früh verstorbene Fitzgerald wiederentdeckt, während Hemingway nach dem Nobelpreis stagnierte; hier versucht er, den anschwellenden Ruhm des Rivalen nach Kräften zu beschädigen.
Diese revidierte Ausgabe, die als "Ur-Fassung" daherkommt, folgt dem beinahe fertigen Manuskript, wie es Hemingway bei seinem Selbstmord im Juli 1961 hinterließ. Die Edition von Mary Hemingway und Harry Brague aus dem Jahr 1964 hat die Reihenfolge der Kapitel geändert, einige Absätze aus dem Buch herausgenommen und es im Gegenzug mit fragmentarischem oder gestrichenem Text-Material angereichert, darunter Passagen, die Hemingways zweite Ehefrau Pauline Pfeiffer in ungünstiges Licht rücken. Mit der "Reichen", die sich in seinem Leben "einnistet", betrügt er Hadley. Pauline erscheint als Zerstörerin der Liebe. Herausgeber und Enkel Seán Hemingway will nun seine Mutter Pauline rehabilitieren. Im Kapitel "Der Lotsenfisch und die Reichen", das jetzt unter den zusätzlichen Pariser Skizzen zu lesen ist, schildert Hemingway den Frauenwechsel differenzierter und nimmt den Großteil der Schuld auf sich.
Beim Meister des Weglassens weckt alles Weggelassene große Erwartungen. So genießt man ein paar schöne Outtakes, ein fachmännisches Kapitel über einen Boxkampf und einen verspielt-verliebten Dialog mit Hadley über Frisuren. Amüsant auch ein Kapitel über eine Autofahrt in Philadelphia mit den Fitzgeralds. Zum Besten gehört das Kapitel "Winter in Schruns", das um gestrichene Passagen ergänzt wurde. Dank der Inflation können die Amerikaner nicht nur billig in Paris leben, sondern sich auch nachhaltige Skiferien in den Alpen leisten.
Eine auffallende Änderung der Neuausgabe besteht in der gelegentlichen Verwendung der Selbstanrede in "Du"-Form, wo bisher ein blasses "man" zu lesen war: "Als du Mahlzeiten auslassen musstest, nachdem du den Journalismus aufgegeben hattest und nichts zustande brachtest, was jemand in Amerika kaufen wollte . . ." Der Eindruck ist zwiespältig. Zwar wird bei diesen Passagen nun der Charakter der intimen poetischen Erinnerungsarbeit verstärkt, aber Verbformen wie "du heuertest" oder "du verheiztest" haben nicht gerade Parlando-Charakter.
Trotzdem ist der Gewinn dieser Ausgabe vor allem die frische, luftige Neuübersetzung von Werner Schmitz. Hemingways Stil ist bei aller Einfachheit ja so schwer zu übertragen wie Lyrik; und die alte Übersetzung enthielt manchen Stolperstein - "Hasardspiel mit Pferden" zum Beispiel. Da steht jetzt einfach "Pferdewetten". Und Katherine Mansfields Geschichten lesen sich nicht mehr wie "Fastbier", sondern "wie Dünnbier".
Eines der auratischen Wörter Hemingways ist "wunderbar". "Die Forellen waren einfach wunderbar", Miss Stein leiht ihm "diese wunderbare Geschichte von Jack the Ripper", und über Dostojewski heißt es: "Seine Heiligen sind wunderbar." Das eigentlich nichtssagende Wort hat etwas mit der Essenz des Lebens zu tun, mit einfachen, unverfälschten Genüssen, mit den wahren und guten Dingen. Bei Hemingway, und nur bei ihm, lässt man sich diese Manier gefallen. An einer Stelle beschreibt er, wie er endlich Geld für eine Geschichte bekommt und erst einmal etwas essen geht. Die einfache Sinnlichkeit des Vorgangs wird zum literarischen Ereignis: "Das Bier war sehr kalt und trank sich wunderbar. Die pommes à l'huile waren fest und mariniert und das Olivenöl köstlich. Ich mahlte schwarzen Pfeffer auf die Kartoffeln und tränkte das Brot mit Olivenöl. Nach dem ersten tiefen Schluck Bier trank und aß ich sehr langsam." Das ist ganz einfach: wunderbar.
Ernest Hemingway: "Paris - Ein Fest fürs Leben". Die Urfassung.
Aus dem Englischen von Werner Schmitz. Rowohlt Verlag, Reinbek 2011. 316 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Pünktlich zu Ernest Hemingways 50. Todestag liegt - mal wieder - eine Neuausgabe der unvollendeten Memoiren "Paris - Ein Fest fürs Leben" vor und Rezensent Thomas Hermann ist wider Erwarten begeistert. Denn mit dieser ausgezeichnet recherchierten Ausgabe trage der Herausgeber Sean Hemingway, Enkel des Autors, zu einem differenzierten Hemingway-Bild bei. Während Ernests Witwe Mary deutliche, durch ihre intime Kenntnis des Autors gerechtfertigte Veränderungen in ihrer Edition des Fragmentes vornahm, setze Sean vor allem auf die Authentizität der von ihm herausgegebenen "Urfassung" und komme damit dem Nachlass seines Großvaters bedeutend näher. Für den Rezensenten liegt genau darin deren Mehrwert: dank bisher unveröffentlichter Textpassagen erfahre man nun beispielsweise von Hemingways Skrupeln den Text zu publizieren - er hatte seine Kollegen und Freunde nicht gerade vorteilhaft porträtiert. Und durch die hier veröffentlichten transsexuellen Fantasien entdeckt Hermann die Widersprüchlichkeit des Autors hinter seinem chauvinistischen Helden-Image. Ausdrücklich lobt der Rezensent die Übersetzung von Werner Schmitz, der im Gegensatz zu seiner Vorgängerin auf überflüssige Manierismen verzichte.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Dieses Buch ist nicht nur ein herausragendes literarisches Werk, sondern auch ein Schlüsseltext zur Kulturgeschichte der Moderne. FAZ.NET
Broschiertes Buch
Ein Amerikaner in Paris
Er gehörte zur Gruppe der amerikanischen Schriftsteller im Paris der Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, die wegen ihrer verlorenen Illusionen nach dem Ersten Weltkrieg und dem damit einhergehenden Verfall bürgerlicher Wertvorstellungen als …
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Ein Amerikaner in Paris
Er gehörte zur Gruppe der amerikanischen Schriftsteller im Paris der Zwanzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, die wegen ihrer verlorenen Illusionen nach dem Ersten Weltkrieg und dem damit einhergehenden Verfall bürgerlicher Wertvorstellungen als «Lostgeneration» bezeichnet werden, ein von Gertrude Stein geprägter Begriff. Während seiner Jahre in dieser Stadt mit ihrem besonderen Flair, die seit jeher viele Künstler magisch anzieht, hatte Ernest Hemingway von 1921 bis 1926 einiges an Aufzeichnungen angefertigt, die dann jahrzehntelang unbeachtet im Keller des Hotels Ritz lagerten. Erst 1956 nahm er sich dieser Notizen wieder an und schrieb dann vier Jahre lang an «Paris – Ein Fest für die Sinne», seinem Erinnerungsbuch über diese Zeit, dessen Titel allein ja schon eine Hommage an die französische Hauptstadt ist. «Wenn es der Leser vorzieht, kann dieses Buch auch als ein Werk der Phantasie angesehen werden», schreibt der Autor in seinem Vorwort und zählt auf, was er alles weggelassen hat, man kennt Dergleichen aus diversen Autobiografien.
Er schuf damit eine informative und amüsante Anekdoten-Sammlung, als chronologischer Bericht ist das Buch über seine Pariser Jahre nämlich nicht aufgebaut, es berichtet vielmehr schlaglichtartig von den Anfängen seiner literarischen Vita und seinen bescheidenen Lebensverhältnissen in dieser Zeit. Wobei sein Leben ja, wie ich es empfinde, geradezu der Inbegriff dessen ist, was man als pralles Leben bezeichnet, jedenfalls das eines Abenteurers und archetypischen Machos, der sein Männlichkeitsimage gepflegt hat wie kein Zweiter. Die letzten beiden Winter verbrachte er, auf der Flucht aus seiner schlecht heizbaren Pariser Wohnung, im österreichischen Schruns, wo er «Fiesta» schrieb, der Roman, mit dem ihm 1927 der Durchbruch als Schriftsteller gelang.
Francophile Leser im Allgemeinen und Parisfans im Besonderen kommen mit seinem Paris-Buch voll auf ihre Kosten, Hemingway schildert die Stadt detailverliebt und präzise, man durchschreitet sie geradezu mit ihm zusammen, er benennt immer wieder genauestens die Straßen und Plätze seiner Streifzüge. Und meistens kennt er dann auch ein Restaurant oder Bistro in der Nähe, es wird jedenfalls gut gegessen und reichlich getrunken, wenn er, meist in Gesellschaft, irgendwo Platz nimmt. Zu den Menschen, die ihm begegneten, gehörten vor allem Gertrude Stein, in deren Salon er regelmäßig verkehrte, bis er sich schließlich mit ihr überwarf, ferner Ezra Pound, James Joyce, Scott Fitzgerald, Ford Madox Ford und andere Schriftsteller mehr, und auch mit einigen Malern waren er befreundet. Natürlich drehten sich die Gespräche oft um Literatur, was die Lektüre besonders interessant macht, so wenn er zum Beispiel mit dem Schriftsteller Evan Shipman über Dostojewski redet und fragt: «Wie kann ein Mann so schlecht schreiben, so unbeschreiblich schlecht, und einen so tief ergreifen»? Um schließlich auf die Übersetzerin zu kommen, die Tolstois «Krieg und Frieden» doch ganz vortrefflich übersetzt habe, an der könne es dann ja wohl nicht liegen.
Womit wir beim Stil sind, in dem Hemingway selbst schreibt, eine eher karg zu nennende, lapidare Sprache mit ebenso kurzen wie prägnanten Sätzen. Das wirkt manchmal nüchtern wie ein Zeitungsbericht, tiefer gehende Emotionen des Autors sind darin kaum erkennbar. Seine geradezu ökonomisch zu nennende Schreibweise war damals zwar en vogue in der englischsprachigen Künstlerkolonie von Paris, sie vermag hier aber keine wirklich stimmige Atmosphäre zu vermitteln, gibt allenfalls ein wenig vom Lokalkolorit jener Zeit wieder. Damit dürfte das Buch manch hochgespannte Erwartung potentieller Leser nicht erfüllen.
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Broschiertes Buch
Jahrzehnte nach seinen jungen Jahren in Paris mit seiner Frau Hadley hat Hemingway mit „Paris – Ein Fest fürs Leben“ in den 50er Jahren einen Rückblick auf sein damaliges Leben und viele bekannte Persönlichkeiten geschrieben. Es geht in kurzen Geschichten um das …
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Jahrzehnte nach seinen jungen Jahren in Paris mit seiner Frau Hadley hat Hemingway mit „Paris – Ein Fest fürs Leben“ in den 50er Jahren einen Rückblick auf sein damaliges Leben und viele bekannte Persönlichkeiten geschrieben. Es geht in kurzen Geschichten um das Leben der Hemingways in den zwanziger Jahren, größtenteils noch vor seinem ersten Roman und bevor er wirklich berühmt wurde, er berichtet darin jedoch auch von seinen Treffen mit Gertrude Stein, Scott und Zelda Fitzgerald und Ezra Pound.
Dabei beeindruckt Hemingway wie so oft durch seine klare, schnörkellose Sprache und gute Beobachtungsgabe. Seine Beschreibungen von Gertrude Stein und Scott Fitzgerald sind teilweise bissig, aber pointiert und treffend zusammengefasst. Besonders fasziniert hat mich die Beschreibung einer Reise mit Fitzgerald, um ein Auto abzuholen. Seine Beobachtungen decken sich dabei sehr gut mit den Beschreibungen von Fitzgerald Charakter in Michaela Karls Biographie „Wir brechen die 10 Gebote und uns den Hals“. Er trinkt, ist wankelmütig und stark beeinflusst von der Eifersucht seiner Frau Zelda. Gleichzeitig entführt Hemingway seine Leser in das Paris der zwanziger Jahre, berichtet anschaulich vom Leben auf den Straßen, in Cafés und den zahlreichen belebten Plätzen der Stadt, so dass man die Bilder vor einem inneren Auge sieht und sich wünscht, selbst Teil dieser Welt zu sein.
Ernest Hemingways „Paris- Ein Fest fürs Leben“ hat mich wirklich begeistert, seine Sprache und sein Stil sind durch ihre Schlichtheit einfach wundervoll und gestalten für den Leser ein umfangreiches Bild des damaligen Paris. Dazu sagen muss ich allerdings, dass ich das Buch in Paris selbst gelesen habe und ich tagtäglich die Straßen und Plätze, die Hemingway beschreibt, besucht habe, so dass mich das Buch natürlich persönlich besonders getroffen hat. Doch egal wo man liest, Ernest Hemingway ist immer eine ausgiebige Lektüre wert.
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Broschiertes Buch
Paris der 20er Jahre, eine Schilderung von vielen Ereignissen und ebenso vielen Personen, die im Leben des Autors eine signifikante Rolle gespielt haben. Wir lernen Ezra Pound, Scott Fitzgerald, Picasso, James Joyce und Sylvia Beach, die gute Seele der Amerikanischen Künstler in Paris kennen. …
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Paris der 20er Jahre, eine Schilderung von vielen Ereignissen und ebenso vielen Personen, die im Leben des Autors eine signifikante Rolle gespielt haben. Wir lernen Ezra Pound, Scott Fitzgerald, Picasso, James Joyce und Sylvia Beach, die gute Seele der Amerikanischen Künstler in Paris kennen. Welchen Anteil Fiktion und Tatsachen im Buch einnehmen, kann ich nicht urteilen, doch selbst wenn alles nur Dichtung ist, so und nicht anders stelle ich mir das Künstlerleben in der Metropole der damaligen Zeit vor. Geld ist nebensächlich, spielt eher eine untergeordnete Rolle, in Paris konnte man als Amerikaner damals günstig und bequem leben. Aber hauptsächlich ging es um die Verdichtung von Kreativität, den Austausch von Ideen und Gedanken, um endlose und hitzige Diskussionen, und ums gemeinsame Feiern.
Ein leichtes Buch, charmant und witzig, einfach und schnell zu lesen. Ist die Nase einmal drin, kann man es nicht mehr lassen. Garantiertes Lesevergnügen.
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