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n Polen ist nach acht Jahren an der Regierung die populistische PiS zwar abgewählt worden, will aber von der Macht nicht lassen. Den steinigen Weg vom PiS-Regime zur neuen, demokratischen Regierung von Donald Tusk analysiert der Warscher Politologe Klaus Bachmann in dieser Flugschrift. Seine These: "In dem allgemeinen Sektkorkenknallen und Triumphgeheul ging vollkommen unter, dass PiS zwar die Wahl verloren, aber die Macht nicht abgegeben hatte und das auch nach der Vereidigung der Regierung Tusk nicht tun würde. PiS wird an der Macht bleiben und die neue Regierung und ihre Parlamentsmehrheit…mehr

Produktbeschreibung
n Polen ist nach acht Jahren an der Regierung die populistische PiS zwar abgewählt worden, will aber von der Macht nicht lassen. Den steinigen Weg vom PiS-Regime zur neuen, demokratischen Regierung von Donald Tusk analysiert der Warscher Politologe Klaus Bachmann in dieser Flugschrift. Seine These: "In dem allgemeinen Sektkorkenknallen und Triumphgeheul ging vollkommen unter, dass PiS zwar die Wahl verloren, aber die Macht nicht abgegeben hatte und das auch nach der Vereidigung der Regierung Tusk nicht tun würde. PiS wird an der Macht bleiben und die neue Regierung und ihre Parlamentsmehrheit mit einem wahrhaft teuflischen Dilemma konfrontieren: Wie macht man ein Land wieder demokratisch, ohne dabei gegen demokratische Grundprinzipien zu verstoßen?"
Autorenporträt
Klaus Bachmann, Jahrgang 1963, Journalist, Historiker und Politikwissenschaftler. Ab 1988 als Korrespondent u. a. von taz, Stuttgarter Zeitung und FR in Warschau, ab Mitte der 90er Jahre auch Autor der polnischen Zeitungen Rzeczpospolita, Polityka und Tygodnik Powszechny, später Korrespondent in Brüssel. Bachmann ist Professor für politische Wissenschaften an der privaten polnischen Uniwersytet SWPS (Universität für Sozial und Geisteswissenschaften).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Insgesamt fühlt sich Rezensentin Viktoria Großmann von Klaus Bachmanns Buch über Aufstieg und - vorläufigen - Fall der polnischen PiS-Partei gut informiert und dabei sogar gut unterhalten, einige kritische Anmerkungen hat sie allerdings. Entlang des Buches zeichnet Großmann nach, wie die Partei ein Flugzeugunglück im Jahr 2010 dazu ausnutzte, an die Macht zu gelangen und, sobald dies gelungen war, damit begann, demokratische Strukturen zu schädigen. Der Truppe um Jarosław Kaczyński wird dabei wenig echtes politisches Talent bescheinigt, vielmehr geht Bachmann Großmann zufolge davon aus, dass der Erfolg einzig auf Glück und Brutalität beruht. Die Rezensentin ist sich nicht so sicher, sie meint, der anhaltende Wahlerfolg der Partei müsse auch andere Gründe haben. Sie nennt in diesem Zusammenhang den politischen Riecher der PiS-Leute für Themen, die die Menschen bewegen, sowie komplexe PiS-Korruptionsnetzwerke. Gut und eingängig geschrieben ist das durchweg, so Großmann, die allerdings eine Reihe von Flüchtigkeitsfehlern im Text moniert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2024

Dreist, brutal, erfolgreich
Klaus Bachmann beschreibt akribisch den Aufstieg der PiS-Partei in Polen
und erklärt, warum sie acht Jahre lang die Demokratie beschädigen konnte.
Polen ist mit der PiS noch lange nicht fertig. Und die Partei „Recht und Gerechtigkeit“ nicht mit Polen. Solange deren Präsident Andrzej Duda, der durch die PiS-Partei 2015 an die Macht kam, noch im Amt ist, kann die im Oktober gewählte liberale Regierung unter Donald Tusk nicht gut arbeiten. Denn der Präsident behindert die Regierung und schreitet ein, wo immer es der PiS-Partei und ihrem Vorsitzenden Jarosław Kaczyński dient.
Wer sich also heute mit den acht Jahren Polens unter der PiS-Regierung beschäftigt, tut das nicht nur rückblickend. Sondern immer auch im Hinblick darauf, was noch kommen kann. Natürlich auch im Hinblick auf die Gegenwart, wo nun all die Rechtsübertretungen, die Bereicherungen, die Amtsanmaßungen, die Vorteilsnahmen, die Bestechungen, die Steuergeldverschwendungen, die kleinen Schummeleien und die großen Schurkenstücke bekannt werden – die Pegasus-Abhöraffäre genauso wie die versemmelte Briefwahl 2020, als zu Zeiten hoher Covid-Infektionsraten ein Präsident gewählt werden musste. All diese Dinge und wie alles mit allem zusammenhing, kommen jetzt nach und nach ans Licht. Aber manches vielleicht auch nie.
Der Historiker Klaus Bachmann lebt seit Jahrzehnten in Warschau und hat nicht nur acht Jahre PiS, sondern auch die Politik der Vorgängerregierungen, darunter auch schon zwei Amtszeiten eines Ministerpräsidenten Donald Tusk, miterlebt. In dem schmalen, essayhaften Band „Die Geisterfahrer, Polen und acht Jahre PiS“, beschreibt er Aufstieg, Machterhalt und Machtverlust der Partei. Angefangen vom Gründungsmythos der damals noch jungen Partei, dem Flugzeugabsturz von Smolensk im April 2010. Präsident Lech Kaczyński stirbt und mit ihm viele nicht nur zufällig ranghohe, sondern verdiente Persönlichkeiten. Unter ihnen die Kranführerin Anna Walentynowicz, die den Streik auf der Danziger Werft im Sommer 1980 auslöste. Der wiederum Lech Wałęsa als Streikführer weltberühmt und die Solidarność-Bewegung so groß machte, dass sie das kommunistische Regime stürzen konnte.
Eine Katastrophe also, welche die Menschen im Land unabhängig von ihrer politischen Farbe betroffen machte. Doch der hinterbliebene Zwillingsbruder Jarosław Kaczyński setzte sich an die Spitze der Trauergemeinde und begründete den Mythos vom angegriffenen Polen. Die Russen hätten die Regierungsmaschine an diesem nebligen Morgen absichtlich zum Absturz gebracht. Dafür fanden sich nie Beweise, im Gegenteil, es war ein Unglück. Doch als PiS später das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP in der Hand hatte, sendete das immer wieder Dokumentationen, die diese Vorwürfe belegen sollten.
Und so wurde aus dem Flugzeugabsturz auch ein Unglück für den Teil der Bevölkerung, der die PiS-Partei nie an der Macht sehen wollte. Bachmann erzählt aus all diesen Jahren bei aller Kürze dennoch detailreich, auch anekdotisch, da er ja selbst von manchem Irrsinn als Einwohner Warschaus betroffen war. Wie als Gütesiegel ist auf die hintere Umschlagklappe ein Zitat von Jarosław Kaczyński gedruckt: „Bachmann sollte aus Polen ausgewiesen oder ganz einfach festgenommen werden.“
Dieser Satz zeigt den Charakter vieler Reden von PiS-Politikern. Angriffslustig, dabei abwegig und so ohne Bodenhaftung, dass viele Menschen sie nicht ernst nahmen. So beschreibt auch Bachmann ihren Aufstieg als unbemerkt, beinahe zufällig. Von einer Truppe Randfiguren ohne internationale Vernetzung zu einer Bewegung, die auch bei der verlorenen Wahl 2023 mehr als 35 Prozent der Stimmen erhielt.
Bachmann beschreibt das teils unbekümmerte, teils lustlose oder arrogante politische Umfeld, die Siegesgewissheit bei gleichzeitiger innerer Zerstrittenheit der Tusk-Partei Bürgerplattform, deren Gründer Tusk 2014 einem Ruf nach Brüssel gefolgt war. Und dann gewann 2015 der junge, unbekannte Kandidat der PiS die Präsidentschaftswahl. Das gab den Schwung für die Parlamentswahl im selben Jahr – und nachdem PiS auch diese gewonnen hatte, stand Präsident Andrzej Duda schon bereit, ihre Wünsche zu erfüllen. Der Jurist half, das Verfassungsgericht zu korrumpieren und die Gewaltenteilung abzubauen.
Bachmann beschreibt auch den weiteren Erfolg der PiS-Partei als Mischung aus Dreistigkeit, Brutalität und Glück der Dummen. Dass manche Beobachter in Kaczyński nach dessen Aufstieg ein Genie sehen wollten, leuchtet Bachmann nicht ein. Der Wahnsinn hat für ihn keine Methode. Für ihn ist Kaczyński ein Mensch, der gemeinsam mit dem Bruder schon früh vor allem durch Intrigen Positionen erobert und andererseits so auch wieder verloren hat, weil er alle „vergrätzte“.
Hier ergibt sich ein gewisser Widerspruch, den Bachmann nicht ganz auflösen kann. Denn wie nun schafft es Kaczyński die zentrale Figur einer Bewegung zu werden, an der sich alle ausrichten, dem sich alle unterwerfen? Ist es nur Druck und Erpressung? Blanker, opportunistischer Machtwille? Jegliche Strahlkraft der Person Kaczyński vermag sich Bachmann nicht vorzustellen. Dennoch wählten 2019 mehr als acht Millionen Menschen PiS und damit 43,6 Prozent der Wählerinnen und Wähler. 2023 bekam PiS noch 7,6 Millionen Stimmen.
Ein wenig Geschick muss man den PiS-Leuten wohl lassen. Ihre Erzählung vom wahren Polen, vom echten Patriotismus verfängt bei denen, die Skepsis gegenüber allem hegen, was fremd und westlich wirkt. Und wenn es um internationale Netzwerke und Geldquellen geht, agierten PiS-Leute möglicherweise weit weniger tollpatschig und provinziell, als Bachmann ihnen zugestehen will. In Polen erregten etwa die umfassenden Recherchen des Journalisten Tomasz Piątek viel Aufsehen, der tiefe Verstrickungen von PiS-Politikern in postkommunistische Oligarchennetzwerke und vielfältige Beziehungen nach Russland beschreibt.
Bachmann liefert in jedem Fall einen flotten, unterhaltsamen und lehrreichen Einblick in die vergangenen acht Jahre. Allerdings hätte der Verlag gut daran getan, den Text genau durchzusehen. Etwa den Vornamen des Botschafters Freytag von Loringhoven zu verwechseln und das Jahr der nächsten Präsidentenwahl falsch zu benennen, ist ärgerlich. Bachmann wird sich hoffentlich wieder zu Wort melden, um die Zeit zu beschreiben, die Polen seit Dezember 2023 erlebt, während die neue Regierung in atemberaubendem Tempo und mit großer Tatkraft, aber sicher nicht immer fehlerfrei, den demokratischen Rechtsstaat wieder aufbaut und für die Zukunft sichern will.
VIKTORIA GROSSMANN
Die Erzählung vom wahren
Polen verfängt noch immer
Klaus Bachmann:
Die Geisterfahrer. Polen und acht Jahre PiS.
Edition Fototapeta, Berlin 2024. 120 Seiten, 15 Euro.
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