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Deepa Anappara
Gebundenes Buch
Die Detektive vom Bhoot-Basar
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Detektivarbeit ist kein Kinderspiel. Der neunjährige Jai schaut zu viele Polizei-Dokus, denkt, er sei klüger als seine Freundin Pari (obwohl sie immer die besten Noten bekommt) und hält sich für einen besseren Anführer als Faiz (obwohl Faiz derjenige mit zwei älteren Brüdern und einem echten Job ist). Als ein Junge aus ihrer Klasse verschwindet, beschließt Jai, sein Fernsehwissen zu nutzen, um ihn zu finden. Mit Pari und Faiz an seiner Seite wagt er sich in den verwinkelten Bhoot-Basar und dann weiter hinaus in die verbotenen Viertel der Stadt. Doch mehr und mehr Kinder verschwinden, u...
Detektivarbeit ist kein Kinderspiel. Der neunjährige Jai schaut zu viele Polizei-Dokus, denkt, er sei klüger als seine Freundin Pari (obwohl sie immer die besten Noten bekommt) und hält sich für einen besseren Anführer als Faiz (obwohl Faiz derjenige mit zwei älteren Brüdern und einem echten Job ist). Als ein Junge aus ihrer Klasse verschwindet, beschließt Jai, sein Fernsehwissen zu nutzen, um ihn zu finden. Mit Pari und Faiz an seiner Seite wagt er sich in den verwinkelten Bhoot-Basar und dann weiter hinaus in die verbotenen Viertel der Stadt. Doch mehr und mehr Kinder verschwinden, und die Dinge in der Nachbarschaft werden kompliziert ...
"Die Detektive vom Bhoot-Basar" erzählt von den Farben und Widersprüchen des heutigen Indien, von sozialen und religiösen Spannungen, Korruption und Ungerechtigkeit, vor allem aber von der unbesiegbaren Vitalität dreier Kinder, von deren Wagemut, Unschuld und überbordender Phantasie.
Ein literarisches Debüt von besonderer emotionaler Tiefe, schon vor dem Erscheinen viele Male ausgezeichnet und bislang in 16 Sprachen übersetzt. Deepa Anappara bringt einen wahren Kriminalfall und eine mitreißende Coming-of-Age-Story zusammen mit der Magie einer großen Erzählung. Ein seltenes Glück.
"Die Detektive vom Bhoot-Basar" erzählt von den Farben und Widersprüchen des heutigen Indien, von sozialen und religiösen Spannungen, Korruption und Ungerechtigkeit, vor allem aber von der unbesiegbaren Vitalität dreier Kinder, von deren Wagemut, Unschuld und überbordender Phantasie.
Ein literarisches Debüt von besonderer emotionaler Tiefe, schon vor dem Erscheinen viele Male ausgezeichnet und bislang in 16 Sprachen übersetzt. Deepa Anappara bringt einen wahren Kriminalfall und eine mitreißende Coming-of-Age-Story zusammen mit der Magie einer großen Erzählung. Ein seltenes Glück.
Deepa Anappara wuchs im südindischen Kerala auf und arbeitete in Delhi und Mumbai als Journalistin, bevor sie an der University of East Anglia im englischen Norwich Creative Writing studierte. Für ihre Arbeiten zu den Auswirkungen von Armut und religiöser Gewalt auf die kindliche Entwicklung erhielt sie mehrere Preise und Auszeichnungen. "Die Detektive vom Bhoot-Basar", ihr erster Roman, wurde bislang in 16 Sprachen übersetzt und unter anderem mit dem Bridport/Peggy Chapman-Andrews Award, dem Lucy Cavendish Fiction Prize und dem Deborah Rogers Foundation Writers Award ausgezeichnet. Deepa Anappara lebt in der englischen Grafschaft Essex.
Produktdetails
- Verlag: Rowohlt, Hamburg
- Originaltitel: DJINN PATROL ON THE PURPLE LINE
- Artikelnr. des Verlages: 22091
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 398
- Erscheinungstermin: 10. März 2020
- Deutsch
- Abmessung: 211mm x 134mm x 38mm
- Gewicht: 476g
- ISBN-13: 9783498001186
- ISBN-10: 3498001183
- Artikelnr.: 58209027
Herstellerkennzeichnung
Rowohlt Verlag GmbH
Kirchenallee 19
20099 Hamburg
info@rowohlt.de
www.rowohlt.de
+49 (040) 7272-0
Kein Fall nur für jugendliche Ermittler
"Die Detektive vom Bhoot-Basar" ist eine als Krimi verkleidete politische Milieustudie zu Indien
Seit siebzehn Jahren und 1300 Folgen läuft im indischen Fernsehen die Sendung "Crime Patrol". Deren Reality-Format funktioniert so: Reale Fälle von Brandstiftung, Raub und Kidnapping aus Indien werden mit niedrigem Budget und wackeliger Kamera nachgestellt. Dazwischen läuft der Moderator Anup Sari von links oder rechts ins Bild und philosophiert dabei über die Essenz des Bösen oder die Conditio humana. Einmal geht es um eine Gruppenvergewaltigung in einem Bus 2012 in Delhi, die weltweit Schlagzeilen machte. Die Folge sprengte bei ihrer Ausstrahlung die nationalen
"Die Detektive vom Bhoot-Basar" ist eine als Krimi verkleidete politische Milieustudie zu Indien
Seit siebzehn Jahren und 1300 Folgen läuft im indischen Fernsehen die Sendung "Crime Patrol". Deren Reality-Format funktioniert so: Reale Fälle von Brandstiftung, Raub und Kidnapping aus Indien werden mit niedrigem Budget und wackeliger Kamera nachgestellt. Dazwischen läuft der Moderator Anup Sari von links oder rechts ins Bild und philosophiert dabei über die Essenz des Bösen oder die Conditio humana. Einmal geht es um eine Gruppenvergewaltigung in einem Bus 2012 in Delhi, die weltweit Schlagzeilen machte. Die Folge sprengte bei ihrer Ausstrahlung die nationalen
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Einschaltquotenrekorde. True crime ist eben nicht erst seit Streaming und Podcasts in Mode.
Folge 48 von "Crime Patrol" behandelte ebenfalls einen Fall, den fast jeder in Indien kennt: eine Reihe von Kindesentführungen in einem Armenviertel. Sie ereigneten sich 2006 in der Industrieplanstadt Noida in Nordindien und bilden auch die Grundlage für den Debütroman "Die Detektive vom Bhoot-Basar" von Deepa Anappara. Auf den ersten Seiten liest sich das Buch noch wie ein Detektivabenteuer: Drei Kinder versuchen auf eigene Faust Hinweise über Verbleib der Verschleppten zu finden. Aber das ist nur ein Trick der Autorin, um die Lesenden tief in die Gänge des Bhoot-Basars zu führen und dann ein detailverliebtes Gemälde der Lebenswelt der ärmsten Klasse Indiens zu präsentieren.
Die Geschichte wird aus der Sicht des sechsjährigen Jai erzählt. Zu Beginn leidet er an den gleichen Problemen, an denen fast alle Schulkinder seines Alters leiden: Der Vater versteckt die Fernbedienung, wenn er seine Lieblingsserien schauen möchte, im Dunkeln hat er Angst, dass ein böser Dschinn ihn fressen könnte, und zum Unterricht geht er nur widerwillig. Gerne wäre Jai ein Meisterdetektiv, wie Byomkesh Bakshi, Sherlock Holmes oder die ehrenwerten Polizeiermittler aus dem Fernsehen. Als ein Mitschüler eines Tages verschwindet, beschließt Jai, mit seinen Freunden die Ermittlung selbst zu übernehmen.
Bestechend ist, wie die TKKG-Kinderermittlerwelt immer wieder auf die harte Erwachsenenrealität prallt: Anders als in Kinderhörspielen wie "Die drei ???" kooperieren die Erwachsenen nicht, wenn Viertklässler versuchen, sie zu befragen, meistens werden sie fortgejagt. Und ein Happy Ending ist auch nicht in Sicht: Im Bhoot-Basar passieren Verbrechen jenseits kindlicher Vorstellungskraft.
Jais Familie lebt in einem Basti. Die Viertel aus selbstgebauten Hütten an den Rändern von Metropolen haben oft kein fließendes Wasser. Hier wohnen Menschen, die als Putzkräfte für die Reichen in den abgeriegelten Apartmenttürmen mit Namen wie "Golden Gate" arbeiten und deren einzige Hoffnung auf sozialen Aufstieg heißt, dass ihre Kinder vielleicht eines Tages das Glück haben, im Callcenter einer amerikanischen Firma zu arbeiten. Anappara zeigt in ihrem Roman aber keineswegs ein Elendsdrama, sondern eine diverse Gesellschaft mit liebevoll gezeichneten Figuren: der langbärtige Fernseh-Chacha, der alte Fernsehgeräte aus den Müllhalden sammelt, oder Duttram, der Teeverkäufer, der Jai für seine Arbeit immer nur die Hälfte des Vereinbarten bezahlt, aber im Winter auch gerne Chai ausgibt.
Das Leben der Frauen im Viertel wird durch Gewalt und Willkür bestimmt, nicht nur im Alltäglichen, wenn Jais Schwester alle Aufgaben im Haus übernehmen muss, während er keinen Finger rührt. Auch die Gefahr, in der sich Frauen zu jeder Zeit allein auf der Straße befinden, ist allseits präsent. Einmal erzählen Straßenkinder im Roman Jai die Legende von Straßen-ki-Rani. Angeblich war das eine alte Frau, die den Verstand verlor und als Obdachlose verstarb, weil ihre Tochter Opfer eines Gewaltverbrechens wurde: "Die Männer brachten sie exakt an den Ort zurück, an dem sie sie entführt hatten, aber dermaßen zerfetzt, dass sie nicht mehr zusammenzuflicken war." Laut der Straßenkinder kehrt die Greisin als Ki-Rani-Geist zurück, um Frauen zu helfen, die von Männern bedroht werden. Über das grausam Realistische legt sich ein Film kindlicher Phantasie und Hoffnung: Solche Stellen finden sich immer wieder in diesem Debüt.
Anappara macht jede Häuserecke, jeden Mief von der Müllkippe, jedes Bersten von Glas in einer teilweise kopfschmerzbereitenden Synästhesie sichtbar: "Kellen kratzen in Töpfen, Metzgermesser schlagen auf Hackbretter, Rikschas und Motorroller hupen, und aus den Videospielhallen hinter schmuddeligen Vorhängen dröhnen Schießereien und Flüche." Beim Lesen kann man das Gefühl bekommen, selbst ständig über Ziegen zu stolpern und mit Teeständen zu kollidieren, während man die Gassen des Basars entlangsprintet oder sich durch Menschenmengen presst. Das kann nach einer Weile ermüden. Gerne hätte man sich mehr Zeit für die Entwicklung der drei Detektive gewünscht: Jai bleibt ein Einfaltspinsel, seine Freundin Pari, eine Streberin, die ihn zurechtweist, und Faiz der Sidekick. Aber das mindert das Staunen über ein so vielschichtiges Debüt nur wenig.
Anapparas sechsjährige Hauptfigur ist brennender Fan einer Serie namens "Police Patrol", was natürlich eine Anspielung auf "Crime Patrol" ist. In deren Folge 48 über den Fall von Noida sieht man heldenhafte Beamte, die die Familien der verschwundenen Kinder beruhigen und gewissenhaft ermitteln. In "Die Detektive vom Bhoot-Basar" nimmt ein korrupter Polizist einer verzweifelten Mutter deren Goldkette ab - ihren einzigen Wertgegenstand -, droht, das Viertel mit Bulldozern einzuebnen, und überlässt die Familie dann ihrem Schicksal. Anappara hält die Geschichte eines einfältigen Kindes im Armenviertel und die fiktive Realität von schönen, heldenhaften Beamten in der Serie gegeneinander. Das ist die Idee, des Buchs: Dass es in einer komplizierten Welt, einem Dickicht aus Smog und tiefen gesellschaftlichen Abgründen, gar nicht möglich ist, Sinn zu entdecken - und erst recht nicht ein Verbrechen so aufzuklären, wie es im Fernsehen geschieht. Trotzdem ist keine Welt ein Schreckensort, solange man sie durch die Augen eines Kinderabenteurers betrachtet.
EMELI GLASER.
Deepa Anappara: "Die Detektive vom Bhoot-Basar". Roman.
Aus dem Englischen von Roberto de Hollanda. Rowohlt Verlag, Hamburg 2020. 400 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Folge 48 von "Crime Patrol" behandelte ebenfalls einen Fall, den fast jeder in Indien kennt: eine Reihe von Kindesentführungen in einem Armenviertel. Sie ereigneten sich 2006 in der Industrieplanstadt Noida in Nordindien und bilden auch die Grundlage für den Debütroman "Die Detektive vom Bhoot-Basar" von Deepa Anappara. Auf den ersten Seiten liest sich das Buch noch wie ein Detektivabenteuer: Drei Kinder versuchen auf eigene Faust Hinweise über Verbleib der Verschleppten zu finden. Aber das ist nur ein Trick der Autorin, um die Lesenden tief in die Gänge des Bhoot-Basars zu führen und dann ein detailverliebtes Gemälde der Lebenswelt der ärmsten Klasse Indiens zu präsentieren.
Die Geschichte wird aus der Sicht des sechsjährigen Jai erzählt. Zu Beginn leidet er an den gleichen Problemen, an denen fast alle Schulkinder seines Alters leiden: Der Vater versteckt die Fernbedienung, wenn er seine Lieblingsserien schauen möchte, im Dunkeln hat er Angst, dass ein böser Dschinn ihn fressen könnte, und zum Unterricht geht er nur widerwillig. Gerne wäre Jai ein Meisterdetektiv, wie Byomkesh Bakshi, Sherlock Holmes oder die ehrenwerten Polizeiermittler aus dem Fernsehen. Als ein Mitschüler eines Tages verschwindet, beschließt Jai, mit seinen Freunden die Ermittlung selbst zu übernehmen.
Bestechend ist, wie die TKKG-Kinderermittlerwelt immer wieder auf die harte Erwachsenenrealität prallt: Anders als in Kinderhörspielen wie "Die drei ???" kooperieren die Erwachsenen nicht, wenn Viertklässler versuchen, sie zu befragen, meistens werden sie fortgejagt. Und ein Happy Ending ist auch nicht in Sicht: Im Bhoot-Basar passieren Verbrechen jenseits kindlicher Vorstellungskraft.
Jais Familie lebt in einem Basti. Die Viertel aus selbstgebauten Hütten an den Rändern von Metropolen haben oft kein fließendes Wasser. Hier wohnen Menschen, die als Putzkräfte für die Reichen in den abgeriegelten Apartmenttürmen mit Namen wie "Golden Gate" arbeiten und deren einzige Hoffnung auf sozialen Aufstieg heißt, dass ihre Kinder vielleicht eines Tages das Glück haben, im Callcenter einer amerikanischen Firma zu arbeiten. Anappara zeigt in ihrem Roman aber keineswegs ein Elendsdrama, sondern eine diverse Gesellschaft mit liebevoll gezeichneten Figuren: der langbärtige Fernseh-Chacha, der alte Fernsehgeräte aus den Müllhalden sammelt, oder Duttram, der Teeverkäufer, der Jai für seine Arbeit immer nur die Hälfte des Vereinbarten bezahlt, aber im Winter auch gerne Chai ausgibt.
Das Leben der Frauen im Viertel wird durch Gewalt und Willkür bestimmt, nicht nur im Alltäglichen, wenn Jais Schwester alle Aufgaben im Haus übernehmen muss, während er keinen Finger rührt. Auch die Gefahr, in der sich Frauen zu jeder Zeit allein auf der Straße befinden, ist allseits präsent. Einmal erzählen Straßenkinder im Roman Jai die Legende von Straßen-ki-Rani. Angeblich war das eine alte Frau, die den Verstand verlor und als Obdachlose verstarb, weil ihre Tochter Opfer eines Gewaltverbrechens wurde: "Die Männer brachten sie exakt an den Ort zurück, an dem sie sie entführt hatten, aber dermaßen zerfetzt, dass sie nicht mehr zusammenzuflicken war." Laut der Straßenkinder kehrt die Greisin als Ki-Rani-Geist zurück, um Frauen zu helfen, die von Männern bedroht werden. Über das grausam Realistische legt sich ein Film kindlicher Phantasie und Hoffnung: Solche Stellen finden sich immer wieder in diesem Debüt.
Anappara macht jede Häuserecke, jeden Mief von der Müllkippe, jedes Bersten von Glas in einer teilweise kopfschmerzbereitenden Synästhesie sichtbar: "Kellen kratzen in Töpfen, Metzgermesser schlagen auf Hackbretter, Rikschas und Motorroller hupen, und aus den Videospielhallen hinter schmuddeligen Vorhängen dröhnen Schießereien und Flüche." Beim Lesen kann man das Gefühl bekommen, selbst ständig über Ziegen zu stolpern und mit Teeständen zu kollidieren, während man die Gassen des Basars entlangsprintet oder sich durch Menschenmengen presst. Das kann nach einer Weile ermüden. Gerne hätte man sich mehr Zeit für die Entwicklung der drei Detektive gewünscht: Jai bleibt ein Einfaltspinsel, seine Freundin Pari, eine Streberin, die ihn zurechtweist, und Faiz der Sidekick. Aber das mindert das Staunen über ein so vielschichtiges Debüt nur wenig.
Anapparas sechsjährige Hauptfigur ist brennender Fan einer Serie namens "Police Patrol", was natürlich eine Anspielung auf "Crime Patrol" ist. In deren Folge 48 über den Fall von Noida sieht man heldenhafte Beamte, die die Familien der verschwundenen Kinder beruhigen und gewissenhaft ermitteln. In "Die Detektive vom Bhoot-Basar" nimmt ein korrupter Polizist einer verzweifelten Mutter deren Goldkette ab - ihren einzigen Wertgegenstand -, droht, das Viertel mit Bulldozern einzuebnen, und überlässt die Familie dann ihrem Schicksal. Anappara hält die Geschichte eines einfältigen Kindes im Armenviertel und die fiktive Realität von schönen, heldenhaften Beamten in der Serie gegeneinander. Das ist die Idee, des Buchs: Dass es in einer komplizierten Welt, einem Dickicht aus Smog und tiefen gesellschaftlichen Abgründen, gar nicht möglich ist, Sinn zu entdecken - und erst recht nicht ein Verbrechen so aufzuklären, wie es im Fernsehen geschieht. Trotzdem ist keine Welt ein Schreckensort, solange man sie durch die Augen eines Kinderabenteurers betrachtet.
EMELI GLASER.
Deepa Anappara: "Die Detektive vom Bhoot-Basar". Roman.
Aus dem Englischen von Roberto de Hollanda. Rowohlt Verlag, Hamburg 2020. 400 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Nicolas Freund lässt sich vom Chai-Duft und den bunten Hosen auf den Basars in Deepa Anapparas Roman nicht täuschen: Unter der exotischen Oberfläche, die die Autorin laut Freund mit großer Kenntnis des Lebens in den indischen Slums, aber auch der westlichen Klischees von Indien gestaltet, brodelt es. Das Besondere am Text ist für Freund zum einen die Kinderperspektive auf Armut, Polizeigewalt und den obszönen Luxus der Bessergestellten, zum anderen die Irritation, die die Lektüre verursacht, indem Anappara das Problem sexueller Gewalt gegen Kinder in Indien in der Geschichte dauernd unterschwellig präsent sein lässt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Ein atmosphärisch dichter und mitreißender Roman über das heutige Indien. 3Sat "Buchzeit" 20200315
Kein Fall nur für jugendliche Ermittler
"Die Detektive vom Bhoot-Basar" ist eine als Krimi verkleidete politische Milieustudie zu Indien
Seit siebzehn Jahren und 1300 Folgen läuft im indischen Fernsehen die Sendung "Crime Patrol". Deren Reality-Format funktioniert so: Reale Fälle von Brandstiftung, Raub und Kidnapping aus Indien werden mit niedrigem Budget und wackeliger Kamera nachgestellt. Dazwischen läuft der Moderator Anup Sari von links oder rechts ins Bild und philosophiert dabei über die Essenz des Bösen oder die Conditio humana. Einmal geht es um eine Gruppenvergewaltigung in einem Bus 2012 in Delhi, die weltweit Schlagzeilen machte. Die Folge sprengte bei ihrer Ausstrahlung die nationalen
"Die Detektive vom Bhoot-Basar" ist eine als Krimi verkleidete politische Milieustudie zu Indien
Seit siebzehn Jahren und 1300 Folgen läuft im indischen Fernsehen die Sendung "Crime Patrol". Deren Reality-Format funktioniert so: Reale Fälle von Brandstiftung, Raub und Kidnapping aus Indien werden mit niedrigem Budget und wackeliger Kamera nachgestellt. Dazwischen läuft der Moderator Anup Sari von links oder rechts ins Bild und philosophiert dabei über die Essenz des Bösen oder die Conditio humana. Einmal geht es um eine Gruppenvergewaltigung in einem Bus 2012 in Delhi, die weltweit Schlagzeilen machte. Die Folge sprengte bei ihrer Ausstrahlung die nationalen
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Einschaltquotenrekorde. True crime ist eben nicht erst seit Streaming und Podcasts in Mode.
Folge 48 von "Crime Patrol" behandelte ebenfalls einen Fall, den fast jeder in Indien kennt: eine Reihe von Kindesentführungen in einem Armenviertel. Sie ereigneten sich 2006 in der Industrieplanstadt Noida in Nordindien und bilden auch die Grundlage für den Debütroman "Die Detektive vom Bhoot-Basar" von Deepa Anappara. Auf den ersten Seiten liest sich das Buch noch wie ein Detektivabenteuer: Drei Kinder versuchen auf eigene Faust Hinweise über Verbleib der Verschleppten zu finden. Aber das ist nur ein Trick der Autorin, um die Lesenden tief in die Gänge des Bhoot-Basars zu führen und dann ein detailverliebtes Gemälde der Lebenswelt der ärmsten Klasse Indiens zu präsentieren.
Die Geschichte wird aus der Sicht des sechsjährigen Jai erzählt. Zu Beginn leidet er an den gleichen Problemen, an denen fast alle Schulkinder seines Alters leiden: Der Vater versteckt die Fernbedienung, wenn er seine Lieblingsserien schauen möchte, im Dunkeln hat er Angst, dass ein böser Dschinn ihn fressen könnte, und zum Unterricht geht er nur widerwillig. Gerne wäre Jai ein Meisterdetektiv, wie Byomkesh Bakshi, Sherlock Holmes oder die ehrenwerten Polizeiermittler aus dem Fernsehen. Als ein Mitschüler eines Tages verschwindet, beschließt Jai, mit seinen Freunden die Ermittlung selbst zu übernehmen.
Bestechend ist, wie die TKKG-Kinderermittlerwelt immer wieder auf die harte Erwachsenenrealität prallt: Anders als in Kinderhörspielen wie "Die drei ???" kooperieren die Erwachsenen nicht, wenn Viertklässler versuchen, sie zu befragen, meistens werden sie fortgejagt. Und ein Happy Ending ist auch nicht in Sicht: Im Bhoot-Basar passieren Verbrechen jenseits kindlicher Vorstellungskraft.
Jais Familie lebt in einem Basti. Die Viertel aus selbstgebauten Hütten an den Rändern von Metropolen haben oft kein fließendes Wasser. Hier wohnen Menschen, die als Putzkräfte für die Reichen in den abgeriegelten Apartmenttürmen mit Namen wie "Golden Gate" arbeiten und deren einzige Hoffnung auf sozialen Aufstieg heißt, dass ihre Kinder vielleicht eines Tages das Glück haben, im Callcenter einer amerikanischen Firma zu arbeiten. Anappara zeigt in ihrem Roman aber keineswegs ein Elendsdrama, sondern eine diverse Gesellschaft mit liebevoll gezeichneten Figuren: der langbärtige Fernseh-Chacha, der alte Fernsehgeräte aus den Müllhalden sammelt, oder Duttram, der Teeverkäufer, der Jai für seine Arbeit immer nur die Hälfte des Vereinbarten bezahlt, aber im Winter auch gerne Chai ausgibt.
Das Leben der Frauen im Viertel wird durch Gewalt und Willkür bestimmt, nicht nur im Alltäglichen, wenn Jais Schwester alle Aufgaben im Haus übernehmen muss, während er keinen Finger rührt. Auch die Gefahr, in der sich Frauen zu jeder Zeit allein auf der Straße befinden, ist allseits präsent. Einmal erzählen Straßenkinder im Roman Jai die Legende von Straßen-ki-Rani. Angeblich war das eine alte Frau, die den Verstand verlor und als Obdachlose verstarb, weil ihre Tochter Opfer eines Gewaltverbrechens wurde: "Die Männer brachten sie exakt an den Ort zurück, an dem sie sie entführt hatten, aber dermaßen zerfetzt, dass sie nicht mehr zusammenzuflicken war." Laut der Straßenkinder kehrt die Greisin als Ki-Rani-Geist zurück, um Frauen zu helfen, die von Männern bedroht werden. Über das grausam Realistische legt sich ein Film kindlicher Phantasie und Hoffnung: Solche Stellen finden sich immer wieder in diesem Debüt.
Anappara macht jede Häuserecke, jeden Mief von der Müllkippe, jedes Bersten von Glas in einer teilweise kopfschmerzbereitenden Synästhesie sichtbar: "Kellen kratzen in Töpfen, Metzgermesser schlagen auf Hackbretter, Rikschas und Motorroller hupen, und aus den Videospielhallen hinter schmuddeligen Vorhängen dröhnen Schießereien und Flüche." Beim Lesen kann man das Gefühl bekommen, selbst ständig über Ziegen zu stolpern und mit Teeständen zu kollidieren, während man die Gassen des Basars entlangsprintet oder sich durch Menschenmengen presst. Das kann nach einer Weile ermüden. Gerne hätte man sich mehr Zeit für die Entwicklung der drei Detektive gewünscht: Jai bleibt ein Einfaltspinsel, seine Freundin Pari, eine Streberin, die ihn zurechtweist, und Faiz der Sidekick. Aber das mindert das Staunen über ein so vielschichtiges Debüt nur wenig.
Anapparas sechsjährige Hauptfigur ist brennender Fan einer Serie namens "Police Patrol", was natürlich eine Anspielung auf "Crime Patrol" ist. In deren Folge 48 über den Fall von Noida sieht man heldenhafte Beamte, die die Familien der verschwundenen Kinder beruhigen und gewissenhaft ermitteln. In "Die Detektive vom Bhoot-Basar" nimmt ein korrupter Polizist einer verzweifelten Mutter deren Goldkette ab - ihren einzigen Wertgegenstand -, droht, das Viertel mit Bulldozern einzuebnen, und überlässt die Familie dann ihrem Schicksal. Anappara hält die Geschichte eines einfältigen Kindes im Armenviertel und die fiktive Realität von schönen, heldenhaften Beamten in der Serie gegeneinander. Das ist die Idee, des Buchs: Dass es in einer komplizierten Welt, einem Dickicht aus Smog und tiefen gesellschaftlichen Abgründen, gar nicht möglich ist, Sinn zu entdecken - und erst recht nicht ein Verbrechen so aufzuklären, wie es im Fernsehen geschieht. Trotzdem ist keine Welt ein Schreckensort, solange man sie durch die Augen eines Kinderabenteurers betrachtet.
EMELI GLASER.
Deepa Anappara: "Die Detektive vom Bhoot-Basar". Roman.
Aus dem Englischen von Roberto de Hollanda. Rowohlt Verlag, Hamburg 2020. 400 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Folge 48 von "Crime Patrol" behandelte ebenfalls einen Fall, den fast jeder in Indien kennt: eine Reihe von Kindesentführungen in einem Armenviertel. Sie ereigneten sich 2006 in der Industrieplanstadt Noida in Nordindien und bilden auch die Grundlage für den Debütroman "Die Detektive vom Bhoot-Basar" von Deepa Anappara. Auf den ersten Seiten liest sich das Buch noch wie ein Detektivabenteuer: Drei Kinder versuchen auf eigene Faust Hinweise über Verbleib der Verschleppten zu finden. Aber das ist nur ein Trick der Autorin, um die Lesenden tief in die Gänge des Bhoot-Basars zu führen und dann ein detailverliebtes Gemälde der Lebenswelt der ärmsten Klasse Indiens zu präsentieren.
Die Geschichte wird aus der Sicht des sechsjährigen Jai erzählt. Zu Beginn leidet er an den gleichen Problemen, an denen fast alle Schulkinder seines Alters leiden: Der Vater versteckt die Fernbedienung, wenn er seine Lieblingsserien schauen möchte, im Dunkeln hat er Angst, dass ein böser Dschinn ihn fressen könnte, und zum Unterricht geht er nur widerwillig. Gerne wäre Jai ein Meisterdetektiv, wie Byomkesh Bakshi, Sherlock Holmes oder die ehrenwerten Polizeiermittler aus dem Fernsehen. Als ein Mitschüler eines Tages verschwindet, beschließt Jai, mit seinen Freunden die Ermittlung selbst zu übernehmen.
Bestechend ist, wie die TKKG-Kinderermittlerwelt immer wieder auf die harte Erwachsenenrealität prallt: Anders als in Kinderhörspielen wie "Die drei ???" kooperieren die Erwachsenen nicht, wenn Viertklässler versuchen, sie zu befragen, meistens werden sie fortgejagt. Und ein Happy Ending ist auch nicht in Sicht: Im Bhoot-Basar passieren Verbrechen jenseits kindlicher Vorstellungskraft.
Jais Familie lebt in einem Basti. Die Viertel aus selbstgebauten Hütten an den Rändern von Metropolen haben oft kein fließendes Wasser. Hier wohnen Menschen, die als Putzkräfte für die Reichen in den abgeriegelten Apartmenttürmen mit Namen wie "Golden Gate" arbeiten und deren einzige Hoffnung auf sozialen Aufstieg heißt, dass ihre Kinder vielleicht eines Tages das Glück haben, im Callcenter einer amerikanischen Firma zu arbeiten. Anappara zeigt in ihrem Roman aber keineswegs ein Elendsdrama, sondern eine diverse Gesellschaft mit liebevoll gezeichneten Figuren: der langbärtige Fernseh-Chacha, der alte Fernsehgeräte aus den Müllhalden sammelt, oder Duttram, der Teeverkäufer, der Jai für seine Arbeit immer nur die Hälfte des Vereinbarten bezahlt, aber im Winter auch gerne Chai ausgibt.
Das Leben der Frauen im Viertel wird durch Gewalt und Willkür bestimmt, nicht nur im Alltäglichen, wenn Jais Schwester alle Aufgaben im Haus übernehmen muss, während er keinen Finger rührt. Auch die Gefahr, in der sich Frauen zu jeder Zeit allein auf der Straße befinden, ist allseits präsent. Einmal erzählen Straßenkinder im Roman Jai die Legende von Straßen-ki-Rani. Angeblich war das eine alte Frau, die den Verstand verlor und als Obdachlose verstarb, weil ihre Tochter Opfer eines Gewaltverbrechens wurde: "Die Männer brachten sie exakt an den Ort zurück, an dem sie sie entführt hatten, aber dermaßen zerfetzt, dass sie nicht mehr zusammenzuflicken war." Laut der Straßenkinder kehrt die Greisin als Ki-Rani-Geist zurück, um Frauen zu helfen, die von Männern bedroht werden. Über das grausam Realistische legt sich ein Film kindlicher Phantasie und Hoffnung: Solche Stellen finden sich immer wieder in diesem Debüt.
Anappara macht jede Häuserecke, jeden Mief von der Müllkippe, jedes Bersten von Glas in einer teilweise kopfschmerzbereitenden Synästhesie sichtbar: "Kellen kratzen in Töpfen, Metzgermesser schlagen auf Hackbretter, Rikschas und Motorroller hupen, und aus den Videospielhallen hinter schmuddeligen Vorhängen dröhnen Schießereien und Flüche." Beim Lesen kann man das Gefühl bekommen, selbst ständig über Ziegen zu stolpern und mit Teeständen zu kollidieren, während man die Gassen des Basars entlangsprintet oder sich durch Menschenmengen presst. Das kann nach einer Weile ermüden. Gerne hätte man sich mehr Zeit für die Entwicklung der drei Detektive gewünscht: Jai bleibt ein Einfaltspinsel, seine Freundin Pari, eine Streberin, die ihn zurechtweist, und Faiz der Sidekick. Aber das mindert das Staunen über ein so vielschichtiges Debüt nur wenig.
Anapparas sechsjährige Hauptfigur ist brennender Fan einer Serie namens "Police Patrol", was natürlich eine Anspielung auf "Crime Patrol" ist. In deren Folge 48 über den Fall von Noida sieht man heldenhafte Beamte, die die Familien der verschwundenen Kinder beruhigen und gewissenhaft ermitteln. In "Die Detektive vom Bhoot-Basar" nimmt ein korrupter Polizist einer verzweifelten Mutter deren Goldkette ab - ihren einzigen Wertgegenstand -, droht, das Viertel mit Bulldozern einzuebnen, und überlässt die Familie dann ihrem Schicksal. Anappara hält die Geschichte eines einfältigen Kindes im Armenviertel und die fiktive Realität von schönen, heldenhaften Beamten in der Serie gegeneinander. Das ist die Idee, des Buchs: Dass es in einer komplizierten Welt, einem Dickicht aus Smog und tiefen gesellschaftlichen Abgründen, gar nicht möglich ist, Sinn zu entdecken - und erst recht nicht ein Verbrechen so aufzuklären, wie es im Fernsehen geschieht. Trotzdem ist keine Welt ein Schreckensort, solange man sie durch die Augen eines Kinderabenteurers betrachtet.
EMELI GLASER.
Deepa Anappara: "Die Detektive vom Bhoot-Basar". Roman.
Aus dem Englischen von Roberto de Hollanda. Rowohlt Verlag, Hamburg 2020. 400 S., geb., 24,- [Euro].
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Ein gleichzeitig unterhaltsamer und tragischer Roman, der die Wirklichkeit von Arm und Reich im heutigen Indien widerspielgelt. Jai - ein kleiner Junge - und seine Freunde leben im Slum neben dem Bhoot Basar. Immer wieder verschwinden Kinder. Die Polizei interessiert sich nur für …
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Ein gleichzeitig unterhaltsamer und tragischer Roman, der die Wirklichkeit von Arm und Reich im heutigen Indien widerspielgelt. Jai - ein kleiner Junge - und seine Freunde leben im Slum neben dem Bhoot Basar. Immer wieder verschwinden Kinder. Die Polizei interessiert sich nur für Bestechungsgelder und krümmt ansonsten keinen Finger. Also versuchen die Kinder selber, das Verschwinden ihrer Freunde aufzuklären.
Die Autorin entfaltet die bedrückende Lebenswirklichkeit der Armen im heutigen Indien, prekäres Leben von der Hand in den Mund, von den Reichen in den Wohntürmen nebenan nach Belieben ausgebeutet, von der Polizei bestenfalls ignoriert, durch eine schlechte Ausbildung und die Notwendigkeit, früh Geld zu verdienen, um Lebenschancen gebracht.
Da die Autorin die Geschichte aus der Perspektive eines Kindes schildern lässt, bekommt der Leser ein Mosaik vorgesetzt, das er nach und nach selber zusammenstellen muss, um einen Überblick zu bekommen - und so gibt es auch viele lustige Momente im Text, der - aus einer "erwachsenen Perspektive" erzählt, wohl um einiges tragischer ausgefallen wäre.
Sehr spannend und informativ!
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Das Buch "Die Detektive vom Bhoot-Basar" von Deepa Anappara ist bei Rowohlt erschienen und hat einen Umfang von 400 Seiten.
Das Hörbuch hat eine ungekürzte Länge von 11 Stunden und 13 Minuten. Der Hörbuchsprecher hat eine sehr angenehme, passende Stimme.
Das Werk …
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Das Buch "Die Detektive vom Bhoot-Basar" von Deepa Anappara ist bei Rowohlt erschienen und hat einen Umfang von 400 Seiten.
Das Hörbuch hat eine ungekürzte Länge von 11 Stunden und 13 Minuten. Der Hörbuchsprecher hat eine sehr angenehme, passende Stimme.
Das Werk ist als Ebook und als Hardcover, sowie als Hörbuch erhältlich.
Als ein Freund verschwindet versuchen einige Kinder Detektivarbeit zu übernehmen und wagen sich sogar auf den Bhoot-Basar und immer tiefer in die verbotenen Viertel der Stadt.
Die Geschichte ist wie ein Krimi aufgemacht, aber hauptsächlich doch sehr sozialkritisch. Es spiegelt die Gefahren und das Leben der Kinder im armen Indien. Die Umweltverschmutzung, Kinderarbeit, Kinderhandel und mehr sind dort an der Tagesordnung. Man kann es sich kaum vorstellen, aber das Buch ist so authentisch und atmosphärisch verfasst, dass man denkt man wäre dort. Auch wenn die indischen Bezeichnungen und Namen etwas verwirren können, ist die Geschichte von Anfang bis Ende sehr spannend und emotional mitreißend. Ein sehr interessantes Werk welches zum Nachdenken anregt und Indien von seiner düsteren Seite zeigt.
Fazit: Ein sehr authentisches, atmosphärisches, mitreißendes und spannendes Werk, welches Indien von seiner düsteren Seite zeigt. Leseempfehlung!
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Der neunjährige Jai lebt, zusammen mit seinen Eltern und seiner großen Schwester Runu, in einem Elendsviertel am Rande einer nordindischen Stadt. Während seine Familie nur eine illegale Hütte mit einem Raum und einem Bett bewohnt, Wasser von einem Wasserhahn mitten im Basti …
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Der neunjährige Jai lebt, zusammen mit seinen Eltern und seiner großen Schwester Runu, in einem Elendsviertel am Rande einer nordindischen Stadt. Während seine Familie nur eine illegale Hütte mit einem Raum und einem Bett bewohnt, Wasser von einem Wasserhahn mitten im Basti geholt werden muss, die Familie selbst zum Waschen (mit kaltem Wasser!) und zum Toilettengang anstehen muss und meist nur Geld für täglichen Reis mit Linsen da ist, sind die Hochhäuser der oberen Mittelschicht in Sichtweite. Als der gleichaltrige Bahadur verschwindet, ernennt Jai, der großer Liebhaber von Fernsehserien wie "Police Patrol" ist, sich zum Detektiv und beginnt mit seinen Freunden Pari und Faiz zu ermitteln. Verbotenerweise streunen die Kinder durch den Bhoot-Basar mit seinen vielfältigen Geschäften. Doch immer mehr Kinder verschwinden, und trotz immer größer werdender Ausflüge beginnt den Kindern die SAche über den Kopf zu wachsen - während die Polizei untätig bleibt ...
Deepa Anappara, aufgewachsen in Indien, und als Journalistin intensiv mit dem Leben der Armenkinder auseinandergesetzt, ist mit ihrem Debütroman ein brillianter Roman aus dem heutigen Indien gelungen, der den Leser tief in seinen Bann zieht.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des neunjährigen Jais, der unaufgeregt und eben aus der Sichtweise eines Kindes erzählt. Voller Details wirkt sein Bericht absolut authentisch und vermittelt einen tiefen Blick in den Alltag, das Alltagsleben und das Verschwinden der Kinder; meiner Meinung nach viel berührender, als ein auktoriale Erzählperspektive es erreichen könnte.Durch die Sprache, die insgesamt, neben den indischen Eigennamen, sehr viele indische Wörter (die in einem Glossar am Ende des Buches übersetzt bzw. erklärt werden), wird die Authentizität verstärkt. Ergänzt wird Jais Sicht durch kurze Einschübe eines personalen Erzählers über die letzten Erlebnisse der Verschwundenen und Mythen und Legenden, die den Kindern Hoffnung verleihen sollen. Bei aller Schwere der Themen beherrscht die Autorin eine hervorragende Erzählkunst, die die Dramatik abfedert, ohne sie vergessen zu machen.
Die Figuren sind perfekt ausgearbeitet, mehrdimensional und werden sofort zum Leben erweckt. Noch mehr als der Erzähler Jai selbst ist mir seine patente, kluge Freundin Pari ans Herz gewachsen, die intelligent und strebsam ihren Weg geht. Interessanterweise schreibt Anappara insgesamt sehr viel von starken Frauen, die häufig den Männern überlegen sind.
Auch, wenn der Titel des Buches, das Verschwinden der Kinder und die Detektivarbeit der Kinder vielleicht anderes vermuten lassen, handelt es sich bei "Die Detektive vom Bhoot-Basar" keinesfalls um einen Krimi, denn die Aufklärung spielt eine eher untergeordnete Rolle und die Spannung ist nur eingeschränkt vorhanden. Dagegen vielmehr im Vordergrund steht die Erzählung von dem wahren Leben im heutigen Indien, seinen Widersprüchen, den sozialen und religiösen Spannungen zwischen Hindus und Moslems, Korruption und Ungerechtigkeiten, aber auch von der Freundschaft der Kinder, ihrer Fantasie und ihrer Unschuld. Wenn die Autorin im Nachwort kundtut, dass es ihr ein großes Bedürfnis war zu zeigen, dass auch oder gerade diese Elends-Kinder frech, witzig, selbstbewusst und voller Energie und Träume sind, so ist dieses ihr großartig gelungen.
So darf der Leser auch nicht mit einer vollumfänglichen Aufklärung des Verschwindens der Kinder und Verurteilung der Täter rechnen. Das Ende, das ich als einzig richtiges empfunden habe, und das mich voller tiefer Gefühle und Gedanken zurücklässt, ist ein offenes - wie eben auch die Zukunft der Kinder und des Bastis.
Für mich ist dieses Buch ein wahres Highlight, das ich jedem Leser ans Herz legen möchte - und es lässt mich in Demut zurück und dem Gefühl, in einem Paradies leben zu dürfen!
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Das wahre Indien
In diesem Roman lernen wir Jai und seine Freunde kennen. Wir begleiten die Kinder durch ihr Leben im Slum, welches sie ganz selbstverständlich und mit viel Hingabe meistern. Ihr "geregeltes" Leben gerät aus den Fugen, als ein Mitschüler aus ihrer Klasse …
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Das wahre Indien
In diesem Roman lernen wir Jai und seine Freunde kennen. Wir begleiten die Kinder durch ihr Leben im Slum, welches sie ganz selbstverständlich und mit viel Hingabe meistern. Ihr "geregeltes" Leben gerät aus den Fugen, als ein Mitschüler aus ihrer Klasse verschwindet und Jai (der Polizei-Dokus liebt) beschließt sich gemeinsam mit seinen Freunden Pari und Faiz als Detektive zu versuchen um den verschwundenen Jungen zu finden. Doch dann verschwinden immer mehr Kinder in dem Viertel.
Nachdem ich dieses Buch gelesen habe musste ich erst einmal ein wenig durchatmen. Es ist ein grandioses Buch und es wühlt ganz fürchterlich auf. Man steigt von Beginn an direkt ein in eine Welt, in der es um das tägliche Überleben geht. Man erfährt, was es bedeutet in einem Slum in Indien zu leben. Es ist ein lautes, turbulentes, manchmal graues, manchmal buntes, aber auch ein rastloses Dasein, da jeder Tag neue Herausforderungen mit sich bringt. Diese Welt wird aus der Sicht eines Kindes betrachtet. Durch diese Kinderaugen wirkt zunächst alles, was jedem Menschen der in sicheren Verhältnissen aufwachsen durfte erschreckend scheint, wie ein riesiger Abenteuerspielplatz. Jai scheint blind für die Gefahren seiner Umgebung, was den erwachsenen Leser manchmal vor Angst erstarren lässt.
Die Autorin beschreibt auf eine ganz eigene und besondere Weise die vielen Gegensätze, die das Leben in Indien ausmacht. Armut und Reichtum werden genauso Teil dieser Geschichte, wie Konflikte zwischen unterschiedlichen Religionen, korrupte Staatsbeamte usw. Eine Welt und ein Leben, was den Leser immer wieder die Luft anhalten lässt und darüber staunen lässt, wie unbedarft sich die Kinder in dieser Welt bewegen.
Dieser Roman war für mich beinahe wie ein Krimi, da immer mehr Kinder verschwinden und man mit den Kindern und Familien der Lösung des Rätsels entgegngefiebert. Das Buch ist spannend bis zum Schluss.
Ein leise geschriebenes Buch, dass einem die Augen öffnet, sensibel macht für Missstände, das einen Lachen und Schmuzeln lässt und mich zuftiefst bewegt, berührt und schockiert zurücklässet. Ich werde noch lange über diese Geschichte nachdenken!
Eine klare Leseempfehlung!!
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Die Detektive vom Bhoot-Basar
Ein Roman im Hardcover von Deepa Anappara mit 400 Seiten und diversen Überschriften, erschienen am 09.03.2020 im Rowohlt-Verlag
Zum Inhalt:
Die indische Autorin Deepa Anappara schreibt in ihrem Buch eine wirklich interessante Geschichte. Es handelt von …
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Die Detektive vom Bhoot-Basar
Ein Roman im Hardcover von Deepa Anappara mit 400 Seiten und diversen Überschriften, erschienen am 09.03.2020 im Rowohlt-Verlag
Zum Inhalt:
Die indische Autorin Deepa Anappara schreibt in ihrem Buch eine wirklich interessante Geschichte. Es handelt von verschwundenen Kindern in Indien. Ihr Protagonist ist der neunjährige Jai, der ein eifriger Leser von Detektivgeschichten ist und dadurch glaubt, besser als seine Freunde zu sein. Dem Leser werden die Kinder aus den Armenvierteln Indiens vorgestellt.
Sie schreibt, daß sogar täglich 180 Kinder verschwinden. Eigentlich eine Schande für die heutige Zeit.
Eines Tages verschwindet der Klassenkamerad und Jai, der Gewiefte, nimmt mit seinen drei Mitschülern die Suche nach ihm auf...
Fazit:
Die Autorin hat selbst in Indien als Journalistin direkt in den Armutsvierteln gearbeitet, so daß ihre Recherchen authentisch rüberkommen.
Ihr Schreibstil ist flüssig und gut lesbar.
Die Spannung baut sich langsam auf und steigert sich.
Die Polizei, die eigentlich für öffentliche Ordnung sorgen soll, ist korrupt und schaut weg.
Gut finde ich, daß für den Leser am Ende des Buches im Glossar die indischen Wörter in Deutsch erklärt werden.
Eine wahre Begebenheit hat Deepa Anappara inspiriert, uns die ebenso bunte, warme aber auch tragische und geheimnisvolle Welt Indiens aufzuzeigen. Wirklich aufregend bis zum Schluss.
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