Frankie’s Leben ist einfach und kompliziert zugleich. Der dreizehnjährige lebt mit seiner Mutter, Onkel George und seiner älteren Schwester Gordana zusammen. Sein großer Bruder Louie wohnt zwar nicht mehr zu Hause, kommt dafür aber sehr oft zu Besuch um zu Essen, mit Onkel George alte Schallplatten
zu hören oder schmutzige Wäsche zu bringen. Die Tanten der Mutter, drei beleibte und trinkfeste alte…mehrFrankie’s Leben ist einfach und kompliziert zugleich. Der dreizehnjährige lebt mit seiner Mutter, Onkel George und seiner älteren Schwester Gordana zusammen. Sein großer Bruder Louie wohnt zwar nicht mehr zu Hause, kommt dafür aber sehr oft zu Besuch um zu Essen, mit Onkel George alte Schallplatten zu hören oder schmutzige Wäsche zu bringen. Die Tanten der Mutter, drei beleibte und trinkfeste alte Damen kommen, ebenfalls regelmäßig, zum Pokern. Mit seinem Freund und Klassenkameraden Gigs läuft er jeden Tag auf dem exakt gleichen Weg zur Bushaltestelle, wo er auf dem immer selben Platz im Bus zur Schule fährt. Alles läuft scheinbar normal und sehr vorhersehbar in Frankies Leben. Und doch kann er keinen Tag beschließen, ohne seine Ängste und Sorgen mit seiner Mutter besprechen. Abends um zehn stellt er ihr seine Fragen.
Kate de Goldi’s Geschichte um den liebenswerten, aber neurotischen Frankie und seine recht außergewöhnliche Familie beginnt harmlos. Die Milch für das Müsli ist alle, das Busgeld für die Schule fehlt, die Luftfeuchtigkeit für seine Atemwege ist zu hoch und seine Schwester hat den letzten knackigen Apfel für die Schulpause genommen. Ärgernisse, die ihn schon am Morgen fast verzweifeln lassen. Man ahnt schon zu Beginn, dass etwas nicht stimmt. Das man es mit einer sehr komplexen Hauptfigur zu tun hat. Sympathisch aber extrem kompliziert. Das merkt auch Sydney, die neue Mitschülerin, die just an dem “Unglücksmorgen” neu in die Klasse von Frankie kommt und sofort mit ihm Freundschaft schließt.
Worin die Probleme des Jungen bestehen, erschließt sich erst nach und nach. Die meisten Verpflichtungen, die in einer “normalen” Familie von den Eltern erledigt werden, gehören bei den Parsons zu Frankies Aufgaben. So ist er beispielsweise für alle Einkäufe zuständig, obwohl die Mutter, von zu Hause aus eine Tortenbäckerei betreibt und jede Menge Zeit hätte. Notwendige Reparaturen oder Instandhaltung im Haus muss der Junge entweder selbst erledigen oder sich damit abfinden, dass zum Beispiel die Batterien in den Feuermeldern nicht mehr funktionieren. Für den Sicherheitsfanatiker Frankie eine beängstigende Vorstellung. Auch um seine Gesundheit muss er fürchten, ohne auf schnelle Abhilfe hoffen zu können. Sein Vater (Onkel George ist übrigens nur sein Spitzname) hat keine Zeit mit ihm zum Arzt zu gehen. Warum seine Mutter das nicht übernehmen kann, ist eine der Fragen, die man selber stellt.
“Abends um zehn” ist keine leichte Kost, was an Sprache und Inhalt gleichermaßen liegt. Kate de Goldi schreibt auf hohem Niveau. Wortwahl und Ausdruck sind exzellent. Allerdings muss man es mögen, sich durch seitenlange, wortreiche Gedankengänge Frankies zu lesen, die zunächst einmal nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun haben. Sie dienen aber dazu die Seelenlage des Jungen offen zu legen und langsam auf den Kern der Dinge, bzw. das Wesen der Probleme zuzusteuern.
In diesem Jugendroman geht es nicht um Vampire oder Werwölfe, tödliche Fernsehspiele oder sonstige Aktionsgeladene Spannung. Es geht um alltägliches. Um den Mut, den es braucht, Schwierigkeiten nicht aus dem Weg zu gehen, Schwächen zuzugeben, schmerzliches anzusprechen und daran zu arbeiten es zu ändern bzw. sich dabei helfen zu lassen. Es geht um Freundschaft, Liebe, Angst und den Zusammenhalt in der Familie. Es geht um nichts weiter als das “normale” Leben in all seinen außergewöhnlichen Facetten. Ein sehr gutes Buch, dem man viele Leser wünscht. Nicht nur in der empfohlenen Zielgruppe von 13 bis 17 Jahren.