Hanni liebt Philippe und Philippe liebt Hanni. Aber niemand darf davon erfahren, denn es herrscht Krieg und Philippe ist ein französischer Kriegsgefangener, der auf dem Anwesen von Hannis Familie arbeitet. Wenn die Liebe zwischen Hanni und dem jungen Studenten aus Paris bekannt würde, könnte das schlimme Folgen haben - nicht nur für die beiden. Jegliche "Fraternisierung" mit den Gefangenen ist untersagt und Liebesbeziehungen zwischen Franzosen und deutschen Frauen werden streng bestraft. Schließlich wäre das Verrat an den deutschen Männern, die an der Front ihr Leben für Volk und Vaterland einsetzen.
Hanni und Philippe müssen sich trennen, zumindest vorläufig. Aber sie werden einander wiedersehen, wenn der Krieg zu Ende ist - bestimmt!
Eindringlich und schnörkellos greift Zeitzeugin Gudrun Pausewang in ihrem Jugendroman einen weniger bekannten Aspekt des Krieges auf.
Hanni und Philippe müssen sich trennen, zumindest vorläufig. Aber sie werden einander wiedersehen, wenn der Krieg zu Ende ist - bestimmt!
Eindringlich und schnörkellos greift Zeitzeugin Gudrun Pausewang in ihrem Jugendroman einen weniger bekannten Aspekt des Krieges auf.
Fraternisierung
Gudrun Pausewangs Roman über eine Liebe 1940
Seit der französische Kriegsgefangene Philippe im Haus der Familie Hensel arbeitet, kreisen die Gedanken der Tochter Hanni um ihn.Doch es ist das Jahr 1940, Hitlers Feldzug im Westen beginnt und Liebe und Krieg vertragen sich nicht. Als der Vater und der ältere Bruder gleich bei Kriegsbeginn eingezogen werden, müssen die Großmutter, Hannis Mutter und Hanni selbst die Arbeit der Männer zusätzlich erledigen: Brennholz schlagen und Kartoffeln pflanzen. Da kommt jemand, der mit anpackt, gerade recht, auch wenn Philippe noch so jung ist und kein Deutsch versteht. Schon nach kurzer Zeit wird er wie ein Familienmitglied behandelt.
Gudrun Pausewangs neuer Roman Au revoir, bis nach dem Krieg beleuchtet ein Thema des Zweiten Weltkriegs, das sonst eher im Dunkeln bleibt. Jegliche „Fraternisierung“ zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen war untersagt, und erst recht ein „Techtelmechtel“. Natürlich fanden Liebesbeziehungen trotzdem statt. Bei Entdeckung allerdings wurden die Kriegsgefangenen verprügelt und die gehässig „Franzosenliebchen“ genannten Frauen kahl geschoren und mit Verachtung gestraft. Manche Liaison endete mit dem Tod.
Zum Schutz ihrer Tochter ebenso wie des Pariser Musikstudenten verhindern Hannis Eltern die junge Liebe. Obwohl Philippe weiterhin bei ihnen tätig ist, dürfen er und Hanni nicht mehr miteinander reden. Schließlich wird Philippe an einen anderen Ort verlegt. Das Mädchen ist verzweifelt und hofft auf ein baldiges Ende des Krieges – vergebens. Doch eines Tages findet Hanni eine Geheimbotschaft ihres Liebsten im Klavierkasten. Hitlers Eroberungswahn bringt Tod und Zerstörung auch in die Familie Hensel: Bruder und Vater fallen, der später eingezogene jüngere Bruder Alfred verliert bei einer Kampfhandlung beide Beine, wird depressiv und erschießt sich an seinem 22. Geburtstag. Nach dem Krieg reist Hanni nach Frankreich, um Philippe zu suchen. Fünf Jahre des Getrenntseins haben ihre Erinnerungen an ihn nicht ausgelöscht. Hat Philippe überlebt und – wichtiger noch – auf sie gewartet?
„Ich habe versucht, mit diesem Roman wieder einmal den Wahnsinn eines Krieges bewusst zu machen. Ich bin Pazifistin“, sagt Gudrun Pausewang, als sie gefragt wurde, ob es einen aktuellen Anlass für ihr neues Buch gebe. Wie kaum eine andere Autorin hat sie das Gesicht der sozialkritischen Jugendliteratur geprägt. 1928 geboren, erlebte sie den Nationalsozialismus als Kind selbst mit; ihr Vater kam in Russland um, als sie 15 war. Aus der Perspektive der Zeitzeugin also beschreibt sie das Heraufziehen des Krieges und dessen Auswirkungen auf eine einzelne Familie. Als Gudrun zwölf Jahre alt war, bekam ihre Familie einen französischen Kriegsgefangenen zugewiesen. Also finden sich autobiografische Bezüge in der Handlung. Die Liebesgeschichte gehört allerdings nicht dazu. Die 84-jährige Schriftstellerin erzählt nüchtern, klar, profund. Und schafft dazu lebendige Figuren wie Oma Hensel, die bereits im Ersten Weltkrieg zwei Söhne verloren hat, der Hitlerbegeisterung mehr als skeptisch gegenübersteht und sich ihre trockenen Kommentare von keinem verbieten lässt. (ab 13 Jahre)
VERENA HOENIG
Gudrun Pausewang: Au revoir, bis nach dem Krieg. Gerstenberg 2012. 224 Seiten, 14,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Gudrun Pausewangs Roman über eine Liebe 1940
Seit der französische Kriegsgefangene Philippe im Haus der Familie Hensel arbeitet, kreisen die Gedanken der Tochter Hanni um ihn.Doch es ist das Jahr 1940, Hitlers Feldzug im Westen beginnt und Liebe und Krieg vertragen sich nicht. Als der Vater und der ältere Bruder gleich bei Kriegsbeginn eingezogen werden, müssen die Großmutter, Hannis Mutter und Hanni selbst die Arbeit der Männer zusätzlich erledigen: Brennholz schlagen und Kartoffeln pflanzen. Da kommt jemand, der mit anpackt, gerade recht, auch wenn Philippe noch so jung ist und kein Deutsch versteht. Schon nach kurzer Zeit wird er wie ein Familienmitglied behandelt.
Gudrun Pausewangs neuer Roman Au revoir, bis nach dem Krieg beleuchtet ein Thema des Zweiten Weltkriegs, das sonst eher im Dunkeln bleibt. Jegliche „Fraternisierung“ zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen war untersagt, und erst recht ein „Techtelmechtel“. Natürlich fanden Liebesbeziehungen trotzdem statt. Bei Entdeckung allerdings wurden die Kriegsgefangenen verprügelt und die gehässig „Franzosenliebchen“ genannten Frauen kahl geschoren und mit Verachtung gestraft. Manche Liaison endete mit dem Tod.
Zum Schutz ihrer Tochter ebenso wie des Pariser Musikstudenten verhindern Hannis Eltern die junge Liebe. Obwohl Philippe weiterhin bei ihnen tätig ist, dürfen er und Hanni nicht mehr miteinander reden. Schließlich wird Philippe an einen anderen Ort verlegt. Das Mädchen ist verzweifelt und hofft auf ein baldiges Ende des Krieges – vergebens. Doch eines Tages findet Hanni eine Geheimbotschaft ihres Liebsten im Klavierkasten. Hitlers Eroberungswahn bringt Tod und Zerstörung auch in die Familie Hensel: Bruder und Vater fallen, der später eingezogene jüngere Bruder Alfred verliert bei einer Kampfhandlung beide Beine, wird depressiv und erschießt sich an seinem 22. Geburtstag. Nach dem Krieg reist Hanni nach Frankreich, um Philippe zu suchen. Fünf Jahre des Getrenntseins haben ihre Erinnerungen an ihn nicht ausgelöscht. Hat Philippe überlebt und – wichtiger noch – auf sie gewartet?
„Ich habe versucht, mit diesem Roman wieder einmal den Wahnsinn eines Krieges bewusst zu machen. Ich bin Pazifistin“, sagt Gudrun Pausewang, als sie gefragt wurde, ob es einen aktuellen Anlass für ihr neues Buch gebe. Wie kaum eine andere Autorin hat sie das Gesicht der sozialkritischen Jugendliteratur geprägt. 1928 geboren, erlebte sie den Nationalsozialismus als Kind selbst mit; ihr Vater kam in Russland um, als sie 15 war. Aus der Perspektive der Zeitzeugin also beschreibt sie das Heraufziehen des Krieges und dessen Auswirkungen auf eine einzelne Familie. Als Gudrun zwölf Jahre alt war, bekam ihre Familie einen französischen Kriegsgefangenen zugewiesen. Also finden sich autobiografische Bezüge in der Handlung. Die Liebesgeschichte gehört allerdings nicht dazu. Die 84-jährige Schriftstellerin erzählt nüchtern, klar, profund. Und schafft dazu lebendige Figuren wie Oma Hensel, die bereits im Ersten Weltkrieg zwei Söhne verloren hat, der Hitlerbegeisterung mehr als skeptisch gegenübersteht und sich ihre trockenen Kommentare von keinem verbieten lässt. (ab 13 Jahre)
VERENA HOENIG
Gudrun Pausewang: Au revoir, bis nach dem Krieg. Gerstenberg 2012. 224 Seiten, 14,95 Euro.
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