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Eines flirrend heißen Nachmittags verschwindet der 19-jährige Felix spurlos. Zurück bleiben seine Mutter, seine Schwester und sein bester Freund Paul. Jeder hat eine eigene Version von diesem Tag, nach dem nichts mehr so ist wie zuvor. Zehn Jahre später taucht Felix plötzlich wieder auf. Aber ist der Mann, der sich Ira Blixen nennt, wirklich der Vermisste? Ein packendes Vexierspiel um Realität, Identität und Sehnsucht und um die Frage, wie sich über die Leerstelle sprechen lässt, die das Verschwinden eines Menschen in die Leben seiner Nächsten sprengt.

Produktbeschreibung
Eines flirrend heißen Nachmittags verschwindet der 19-jährige Felix spurlos. Zurück bleiben seine Mutter, seine Schwester und sein bester Freund Paul. Jeder hat eine eigene Version von diesem Tag, nach dem nichts mehr so ist wie zuvor. Zehn Jahre später taucht Felix plötzlich wieder auf. Aber ist der Mann, der sich Ira Blixen nennt, wirklich der Vermisste? Ein packendes Vexierspiel um Realität, Identität und Sehnsucht und um die Frage, wie sich über die Leerstelle sprechen lässt, die das Verschwinden eines Menschen in die Leben seiner Nächsten sprengt.
Autorenporträt
Katharina Hartwell, 1984 geboren, studierte Anglistik und Amerikanistik sowie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Sie war u.a. Gewinnerin des MDR-Literaturpreises und Stipendiatin des Landes Hessen und des Freistaates Sachsen. 2013 war sie die Sylter Inselschreiberin. Ihr erster Roman »Das Fremde Meer« wurde begeistert aufgenommen und mit dem Hallertauer Debütpreis und dem Förderpreis für phantastische Literatur Seraph ausgezeichnet. 2015 erschien ihr Roman »Der Dieb in der Nacht«. Sie lebt in Berlin.
Rezensionen
»Ich habe knietief in diesem Buch gesteckt, gefühlt, was Paul gefühlt hat, wenn er Blixen angesehen hat, und ihm und auch Louise von Herzen gewünscht, dass sich alles aufklärt und gut wird. In jedem Fall hat sie hier ein Buch geschaffen, auf das man sich in Ruhe einlassen muss - einfach so zwischen Tür und Angel runter lesen wird ihm nicht gerecht.« licentiapoeticae.blogspot.de 20160312

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.12.2015

Gegenwartsgespenster
Katharina Hartwells Roman „Der Dieb in der Nacht“
Es ist die klassische „Ich geh’ mal eben Zigaretten holen“- oder „Ich bring’ mal schnell den Müll runter“-Situation. In diesem Fall ist es eine Flasche Cola, die sich der 19-jährige Felix Heller an der Tankstelle holen will. Es ist ein heller Spätsommertag; Felix ist mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem besten Freund Paul im Wochenendhaus der Familie, irgendwo auf dem Land im Umkreis von Berlin. Er bricht also zur Tankstelle auf – und kommt nicht wieder. Das ist die Ausgangssituation von Katharina Hartwells neuem, ihrem zweiten Roman „Der Dieb in der Nacht“: Ein traumatisches Erlebnis; ein Loch, das sich in das Leben aller Beteiligten gebohrt hat und seitdem, wie sich herausstellen wird, nie wieder aufgefüllt werden konnte.
  „Der Dieb in der Nacht“ ist kein Krimi, sondern eine Gespenstergeschichte aus der Jetztzeit. Zehn Jahre nach Felix’ Verschwinden glaubt Paul, seinen verschollenen Freund in einer Prager Kellerbar wiedergefunden zu haben. Allerdings sieht jener geheimnisvolle Mann, der sich Blixen nennt, mit Ausnahme eines Muttermals am Handgelenk Felix nicht im Geringsten ähnlich, im Gegenteil: „Sein Gesicht ist hager, der Kiefer schmal; sein breiter Mund scheint aus der Haut zu brechen, was ihn hungrig aussehen lässt oder so, als hätte man ihn geprügelt. Nicht nur, dass der Fremde Felix nicht ähnelt, er sieht aus wie sein Gegenteil, eine Umkehrung.“ Und trotzdem hegt Paul keine Zweifel an Blixens wahrer Identität, zumal dieser eine mysteriöse Geschichte erzählt: Vor fünf Jahren habe man ihn aus der Moldau herausgefischt, ohne Papiere und ohne Erinnerung. Ein weiteres Indiz, durch das Paul sich bestätigt sieht. Blixen ist ein Mensch ohne Vergangenheit und damit die ideale Projektionsfläche.
  Das klingt einigermaßen abstrus. Doch Katharina Hartwell hat sich schon in ihrem Debütroman „Das fremde Meer“ (2013) als eine Autorin erwiesen, die mit dem Realismusanspruch ihrer deutschsprachigen Generationskollegen wenig anfangen kann. Hartwell sucht das Dunkle, das Unheimliche, das Surreale, und sie bedient sich dabei einer Sprache, die an den Tonfall des Märchens angelehnt ist, ohne jedoch die Brücken zur Gegenwart abzubrechen. Blixen (der Name ist kein Zufall; dem Roman ist ein Zitat aus Tania Blixens Erzählung „Gespensterpferde“ vorangestellt) saugt sich wie ein Vampir an das Leben von Paul, Felix’ Schwester Louise und deren Mutter Agnes an. Kurz nach Pauls Rückkehr aus Prag steht Blixen vor Pauls Wohnungstür in Berlin. Er nistet sich ein, er macht sich breit. Er wird stärker, machtvoller, während allen anderen der Alltag zusehends aus den Händen gleitet. Blixen, der als Künstler Skulpturen aus Knochen erschafft, ist ein dunkles Spiegelbild, in dem Ängste und Sehnsüchte erkennbar werden.
  Katharina Hartwell spielt bewusst und gekonnt mit Versatzstücken aus Horrorromanen und dem Gothic-Genre. Doch hinter dieser pittoresken Fassade wirft „Der Dieb in der Nacht“ grundsätzliche Fragen auf: Inwieweit sind traumatisierte Menschen bereit und empfänglich für eine elementare Selbsttäuschung? Und: Wie gut kennt man eigentlich tatsächlich einen Menschen, wenn man ihn tagtäglich sieht? In einem zweiten Handlungsstrang erzählt „Der Dieb in der Nacht“ von Pauls und Felix’ Freundschaft, die seit ihrem Anfang in der sechsten Schulklasse etwas Rätselhaftes an sich hatte. Was die beiden zusammengehalten und aneinandergebunden hat, ist sowohl eine homoerotische Spannung als auch ein untergründiger Energiestrom. Um Grenzüberschreitungen, um den Wunsch, sich in das Leben anderer einzuschleichen, geht es auch hier.
  Die Idee zu ihrem Roman kam Katharina Hartwell beim Betrachten des Dokumentarfilms „Der Blender“. Der Film handelt von einem Jungen, der im Alter von 13 Jahren aus Texas verschwindet und dessen Eltern drei Jahre später einen jungen Mann als ihren wiedergekehrten Sohn akzeptieren, obwohl dieser keine Ähnlichkeit mit dem Verschwundenen aufweist. Der Film entlarvt den jungen Mann als Betrüger. Hartwell ist klug genug, sich selbst und dem Leser alle Möglichkeiten offenzulassen. Das macht ihren Roman umso beunruhigender.
CHRISTOPH SCHRÖDER
        
Katharina Hartwell: Der Dieb in der Nacht. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2015. 320 Seiten, 20 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Der Roman spielt geschickt
mit Genre-Zitaten, um den Leser
gezielt in die Irre zu führen
Katharina Hartwell, geboren 1984 in Köln, studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Ihr erster Roman „Das fremde Meer“ wurde mehrfach ausgezeichnet.
Foto: Tobias Bohm
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