auf der das Goteik-Viadukt überquert wird, hoch über einem dicht bewachsenen Tal, auf endlos wirkenden Stelzen aus hellgrauem Stahl. Oder die Centovalli-Bahn, die sich in Serpentinen aus Locarno am Lago Maggiore bis ins italienische Domodossola schlängelt, teilweise in 800 Metern Höhe. Wer im Flugzeug reist und einen guten Platz am Fenster bekommt, mag ja einigen Überblick haben. Aber eine Landschaft wirklich erleben kann, neben dem Wanderer, wohl nur der Zugreisende - das behaupten Hunderte Bilder dieses Bandes. Für die Erläuterungen wurden Autorinnen und Autoren aus aller Welt gefragt, die die jeweilige Strecke selbst erlebt haben - und von ihren Eindrücken erzählen. Etwa, dass man sich von Colombo nach Badulla, auf Sri Lanka, die ganze Zeit wie in die Vergangenheit zurückgeworfen fühle, was dann das Foto einer gemauerten Brücke bestätigt. Oder sie wissen mehr als andere: Die Tazara, die Route von der Hafenstadt Daressalam nach Kapiri Mposhi in Sambia, etwa ersetze - Achtung, Geheimtipp - die Safari für all die, die sich keine leisten können. Links und rechts der Strecke seien oft Giraffen, Elefanten oder Kaffernbüffel zu sehen. Ob sie nun kommen oder nicht, der Star all der genannten Reisen bleibt die Landschaft. Der Amtrak Downeaster, der ab Boston nordwärts fährt bis nach Maine und seinem Passagier die berühmten magischen Waldränder Neuenglands - rötlich im Spätsommer - zeigt, in ganz feinen Nebel getaucht. Hier wurde die moderne Horrorstory geboren, das war die Heimat von Edgar Allan Poe und H. P. Lovecraft. Der Tranz-Alpine in Neuseeland führt dagegen über weite Steinstrände, als ginge es über den Mond - und sieht damit nach Science-Fiction aus. Die längste erwähnte Reise dauert fast fünf Tage, die kürzeste nur vier Stunden. Eine ganze Welt des Reisens tut sich hier auf - und trotzdem bleibt man immer in der Spur.
tlin
"Legendäre Zugreisen: 60 abenteuerliche Reisen, die du nie vergisst". Lonely Planet Reisebildbände, 304 Seiten, 26,90 Euro
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.02.2019
