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David Hockney, einst Mitbegründer der Pop Art und einer der bedeutendsten und beliebtesten zeitgenössischen Maler, hat die großen Meisterwerke der Kunstgeschichte unter die Lupe genommen. Dabei hat er eine erstaunliche Beobachtung gemacht, die kein Zufall ist: Anfang des 15. Jahrhunderts, in einer relativ überschaubaren Zeitspanne, bekommen die Gemälde plötzlich eine Präzision und Lebendigkeit, die einem Qualitätssprung gleichkommt. Diese Entdeckung, von der Zunft der Kunsthistoriker bis heute nicht kommentiert, ließ ihm keine Ruhe mehr. Er begann, eine Vielzahl von Bildern systematisch zu…mehr

Produktbeschreibung
David Hockney, einst Mitbegründer der Pop Art und einer der bedeutendsten und beliebtesten zeitgenössischen Maler, hat die großen Meisterwerke der Kunstgeschichte unter die Lupe genommen. Dabei hat er eine erstaunliche Beobachtung gemacht, die kein Zufall ist: Anfang des 15. Jahrhunderts, in einer relativ überschaubaren Zeitspanne, bekommen die Gemälde plötzlich eine Präzision und Lebendigkeit, die einem Qualitätssprung gleichkommt. Diese Entdeckung, von der Zunft der Kunsthistoriker bis heute nicht kommentiert, ließ ihm keine Ruhe mehr. Er begann, eine Vielzahl von Bildern systematisch zu untersuchen und diskutierte seine Beobachtungen bald in einem ausgedehnten Briefwechsel mit seinem englischen Freund und Fachmann Martin Kemp sowie mit anderen internationalen Experten aus Kunst und Naturwissenschaften. Seine Aufsehen erregende These: Die Künstler hatten sich beim Malen nicht allein auf ihr Auge verlassen, sondern optische Hilfsmittel eingesetzt. Maler wie Leonardo, van Eyck, Holbein, Caravaggio, Velßzquez und später auch Ingres verwendeten Spiegel, Prismen und Linsen, die ihnen neue Möglichkeiten der Darstellung von Wirklichkeit boten. Es bedurfte eines "Handwerkers" wie Hockney, um die Kunsthistoriker mit dieser These zu konfrontieren.
In diesem Buch, das zeitgleich mit der englischen Ausgabe erscheint, lässt uns Hockney erstmals an seinen spannenden Untersuchungen teilhaben, die das Geheime Wissen der Alten Meister enthüllen. Anhand von umfangreichem, brillantem Bildmaterial, eigenen Skizzen und einem höchst erhellenden Briefwechsel werden Entwicklungen dargestellt und Argumente ausgetauscht. Der Leser wird so in eine der interessantesten kunsthistorischen Debatten unserer Zeit hineingezogen, die ihn in Zukunft die Alten Meister mit neuem Vergnügen betrachten lässt. Hockney schlägt darüber hinaus den Bogen in die Gegenwart, hinterfragt die Möglichkeiten der Künstler im Computerzeitalter und gibt Impulse für das moderne Kunstschaffen.
Autorenporträt
DAVID HOCKNEY wurde 1937 in England geboren und ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler. Der Wahlkalifornier, der in jungen Jahren die britische Kunstszene aufrüttelte, wird zu den Pionieren der Pop Art gezählt. Durch seine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Kamera gilt Hockney heute als Erneuerer der Fotokunst. Neben Gemälden schuf der Künstler eine große Anzahl von Zeichnungen, Radierungen und Bühnenbildern.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2001

Wie sich die Rüstungen glänzend schmiegen
David Hockney entdeckt die Optik der Kunst und führt den Leser durch seine prachtvolle Bildergalerie / Von Beate Söntgen

Klappentexte können ungemein verstimmen. Zum Beispiel wenn sie behaupten, der britische Maler David Hockney habe etwas entdeckt, was den chronisch blinden Kunsthistorikern wieder einmal entgangen sei. Nicht weniger als eine "sensationelle Beobachtung" des Künstlers kündigt der Knesebeck Verlag an. Hockney habe in der Malerei des frühen fünfzehnten Jahrhunderts einen "Qualitätssprung" in der Lebendigkeit und Präzision der Darstellung festgestellt. Systematische Untersuchungen hätten eindeutig erwiesen, daß die Künstler optische Hilfsmittel, nämlich Linsen und Spiegel einsetzten. Nun ja. Maler wie Leonardo, van Eyck, Holbein, Caravaggio, Velázquez und Ingres hätten die "neue Möglichkeit der Darstellung der Wirklichkeit" freudig genutzt. Die Kunsthistoriker staunen.

Zum Glück ist Hockney selbst bescheidener, glaubt er doch nur, daß Maler in wesentlich größerem Ausmaß als bisher angenommen mit optischen Hilfsmitteln gearbeitet haben. Nur wenig ist über solche Verfahrensweisen überliefert, denn Künstlern lassen sich, wie Hockney selbstironisch anmerkt, nicht gerne in die Karten schauen. Schuld seien aber auch - und hier verfällt er in den raunenden Ton der Verlagsprosa - die Kunsthistoriker, die sich ihre Idee vom künstlerischen Genie und seiner Handschrift nicht rauben lassen wollten.

Wie bei jedem mit Leidenschaft betriebenen Projekt gibt es auch im vorliegenden Falle ein Initialereignis: Fasziniert von der ungewöhnlichen Detailliertheit ungewöhnlich kleiner Portraits, die er in einer Ingres-Ausstellung der Londoner National Gallery sieht, fragt Hockney sich, wie der Maler zu dieser Manier kam. Der Grund liegt in der Arbeit mit der Camera Lucida, die den typischen Ingres-Stil hervorbrachte. Zu dieser Einsicht jedenfalls gelangt Hockney durch eigene Versuche mit diesem Instrument, die er mit Museumswärtern als Modellen vornimmt.

Denn Hockney möchte zunächst dem eigenen Metier treu bleiben und mit Bildern argumentieren. In seinem Atelier hat er eine riesige Bilderwand aufgestellt, dem Warburgschen Atlas vergleichbar. Hier hat er versammelt, was seiner Beobachtung nach zusammengehört, nämlich Gemälde und Zeichnungen, die Kennzeichen einer Verwendung von optischen Geräten tragen. In hervorragenden, zum Vergleich nebeneinander angeordneten Abbildungen wird nun den Lesern vor Augen geführt, was Hockney gesehen hat. Im zweiten Teil des Buches sind dann seine Lesefrüchte zum Thema Optik und Malerei versammelt, bunt gemischt ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Quellen oder darstellende Literatur handelt, und oft in nur vage bestimmten Auszügen. Schließlich ist die Korrespondenz dokumentiert, die der Maler mit Wissenschaftlern verschiedener Sorte geführt hat; das größte Konvolut ist der Briefwechsel mit Martin Kemp, der seit Jahren über den Zusammenhang von optischer Wissenschaft und Kunst forscht. Es ist eine Korrespondenz, die die Theorie des Malers eher relativiert als stützt, wenn es auch immer wieder Bestätigungen seiner Beobachtungen gibt.

Eine Revolution des Wissens findet also, um es kurz zu fassen, nicht statt. Dennoch ist "Geheimes Wissen" ein wunderbares Buch. Es ist ein Buch über die Entdeckung der Kunstgeschichte durch einen Maler, dessen eigene Arbeit sich mit nahezu ausschließlicher Leidenschaft an die Gegenwart hält. Zwar hat es in Hockneys Bildern Anklänge an ältere und jüngere Kunst gegeben; Pieros Raumkonstruktionen haben ihn ebenso interessiert wie Bacons verspannte Figuren. Aber erst theoretische Neugierde führte ihn zum Versuch einer systematischen Erschließung der künstlerischen Tradition.

Hockney teilt die Welt der Bilder in zwei Hälften: Die eine ist nach Augenmaß entstanden, die andere mit Hilfe optischer Instrumente. Als Belege für deren Anwendung gelten ihm Verzerrungen, disproportionale Körper und Unschärfen in der Darstellung von Mustern. Er führt die Collage isoliert wirkender Figuren bei Bouts ebenso an wie die verschwommenen Lichthöfe bei Vermeer, die verzerrte Laute bei Caravaggio und den ohne Vorzeichnung und Übermalung hingesetzten, bravourös gemalten Kronleuchter der Arnolfini-Hochzeit. In Reihen von Giotto über Moroni bis zu Bronzino führt uns Hockney vor, wie sich gemusterte Stoffe verlebendigen, zeigt, wie Rüstungen, bei Pisanello ornamental erstarrt und stumpf, sich in den Bildern von Giorgione und van Dyck glänzend um die Körper schmiegen. Selten ist der Blick eines Künstlers auf die Kunstgeschichte so eindrucksvoll dokumentiert worden wie in diesen Bildstrecken. Sie zwingen zu fragen, wie das, was sie zu sehen geben, gemacht ist, und lassen das Warum zur Nebensache schrumpfen.

In den Briefen sprudeln und springen die Gedanken, stecken an mit ihrer Begeisterung für eine Beobachtung hier und einen Fund dort. In manchen Phasen tauscht sich Hockney fast täglich mit Martin Kemp aus, berichtet, was er gesehen, gehört oder gelesen hat, fragt nach historischen Zusammenhängen und bittet um Hinweise auf Literatur, die er begierig liest und gleich kommentiert. Mit großer Sensibilität geht Kemp auf die obsessive Idee Hockneys ein, erzählt aus der Kunstgeschichte, ohne zu dozieren, und übersetzt Fachjargon in die Sprache der Künstler. In seinen Briefen wiederum wird deutlich, daß ihm eine von künstlerischer Praxis genährte Betrachtungsweise ganz neue Zugänge zur Kunstgeschichte eröffnet. Das Buch hält nicht das Versprechen einer sensationellen Entdeckung verborgenen Wissens in der Kunst. Es ist aber die anrührend schöne Geschichte einer wechselseitigen Erhellung von Kunst und Wissenschaft.

David Hockney: "Geheimes Wissen". Verlorene Techniken der Alten Meister, wiederentdeckt von David Hockney. Aus dem Englischen von Bernadette Ott und Rita Seuß. Knesebeck Verlag, München 2001. 296 S., 40 Farb-Abb., geb., 98,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Marktschreierisch ist nur der Titel. Was sich dahinter verbirgt, ist für Elke von Radziewsky ein Beweis für die Großartigkeit des Handwerks und der Lust am Schauen. Hoffentlich werden es viele kaufen, das Buch, hofft die Rezensentin inständig und beteuert, in den letzten Jahren nur wenige Kunstbände gesehen zu haben, "die so lebendig, herzerfrischend und offen mit der Malerei umgingen." Das rührt zum einen wohl daher, dass Hockney ein "guter Erzähler" ist, zum andern aber ist es ganz bestimmt auch einfach die Welt der Bilder, die hier bezaubert, eine, "die schöner und lebendiger ist, als die, die wir aus dem Fernsehen kennen." Wenn Hockney der solchermaßen eingestimmten Rezensentin sodann seine These kredenzt, "dass sich realistisches Malen nicht langsam entwickelte, sondern plötzlich da war - ein Qualitätssprung," und mit Korrespondenzen mit Fachleuten winkt, verwundert es also nicht, dass sie sie begeistert aufnimmt.

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