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Chris Cleave
Broschiertes Buch
Little Bee
Roman. Deutsche Erstausgabe
Übersetzung: Goga-Klinkenberg, Susanne
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Manchmal wünscht sie sich, sie wäre eine englische Pfundmünze: dann würde sich nämlich jeder freuen, sie zu sehen. Little Bee ist 16 Jahre alt und stammt aus Afrika. In ihrer Heimat ist ihr Schreckliches zugestoßen, und seit zwei Jahren lebt sie in einem englischen Abschiebelager für Asylbewerber. Trotz allem ist sie ein Mensch voll Lebensfreude, Witz und Intelligenz. In England kennt sie außerhalb des Lagers nur zwei Menschen: Vor Jahren hat sie in Nigeria das Ehepaar Sarah und Andrew, die im englischen Kingston-upon-Thames ein privilegiertes Leben führen, kennengelernt. Ein furchtba...
Manchmal wünscht sie sich, sie wäre eine englische Pfundmünze: dann würde sich nämlich jeder freuen, sie zu sehen. Little Bee ist 16 Jahre alt und stammt aus Afrika. In ihrer Heimat ist ihr Schreckliches zugestoßen, und seit zwei Jahren lebt sie in einem englischen Abschiebelager für Asylbewerber. Trotz allem ist sie ein Mensch voll Lebensfreude, Witz und Intelligenz. In England kennt sie außerhalb des Lagers nur zwei Menschen: Vor Jahren hat sie in Nigeria das Ehepaar Sarah und Andrew, die im englischen Kingston-upon-Thames ein privilegiertes Leben führen, kennengelernt. Ein furchtbares gemeinsames Erlebnis hat eine tragische Verbindung zwischen ihnen geschaffen. Als Little Bee aus dem Lager entlassen wird, ruft sie bei Sarah und Andrew an. Ein Anruf, der unvorhersehbare Folgen hat: Einige Tage später bringt sich Andrew um. Und kurz darauf steht Little Bee vor Sarahs Tür ...
Cleave, Chris
Chris Cleave hat u.a. als Kolumnist für den englischen 'Guardian' geschrieben, als Barmann und Hochseematrose gearbeitet, Meeresnavigation unterrichtet und eine Internetfirma aufgezogen. Bereits sein erster Roman 'Lieber Osama' wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, sein zweiter, 'Little Bee', zu einem Weltbestseller. Er lebt mit seiner Familie in London.
Goga-Klinkenberg, Susanne
Susanne Goga-Klinkenberg lebt als Übersetzerin und Autorin in Mönchengladbach und ist Mitglied des deutschen PEN-Zentrums. Sie studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und ist seit 1995 freiberuflich für verschiedene renommierte Verlage tätig. Für dtv hat sie unter anderem Chris Cleave, Wendy Walker und Jessica Barry übersetzt.
Chris Cleave hat u.a. als Kolumnist für den englischen 'Guardian' geschrieben, als Barmann und Hochseematrose gearbeitet, Meeresnavigation unterrichtet und eine Internetfirma aufgezogen. Bereits sein erster Roman 'Lieber Osama' wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, sein zweiter, 'Little Bee', zu einem Weltbestseller. Er lebt mit seiner Familie in London.
Goga-Klinkenberg, Susanne
Susanne Goga-Klinkenberg lebt als Übersetzerin und Autorin in Mönchengladbach und ist Mitglied des deutschen PEN-Zentrums. Sie studierte Literaturübersetzen in Düsseldorf und ist seit 1995 freiberuflich für verschiedene renommierte Verlage tätig. Für dtv hat sie unter anderem Chris Cleave, Wendy Walker und Jessica Barry übersetzt.
Produktdetails
- dtv Taschenbücher Bd.24819
- Verlag: DTV
- Originaltitel: The Other Hand; Little Bee
- 4. Aufl.
- Seitenzahl: 320
- Erscheinungstermin: 24. Januar 2011
- Deutsch
- Abmessung: 210mm x 135mm x 29mm
- Gewicht: 427g
- ISBN-13: 9783423248198
- ISBN-10: 342324819X
- Artikelnr.: 29746980
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
»Chris Cleave lässt in seinem Roman zwei Welten aufeinanderprallen. Mit einer Wucht, die umhaut.« -- Jutta Legath, Brigitte 09.02.2011
»Chris Cleave erzählt eine dramatische Geschichte, die so ähnlich tausendfach passieren könnte, auf ebenso anrührende wie witzige Weise.« -- Nürnberger Nachrichten 17.01.2011
»Little Bee wühlt auf, Little Bee macht Mut, little Bee ist einfach ein toller Roman, der sich ins Herz schleicht und einen nicht mehr los lässt.« -- Maraike Wieting, Delmenhorster Kreisblatt 28.01.2011
»Aufwühlend, bewegend.« -- SUPERillu 03.02.2011
»Ein ganz außergewöhnlicher Roman, schnell verschlungen, lange im Gedächtnis.« -- Stephanie Lamprecht, Hamburger
»Chris Cleave erzählt eine dramatische Geschichte, die so ähnlich tausendfach passieren könnte, auf ebenso anrührende wie witzige Weise.« -- Nürnberger Nachrichten 17.01.2011
»Little Bee wühlt auf, Little Bee macht Mut, little Bee ist einfach ein toller Roman, der sich ins Herz schleicht und einen nicht mehr los lässt.« -- Maraike Wieting, Delmenhorster Kreisblatt 28.01.2011
»Aufwühlend, bewegend.« -- SUPERillu 03.02.2011
»Ein ganz außergewöhnlicher Roman, schnell verschlungen, lange im Gedächtnis.« -- Stephanie Lamprecht, Hamburger
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Morgenpost 10.02.2011
»Überraschend!« -- Lea 16.02.2011
»Poetisch, originell und komisch entwickelt Chris Cleave die dramatische Geschichte, die Little Bee und Sarah zusammengebracht hat.« -- Kathrin Fischer, Büchercheck, hr-online.de 17.02.2011
»Ein wunderschön geschriebenes, in die menschliche Tiefe reichendes, letztlich sehr verstörendes Buch, das aufgrund der erlebten und geschilderten Grausamkeit der Welt schmerzvoll die mögliche Schönheit in den Raum zu stellen vermag. Eine mögliche Schönheit, die sich immer weiter entfernt durch Egozentrik und Trägheit mancher auf Kosten der Vielen.« -- Michael Lehmann-Pape, rezensions-seite.de 18.02.2011
»[...] ein bedrückend intensives Drama [...].« -- TV Spielfilm, TV Today 05/2011
»Ein ganz und gar ungeheuerlicher Roman über den Wert des Öls und den des Menschen.« -- Nido 03/2011
»Es ist unmöglich, sich dem Sog dieses glänzend geschriebenen Buches, das lange nachwirkt, zu entziehen.« -- buchblinzler.blogspot.com 25.02.2011
»Ein verstörender Roman über Menschen, die über sich selbst hinauswachsen.« -- Annabelle und annabelle.ch, Zürich 21.02.2011
»Eine beeindruckende Geschichte über Menschlichkeit und die Grenzen des Mitgefühls.« -- Freundin 23.02.2011
»Man weint und lacht, manchmal beides zusammen.« -- Sonntag Express 27.02.2011
»Der Roman ist aufregend bis zur letzten Seite.« -- Kölner Illustrierte 03/2011
»Buch des Monats« -- myself April 2011
»Dieses Buch ist bittersüß und macht traurig, weil es zeigt, wie wenig ein Menschenleben wert ist.« -- Manfred Hitzeroth, Oberhessische Presse 11.03.2011
»Leicht zu lesen, aber machtvoll im Gedächtnis, aufregend und überraschend bis zuletzt.« -- Renate Schach, Neue Presse 19.03.2011
»Überraschend!« -- Lea 16.02.2011
»Poetisch, originell und komisch entwickelt Chris Cleave die dramatische Geschichte, die Little Bee und Sarah zusammengebracht hat.« -- Kathrin Fischer, Büchercheck, hr-online.de 17.02.2011
»Ein wunderschön geschriebenes, in die menschliche Tiefe reichendes, letztlich sehr verstörendes Buch, das aufgrund der erlebten und geschilderten Grausamkeit der Welt schmerzvoll die mögliche Schönheit in den Raum zu stellen vermag. Eine mögliche Schönheit, die sich immer weiter entfernt durch Egozentrik und Trägheit mancher auf Kosten der Vielen.« -- Michael Lehmann-Pape, rezensions-seite.de 18.02.2011
»[...] ein bedrückend intensives Drama [...].« -- TV Spielfilm, TV Today 05/2011
»Ein ganz und gar ungeheuerlicher Roman über den Wert des Öls und den des Menschen.« -- Nido 03/2011
»Es ist unmöglich, sich dem Sog dieses glänzend geschriebenen Buches, das lange nachwirkt, zu entziehen.« -- buchblinzler.blogspot.com 25.02.2011
»Ein verstörender Roman über Menschen, die über sich selbst hinauswachsen.« -- Annabelle und annabelle.ch, Zürich 21.02.2011
»Eine beeindruckende Geschichte über Menschlichkeit und die Grenzen des Mitgefühls.« -- Freundin 23.02.2011
»Man weint und lacht, manchmal beides zusammen.« -- Sonntag Express 27.02.2011
»Der Roman ist aufregend bis zur letzten Seite.« -- Kölner Illustrierte 03/2011
»Buch des Monats« -- myself April 2011
»Dieses Buch ist bittersüß und macht traurig, weil es zeigt, wie wenig ein Menschenleben wert ist.« -- Manfred Hitzeroth, Oberhessische Presse 11.03.2011
»Leicht zu lesen, aber machtvoll im Gedächtnis, aufregend und überraschend bis zuletzt.« -- Renate Schach, Neue Presse 19.03.2011
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Im Land der traurigen Teetrinker
Chris Cleaves Roman über eine junge Nigerianerin in England stellt unser Weltbild auf die Probe. "Little Bee" ist von beklemmender Aktualität und zeitloser Poesie.
Von Jan Wiele
Man könnte über die Stelle leicht hinweglesen, und doch ist ihr auf so einfache wie beeindruckende Weise die Pointe des Romans eingeschrieben: Als Little Bee, ein sechzehnjähriges Mädchen aus Nigeria, als blinde Passagierin auf einem Frachtschiff nach Europa unterwegs ist und vom Kapitän entdeckt wird, gibt der ihr ein Buch zu lesen. "Das Buch hieß Große Erwartungen und handelte von einem Jungen namens Pip, doch ich weiß nicht, wie es ausging, weil das Schiff vorher in Großbritannien ankam und der
Chris Cleaves Roman über eine junge Nigerianerin in England stellt unser Weltbild auf die Probe. "Little Bee" ist von beklemmender Aktualität und zeitloser Poesie.
Von Jan Wiele
Man könnte über die Stelle leicht hinweglesen, und doch ist ihr auf so einfache wie beeindruckende Weise die Pointe des Romans eingeschrieben: Als Little Bee, ein sechzehnjähriges Mädchen aus Nigeria, als blinde Passagierin auf einem Frachtschiff nach Europa unterwegs ist und vom Kapitän entdeckt wird, gibt der ihr ein Buch zu lesen. "Das Buch hieß Große Erwartungen und handelte von einem Jungen namens Pip, doch ich weiß nicht, wie es ausging, weil das Schiff vorher in Großbritannien ankam und der
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Kapitän mich der Einwanderungsbehörde auslieferte."
Hier geht es offensichtlich nicht um tiefsinnige Analogien zwischen dem Roman von Dickens und dem vorliegenden Werk, wie man zunächst denken könnte, sondern vielmehr wird der Leser plötzlich und lakonisch auf die harte Wirklichkeit der Geschichte des Einwanderermädchens verwiesen: Mit größten Erwartungen fährt Little Bee in die weite Welt - und landet in England, genauer gesagt in einem Abschiebegefängnis in Essex, in dem sie zwei Jahre verbringen muss.
Manche der dort mit ihr Internierten bekommen England nie wirklich zu sehen - sie werden wieder ausgewiesen oder begehen in ihrer Verzweiflung gar Selbstmord. Bee dagegen beißt sich durch, und sie nutzt die Zeit zum Erlernen der Sprache des Gastlandes, lange bevor es dort für sie auch nur ansatzweise gastlich ist. Mit Glück entkommt das junge Mädchen dann eines Tages in die Freiheit - wenn auch nur in eine relative, denn nun ist sie eine Illegale und muss ständig auf der Hut sein. Bee wendet sich an die einzigen Menschen, die sie in England kennt: ein Journalistenehepaar aus der Nähe Londons, mit dem sie früher in Nigeria zusammengetroffen war. Mit dieser Kontaktaufnahme jedoch beginnt nicht etwa eine glückliche Zukunft, sondern zunächst die Auseinandersetzung mit einer schrecklichen Vergangenheit.
Parallel zu Little Bees Erzählung meldet sich nun als zweite Stimme die Journalistin Sarah O'Rourke zu Wort. Sie und Bee verbindet ein Jahre zurückliegendes, grausames Erlebnis an einem nigerianischen Strand, das erst im Lauf des Romans aus beider Sicht aufgearbeitet wird. Die lange hinausgezögerte Schilderung dieser, der eigentlichen Romanhandlung zugrundeliegenden Katastrophe ist meisterlich erzählt, an Spannung und Drastik kaum zu überbieten und wird dem Leser lange im Gedächtnis bleiben.
Dieses traumatische Erlebnis wirkt derartig nach, dass Bee jeden Ort und jede Situation in der ihr fremden neuen Umgebung zunächst daraufhin prüft, wie sie sich zur Not das Leben nehmen könnte. Das klingt grotesk, wird aber, je tiefer man in ihre Erzählung eintaucht, immer verständlicher. Sie hat in Nigeria einen erbarmungslosen Kampf um Öl erlebt, dem ihr gesamtes Dorf zum Opfer fiel. Horror, so sagt sie, ist in ihrer Heimat etwas Dauerhaftes und nicht etwas, wofür man ins Kino geht.
Für die einheimische Sarah hat das Erlebnis ebenfalls existentielle Folgen: Sie verliert dadurch ihren Ehemann, und sie gewinnt dafür die Gesellschaft von Little Bee. Konfrontiert mit diesen Tatsachen, empfindet die Journalistin ihren Job bei einem Frauenmagazin zunehmend als oberflächlich und hohl, während sich ihr durch das nigerianische Mädchen eine Welt erschließt, für die sie sich schließlich viel mehr interessiert als für Artikel über Schönheitsoperationen. Das Tragische an Sarahs Fall ist, dass sie mit dieser Interessenverschiebung hin zu ernsteren Dingen eine Veränderung durchmacht, die bei ihrem Mann schon einige Jahre vorher eingesetzt hatte und ihm schließlich zum Verhängnis wurde. So ist Chris Cleaves Roman auch eine berührende Liebesgeschichte über die Ungleichzeitigkeit zweier Persönlichkeitsentwicklungen, an der eine Beziehung scheitern kann.
Die besondere Stärke des Buches aber ist die Eloquenz seiner jugendlichen Protagonistin Little Bee: Cleave hat sie als Figur erfunden, die gewissermaßen aus Trotz die Sprache ihres Asylgebers besonders gut lernt - um dann den englischen oder in Übersetzungen auch anderen westlichen Lesern ihre falschen, von Klischees und Orientalismen bestimmten Vorstellungen von Afrika vor Augen zu führen: "Wenn ihr an meinen Kontinent denkt, denkt ihr vielleicht an das Leben in der Wildnis - an Löwen, Hyänen und Affen. Wenn ich daran denke, denke ich an all die kaputten Maschinen, an die verschlissenen und zerstörten, zerschmetterten und geborstenen Dinge."
Freilich gibt diese kritische Erzählerfigur dem Autor, der für den "Guardian" schreibt, auch viel Gelegenheit zum Ausschöpfen seiner eigenen journalistischen Kunst. Seine Recherchen belegt er am Ende des Buches mit Quellenangaben. Stellenweise überspannt Cleave den Bogen etwas - dann klingt die Kritik an Sprache und Denkfiguren (etwa am Begriff "Entwicklungsländer"), die er Bee in den Mund legt, etwas zu sehr nach einem Essay aus seiner Feder. Dass die Erzählung dann aber doch nicht zur sterilen Vorlesung über Probleme der Globalisierung gerät, beweist Bees Sichtweise, die ihrerseits bisweilen klischeegefährdet und damit menschlich daherkommt. So erscheinen ihr die Engländer als ein latent verstocktes Volk der traurigen Teetrinker. Das Idiom dieser Verstocktheit, das Englisch der Königin, hat Bee sich selbst angeeignet - und die daraus resultierende Spannung kommt auch in der Übersetzung noch gut zum Ausdruck.
Chris Cleave: "Little Bee". Roman.
Aus dem Englischen von Susanne Goga-Klinkenberg. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011. 320 S., br., 14,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Hier geht es offensichtlich nicht um tiefsinnige Analogien zwischen dem Roman von Dickens und dem vorliegenden Werk, wie man zunächst denken könnte, sondern vielmehr wird der Leser plötzlich und lakonisch auf die harte Wirklichkeit der Geschichte des Einwanderermädchens verwiesen: Mit größten Erwartungen fährt Little Bee in die weite Welt - und landet in England, genauer gesagt in einem Abschiebegefängnis in Essex, in dem sie zwei Jahre verbringen muss.
Manche der dort mit ihr Internierten bekommen England nie wirklich zu sehen - sie werden wieder ausgewiesen oder begehen in ihrer Verzweiflung gar Selbstmord. Bee dagegen beißt sich durch, und sie nutzt die Zeit zum Erlernen der Sprache des Gastlandes, lange bevor es dort für sie auch nur ansatzweise gastlich ist. Mit Glück entkommt das junge Mädchen dann eines Tages in die Freiheit - wenn auch nur in eine relative, denn nun ist sie eine Illegale und muss ständig auf der Hut sein. Bee wendet sich an die einzigen Menschen, die sie in England kennt: ein Journalistenehepaar aus der Nähe Londons, mit dem sie früher in Nigeria zusammengetroffen war. Mit dieser Kontaktaufnahme jedoch beginnt nicht etwa eine glückliche Zukunft, sondern zunächst die Auseinandersetzung mit einer schrecklichen Vergangenheit.
Parallel zu Little Bees Erzählung meldet sich nun als zweite Stimme die Journalistin Sarah O'Rourke zu Wort. Sie und Bee verbindet ein Jahre zurückliegendes, grausames Erlebnis an einem nigerianischen Strand, das erst im Lauf des Romans aus beider Sicht aufgearbeitet wird. Die lange hinausgezögerte Schilderung dieser, der eigentlichen Romanhandlung zugrundeliegenden Katastrophe ist meisterlich erzählt, an Spannung und Drastik kaum zu überbieten und wird dem Leser lange im Gedächtnis bleiben.
Dieses traumatische Erlebnis wirkt derartig nach, dass Bee jeden Ort und jede Situation in der ihr fremden neuen Umgebung zunächst daraufhin prüft, wie sie sich zur Not das Leben nehmen könnte. Das klingt grotesk, wird aber, je tiefer man in ihre Erzählung eintaucht, immer verständlicher. Sie hat in Nigeria einen erbarmungslosen Kampf um Öl erlebt, dem ihr gesamtes Dorf zum Opfer fiel. Horror, so sagt sie, ist in ihrer Heimat etwas Dauerhaftes und nicht etwas, wofür man ins Kino geht.
Für die einheimische Sarah hat das Erlebnis ebenfalls existentielle Folgen: Sie verliert dadurch ihren Ehemann, und sie gewinnt dafür die Gesellschaft von Little Bee. Konfrontiert mit diesen Tatsachen, empfindet die Journalistin ihren Job bei einem Frauenmagazin zunehmend als oberflächlich und hohl, während sich ihr durch das nigerianische Mädchen eine Welt erschließt, für die sie sich schließlich viel mehr interessiert als für Artikel über Schönheitsoperationen. Das Tragische an Sarahs Fall ist, dass sie mit dieser Interessenverschiebung hin zu ernsteren Dingen eine Veränderung durchmacht, die bei ihrem Mann schon einige Jahre vorher eingesetzt hatte und ihm schließlich zum Verhängnis wurde. So ist Chris Cleaves Roman auch eine berührende Liebesgeschichte über die Ungleichzeitigkeit zweier Persönlichkeitsentwicklungen, an der eine Beziehung scheitern kann.
Die besondere Stärke des Buches aber ist die Eloquenz seiner jugendlichen Protagonistin Little Bee: Cleave hat sie als Figur erfunden, die gewissermaßen aus Trotz die Sprache ihres Asylgebers besonders gut lernt - um dann den englischen oder in Übersetzungen auch anderen westlichen Lesern ihre falschen, von Klischees und Orientalismen bestimmten Vorstellungen von Afrika vor Augen zu führen: "Wenn ihr an meinen Kontinent denkt, denkt ihr vielleicht an das Leben in der Wildnis - an Löwen, Hyänen und Affen. Wenn ich daran denke, denke ich an all die kaputten Maschinen, an die verschlissenen und zerstörten, zerschmetterten und geborstenen Dinge."
Freilich gibt diese kritische Erzählerfigur dem Autor, der für den "Guardian" schreibt, auch viel Gelegenheit zum Ausschöpfen seiner eigenen journalistischen Kunst. Seine Recherchen belegt er am Ende des Buches mit Quellenangaben. Stellenweise überspannt Cleave den Bogen etwas - dann klingt die Kritik an Sprache und Denkfiguren (etwa am Begriff "Entwicklungsländer"), die er Bee in den Mund legt, etwas zu sehr nach einem Essay aus seiner Feder. Dass die Erzählung dann aber doch nicht zur sterilen Vorlesung über Probleme der Globalisierung gerät, beweist Bees Sichtweise, die ihrerseits bisweilen klischeegefährdet und damit menschlich daherkommt. So erscheinen ihr die Engländer als ein latent verstocktes Volk der traurigen Teetrinker. Das Idiom dieser Verstocktheit, das Englisch der Königin, hat Bee sich selbst angeeignet - und die daraus resultierende Spannung kommt auch in der Übersetzung noch gut zum Ausdruck.
Chris Cleave: "Little Bee". Roman.
Aus dem Englischen von Susanne Goga-Klinkenberg. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011. 320 S., br., 14,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Auf dem Schiff, in dem sie nach England reist, liest das nigerianische Flüchtlingskind Little Bee Charles Dickens' Roman "Große Erwartungen". Weil sie geschnappt und in einem Asyllager interniert wird, liest sie ihn freilich niemals zuende. Aus dem Lager entkommt sie, vertraut sich einem Journalistenehepaar an, dessen Leben daraufhin schwer durcheinanderkommt. Für im wesentlichen sehr gelungen hält der Rezensent Jan Wiele diesen Roman des Guardian-Journalisten Chris Cleave, der mit der schubweisen Enthüllung einer horriblen Vorgeschichte Spannung erzeugt. Besonders die Stimme des Mädchens, das aus Trotz ein geradezu queenhaftes Englisch lernt und schreibt, leuchtet ihm ein. Ein paar allzu ungefiltert essayistisch erscheinende Passagen nimmt er da durchaus in Kauf.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Poetisch, originell und komisch rekapituliert Cleave diese dramatische Geschichte eines schicksalhaften Zusammentreffens.
Anne Zimmermann Dresdner Morgenpost 20121023
Anne Zimmermann Dresdner Morgenpost 20121023
Der englische Schriftsteller Chris Cleave (Jg. 1973) hat sich in seiner früheren journalistischen Arbeit vielfach mit dem Schicksal von Flüchtlingen auseinandergesetzt. Er arbeitete früher in einem britischen Auffanglager, wo er mit illegalen afrikanischen Einwanderern in Kontakt …
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Der englische Schriftsteller Chris Cleave (Jg. 1973) hat sich in seiner früheren journalistischen Arbeit vielfach mit dem Schicksal von Flüchtlingen auseinandergesetzt. Er arbeitete früher in einem britischen Auffanglager, wo er mit illegalen afrikanischen Einwanderern in Kontakt kam.
Diese persönlichen Erfahrungen hat er in seinem Roman „Little Bee“ verarbeitet, der es 2008 unter dem Originaltitel „The Other Hand“ in Amerika auf Platz zwei der Bestsellerlisten schaffte. Nun erscheint im Deutschen Taschenbuch Verlag endlich die deutsche Übersetzung dieses schockierenden Buches.
Erzählt wird das Schicksal von Little Bee, einem 16jährigen Mädchen aus einem nigerianischen Dorf, das von einheimischen Banden im Auftrag von westlichen Öl-Konzernen dem Erdboden gleichgemacht wurde. Die Öl-Multis wollten freien Zugriff auf das Schwarze Gold in dem afrikanischen Land.
Seit zwei Jahren lebt nun Little Bee in einem Abschiebelager für Asylbewerber in England. Manchmal wünscht sie sich, sie „wäre kein afrikanisches Mädchen, sondern eine britische Pfundmünze. Dann würde sich jeder freuen, sie zu sehen“.
In Nigeria hatte sie das Ehepaar Sarah und Andrew O’Rourke aus Kingston-upon-Thames kennengelernt. Sarah ist Chefredakteurin eines Fashion-Magazins. Ein tragisches Erlebnis hatte die Eheleute damals mit Little Bee zusammengebracht. Als Little Bee aus dem Lager entlassen wird, ruft sie in ihrer Verzweiflung bei den O’Rourkes an. Ein Anruf mit unvorhersehbaren Folgen, denn Andrew bringt sich um. Wenige Tage später steht Little Bee vor Sarahs Haustür.
Die tief bewegende Geschichte wird aus wechselnden Perspektiven erzählt. Von Kapitel zu Kapitel wechselt der Ich-Erzähler von Little Bee zu Sarah. Auch der Handlungsort verlagert sich häufig von England nach Nigeria und zurück.
Nach seinem Romandebüt „Lieber Osama“, das mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, ist Chris Cleave ein weiterer emotionaler Roman mit einem hochaktuellen Thema gelungen, der den Leser bis zur letzten Seite fesselt. „Little Bee“ wird voraussichtlich mit Nicole Kidman unter der Regie von John Cameron Mitchell verfilmt.
Manfred Orlick
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Was verbindet Little Bee, ein 16jähriges nigerianisches Flüchtlingsmädchen, mit der erfolgreichen Britin Sarah, Chefredakteurin eines frechen Frauenmagazins? Warum bringt sich Sarahs Ehemann Andrew kurz nach einem Anruf der Afrikanerin um? Chris Cleave hat seinen Roman abwechselnd aus …
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Was verbindet Little Bee, ein 16jähriges nigerianisches Flüchtlingsmädchen, mit der erfolgreichen Britin Sarah, Chefredakteurin eines frechen Frauenmagazins? Warum bringt sich Sarahs Ehemann Andrew kurz nach einem Anruf der Afrikanerin um? Chris Cleave hat seinen Roman abwechselnd aus der Sicht der jungen Asylbewerberin und der toughen Journalistin geschrieben, und angefangen von Little Bees Schilderung der Abschiebehaft in England über Andrews Beerdigung bis hin zu einer gemeinsamen Unternehmung, die das Leben der beiden Frauen verändern wird, fesselt die Geschichte beim Lesen von der ersten bis zur letzte Seite. Geheimnisse werden nach und nach in Rückblenden aufgedeckt. Erst relativ spät wird geschildert, unter welch furchtbaren Bedingungen die flüchtende Little Bee und das Touristenpaar Sarah und Andrew in Nigeria aufeinandergetroffen sind. Nicht nur dieses grausame Ereignis in einem vermeintlich sicheren Land, sondern auch die Behandlung der Flüchtlinge durch die Behörden und das „Wegschauen“ und Verdrängen der Asyl-Problematik in Sarahs Umfeld, die mit ihrem Engagement nur auf Unverständnis stößt, machen beim Lesen nachdenklich und betroffen. Durch den Perspektivenwechsel und die schrittweisen Enthüllungen wird das Aufeinanderprallen von zwei Welten sehr gut dargestellt. Auch sprachlich konnte mich der Roman überzeugen, auch wenn Little Bees Ausdrucksweise für eine 16jährige manchmal zu lebensklug und poetisch klingt. Trotz des ernsten Themas gelingt es Chris Cleave aber auch immer wieder, etwas Humor durchklingen zu lassen. „Little Bee“ ist definitiv ein Buch, das man nach dem Lesen nicht so schnell vergisst.
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Little Bee wird aus dem Abschiebegefängnis in England entlassen. Sie weiß nicht, wohin sie gehen und wie sie sich in England zurecht finden soll. Sie ist aus Afrika geflüchtet, um ein besseres und sicheres Leben führen zu können. Gelandet ist sie für zwei Jahre in …
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Little Bee wird aus dem Abschiebegefängnis in England entlassen. Sie weiß nicht, wohin sie gehen und wie sie sich in England zurecht finden soll. Sie ist aus Afrika geflüchtet, um ein besseres und sicheres Leben führen zu können. Gelandet ist sie für zwei Jahre in einem Gefängnis ohne Perspektive. Sie kämpft, sie lernt und bringt sich die "feine" englische Sprache bei, denn zu Hause in Afrika wird mehr Slang gesprochen, welches Engländer:innen nicht verstehen.
Ihr einziger Kontakt in England ist eine Bekanntschaft mit einem britischen Ehepaar. Sie hatten sich in Nigeria kennengelernt, doch dann aus den Augen verloren. Little Bee setzt alle Hoffnung auf diesen Kontakt.
Die Charaktere von Little Bee und Sarah erzählen diese Geschichte. Man erfährt, wie sie sich kennengelernt haben, welches Schicksal sie verbindet und was ihre inneren Wünsche und Hoffnungen sind. Die Gründe für die Flucht von Little Bee waren sehr stark und klar von dem Autor beschrieben worden. Die Gefahren, die Gewalt und die Machtkämpfe wurden sehr deutlich und auch die Angst, die Little Bee zu dem gefährlichen Schritt der Flucht zwang. Während Little Bee gut und greifbar beschrieben wurde, wirkte Sarah etwas farblos und wenig nahbar.
Insgesamt ist es eine Geschichte, die dem Lesenden die Augen öffnet, wenn es um die Flüchtlinge und deren Probleme geht. Der Autor verschafft ihnen eine Sichtbarkeit durch Little Bee. Auch wenn es einige Punkte gab, die für mich nicht so richtig glaubwürdig waren, lohnt es sich diese Geschichte zu lesen.
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