Carson McCullers
Buch
Das Herz ist ein einsamer Jäger
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Produktdetails
- Verlag: Diogenes
- ISBN-13: 9783257229134
- Artikelnr.: 24752179
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»Jeder sollte Carson McCullers lesen.« Frankfurter Allgemeine Zeitung Frankfurter Allgemeine Zeitung
Georgia, eine triste Kleinstadt im Jahr 1939. Das Leben ist geprägt von Rassismus, Armut und Hoffnungslosigkeit. Die Menschen rackern sich 50, 60 und mehr Stunden die Woche ab, um ihr tägliches Überleben zu sichern. Inmitten dieser Trostlosigkeit treffen wir auf fünf Personen, …
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Georgia, eine triste Kleinstadt im Jahr 1939. Das Leben ist geprägt von Rassismus, Armut und Hoffnungslosigkeit. Die Menschen rackern sich 50, 60 und mehr Stunden die Woche ab, um ihr tägliches Überleben zu sichern. Inmitten dieser Trostlosigkeit treffen wir auf fünf Personen, die unterschiedlicher kaum sein könnten und dennoch eines gemeinsam haben: Es gibt eine Sache, an der sie mit ganzem Herzen hängen und ihr Dasein ausrichten.
Da ist Mick, ein 13jähriges Mädchen inmitten einer vielköpfigen Familie, deren ganzes Inneres nach Musik strebt. Sie komponiert kleine Stücke und Lieder und träumt von einer erfolgreichen Zukunft als Komponistin, Dirigentin.
Biff Brannon, ein sensibler Witwer der in einer lieblosen Ehe lebte und sich noch immer sehnsüchtig Kinder wünscht.
Jake Blount, unbeherrscht und voller Wut über die Ungerechtigkeit, die den meisten Menschen widerfährt. Er versucht sie wachzurütteln, sie zum Widerstand aufzurufen und dagegen zu kämpfen - doch vergeblich. Dies macht ihn noch aggressiver und immer wieder ist er gezwungen, seinen Aufenthaltsort wegen Gewalttätigkeiten zu wechseln, um einer drohenden Verurteilung zu entgehen.
Und Dr. Copeland, ein farbiger Arzt, der besessen ist von der Idee seinem Volk bessere Lebensbedingungen zu verschaffen. Auch er will wachrütteln und zum Widerstand aufrufen doch scheitert ebenfalls, selbst bei seinen Kindern.
Diese Vier glauben, in John Singer, einem Taubstummen, den einzigen Menschen gefunden zu haben, der ihr innerstes Anliegen versteht und teilt. Da er sich nicht artikulieren kann, kein Widerspruch kommt, er immer freundlich und höflich ist, interpretieren die Vier sein Verhalten als Zustimmung. Doch sie irren. Auch John Singer ist getrieben von einer Sache, die ihm alles Andere unwichtig erscheinen lässt: die Liebe zu seinem Freund Spiros. Als dieser stirbt, bringt sich John Singer um.
Mick resigniert, sie verliert ihre Liebe zur Musik. Jake verliert wieder die Beherrschung und muss die Stadt verlassen, Dr. Copeland ist schwer krank und wird von seiner Familie gepflegt. Und Biff Brannon, der noch am ehesten in sich ruht, beginnt einen neuen Tag.
Neben der gefühlvollen und dennoch sehr anschaulichen Schilderung des Lebens zu dieser Zeit, bedrückt am meisten wie einsam diese Menschen sind, obwohl sie viel gemeinsam haben. Dr. Copeland und Jake Blount verbindet im Grunde ein Ziel: Gerechtigkeit. Doch jeder verfolgt nur seinen Weg ohne die kleinste Abweichung zuzulassen - und jeder steht wieder für sich allein. Mick und Biff Brannon - er liebt Mick wie eine Tochter, wie gern würde er ihr einen Wunsch erfüllen. Doch sie hat eher Angst vor ihm und käme vermutlich im Traume nicht darauf, dass Biff ihren größten Wunsch nach einem Klavier wahr werden lassen könnte. Und auch John Singer - er ist so fixiert auf seinen Freund Spiros, den für ihn Einzigen mit dem er sich richtig (mit Händen) unterhalten kann, dass er überhaupt nicht merkt als er andere Taubstumme trifft, dass er hier sein Bedürfnis nach Kommunikation vermutlich noch viel besser stillen könnte.
Ein wirklich empfehlenswertes Buch!
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In einem ärmeren Viertel, einer nicht näher genannten Stadt des Bundesstaates Georgia im Amerika der 30er finden sich einige Außenseiter zusammen. Die 13jährige Mick hat ein großes Musiktalent, was in ihrer großen, armen Familie nicht gefördert werden kann, der …
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In einem ärmeren Viertel, einer nicht näher genannten Stadt des Bundesstaates Georgia im Amerika der 30er finden sich einige Außenseiter zusammen. Die 13jährige Mick hat ein großes Musiktalent, was in ihrer großen, armen Familie nicht gefördert werden kann, der Cafébesitzer Biff Brannon und der etwas verrückter Kommunist Jake Blount sind mit ihrem Leben nicht zufrieden und der schwarze Arzt Benedict Copeland hat sich von seiner Familie entzweit - so unterschiedlich sie auch sind, sie alle freunden sich mit dem Taubstummen John Singer an und erzählen ihm von ihren Problemen. Irgendwie fühlen sich alle bei Singer geborgen und verstanden. Leider merkt niemand, dass der Taubstumme Mann selbst auch Probleme hat und Hilfe bräuchte.
Mir gefiel sowohl die Idee des Romans, als auch die Umsetzung sehr. Das Buch ließ sich angenehm lesen und hat eine schöne Sprache. Carson McCullers Roman ist so einfühlsam geschrieben, die Ängste und die Verlorenheit der Protagonisten so anschaulich dargestellt. Wenngleich auch der Taubstumme die Hauptperson ist, so befasst sich die Autorin zu einem großen Teil mit der Ungleichbehandlung der unterschiedlichen Rassen. Die schwarzen Protagonisten erleiden allesamt Nachteile aufgrund ihrer Hautfarbe, sei es geringerer Arbeitslohn, härtere Strafen oder dass sie im Alltag schlechter behandelt werden als weiße. McCullers bedient sich dabei immer wieder diskriminierender Ausdrücke wie "Negergeruch" oder "Negerviertel", die sie sehr provokant einsetzt. Denn ihre Intention ist es, auf die Misstände der Rassendiskriminierung aufmerksam zu machen. Als das Buch 1940 erschien, wurden Afroamerikaner noch sehr viel schlechter als weiße behandelt. Besonders fasziniert hat mich, dass die Autorin das Buch bereits mit 23 geschrieben hat. Denn es ist einfach großartig und ich hätte es eher jemand reiferem zugeschrieben.
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Broschiertes Buch
Mit literarischem Widerhall
Im überschaubar kleinen Werk der früh verstorbenen US-amerikanischen Schriftstellerin Carson McCullers markiert gleich ihr 1940 erschienener Debütroman «Das Herz ist ein einsamer Jäger» den Durchbruch zum Erfolg. Sie gehört zu den …
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Mit literarischem Widerhall
Im überschaubar kleinen Werk der früh verstorbenen US-amerikanischen Schriftstellerin Carson McCullers markiert gleich ihr 1940 erschienener Debütroman «Das Herz ist ein einsamer Jäger» den Durchbruch zum Erfolg. Sie gehört zu den typischen Südstaaten-Autoren, deren Schauplätze von flirrender Hitze und armseligen Hütten geprägt sind, dem jeweiligen Sujet damit ein charakteristisches, stets präsentes Bewusstsein von Ort und Zeit unterlegend. Eine unverkennbar autobiografische Prägung findet sich ebenfalls in diesem frühen Roman, mit Themen wie einseitige Liebe, seelische Einsamkeit, Krankheit, körperliche Behinderung, und auch die Musik wird hier als sinnstiftend gezeigt, wie die Autorin selbst will eine ihrer Figuren Pianistin werden, scheitert aber an den äußeren Umständen. Schwermut allenthalben, kein heiterer Lesestoff also, aber eine zu Herzen gehende Darstellung der Absurdität menschlichen Daseins und der Bemühungen des Einzelnen, der beklemmenden Realität entgegenzuwirken.
Mit einem raffinierten Kunstgriff stellt die Autorin den taubstummen Mr. Singer ins Zentrum ihres Figurenensembles, die solcherart personifizierte Sprachlosigkeit manifestiert überdeutlich das Thema der mangelhaften menschlichen Kommunikation in ihrer Geschichte. Singer wohnt geradezu symbiotisch mit einem taubstummen Griechen zusammen, der aber verhaltensauffällig wird und dessen Vetter ihn dann aus Angst vor finanziellen Schäden, für die er aufkommen müsste, ins Irrenhaus bringt. Um den nun einsamen Singer scharen sich mit der Zeit Menschen, die ihn, der alles von den Lippen ablesen kann, als geduldigen und klugen Zuhörer schätzen, er bekommt den Status eines Weisen, um den sich diverse Mythen ranken.
Zu seinen Freunden zählt der Wirt Brannon, in dessen Café New York er täglich seine Mahlzeiten einnimmt und der nach dem Tode seiner Frau in eine seelische Leere fällt, in der sich sein Leben in schablonenhaften Abläufen nur noch in seinem Lokal abspielt. Ganz im Innersten ist bei ihm anfangs noch eine vage Sehnsucht, die Mick gilt, einem jungen Mädchen in der Pubertät, deren Einbindung in familiäre Pflichten ihrer grenzenlosen Liebe zu Musik gegenübersteht und letztendlich alle diesbezüglichen Träume scheitern lässt. Mit dem Marxisten Blount verkehrt ein versoffener Idealist in dem Café, der ebenso vergeblich gegen die schreiende Ungerechtigkeit im rigiden kapitalistischen System der USA anpredigt wie der farbige Arzt Copeland gegen die skandalöse Rassendiskriminierung. Sie alle finden sich mit ihren Problemen einzig von Singer verstanden, worin angesichts dessen Behinderung als Taubstummer ein Paradoxon zu bestehen scheint, aber nur wer geduldig zuhört, kaum mal antwortet, auch nie widerspricht, ist ein wohlgelittener, angenehmer Gesprächspartner. Als Singer Suizid begeht, nachdem er vom Tode seines griechischen Freundes erfährt, endet der Roman im dritten, epilogartigen Teil unter dem Datum 23. September 1939 wunderbar stimmig mit einem Ausblick auf das weitere Schicksal der vier übriggebliebenen Protagonisten.
Mit seiner existentialistischen Ausrichtung stellt dieser Roman eine mehr als harsche Kritik an der US-amerikanischen Gesellschaft in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts dar, geradezu ein Fanal gesellschaftlicher Ungerechtigkeit. Leider aber nicht auch gegen den Waffenwahn, wie mir auffiel, denn ungerührt wird ein Vorfall geschildert, bei dem ein kleiner Junge mit einer scharfen Waffe spielend ein Nachbarmädchen beinahe totschießt, es fehlten nur Millimeter, - im Roman ein Dummejungenstreich wie bei uns das Einschießen einer Fensterscheibe mit dem Fußball, «business as usual» sozusagen! Abgesehen davon ist dieser elegische Roman ein Fest für einfühlsame Leser, die am Ende tief betroffen vom Einblick in die innere Welt der Figuren das Buch zuklappen. Mit reichlich Stoff zum Nachdenken versehen allerdings, und genau dieser Widerhall macht ja Literatur so einmalig unter den Künsten!
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