Christina Walker
Gebundenes Buch
Auto
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Manchmal ist es notwendig, sein Leben völlig zu entschleunigen. Aber ist der rücksichtslose Ausstieg erlaubt, wenn man Familie hat, Kollegen, Nachbarschaft? Vertreter Busch jedenfalls erträgt das Herumreisen nicht mehr. Er kündigt und zieht zur Irritation von Frau und Sohn in seinen alten Mercedes. Das Auto im Hof rührt sich wie Busch nicht vom Fleck. Doch der Stillstand setzt bald manches in Bewegung. Die einen kommen auf ein Bier vorbei, andere fühlen sich durch den Mann, der scheinbar nur untätig im Auto sitzt, zusehends provoziert. Und ausgerechnet Buschs eigene Familie erweist sich...
Manchmal ist es notwendig, sein Leben völlig zu entschleunigen. Aber ist der rücksichtslose Ausstieg erlaubt, wenn man Familie hat, Kollegen, Nachbarschaft? Vertreter Busch jedenfalls erträgt das Herumreisen nicht mehr. Er kündigt und zieht zur Irritation von Frau und Sohn in seinen alten Mercedes. Das Auto im Hof rührt sich wie Busch nicht vom Fleck. Doch der Stillstand setzt bald manches in Bewegung. Die einen kommen auf ein Bier vorbei, andere fühlen sich durch den Mann, der scheinbar nur untätig im Auto sitzt, zusehends provoziert. Und ausgerechnet Buschs eigene Familie erweist sich als so unzuverlässig wie die Katzen in diesem Roman. Mit subtilem Humor nimmt Christina Walker die Widersprüche einer beschleunigten Erfolgsgesellschaft aufs Korn. Wie einst Oblomow muss ihr Protagonist allerdings feststellen: Selbst Nichtstun ist eine Handlung, die Konsequenzen hat. Weit über seine ?Autotherapie? hinaus.
Christina Walker, 1971 in Bregenz geboren, studierte Germanistik, Theaterwissenschaft und Kulturmanagement in Wien. Nach langjähriger Tätigkeit für Theater, Film und Museen in Wien und Berlin lebt sie heute in Augsburg. Ihre Texte wurden bereits mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Schwäbischen Literaturpreis für eine Novelle (2020) und dem Netlitpreis des Münchner Kurzgeschichtenwettbewerbs (2021). Für den Beginn ihres ersten Romans Auto erhielt sie 2018 den Vorarlberger Literaturpreis.
Produktdetails
- Verlag: Braumüller
- Seitenzahl: 208
- Erscheinungstermin: 2. August 2021
- Deutsch
- Abmessung: 192mm x 122mm x 22mm
- Gewicht: 294g
- ISBN-13: 9783992003099
- ISBN-10: 3992003094
- Artikelnr.: 61703394
Herstellerkennzeichnung
Braumüller GmbH
Servitengasse 5
1090 Wien, AT
www.braumueller.at
+43 (01) 3191159
Busch braucht Zeit
„Und genau das brauchte er. Mehr Zeit. (S. 186/187). Aber für was eigentlich? Das weiß Busch auch noch nicht so genau. Seine Vertretertätigkeit hat er gekündigt, seine Wohnung nutzt er nur noch für die allernötigsten Dinge. Er zieht in seinen …
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Busch braucht Zeit
„Und genau das brauchte er. Mehr Zeit. (S. 186/187). Aber für was eigentlich? Das weiß Busch auch noch nicht so genau. Seine Vertretertätigkeit hat er gekündigt, seine Wohnung nutzt er nur noch für die allernötigsten Dinge. Er zieht in seinen alten, nicht mehr fahrtauglichen Mercedes, der auf dem Hof steht und beschließt, nur noch absolut erforderliche Bewegungen auszuführen. Er verordnet sich ein Höchstmaß an Stillstand. Die Situation ist skurril, Busch ein verschrobener Typ, der keiner Ameise etwas zuleide tun möchte, nicht mehr weiter weiß und völlig blockiert ist. Stück für Stück erfahren wir einzelne Schnipsel aus seinem vergangenen Privat- und Berufsleben. Aus dem Auto heraus beobachtet Busch sehr genau seine Umgebung im Hof, seine Nachbarn und zufällig vorbeikommende Passanten. Er denkt über die Ameisen am Nachbargrundstück ebenso nach wie über die Löcher im Dach seines Mercedes und über den Sinn des Lebens. Verhaltensregeln, die er sich selbst stellt, geben ihm Orientierung in dieser schwierigen Zeit. Letztendlich hofft Busch, dass der Stillstand ihm zeigen wird, wie es weitergehen kann. Regelrecht irritierend gestalten sich die Beziehungen zu seiner Ehefrau und seinem Sohn, deren mündliche Kommunikation fast vollständig zum Erliegen gekommen ist.
Auto ist ein klug komponierter, fragmentarischer Roman, der dazu einlädt über das Leben in unserer Gesellschaft nachzudenken. Beim Lesen war ich oft traurig, musste aber auch des öfteren schmunzeln und manchmal einfach nur innerlich den Kopf schütteln. Vieles bleibt in dieser Geschichte offen und wird nicht auserzählt. Das ist meiner Meinung nach zugleich Schwäche und Stärke des Romans. Das Ende besticht durch seine traurige Poesie. Ich hätte mir jedoch sehr gewünscht zu wissen, wie es mit Busch weitergeht. Aber gerade diese Offenheit schafft zugleich den Raum für eigene Gedanken und führt letztendlich dazu, sich mit Buschs Ansichten und seiner Situation tiefer auseinanderzusetzen.
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Stillstand, Ruhe, Zurückgezogenheit - es passiert kaum etwas, warten, auf was? Was soll sich ändern? Ist es ein Burnout? Ein Rückzug von der Welt? Ein langsamer Tod?
In unserer bewegten Welt ist diese Lebensweise des Herrn Busch - ein Rückzug in sein stehendes Auto im Hof eines …
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Stillstand, Ruhe, Zurückgezogenheit - es passiert kaum etwas, warten, auf was? Was soll sich ändern? Ist es ein Burnout? Ein Rückzug von der Welt? Ein langsamer Tod?
In unserer bewegten Welt ist diese Lebensweise des Herrn Busch - ein Rückzug in sein stehendes Auto im Hof eines Mehrfamilienhauses - doch sehr ungewöhnlich. Erstaunlich, dass unser Protagonist nicht mehr Abwehr oder gar Übergriffe von Anwohnern oder seiner Familie zu spüren bekommt. Seine Gattin Susanne und auch sein Sohn Matti haben sich eingerichtet, auch wenn sie immer wieder versuchen, ihn aus seinem freiwilligen Exil heraus zu lotsen und in sein / ihr altes Leben wieder einzubeziehen.
Was ist der Sinn des Daseins? Was ist das Ziel? Diese Fragen stellen sich dem Leser automatisch, wenn er das Verhalten des skurrilen Aussteigers Busch betrachtet. Und auch, wenn man diesen Wunsch nach Einsamkeit, Kontaklosigkeit und Regelhaftigkeit nicht teilt, ist es doch beeindruckend zu sehen, mit welcher Energie und Entschlossenheit er seinen neuen Weg durchsetzt. Wird die Familie wieder zueinander finden und werden sie die Barrieren überwinden? Wird Busch die Eigenschaften des von ihm so hochgeschätzten Ameisenvolkes übernehmen können?
Ein kleines, ruhiges Buch, in dem auf der Handlungsebene nicht viel passiert, das aber trotzdem immer wieder zum Nachdenken und Überdenken der eigenen Position anregt. Eine sprachlich sehr ansprechende Erzählung voller poetischer Bilder und origineller und witziger Ideen und außerdem eine Leseempfehlung jenseits von Action und Schnelllebigkeit.
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Anhalten im Leben
"Auto" von Christina Walker ist ein Buch, an das ich ganz sicher noch lange zurückdenken werde.
Busch ist ein Vertreter, der nicht mehr reist, erst fährt er nicht mehr Auto, dann möchte er gar keinen Ortswechsel mehr. Sein Auto steht im Hof unter dem …
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Anhalten im Leben
"Auto" von Christina Walker ist ein Buch, an das ich ganz sicher noch lange zurückdenken werde.
Busch ist ein Vertreter, der nicht mehr reist, erst fährt er nicht mehr Auto, dann möchte er gar keinen Ortswechsel mehr. Sein Auto steht im Hof unter dem Fenster seiner Wohnung und Busch sitzt darin. Der alte Mercedes und Busch versuchen sich in Bewegungslosigkeit. Nachbarn, Frau und Sohn sind irritiert, was ich mir so sehr gut vorstellen konnte.
Es ist ein Buch wie ein Theaterstück, wir verlassen fast gar nicht die Bühne, sondern bleiben beim Auto. Busch ist irgendwie aus dem Raster gefallen, er funktioniert nicht mehr wie vorgesehen. Um überhaupt mit seinem Leben zurechtzukommen, stellt er sich Regeln auf und versucht diese zu verfolgen. Mit Busch reisen wir in seine Vergangenheit und können dadurch einige Zusammenhänge besser greifen und begreifen, aber ganz viel bleiben wir mit ihm im Heute und Jetzt und erkunden seine innersten Gedanken. Das ist so intensiv geschrieben, mit jedem Satz wird eine Aussage getroffen.
Busch hat jetzt Zeit und beobachtet und reflektiert und wartet. Die Beobachtungen sind sehr intensiv und detailliert, ob es den Alltag seiner Frau und seines Sohnes betrifft, als auch einer Ameisenkolonie, die er beobachtet und auch füttert. Der Blick auf die Details des Alltags ist sehr scharf und fokussiert und brachte mich oftmals zum Nachdenken. Busch wartet auch auf keine Veränderung im Äußeren, er wartet irgendwie auf sich selbst, auf sein Leben, auf etwas, was ihm in der Hektik des Alltags verloren gegangen ist.
Das Ende der Erzählung hat mich nochmals etwas überrascht, aber jedes andere hätte es wohl ebenso. Mir hat das Buch so sehr gefallen, da waren so viele Gedanken und Gefühle eingebettet, über die es sich nachzudenken lohnt, dass ich es ganz sicher nochmals lesen werde.
Ein Buch für Leser, die nicht nach Action suchen, sondern eher nach Reflexion und tiefgründigen Gedanken.
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Choreografie des Sinns
„Manchmal ist die Zeit ein kalter Hauch.“ – Busch hat jetzt viel Zeit in seinem selbst auferlegten Stillstand, die Zeit und sich selbst sowie das Außenherum detailliert zu beobachten. Er ist aus dem Hamsterrad ausgestiegen – früher war er …
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Choreografie des Sinns
„Manchmal ist die Zeit ein kalter Hauch.“ – Busch hat jetzt viel Zeit in seinem selbst auferlegten Stillstand, die Zeit und sich selbst sowie das Außenherum detailliert zu beobachten. Er ist aus dem Hamsterrad ausgestiegen – früher war er Vertreter für die Verlagsbranche, kilometerweit ist er mit seinem Mercedes gefahren, bis er beschlossen hat, zu entschleunigen. Erst ist er auf den Zug umgestiegen, bis er ganz ausgestiegen ist. Misstrauisch beäugt von den Nachbarn wohnt er jetzt im stillgelegten Mercedes im Hof – nur zum Essen und Duschen kommt er noch in seine Wohnung, in der seine disziplinierte Frau Susanne und sein Sohn Matti wohnen. Ansonsten ist nun der Hinterhof sein eigener Mikrokosmos geworden, in dem jede Veränderung in der Langsamkeit wahrgenommen wird.
Innerhalb der Familie wird nicht viel über seinen Ausstieg gesprochen, es scheint eine Engelsgeduld zu herrschen, doch das täuscht. Nicht nur sein Psychologe, mit dem Busch wöchentlich telefoniert, möchte ihn zurück auf die 'richtige Spur' schicken, doch er verfolgt einen ganz eigenen Stillstand-Plan mit selbst erteilten Regeln (Regel 2: Alle Eigenbewegung auf das Nötigste und Wichtigste reduzieren. Regel 8: Warten und dankbar sein. Und dankbar fürs Warten sein.) und dem präzisen Beobachten des Himmels und der Ameisenkolonie im Hof – die Tiere folgen ohne Pause oder Hinterfragen ihrer Schwarmintelligenz, jede Ameise hat ihre Aufgabe, innere Ordnung und ihren Sinn: „Ameisen funktionieren in Formation. Da schert keine aus. Und das ist stets sinnvoll und nützlich für sie. Das ist die Choreografie des Sinns schlechthin.“ S. 31
In assoziativen Rückblenden wirft die Autorin Christina Walker kleine, liebevolle Schlaglichter auf den gutmütigen Protagonisten und seine Vergangenheit im Berufs- und Eheleben – sie zeichnet kein vollständig interpretierbares Bild seiner Beweggründe und trotzdem ist ihr eine berührende und tiefgründige Parabel auf unsere Hochleistungs-Gesellschaft mit ihren festgelegten Normen gelungen. Was wird als krankhaft oder normal angesehen? Wie reagiert das unmittelbare Umfeld auf einen Übergang in einem Menschenleben, das beschließt, sich teilweise der Gesellschaft abzuwenden?
Mit subtilem Humor und einer Brise Lakonie sowie einer philosophisch angehauchten Poesie folgt der Leser berührt den teils obskuren und doch so feinsinnigen Gedankengängen von Busch, wenn er nicht nur seinen Körper und seine Befindlichkeiten, sondern auch die Tiere und Menschen aus seinem Rückzugsort Mercedes ins kleinste Detail beobachtet oder wenige abgezählte Schritte zum Supermarkt wagt. Dabei stand sein Auto mal für Schnelligkeit und Mobilität – alles Dinge, denen sich Busch nun entzieht, um vielleicht durchlässig und unsichtbar zu werden. Er betrachtet sein Leben nun aus einem anderen Blickwinkel und tariert das Da-Sein aus. Die einzigen Konstanten in seinem Tagesablauf sind der tägliche Apfel und die Wettervorsage sowie das Beobachten der Ameisen sowie der Schrullen der Nachbarn.
Mit knappen, präzisen und wohlkomponierten Sätzen entwirft Christina Walker eine tragikomische, bewegende und mehrdeutige Geschichte über das Aussteigen und einer Sinnkrise, die zum Nachdenken und Reflektieren einlädt. Und der ruhige Roman sollte entschleunigt gelesen werden, da es so viele subtil-zarte Beobachtungen und lebenskluge Metaphern zu entdecken gibt. Ein feines, weises und lesenswertes Debüt, das sich auf verschiedene Arten interpretieren lässt und so schnell gedanklich nicht loslässt.
„Und er glaubt an die Liebe und daran, dass sie einem Bahnhof gleicht. Hin und her, empfänglich für Zugluft und Hoffnung gleichermaßen. Und manchmal so unsterblich wie ein Ameisenvolk.“ S. 155
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