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Das berühmte Bild einer Frau, lange verschollen, taucht plötzlich wieder auf. Überraschend für die Kunstwelt, aber auch für die drei Männer, die diese Frau einst liebten - und sich von ihr betrogen fühlen. In einer Bucht an der australischen Küste kommt es zu einem Wiedersehen: Die Männer wollen wiederhaben, was ihnen vermeintlich zusteht. Nur einer ergreift die Chance, der Frau neu zu begegnen, auch wenn ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt.
Bernhard Schlink, geboren 1944 bei Bielefeld, ist Jurist und lebt in Berlin und New York. Der 1995 erschienene Roman 'Der Vorleser', 2009 von Stephen Daldry unter dem Titel 'The Reader' verfilmt, in über 50 Sprachen übersetzt und mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, begründete seinen schriftstellerischen Weltruhm.

Produktdetails
- Verlag: Diogenes
- 3. Aufl.
- Seitenzahl: 256
- Erscheinungstermin: 21. August 2014
- Deutsch
- Abmessung: 191mm x 118mm x 17mm
- Gewicht: 284g
- ISBN-13: 9783257069099
- ISBN-10: 325706909X
- Artikelnr.: 40841630
Herstellerkennzeichnung
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rainer Moritz ist geradezu empört, wie stilistisch sparsam und unoriginell Bernhard Schlink in seinem neuen Buch vorgeht und wie kitschig die erzählte Geschichte daherkommt. Nicht nur mutet Schlink ihm straubtrockene, biedere Beschreibungen zu. Beim Lesen ahnt Moritz auch ständig den Fortgang der Handlung um einen Anwalt und seine emotinale Läuterung, die, so Moritz, in der Aufführung eines "absurden Quartetts" à la Yasmina Reza gipfelt. Was dem Rezensenten nicht sowieso vorhersehbar erscheint in diesem Roman, findet er derart unwahrscheinlich und grotesk, dass er es kaum nachzuerzählen vermag.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Gruppenbild mit Muse
In Bernhard Schlinks Roman "Die Frau auf der Treppe" kämpfen drei Männer um ein Gemälde und um die Frau, die es zeigt. Kann der Schriftsteller mit der Kunst des Malers mithalten?
Drei Männer, ein Maler, ein Bankier und ein Rechtsanwalt, sitzen in einem Strandhaus auf einer Insel vor der Goldküste Australiens und reden über ein Bild. Ein Gemälde und die Frau, die es zeigt. "Frau auf einer Treppe". Ein Aktbild. Der Maler und der Bankier wollen das Gemälde, das inzwischen in der Art Gallery in Sydney hängt, an sich bringen, der eine, weil er es gemalt, der andere, weil er es besessen hat. Der Anwalt will nur noch die Frau, die er einmal geliebt, für die er fast sein Leben weggeworfen hat. Die drei
In Bernhard Schlinks Roman "Die Frau auf der Treppe" kämpfen drei Männer um ein Gemälde und um die Frau, die es zeigt. Kann der Schriftsteller mit der Kunst des Malers mithalten?
Drei Männer, ein Maler, ein Bankier und ein Rechtsanwalt, sitzen in einem Strandhaus auf einer Insel vor der Goldküste Australiens und reden über ein Bild. Ein Gemälde und die Frau, die es zeigt. "Frau auf einer Treppe". Ein Aktbild. Der Maler und der Bankier wollen das Gemälde, das inzwischen in der Art Gallery in Sydney hängt, an sich bringen, der eine, weil er es gemalt, der andere, weil er es besessen hat. Der Anwalt will nur noch die Frau, die er einmal geliebt, für die er fast sein Leben weggeworfen hat. Die drei
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streiten sich, der Maler beschimpft den Bankier als Bierdeckelsammler, der Bankier den Anwalt als Lakaien. "Dann kam Irene die Treppe herunter." Auch sie ist also mit dabei, die Frau, um die sich alles dreht, die einst geliebte und begehrte, jetzt an Krebs dahinsiechende, eine sterbende Göttin in ihrem australischen Elysium.
Die vier gehören zu einer Generation, mit der Bernhard Schlink sich auskennt, weil er zu ihr gehört: den Achtundsechzigern, deren Leben und Leiden noch immer den Stoff für Dutzende neuer Romane abgibt, vielleicht ebendeshalb, weil es jetzt weit genug zurückliegt, um ohne Einspruch der Wirklichkeit literarisch durchgeknetet zu werden. Und sie bilden eine Konstellation, die der Erzähler Schlink schon öfter beschworen hat, in seinem Roman "Das Wochenende" etwa, den Nina Grosse im vergangenen Jahr einfühlsam verfilmt hat, oder in der Geschichte "Der Andere" aus dem Band "Liebesfluchten", in welcher der Tod einer Frau zwei vollkommen gegensätzliche Männer, einen Beamten und einen Bankrotteur, zusammenbringt.
Aber diesmal funktioniert es nicht. Diesmal bleibt das Gruppenbild steif und steril, schlägt die Konstellation keine Funken, und das liegt nicht daran, dass Schlink sie nicht penibel konstruiert hätte. Es liegt daran, dass er sie nur konstruiert, ausgedacht, passgerecht zusammengesetzt, aber nicht mit Leben erfüllt hat.
Die Kürze von Schlinks Büchern ist oft lobend hervorgehoben worden; hier wird sie zum Makel, weil an die Skelette der Figuren kein Fleisch anwächst. Der Anwalt beispielsweise, aus dessen Perspektive das Geschehen erzählt wird, ist ein reines Abziehbild, ein Wiedergänger der vielen Richter, Professoren und anderen Staatsdiener, die der Rechtsprofessor Schlink in seinen Büchern geschildert hat: ein Kopfmensch, der sich nach Ekstase sehnt, nach Rausch, Entgrenzung, Abenteuer, und dem die Künstlermuse Irene dafür gerade recht kommt. Und der Maler Schwind und der Banker Gundlach sind nicht besser, der eine das Stereotyp des reichen, satten, kunstmarktgerechten Konfektionärs, der andere ein Großmaul, dessen Zunge mit Geldscheinen gepflastert ist.
Am überzeugendsten ist noch das Bild abgekupfert, um das sich in dem neuen Roman alles dreht und dessen Vorlage Schlink in Gerhard Richters "Ema. Akt auf einer Treppe" gefunden hat. Aber da liegt auch schon, gleich auf der ersten Seite, der zweite Haken dieses überkonstruierten Buches. Es ist seine Sprache. Die Frau auf der Treppe, "nackt, blass, blond", komme, so Schlink, dem Betrachter "mit schwebender Leichtigkeit entgegen", zugleich aber habe sie mit ihren runden Hüften und festen Brüsten "sinnliche Gewichtigkeit". Das ist - nichts gegen Galerien auf dem Land - Provinzgaleristenprosa. Ein andermal wirkt der Stilwille des Psychologen Schlink überkandidelt: "Ich war gekränkt, weil ich es gut gemeint, und ärgerte mich, weil ich es dumm angestellt hatte." Dass der Anwalt in der nächtlichen Stille auf der Insel nicht horcht, sondern penetrant "aufmerkt", mag man als altfränkische Schrulle abtun, aber es ist typisch für die Unbeholfenheit, die oft aus Schlinks Erzählerstimme spricht.
Die Handlung überspannt vierzig Jahre und den weiten Raum vom Finanz- und Kunstplatz Frankfurt samt Villa im Taunus bis in die australische Wildnis. In Rückblenden erfahren wir, wie Gundlach, Schwind und unser Anwalt einst zusammenkamen: Der Maler wandte sich an den Juristen, um durch ihn den Zugang zu seinem Treppenbild zu erzwingen, den ihm Gundlach, der Schwind schon dessen Freundin und Modell Irene ausgespannt hatte, verweigerte; und unser Mann hatte nichts Besseres zu tun, als sich in Irene zu verlieben und sich zum willfährigen Werkzeug ihrer Flucht in den linksradikalen Untergrund machen zu lassen.
Es gibt aber auch eine Art Vorausblende in der Geschichte, den Traum unseres Helden von einer Reise mit Irene in den amerikanischen Westen, einem nie gelebten Leben grenzenloser Freiheit. Da dampfen dann die Kühltürme hinter den Maisfeldern, die Obstbäume blühen rosarot, und aus dem Radio dringen "eingängige Lieder um Frauen und Liebe, einfache Balladen um Kampf und Tod". Auch hier also wieder das mühsame Ringen um sprachlichen Ausdruck, der erzählerische Sprung, der auf Hemingway und Faulkner zielt und knapp unterhalb von Hermann Hesse landet.
Vor fünfzehn Jahren, als Bernhard Schlink nach dem Welterfolg seines "Vorlesers" auch mit "Liebesfluchten" in den Bestsellerlisten stand, konnte man ihn für den kommenden Mann der deutschen Literatur halten. Inzwischen hat man den Eindruck, dass er den Kreis seiner Themen ausgeschritten und sein Talent ausgeschöpft hat. "Die Frau auf der Treppe" wirkt zugleich überspannt und resigniert, wie eine kühne Vorzeichnung zu einem Bild, das am Ende misslingt. Der Maler hat es besser gemacht. Die Literatur hat das Nachsehen.
ANDREAS KILB.
Bernhard Schlink: "Die Frau auf der Treppe". Roman.
Diogenes Verlag, Zürich 2014. 256 S., geb., 21,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die vier gehören zu einer Generation, mit der Bernhard Schlink sich auskennt, weil er zu ihr gehört: den Achtundsechzigern, deren Leben und Leiden noch immer den Stoff für Dutzende neuer Romane abgibt, vielleicht ebendeshalb, weil es jetzt weit genug zurückliegt, um ohne Einspruch der Wirklichkeit literarisch durchgeknetet zu werden. Und sie bilden eine Konstellation, die der Erzähler Schlink schon öfter beschworen hat, in seinem Roman "Das Wochenende" etwa, den Nina Grosse im vergangenen Jahr einfühlsam verfilmt hat, oder in der Geschichte "Der Andere" aus dem Band "Liebesfluchten", in welcher der Tod einer Frau zwei vollkommen gegensätzliche Männer, einen Beamten und einen Bankrotteur, zusammenbringt.
Aber diesmal funktioniert es nicht. Diesmal bleibt das Gruppenbild steif und steril, schlägt die Konstellation keine Funken, und das liegt nicht daran, dass Schlink sie nicht penibel konstruiert hätte. Es liegt daran, dass er sie nur konstruiert, ausgedacht, passgerecht zusammengesetzt, aber nicht mit Leben erfüllt hat.
Die Kürze von Schlinks Büchern ist oft lobend hervorgehoben worden; hier wird sie zum Makel, weil an die Skelette der Figuren kein Fleisch anwächst. Der Anwalt beispielsweise, aus dessen Perspektive das Geschehen erzählt wird, ist ein reines Abziehbild, ein Wiedergänger der vielen Richter, Professoren und anderen Staatsdiener, die der Rechtsprofessor Schlink in seinen Büchern geschildert hat: ein Kopfmensch, der sich nach Ekstase sehnt, nach Rausch, Entgrenzung, Abenteuer, und dem die Künstlermuse Irene dafür gerade recht kommt. Und der Maler Schwind und der Banker Gundlach sind nicht besser, der eine das Stereotyp des reichen, satten, kunstmarktgerechten Konfektionärs, der andere ein Großmaul, dessen Zunge mit Geldscheinen gepflastert ist.
Am überzeugendsten ist noch das Bild abgekupfert, um das sich in dem neuen Roman alles dreht und dessen Vorlage Schlink in Gerhard Richters "Ema. Akt auf einer Treppe" gefunden hat. Aber da liegt auch schon, gleich auf der ersten Seite, der zweite Haken dieses überkonstruierten Buches. Es ist seine Sprache. Die Frau auf der Treppe, "nackt, blass, blond", komme, so Schlink, dem Betrachter "mit schwebender Leichtigkeit entgegen", zugleich aber habe sie mit ihren runden Hüften und festen Brüsten "sinnliche Gewichtigkeit". Das ist - nichts gegen Galerien auf dem Land - Provinzgaleristenprosa. Ein andermal wirkt der Stilwille des Psychologen Schlink überkandidelt: "Ich war gekränkt, weil ich es gut gemeint, und ärgerte mich, weil ich es dumm angestellt hatte." Dass der Anwalt in der nächtlichen Stille auf der Insel nicht horcht, sondern penetrant "aufmerkt", mag man als altfränkische Schrulle abtun, aber es ist typisch für die Unbeholfenheit, die oft aus Schlinks Erzählerstimme spricht.
Die Handlung überspannt vierzig Jahre und den weiten Raum vom Finanz- und Kunstplatz Frankfurt samt Villa im Taunus bis in die australische Wildnis. In Rückblenden erfahren wir, wie Gundlach, Schwind und unser Anwalt einst zusammenkamen: Der Maler wandte sich an den Juristen, um durch ihn den Zugang zu seinem Treppenbild zu erzwingen, den ihm Gundlach, der Schwind schon dessen Freundin und Modell Irene ausgespannt hatte, verweigerte; und unser Mann hatte nichts Besseres zu tun, als sich in Irene zu verlieben und sich zum willfährigen Werkzeug ihrer Flucht in den linksradikalen Untergrund machen zu lassen.
Es gibt aber auch eine Art Vorausblende in der Geschichte, den Traum unseres Helden von einer Reise mit Irene in den amerikanischen Westen, einem nie gelebten Leben grenzenloser Freiheit. Da dampfen dann die Kühltürme hinter den Maisfeldern, die Obstbäume blühen rosarot, und aus dem Radio dringen "eingängige Lieder um Frauen und Liebe, einfache Balladen um Kampf und Tod". Auch hier also wieder das mühsame Ringen um sprachlichen Ausdruck, der erzählerische Sprung, der auf Hemingway und Faulkner zielt und knapp unterhalb von Hermann Hesse landet.
Vor fünfzehn Jahren, als Bernhard Schlink nach dem Welterfolg seines "Vorlesers" auch mit "Liebesfluchten" in den Bestsellerlisten stand, konnte man ihn für den kommenden Mann der deutschen Literatur halten. Inzwischen hat man den Eindruck, dass er den Kreis seiner Themen ausgeschritten und sein Talent ausgeschöpft hat. "Die Frau auf der Treppe" wirkt zugleich überspannt und resigniert, wie eine kühne Vorzeichnung zu einem Bild, das am Ende misslingt. Der Maler hat es besser gemacht. Die Literatur hat das Nachsehen.
ANDREAS KILB.
Bernhard Schlink: "Die Frau auf der Treppe". Roman.
Diogenes Verlag, Zürich 2014. 256 S., geb., 21,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Bernhard Schlink gehört zu den größten Begabungen der deutschen Gegenwartsliteratur. Er ist ein einfühlsamer, scharf beobachtender und überaus intelligenter Erzähler. Seine Prosa ist klar, präzise und von schöner Eleganz.«
Ein Bild. Eine Frau und drei Männer. Im Mittelpunkt von Bernhard Schlinks neuem Roman steht eine Frau, die drei Männer um den Finger wickelt. Ihr berühmtes Bild, das lange als verschollen galt, taucht plötzlich wieder auf. Der Roman ist eine Anspielung auf Gerhard Richters …
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Ein Bild. Eine Frau und drei Männer. Im Mittelpunkt von Bernhard Schlinks neuem Roman steht eine Frau, die drei Männer um den Finger wickelt. Ihr berühmtes Bild, das lange als verschollen galt, taucht plötzlich wieder auf. Der Roman ist eine Anspielung auf Gerhard Richters „Ema. Akt auf einer Treppe“ und der Autor hat bestätigt, dass Richters Bild ihn tatsächlich dazu inspiriert hat.
Man schreibt das Jahr 1968 - der Maler im Roman heißt Karl Schwind und sein weibliches Model ist Irene, die Frau eines reichen Industriellen namens Gundlach. Maler und Model geraten über das Bild in einen Streit, den ein junger Anwalt schlichten soll. Doch dieser verliebt sich in Irene und sie überredet ihn schließlich, gemeinsam das Bild zu klauen.
Jahrzehnte später gibt es ein unerwartetes Wiedersehen im fernen Australien. Inzwischen sind alle Protagonisten ziemlich gealtert. Der Anwalt entdeckt das Gemälde in einer Galerie und spürt Irene auf, die sich todkrank auf ein einsames Küstenfleckchen als Aussteigerin zurückgezogen hat. Ihr Plan ist, den Maler und ihren Ex-Mann mit dem Bild nach Australien zu locken. Der alte Streit flammt erneut auf. Alle drei Männer haben sehr unterschiedliche Beweggründe. Der Anwalt will wissen, warum er damals von Irene verlassen wurde, Schwind dagegen hat Interesse an seinem künstlerischen Vermächtnis und Gund-lach will seinen rechtmäßigen Besitz durchsetzen.
„Die Frau auf der Treppe“ ist ein Roman über Liebe und das Älterwerden, er ist aber auch eine kritische Abrechnung des Autors mit seiner Generation und ihren Lebensentwürfen.
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Reine Inhaltsliteratur
Bernhard Schlinks neuer Roman «Die Frau auf der Treppe» hat schnell Bestsellerstatus erreicht, ob er allerdings an seinen großen Erfolg «Der Vorleser» anknüpfen kann, bleibt abzuwarten. Denn dessen origineller Geschichte, die sich einst so …
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Reine Inhaltsliteratur
Bernhard Schlinks neuer Roman «Die Frau auf der Treppe» hat schnell Bestsellerstatus erreicht, ob er allerdings an seinen großen Erfolg «Der Vorleser» anknüpfen kann, bleibt abzuwarten. Denn dessen origineller Geschichte, die sich einst so trefflich zur Verfilmung eignete, steht hier nichts Vergleichbares gegenüber, nur der Titel des Romans wirkt geheimnisvoll und macht neugierig. Aber reicht das aus, einen Roman lesenswert zu machen, nicht nur reiner Zeitvertreib zu sein? Mitnichten, wird erkennen, wer den kurzen Roman gelesen hat, zum Lesegenuss gehört eben mehr als nur ein verheißungsvolles Sujet. Sprachliche Eleganz zum Beispiel, ein raffiniert aufgebauter Plot, eigene Reflexionen anregende Gedanken oder Geschehnisse, den Horizont erweiternd, den Leser inspirierend und bereichernd, literarische Imagination mithin. Von all dem kann hier nicht die Rede sein!
Vordergründig geht es um ein Gemälde, das sich im Titel dieses Romans widerspiegelt, wobei Gerhard Richters «Ema - Akt auf einer Treppe» dem Autor erklärtermaßen als Inspiration gedient hat. Irene, die nackte Frau auf diesem Bild, wird von drei Männern umworben, ihrem verlassenen Ehemann, der das Bild gekauft hat, dem derzeitigen Liebhaber, der es gemalt hat, und einem Rechtsanwalt, der den Maler vertritt beim erbitterten Streit um die Wahrnehmung seiner Rechte an dem Gemälde. Der verliebte Anwalt hilft Irene beim Diebstahl des Gemäldes, sie verschwindet damit spurlos, seine Hoffnungen auf ein gemeinsames Leben mit ihr bleiben unerfüllt. Vierzig Jahre später entdeckt er das Bild in einer Galerie in Australien und findet auch Irene wieder, die illegal in der Einsamkeit eines Naturschutzgebietes versteckt lebt und an einem Pankreaskarzinom im Endstadium leidet. Auch der Eigentümer des Bildes und der Maler tauchen schon bald dort auf, in einer Art Showdown wird nochmals ergebnislos um das Bild gestritten. Irene hat es der Galerie geschenkt, sie endet durch Selbstmord, nachdem sie mit dem Anwalt einem Buschbrand entkommen ist.
Schlinks drei männliche Hauptfiguren sind grotesk überzeichnete, egoistische Erfolgsmenschen. Der Ich-Erzähler, als Spießer im Luxus lebend, mit juristischer Bilderbuchkarriere und wenig bilderbuchartigem Familienleben, erfährt in der vor Klischees geradezu strotzenden Geschichte zuletzt eine an naive Bibelgeschichten erinnernde Läuterung. Der Maler ist zur höchstbezahlten Nummer Eins der Kunstwelt aufgestiegen, der Eigentümer des Gemäldes schwimmt als erfolgreicher Unternehmer ebenfalls im Geld. In einer Diskussion mit dem Maler über die politischen Bedrohungen der Zeit lässt ihn der Autor sagen: «Sie machen sich Sorgen wegen der Armen? Solange der Fernseher läuft und Bier auf dem Tisch steht, sind sie keine Bedrohung, und dafür langt es allemal». Es wimmelt von derartigen Plattitüden, die der Autor aber erkennbar ernst zu meinen scheint, eine Denkweise, die in diesem Kitschroman häufig vorkommt, ohne dass sich Anzeichen einer satirischen Überzeichnung dieser schablonenhaft gestalteten Figuren finden. Die übrigens allesamt ziemlich blass bleiben und weit davon entfernt sind, Empathie beim Leser zu wecken.
Sprachlich uninspiriert, mit einfachster Syntax und massentauglich begrenztem Wortschatz, wurde hier ein banaler Plot konstruiert, die sich allenfalls als Strandlektüre eignet. Die Leser werden darin vieles wiederfinden, was sie am Stammtisch schon ganz ähnlich gehört haben, der Autor übt sich als Möchtegern-Philosoph. Der sonst so geschwätzige Plot lässt vieles offen, Irenes kriminelle Taten zum Beispiel, deretwegen sie steckbrieflich gesucht wird, und über ihre Tochter erfahren wir ebenfalls nichts. Reiner Inhaltsliteratur, wie sie Schlinks Werke darstellen, verzeiht man derartige Konstruktionsfehler nicht. Und literarisch kompensieren lassen sich solche Mängel in einem Schundroman auch nicht, womit denn?
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Broschiertes Buch
Auf Geschäftsreise in Australien entdeckt ein deutscher Rechtsanwalt im Museum ein Bild wieder, das vor Jahrzehnten sein Leben veränderte, „Die Frau auf der Treppe“. Eben in diese Frau hatte er sich damals verliebt, wurde jedoch, wie auch ihr Ehemann und der Maler selbst, von …
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Auf Geschäftsreise in Australien entdeckt ein deutscher Rechtsanwalt im Museum ein Bild wieder, das vor Jahrzehnten sein Leben veränderte, „Die Frau auf der Treppe“. Eben in diese Frau hatte er sich damals verliebt, wurde jedoch, wie auch ihr Ehemann und der Maler selbst, von ihr betrogen und benutzt. Jetzt treffen die vier nach langer Zeit wieder aufeinander und wieder beginnt ein ungleicher Kampf um die Aufmerksamkeit der portraitierten Frau.
Bernhard Schlink beschreibt in seinem Roman „Die Frau auf der Treppe“ den Wunsch nach einer Illusion. Nach Jahren wird die Hauptfigur wieder beherrscht vom Gedanken des „Was wäre wenn“, wenn er damals nicht auf die Frau hereingefallen wäre, wenn es doch funktioniert hätte, wenn sie beide einfach jemand anders gewesen wären. Das Bild ist dabei für ihn wie auch für die beiden anderen Männern ein Fixpunkt, der sie nicht loslässt. Von Irene, der Frau auf dem Bild, wie in Köder im Museum aufgehängt, kommen ihre Opfer brav herangeflogen und müssen, wie schon Jahre zuvor, wieder ihr Spielchen spielen. Sie hat die Macht und die Fäden in der Hand. Dies zu beobachten ist für den Leser äußerst spannend, kann er doch sein voyeuristisches Bedürfnis befriedigen und wie durch ein kleines Schlüsselloch in der Tür dabei zusehen, wie sich die älteren Herren lächerlich machen und mit sich spielen lassen. Doch während zwei schnell die Reißleine ziehen, bleibt einer bei Irene zurück. Ob er es doch noch schafft, sich in eine gleichberechtigte Position zu begeben oder weiter nur wie eine Marionette an langen Seilen agiert, müssen die Leser selbst herausfinden.
„Die Frau auf der Treppe“ von Bernhard Schlink hat mir außerordentlich gut gefallen, es ist zugleich amüsant und ernsthaft und zeigt uns, wie schnell ein Mensch sich, ob aus finanziellen oder emotionalen Gründen, selbst zum Spielball von Anderen macht. Man merkt dem Autor eine große Faszination von Menschen und ihren Abgründen an und eben das macht auch die Lektüre zu unterhaltsam. Daher kann ich diesen Roman nur allen weiterempfehlen, die Beobachter spielen und einen Blick durch dieses Schlüsselloch werfen wollen.
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