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In ihrem ersten Geschichtenband »Damenbart« erzählt Sarah Pines von Menschen, die überall auf der Welt einer maßlosen Einsamkeit zu entkommen versuchen. Zum Beispiel von der dick und müde gewordenen Martha, die in ihrer Garage in Beverly Hills die immer gleichen Mixer und Toaster ansammelt. Oder von dem Großvater, der jeden Winter auf die Orangenlieferung vom Bremer Südfruchtgroßversand wartet, um sich seinen Erinnerungen an Afrika hinzugeben. Im Dörfchen Bouchard im Norden Frankreichs findet man die wilden Zwillinge Valle und Olympe tot und voneinander abgewendet, wie sie es nie gew...
In ihrem ersten Geschichtenband »Damenbart« erzählt Sarah Pines von Menschen, die überall auf der Welt einer maßlosen Einsamkeit zu entkommen versuchen. Zum Beispiel von der dick und müde gewordenen Martha, die in ihrer Garage in Beverly Hills die immer gleichen Mixer und Toaster ansammelt. Oder von dem Großvater, der jeden Winter auf die Orangenlieferung vom Bremer Südfruchtgroßversand wartet, um sich seinen Erinnerungen an Afrika hinzugeben. Im Dörfchen Bouchard im Norden Frankreichs findet man die wilden Zwillinge Valle und Olympe tot und voneinander abgewendet, wie sie es nie gewollt hätten, kurz nachdem ihnen die Jungfrau Maria im schürfwundenroten Mantel erschienen ist. Und Hind denkt im Gefängnis von Casablanca an die Zeit, als sie sich in eleganten Hotels heimlich mit K. getroffen hat, während Frédérique an einem blassen Wintertag einen Straßenmusiker missbraucht, um endlich wieder etwas zu spüren. Sarah Pines meistert in ihren Geschichten den Abgrund ebenso wie die Oberfläche, verknüpft den alten Glamour Hollywoods mit der griechischen Antike und Popkultur mit Baudelaire. Vor allem aber zeichnet sie so empfindsam wie gnadenlos, so humorvoll wie poetisch unsere Sehnsucht nach der Vergangenheit und unsere Hoffnung auf eine hellere Zukunft nach.
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Sarah Pines ist im Sauerland und in Bonn aufgewachsen, hat in Köln und Stanford ein Literaturwissenschaftsstudium abgeschlossen und in Düsseldorf mit einer Arbeit über Baudelaire promoviert. Heute lebt sie in New York City und schreibt als freie Journalistin für Medien wie Die Zeit, die Neue Zürcher Zeitung und Die Welt über das, was unsere Gegenwart bewegt. »Damenbart« ist ihr erster Geschichtenband.
Produktdetails
- Verlag: Schöffling
- Seitenzahl: 195
- Erscheinungstermin: 1. Februar 2022
- Deutsch
- Abmessung: 208mm x 133mm x 20mm
- Gewicht: 328g
- ISBN-13: 9783895617119
- ISBN-10: 3895617113
- Artikelnr.: 62944612
Herstellerkennzeichnung
Schöffling & Co. Verlagsbuchhandlung GmbH
Kaiserstr. 79
60329 Frankfurt am Main
+49 (069) 920787-0
Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
Angeregt gibt Dlf-Rezensent Oliver Pfohlmann die Erzählungen der Journalistin Sarah Pines wieder, die mit ihrem Geschichtenband "Damenbart" in der Literatur debütiert. Die siebzehn Texte von Shortstorys bis Erzählungen handeln von "Spezialistinnen der Einsamkeit", die sich in gescheiterten Träumen verlieren und Halt in belanglosen Liebeleien suchen, resümiert der Rezensent. Da ist zum Beispiel der Stummfilmstar, der am Übergang zum Farbfilm scheiterte und sich mit einem Sturz vom "H" der Hollywood-Hills das Leben nimmt. Ein paar stilistische Ausrutscher verzeiht Pfohlmann angesichts der dichterischen Sprache, die von "originellen Vergleichen" getragen werde, voll mit "grotesken Details" und zum Greifen nah.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Mit ihrem Geschichtenband 'Damenbart' ist Sarah Pines ein eindrucksvolles Debüt als Erzählerin geglückt.« Oliver Pfohlmann / Deutschlandfunk Büchermarkt»Sarah Pines ist eine Sammlung an Geschichten gelungen, die einen starken Sog ausüben und die Leser:innen in eine Welt voller morbider Schönheit, Melancholie und Trauer entführen.« Sinah Vonderweiden / Kulturnews
Der fast schon archaische Drang zu einem besseren, aufregenderen Anderswo
Es geht nicht um das Glück, sondern um die Sehnsucht danach, die Sehnsucht nach dem Verlorenen, Unerreichbaren. Sarah Pines Figuren sind allesamt Gestrandete, Verlorene, vom Leben Vergessene, Betrogene, Abhängige. …
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Der fast schon archaische Drang zu einem besseren, aufregenderen Anderswo
Es geht nicht um das Glück, sondern um die Sehnsucht danach, die Sehnsucht nach dem Verlorenen, Unerreichbaren. Sarah Pines Figuren sind allesamt Gestrandete, Verlorene, vom Leben Vergessene, Betrogene, Abhängige. Mit schnellen Pinselstrichen entwirft die Autorin eine ganze Welt voller Melancholie, atmosphärisch dicht, geheimnisvoll, skurril, tragisch, komisch und auch voller maroder Poesie.
Der Leser sehnt sich nach einem Fortgang der Erzählungen, möchte diese Momentaufnahmen verlängern, eine mögliche Zukunft erkennen. Aber diese ist nicht Thema, die Figuren verharren in ihrer Trauer und Erstarrung, eine Veränderung und auch Zukunft ist nicht möglich. Immer wieder möchte man einzelne Gestalten schütteln, sie auf den Boden der Realität zurückholen: Warum gestaltet ihr nicht eure Umgebung? Warum diese Passivität? Dieses Leiden und diese Opferrolle? Dieses Verharren im ewig Gestrigen? Wie Wagners Götter, die zu müde und erschöpft sind, um ihr Schicksal selbst zu formen, ertragen z.B. die Göttinnen Hollywoods das Ende ihrer Karriere, das Ende des Schwarz-Weiß-Films, suchen den echten und symbolischen Tod im Sturz vom Götterhimmel.
Die Geschichten sind extrem dicht, ohne zu sehr ins Detail zu gehen wird die jeweilige Atmosphäre in Zürich, Amerika oder Südeuropa sicher gezeichnet - die schöne, zerbrechliche Mutter, der alkoholabhängige Vater, der es zu großem Vermögen gebracht hat, der verwunderte Sohn, die verwelkende Hollywood-Diva, die depressive Ehefrau aus der amerikanischen Vorstadt, der griechische Gigolo, der sich Rettung in Deutschland erhofft, die verlorene Schlossherrin, die zur Mörderin wird - die Einsamkeit zwischen den Personen ist der rote Faden zwischen den unterschiedlichen Settings.
Das ganze Ambiente und die Stimmung sind plastisch vorstellbar und die Sprache passend, ohne große Worte, lakonisch, ganz der amerikanischen Short Story verpflichtet.
"Shania versucht ein letztes Mal, Blickkontakt herzustellen (...) Sie ist verloren. Das Geschöpf einer versinkenden Welt. Die Zukunft gehört ihr nicht und die Stiefel kneifen an den Waden."
Eine äußerst lesenswerte Sammlung von Kurzgeschichten, die einen starken Sog ausüben und in eine Welt voller morbider Schönheit, Melancholie und Trauer entführen.
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Wenig Lebensfreude auf 193 Seiten
„Manche Sterne fallen leise, manche laut und mit Feuerschweif.“ (S. 166)
Sarah Pines, Autorin verschiedenster deutschsprachiger journalistischer Medien hat ihr literarisches Debüt in Form einer Kurzgeschichtensammlung publiziert. In 17 …
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Wenig Lebensfreude auf 193 Seiten
„Manche Sterne fallen leise, manche laut und mit Feuerschweif.“ (S. 166)
Sarah Pines, Autorin verschiedenster deutschsprachiger journalistischer Medien hat ihr literarisches Debüt in Form einer Kurzgeschichtensammlung publiziert. In 17 eigenständigen Kurzgeschichten präsentiert sie uns ihr Schreibtalent.
„Draußen zog die Tonspur der Nacht vorüber, Gläserklirren irgendwo, das Geräusch von Mopeds, Frauen lachen, grölende Jugendliche, Hundegebell.“ (S. 57)
Alle Geschichten eint eine antriebslose, deprimierende Grundstimmung, die ihren Ursprung in der Vergangenheit der Protagonisten hat. Alle Charaktere hadern und es fehlt an Sinn und Perspektive. Höhst trostlos und brutal melancholisch.
Was als Gegengewicht zu dem wiederkehrenden Motiv der einsamen Frau steht, ist die stets wechselnde Perspektive: mal ein anderes Land, eine andere Zeit, ein anderes Milieu. Zu den sezierten Damen gesellt sich nur eine Ausnahme und das ist „Zugenäht“. Diese Geschichte auch mein Favorit in dieser Sammlung.
„derjenige, der am meisten schimpft, hat nicht notwendigerweise am meisten unrecht.“ (S. 83)
Spannend sind die Geschichten zu lesen, denn in jeder musss man sich sprachlich neu orientieren. Sahra Pines, studierte Literaturwissenschaftlerin spielt mit ihren Möglichkeiten. Einerseits zeichnet sie sehr raue Bilder, die zugleich aber fragil sind. Besonders interessant fand ich persönlich die fast lyrische Sprache die machen Sätze zusammenhält. Manch anderes Mal ist es die Syntax, die einen eigenwilligen Rhythmus vorgibt. Die Wortwahl auch mal karg, aber auf den Punkt. Oft stellen sich genau die unbehaglichen Gefühle ein, die die jeweiligen Geschichten transportieren.
„In der Ferne verschleierte Nebel die Unendlichkeit des irgendwann nahenden Sommers." (S. 21)
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Sie heißen Martha, Maryweather, Marlena oder Mena und es ist nicht nur derselbe Anfangsbuchstabe, der sie eint. Denn sie alle sind mittelalte bis ältere, einsame Frauen, die sowohl mit sich selbst als auch ihrem Leben nicht im Reinen zu sein scheinen. Von all diesen Frauen - und anderen …
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Sie heißen Martha, Maryweather, Marlena oder Mena und es ist nicht nur derselbe Anfangsbuchstabe, der sie eint. Denn sie alle sind mittelalte bis ältere, einsame Frauen, die sowohl mit sich selbst als auch ihrem Leben nicht im Reinen zu sein scheinen. Von all diesen Frauen - und anderen verlorenen Seelen - berichtet Sarah Pines in ihrem Geschichtenband "Damenbart".
"Damenbart" ist das literarische Debüt der gebürtigen Sauerländerin und freien Journalistin, die in New York City lebt. Ihre Kurzgeschichten sind auch deshalb stark amerikanisch geprägt, ein nicht kleiner Anteil spielt in den Vereinigten Staaten. Pines setzt darin auf eine gehörige Prise Poesie und vermischt sie mit einem lakonischen, manchmal etwas spöttischen Humor zu einer bunten Mischung, die aber nur teilweise mundet.
Zunächst einmal ist der Mut der Autorin und des Verlags Schöffling & Co. zu loben, denn es gehört schon etwas dazu, mit Kurzgeschichten zu debütieren. Das oftmals zu Unrecht unterschätzte literarische Genre ist sicherlich nicht der einfachste Weg, in der Literaturszene Fuß zu fassen. Dass Sarah Pines ihr Handwerk versteht, wird dabei sehr schnell deutlich. Ganz wunderbar spielt sie mit der Sprache, setzt in ihrer Poesie auf viele Farben, Gerüche und Geräusche. "In der Ferne verschleierte Nebel die Unendlichkeit des irgendwann nahenden Sommers", heißt es zum Beispiel in "Eisvogel", und wer sich jetzt nach Kalifornien träumt, dem sei gesagt, dass diese Geschichte in Westfalen spielt. Doch diese Schönheit wird oftmals von Hoffnungslosigkeit überlagert. "Frédérique reiste in die Hässlichkeit", heißt es eindrucksvoll in derselben Erzählung - und damit ist nicht unbedingt Westfalen gemeint. Doch nicht alle Metaphern erreichen die gleiche hohe Intensität. In "Eierschalenrot" vergisst sich jemand "im klaren Würfelwurf holunderfarbener Stille", was zwar schön klingt, aber etwas bemüht poetisch wirkt.
Doch während die Sprache mich größtenteils überzeugte, waren es eher die Figurenkonstellation und der dazugehörige Inhalt, die mich seltsam kalt ließen. Ich hatte das Gefühl, dass die Autorin sich bei ihren Figuren sowohl innerlich als auch äußerlich auf die hässlichen Dinge und Eigenschaften fokussierte. Mit leichtem Spott und nur wenig Empathie begegnet sie diesen Frauen, die doch eigentlich nur gefallen wollen. Doch weder mochte ich die Protagonistinnen verspotten, noch stellte sich eine emotionale Bindung zu ihnen ein.
Hinzu kommt, dass es in 13 der 17 Erzählungen vornehmlich um dysfunktionale Beziehungen, gescheiterte Ehen und unglückliche Affären geht, in denen auch der Sex oftmals recht explizit im Vordergrund steht. Doch während bei Dr. Sommer noch die Zärtlichkeit einen großen Raum einnahm, könnte man die Thematik dieses Bandes etwas salopp eher mit "Liebe, Sex und Einsamkeit" überschreiben, denn oftmals wollen diese Frauen ihrer Einsamkeit eben durch ihre Sexualität entfliehen - was natürlich nicht gelingt.
Am gelungensten ist "Damenbart" ausgerechnet in den Momenten, in denen die Autorin aus diesem Schema ausbricht. In "Wintersonne" erleben wir die Sehnsucht eines alten Mannes, der sich mit dem Kauf von Orangen in seine Jugend zurückträumt, doch dessen körperlicher und geistiger Verfall längst nicht mehr gestoppt werden kann - tieftraurig und bewegend. Und in der wohl stärksten Geschichte des Buches "Schweiß" finden sich die Leser:innen in einem nordfranzösischen Dorf wieder, dessen bedrohliche Sommerschwüle zu einer Jungfrauen-Sichtung mit anschließenden Todesfällen führt. Mit einem verdächtigen Eismann, toten Tauben, einer merkwürdigen Schlossherrin und einer verlassenen Ruine streift Sarah Pines hier die Genregrenzen und erinnert an eine kunstvolle Mischung aus Stephen King und Schneewittchen.
Mit "Damenbart" ist Sarah Pines ein sprachlich feines und ambitioniertes Debüt gelungen, welches das Potenzial der Autorin andeutet, aber noch nicht voll erreicht. Lesenswert ist es aber allemal.
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