Alissa Ganijewa
Gebundenes Buch
Eine Liebe im Kaukasus
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Marat, ein junger Anwalt, kehrt aus Moskau in seine Siedlung am Kaspischen Meer zurück. Seine Eltern haben bereits den Hochzeitssaal gebucht. Sie sind fieberhaft dabei, ihrem Sohn eine geeignete Braut zu präsentieren, während ihn der Fall einer ermordeten Bürgerrechtlerin nicht loslässt. Patja, auch sie aus Moskau zurückgekehrt, versucht sich vor den Nachstellungen Timurs in Sicherheit zu bringen, mit dem sie sich fünf Monate lang auf Facebook geschrieben hat und der sie, zur Freude der Eltern, partout heiraten will.Die Präsentation der Kandidaten, ein wandernder Brautzirkus, führt qu...
Marat, ein junger Anwalt, kehrt aus Moskau in seine Siedlung am Kaspischen Meer zurück. Seine Eltern haben bereits den Hochzeitssaal gebucht. Sie sind fieberhaft dabei, ihrem Sohn eine geeignete Braut zu präsentieren, während ihn der Fall einer ermordeten Bürgerrechtlerin nicht loslässt. Patja, auch sie aus Moskau zurückgekehrt, versucht sich vor den Nachstellungen Timurs in Sicherheit zu bringen, mit dem sie sich fünf Monate lang auf Facebook geschrieben hat und der sie, zur Freude der Eltern, partout heiraten will.Die Präsentation der Kandidaten, ein wandernder Brautzirkus, führt quer durch die Milieus. Während des Vorstellungsmarathons kreuzen sich die Wege von Patja und Marat, die sich heftig ineinander verlieben. Romeo und Julia auf dem kaukasischen Dorf? Die Sache geht in der Tat nicht gut aus. Doch nicht die Eltern haben dabei ihre Finger im Spiel, sondern ein mafiotischer Krimineller, der zur falschen Zeit aus dem Gefängnis entlassen wird.Alissa Ganijewa, eine mutige, weltoffene Schriftstellerin, erzählt diese Liebesgeschichte in zarten, rebellischen, zornigen Sätzen. Dialogreich, in komischen, oft skurrilen Szenen zeichnet sie das Bild einer Gesellschaft, in der globalisierte Lebensformen und traditionell geprägte Familienstrukturen, Archaik und Moderne aufeinanderprallen, während Korruption und Terrorgefahr ihr buchstäblich die brüchigen Fundamente wegzusprengen drohen.
Alissa Ganijewa, geboren 1985, wuchs in Machatschkala/Dagestan auf und lebt heute als Literaturkritikerin und Autorin in Moskau. Ihr Debüt, die unter männlichem Pseudonym veröffentlichte Erzählung Salam, Dalgat, löste heftige Reaktionen aus. Die russische Mauer, ihr erster Roman, wird zur Zeit in mehrere Sprachen übersetzt.
Produktdetails
- Verlag: Suhrkamp
- Originaltitel: Zenich i nevesta
- Seitenzahl: 240
- Erscheinungstermin: 8. August 2016
- Deutsch
- Abmessung: 203mm x 126mm x 27mm
- Gewicht: 386g
- ISBN-13: 9783518425541
- ISBN-10: 3518425544
- Artikelnr.: 44996061
Herstellerkennzeichnung
Suhrkamp Verlag
Torstraße 44
10119 Berlin
info@suhrkamp.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Den deutschen Titel von Alissa Ganijewas zweitem Roman findet Tilman Spreckelsen ein wenig unpassend. Denn hier geht es nicht bloß um "eine Liebe im Kaukasus"; vielmehr zeichnet die Autorin ein konzentriertes Porträt ihres Heimatlandes Dagestan und beleuchtet die Konflikte zwischen den Generationen, Laizismus und Religion und zwischen postsowjetischer Rationalität und dem Festhalten an alten Ritualen, klärt der Kritiker auf. Er liest hier nicht nur, wie sich Islam und Altkommunismus verknüpfen, sondern erfährt auch einiges über die ambivalente Rolle der Frauen, die sich einerseits über private Sexfilme, andererseits über die Rekonstruktion des Hymen unterhalten und sich mit dem Nebeneinander der Werte arrangieren. Die Liebesgeschichte um Patja und Marat, die von ihren Eltern aus unterschiedlichen Gründen zur Heirat gezwungen werden, erscheint dem Kritiker hingegen bisweilen zu konstruiert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Verflucht sei von nun an der Bräutigam
Der Saal ist gemietet, jetzt fehlt nur noch die Braut: Alissa Ganijewas "Eine Liebe im Kaukasus" schildert die russische Republik Dagestan und fragt nach der Freiheit des Einzelnen in einer unsicheren Welt.
Was haben sie sich Mühe gegeben, die Eltern, die Verwandten, welche Sorgfalt haben sie auf die Rituale gelegt, die für eine dagestanische Hochzeit seit je zwingend vorgeschrieben sind! Nun ist die vorletzte Stufe der langwierigen Prozedur erreicht: In einem gestopft vollen Restaurant findet die traditionelle Brautwerbung statt, und zwischen den Reden, Trinksprüchen und Glückwünschen werden unter den Gästen eifrig weitere Verlobungen in die Wege geleitet. Dann aber betritt
Der Saal ist gemietet, jetzt fehlt nur noch die Braut: Alissa Ganijewas "Eine Liebe im Kaukasus" schildert die russische Republik Dagestan und fragt nach der Freiheit des Einzelnen in einer unsicheren Welt.
Was haben sie sich Mühe gegeben, die Eltern, die Verwandten, welche Sorgfalt haben sie auf die Rituale gelegt, die für eine dagestanische Hochzeit seit je zwingend vorgeschrieben sind! Nun ist die vorletzte Stufe der langwierigen Prozedur erreicht: In einem gestopft vollen Restaurant findet die traditionelle Brautwerbung statt, und zwischen den Reden, Trinksprüchen und Glückwünschen werden unter den Gästen eifrig weitere Verlobungen in die Wege geleitet. Dann aber betritt
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plötzlich eine alte Frau die Bühne und flucht so lange nach Herzenslust auf den Bräutigam, der ihre Tochter verführt und sitzengelassen habe, bis man sie aus dem Raum zerrt. Doch die Hochzeit wird nicht stattfinden, und die Eltern von Braut und Bräutigam stehen vor einem Scherbenhaufen.
Es ist nicht einmal die Enthüllung über das voreheliche Liebesleben des Bräutigams, die auf der Feier für ein derartiges Entsetzen sorgt. Es sind der Auftritt der schwarzgekleideten alten Frau und ihr Fluch, das sichere Wissen aller Anwesenden darum, dass kein Segen auf der Verbindung ruhen kann und dass man den Worten dieser gekränkten Mutter nur mit einem mächtigen Zauber wird beikommen können, etwa durch die Beschwörungen einer Wahrsagerin aus der Nachbarschaft. "Einen Fluch aufheben kann nicht jeder", heißt es. Und im Fall des Bräutigams zeigt er nur allzu schnell seine Wirkung.
Hochzeiten stehen in Alissa Ganijewas Roman "Eine Liebe im Kaukasus" an zentraler Stelle, aber nicht um ihrer selbst willen. Die einunddreißigjährige Autorin, die aus Dagestan stammt und nun in Moskau lebt, beschreibt in ihrem zweiten Roman nach "Die russische Mauer" (F.A.Z. vom 17. Februar 2014) Anbahnung und Durchführung dieser Zeremonien, um wie in einem Brennglas ein Bild ihrer Heimat einzufangen, gezeichnet von heftigen Konflikten zwischen den Generationen, zwischen Laizismus und Religiosität, zwischen alten Bräuchen und neuen Moden und nicht zuletzt zwischen postsowjetischer Rationalität und dem Verharren in Ritualen, für die es keinen Grund gibt außer der Furcht, eine ganze Welt könnte versinken, wenn man an ihnen rüttelt.
Um dies zu schildern, wählt die Autorin zwei Perspektiven, die sich ähneln, aber in einem entscheidenden Punkt unterschiedlich sind. Der Anwalt Marat und die junge Patja, die aushilfsweise Gerichtsakten kopiert, reisen, ohne einander zu kennen, etwa gleichzeitig aus Moskau in die dagestanische Heimat, wo sie nicht nur Verwandtenbesuche absolvieren und die in der Hauptstadt gemachten Erfahrungen mit den dagestanischen Verhältnissen abgleichen. Sie sollen auch jeweils heiraten, finden die Eltern. Und während der Druck dazu auf Patja mit dem Hinweis grundiert wird, sie sei mit inzwischen 25 Jahren langsam zu alt für den heimischen Heiratsmarkt und werde in ein paar Jahren allenfalls einen geschiedenen Mann mit Kindern abkriegen, sieht sich Marat in einer Situation, die, von Moskau aus betrachtet, absurd anmutet, hier jedoch von niemandem groß in Frage gestellt wird: Der Hochzeitstermin steht fest, der Saal ist gemietet, das Büfett bestellt, es fehlt nur noch die Braut. Und weil für den Jahre im voraus ausgebuchten Raum nur noch ein recht kurzfristiger Termin zu bekommen war, drängt die Zeit.
Natürlich ist das eine durchaus schematische Konstruktion, und die Autorin lässt sie aufscheinen, indem etwa die Kapitel abwechselnd aus Patjas und aus Marats Perspektive erzählt werden oder sich die beiden exakt in der Mitte des Romans zum ersten Mal begegnen. Damit setzt Ganijewa aber auch das Signal, dass es um mehr geht als um "Eine Liebe im Kaukasus", wie der deutsche Titel ein wenig irreführend verspricht. Denn die jäh über die beiden hereinbrechende Zuneigung, ersichtlich gegen die üblichen, arrangierten Ehen entworfen, ist in der Schilderung der schwächste Teil des Romans, dessen Originaltitel sich etwa mit "Bräutigam und Braut" übersetzen ließe.
Worum aber geht es dann? Einen ersten Hinweis gibt ein Partygespräch noch in der Moskauer Peripherie. Auf die akademische Frage "Was will der Kaukasus?" antwortet Patja: "Ein System, das funktioniert" - und also nicht, was ja auch eine mögliche Antwort wäre, etwa Freiheit, Demokratie oder Wohlstand. Dieses Minimalziel aber ist immer weniger in Sicht. Stattdessen zeigt Ganijewa, welche Rolle die zunehmend militanten Islamisten spielen, was passiert, wenn sich Islam und Altkommunismus argumentativ verbünden und wie dabei besonders der Spielraum für junge Frauen immer enger wird. Ein Verehrer von Patja etwa, der als ein Mann mit wachsendem Einfluss und daher als gute Partie gilt, erhebt archaische Ansprüche auf sie, aber per Smartphone. Und während junge Frauen sich über privat aufgenommene Sexfilme unterhalten, ist zugleich auch die Hymen-Rekonstruktion ein Thema, um als vermeintliche Jungfrau in die arrangierte Ehe zu gehen.
Mit diesem Nebeneinander der Werte scheinen sich im heutigen Dagestan viele zu arrangieren. Ganijewa schildert aber auch, wie instabil diese Lage ist und wie die Furcht davor wächst, dass diese Konflikte noch gewalttätiger ausgetragen werden als ohnehin schon und wen das vor allem treffen wird. Zu den stärksten Passagen dieses Romans gehört denn auch, wie hin und wieder ein dubioser Heilsbringer im grünen Mantel durchs Bild geistert, dessen Anhänger ihm alles zutrauen, im Guten wie im Bösen. Auch sein mafiöses Beziehungsnetz verspricht, was "der Kaukasus" angeblich will: Stabilität.
Anders als Marat wird sich die hellsichtige Patja am Ende alldem entziehen. Vielleicht, weil sie so viel mehr zu verlieren hat.
TILMAN SPRECKELSEN
Alissa Ganijewa: "Eine Liebe im Kaukasus".
Roman.
Aus dem Russischen und mit einem Nachwort von Christiane Körner. Suhrkamp Verlag, Berlin 2016. 240 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Es ist nicht einmal die Enthüllung über das voreheliche Liebesleben des Bräutigams, die auf der Feier für ein derartiges Entsetzen sorgt. Es sind der Auftritt der schwarzgekleideten alten Frau und ihr Fluch, das sichere Wissen aller Anwesenden darum, dass kein Segen auf der Verbindung ruhen kann und dass man den Worten dieser gekränkten Mutter nur mit einem mächtigen Zauber wird beikommen können, etwa durch die Beschwörungen einer Wahrsagerin aus der Nachbarschaft. "Einen Fluch aufheben kann nicht jeder", heißt es. Und im Fall des Bräutigams zeigt er nur allzu schnell seine Wirkung.
Hochzeiten stehen in Alissa Ganijewas Roman "Eine Liebe im Kaukasus" an zentraler Stelle, aber nicht um ihrer selbst willen. Die einunddreißigjährige Autorin, die aus Dagestan stammt und nun in Moskau lebt, beschreibt in ihrem zweiten Roman nach "Die russische Mauer" (F.A.Z. vom 17. Februar 2014) Anbahnung und Durchführung dieser Zeremonien, um wie in einem Brennglas ein Bild ihrer Heimat einzufangen, gezeichnet von heftigen Konflikten zwischen den Generationen, zwischen Laizismus und Religiosität, zwischen alten Bräuchen und neuen Moden und nicht zuletzt zwischen postsowjetischer Rationalität und dem Verharren in Ritualen, für die es keinen Grund gibt außer der Furcht, eine ganze Welt könnte versinken, wenn man an ihnen rüttelt.
Um dies zu schildern, wählt die Autorin zwei Perspektiven, die sich ähneln, aber in einem entscheidenden Punkt unterschiedlich sind. Der Anwalt Marat und die junge Patja, die aushilfsweise Gerichtsakten kopiert, reisen, ohne einander zu kennen, etwa gleichzeitig aus Moskau in die dagestanische Heimat, wo sie nicht nur Verwandtenbesuche absolvieren und die in der Hauptstadt gemachten Erfahrungen mit den dagestanischen Verhältnissen abgleichen. Sie sollen auch jeweils heiraten, finden die Eltern. Und während der Druck dazu auf Patja mit dem Hinweis grundiert wird, sie sei mit inzwischen 25 Jahren langsam zu alt für den heimischen Heiratsmarkt und werde in ein paar Jahren allenfalls einen geschiedenen Mann mit Kindern abkriegen, sieht sich Marat in einer Situation, die, von Moskau aus betrachtet, absurd anmutet, hier jedoch von niemandem groß in Frage gestellt wird: Der Hochzeitstermin steht fest, der Saal ist gemietet, das Büfett bestellt, es fehlt nur noch die Braut. Und weil für den Jahre im voraus ausgebuchten Raum nur noch ein recht kurzfristiger Termin zu bekommen war, drängt die Zeit.
Natürlich ist das eine durchaus schematische Konstruktion, und die Autorin lässt sie aufscheinen, indem etwa die Kapitel abwechselnd aus Patjas und aus Marats Perspektive erzählt werden oder sich die beiden exakt in der Mitte des Romans zum ersten Mal begegnen. Damit setzt Ganijewa aber auch das Signal, dass es um mehr geht als um "Eine Liebe im Kaukasus", wie der deutsche Titel ein wenig irreführend verspricht. Denn die jäh über die beiden hereinbrechende Zuneigung, ersichtlich gegen die üblichen, arrangierten Ehen entworfen, ist in der Schilderung der schwächste Teil des Romans, dessen Originaltitel sich etwa mit "Bräutigam und Braut" übersetzen ließe.
Worum aber geht es dann? Einen ersten Hinweis gibt ein Partygespräch noch in der Moskauer Peripherie. Auf die akademische Frage "Was will der Kaukasus?" antwortet Patja: "Ein System, das funktioniert" - und also nicht, was ja auch eine mögliche Antwort wäre, etwa Freiheit, Demokratie oder Wohlstand. Dieses Minimalziel aber ist immer weniger in Sicht. Stattdessen zeigt Ganijewa, welche Rolle die zunehmend militanten Islamisten spielen, was passiert, wenn sich Islam und Altkommunismus argumentativ verbünden und wie dabei besonders der Spielraum für junge Frauen immer enger wird. Ein Verehrer von Patja etwa, der als ein Mann mit wachsendem Einfluss und daher als gute Partie gilt, erhebt archaische Ansprüche auf sie, aber per Smartphone. Und während junge Frauen sich über privat aufgenommene Sexfilme unterhalten, ist zugleich auch die Hymen-Rekonstruktion ein Thema, um als vermeintliche Jungfrau in die arrangierte Ehe zu gehen.
Mit diesem Nebeneinander der Werte scheinen sich im heutigen Dagestan viele zu arrangieren. Ganijewa schildert aber auch, wie instabil diese Lage ist und wie die Furcht davor wächst, dass diese Konflikte noch gewalttätiger ausgetragen werden als ohnehin schon und wen das vor allem treffen wird. Zu den stärksten Passagen dieses Romans gehört denn auch, wie hin und wieder ein dubioser Heilsbringer im grünen Mantel durchs Bild geistert, dessen Anhänger ihm alles zutrauen, im Guten wie im Bösen. Auch sein mafiöses Beziehungsnetz verspricht, was "der Kaukasus" angeblich will: Stabilität.
Anders als Marat wird sich die hellsichtige Patja am Ende alldem entziehen. Vielleicht, weil sie so viel mehr zu verlieren hat.
TILMAN SPRECKELSEN
Alissa Ganijewa: "Eine Liebe im Kaukasus".
Roman.
Aus dem Russischen und mit einem Nachwort von Christiane Körner. Suhrkamp Verlag, Berlin 2016. 240 S., geb., 22,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Die Lektüre nimmt gefangen, und dies nicht nur wegen des klugen Romanaufbaus, der Perspektivenwechsel und der mit Jugendslang und Elementen dagestanischer Idiome angereicherten sprache, die Christiane Körner glänzend ins Deutsche übertragen hat.« Ilma Rakusa Neue Zürcher Zeitung 20170103
Patja hat ein Jahr in Moskau gelebt und kehrt nun in ihre sehr traditionelle Heimat nach Dagestan zurück. In ihrem kleinen Dorf wird sie mit ihren 25 Jahren fast schon als alte Jungfer angesehen und soll daher schnellst möglichst verheiratet werden. Ähnlich geht es Marat, einem jungen …
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Patja hat ein Jahr in Moskau gelebt und kehrt nun in ihre sehr traditionelle Heimat nach Dagestan zurück. In ihrem kleinen Dorf wird sie mit ihren 25 Jahren fast schon als alte Jungfer angesehen und soll daher schnellst möglichst verheiratet werden. Ähnlich geht es Marat, einem jungen Anwalt, für den Eltern bereits sogar schon einen Raum für die Hochzeit fest gebucht haben, obwohl die richtige Braut noch nicht gefunden ist. Beide werden vielen jungen Leuten vorgestellt, bis sie sich zufällig über den Weg laufen und ineinander verlieben... .
Alissa Ganijewa hat mich mit ihrem Roman in eine ganze andere Gesellschaft mitgenommen, in der Traditionen noch einen großen Stellenwert im Alltag einnehmen und es noch sehr wichtig ist, bis zu einem bestimmten Alter verheiratet zu sein. Man erlebt mit, welche skurillen Formen die Partnersuche annehmen kann, aber auch wie sich im Dorf die Angst vor sogenannten ,,Waldbrüdern" breitmacht, von denen man einen religiös motivierten Terroranschlag befürchtet.
Aus der Sicht von Patja und Marat erlebt man den Zwiespalt mit, in dem sich gerade junge Menschen im Ort befinden. Sie sind gebildet und man merkt an vielen Stellen, dass sie auch eine viel differenziertere Sicht auf bestimmte Geschehnisse haben wie zum Beispiel die Festnahme von Halibek, einem mehr oder weniger angesehenen und sehr einflussreichen Mann in der Gegend. Dennoch wollen sie es ihren Eltern und der Verwandschaft gerne recht machen und sehen keinesfalls auf die alten Bräuche im Dorf herab.
Während Marat nur vielen geeigneten Bräuten seine Aufwartung machen muss, hat es Patja schon schwerer. Sie hat von Moskau aus über Facebook mit einem jungen Mann namens Timur Nachrichten ausgetauscht, aber wird ihn zu Hause nicht mehr los. Seine Nachstellungen und seine aufdringlichen Versuche Patja zu heiraten, bergen manchmal eine gewisse Komik.
Die Autorin Alissa Ganijewa schreibt stets gut lesbar und ermöglicht dem Leser einen Einblick in die Gesellschaft am Kaspischen Meer. Mit ein Wenig Ironie, aber ohne jegliche Respektlosigkeit schildert sie das Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne.
Sehr nützlich fand ich auch das Glossar am Ende des Buches, wo bestimmte Ausdrücke gut erklärt werden. Auch der Übersetzerkommentar von Christiane Körner hat mir noch mehr Informationen geliefert und mir geholfen, das Gelesene besser einzuordnen.
Insgesamt hat mir ,,Eine Liebe im Kaukasus" sehr gut gefallen und mich häufig zum Schmunzeln gebracht. Gerne empfehle ich das Buch weiter.
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Nach einem Jahr in Moskau kehrt Patja zurück in ihr Heimatdorf in Dagestan. Dort scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, denn für Frauen Mitte 20 gibt es nur ein Thema: Heiraten und Kinder bekommen. Mit 26 gilt Patja schon beinahe als alte Jungfer, die niemand mehr möchte. Auch …
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Nach einem Jahr in Moskau kehrt Patja zurück in ihr Heimatdorf in Dagestan. Dort scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, denn für Frauen Mitte 20 gibt es nur ein Thema: Heiraten und Kinder bekommen. Mit 26 gilt Patja schon beinahe als alte Jungfer, die niemand mehr möchte. Auch Marat, ein Anwalt, der hauptsächlich in Moskau arbeitet, erlebt dies und seine Eltern haben kurzerhand einen Hochzeitstermin ausgemacht und einen großen Saal gebucht. Nur die Braut muss noch gefunden werden. Während die beiden versuchen sich vor aufdringlichen Verehrern, alten Dorffehden und den typischen Sorgen rund um die Brautwerbung zu schützen, begegnen sie sich und verlieben sich. Sollten die Pläne der Eltern etwa ganz unerwartet erfüllt werden?
Alissa Ganijewas Roman ist bisweilen sperrig zu lesen. Dies liegt hauptsächlich an dem Aufeinandertreffen zweier sehr verschiedener Welten: einerseits die weltoffene und moderne Jugend, andererseits die in der Tradition verhafteten Dorfbevölkerung, die sich von ihren alten Geschichten nicht lösen kann. Gerade die Brautwerbung und die Hochzeit – damit verbunden eine Szene, in der ein Brautpaar von einer erbosten Mutter einer abgewiesenen Bewerberin bösartigst verwunschen wird – muten bisweilen absurd bis erschreckend an und versetzen einem lockere 100 Jahre in die Vergangenheit. Eine gewisse Distanz, die sich Patja und Marat in Moskau erworben haben, lassen auch sie die Vorgänge im Dorf amüsiert und ironisch betrachten ohne jedoch auf die Bräuche herabzuschauen und auch durchaus gewillt, dem elterlichen Willen nachzukommen.
Neben diesem Liebesgeplänkel wird aber auch die politische Situation in der kaukasischen Republik nicht verschwiegen. Es erschreckt einem schon, wie die Figuren auf die Verhaftung eines korrupten Dorfhäuptlings reagieren, von dem nur die (für die Bewohner) positiven Seiten betont werden. Auch ein Mord scheint nichts Außergewöhnliches zu sein, sondern wird mit einer gewissen Routine kommentiert. Dass hier einiges im Argen liegt, ist mehr als offenkundig.
Dass dieser Roman es auf die Shortlist des russischen Booker-Preises geschafft hat, ist leicht nachzuvollziehen. Er verlangt einiges vom Leser – aber durchaus positiv zu verstehen ist.
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Meine Meinung zur Autorin:
Es ist mein erster Roman von Alissa Ganijewa, und ich muss sagen ich war sehr begeistert von der Geschichte. Es ist ein wahres Facettenreiches Meisterwerk, mit politischen und Familiären Hintergründen. Sie gewährte einem tiefe Einblicke in das muslimische …
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Meine Meinung zur Autorin:
Es ist mein erster Roman von Alissa Ganijewa, und ich muss sagen ich war sehr begeistert von der Geschichte. Es ist ein wahres Facettenreiches Meisterwerk, mit politischen und Familiären Hintergründen. Sie gewährte einem tiefe Einblicke in das muslimische Familienleben und Leben der Menschen im Kaukasus. Den Sitten, Gebräuchen, den alten Traditionen, die in die neue Zeit nicht mehr passen, den Heiratsplänen der Eltern und den Brautschauen. Den Konflikten und Bedürfnissen, der Perspektive-und Hoffnungslosigkeit. Ihr Schreibstil ist sehr Klar und Kraftvoll, sie reißt einem mit beim Lesen. Ein sehr Anspruchsvoller Roman, mit dem man sich auseinandersetzen muss, sehr viel erfährt und neues hinzulernt, was einem nicht bewusst war. Ihre Figuren sind sehr lebendig, und Bildhaft beschrieben. Man konnte beim Lesen hinter die einzelnen Fassaden und Charaktere blicken, es waren Menschen aus Fleisch und Blut. Sehr schön und hilfreich fand ich auch zum Schluss den Glossar und das Nachwort von Christiane Kröger. Ein wirklich mutiger Gesellschaft und Familienroman, den ich nur weiter Empfehlen kann.
Meine Kurze Zusammenfassung zum Inhalt:
Sehr gut haben mir Marat und Patja gefallen, die beide in Moskau leben, und von ihren Eltern in den Kaukasus ans Kaspische Meer wegen Heiratsplänen zurück beordert werden. Sehr gut war der Widerwillen der beiden zu spüren, sie leben in Moskau in einer anderen Welt, genossen die Freiheit, und jetzt letztendlich sollen sie sich dem Willen der Eltern beugen. Für beide ist der Hochzeitsall gebucht, es wird eine Brautschau stattfinden, die Eltern haben gewisse Partner ins Auge gefasst. Ich konnte mir vorstellen wie schrecklich das ist, zur Schau gestellt zu werden. Wirklich nicht leicht für die beiden, die andere Pläne und Träume haben. Sie wehren sich ja auch, haben allerlei Ausflüchte. Marat und Patja, kamen mir sehr Willens Stark vor, es war interessant und Amüsant ihnen bei ihren Argumenten wegen der Brautschau zuzuhören. Jeder der beiden hat so seine Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben, aber auch deren Eltern, besonders die Mütter haben ihren eigen Kopf. Die Mütter haben nichts anderes als eine Heirat im Kopf und das ihre Kinder gut versorgt sind. Wie das Leben so spielt, ausrechnet verlieben die beiden sich ineinander, was überhaupt nicht in das Konzept passt von den Eltern. Die beiden traten dabei eine Lawine Los und ein großes Chaos. Eine Geschichte voller Verwicklungen und unerwarteter Wendungen, teilweise sehr Amüsant, trotz des ernsten Hintergrundes. Einfach Kaukasus Hautnah und Pur !
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