Autorisierte Brunetti-Spurendarbietung
Diese Brunetti-Präsentation ist gewissermaßen durch ein Vorwort von Donna Leon veredelt. Man beeilt sich auch, auf dem Rücktitel zu versichern, daß die Autorin die einzige sei, die von Donna Leon autorisierte Führungen auf den Spuren des Commissario leite.
Was soll damit gesagt werden? Sind etwa Katharina Holtmann (Auf den Spuren von Donna Leons Romanen)…mehrAutorisierte Brunetti-Spurendarbietung
Diese Brunetti-Präsentation ist gewissermaßen durch ein Vorwort von Donna Leon veredelt. Man beeilt sich auch, auf dem Rücktitel zu versichern, daß die Autorin die einzige sei, die von Donna Leon autorisierte Führungen auf den Spuren des Commissario leite. Was soll damit gesagt werden? Sind etwa Katharina Holtmann (Auf den Spuren von Donna Leons Romanen) und Elisabeth Hoffmann, Karl-L. Heinrich (www.brunettistadtplan.de) nicht auch hinreichend legitimiert, Brunetti-Führungen in Venedig anzubieten? Muß ich und alle, die in Venedig, im Internet oder sonst irgendwo Bemerkungen zu "Brunetti in Venedig" machen wollen, Donna Leon vorher um Erlaubnis fragen? Wie jede Dienstleistung beglaubigen sich Stadtführungen und Bücher - auch das sind Dienstleistungen als Medium indirekten Erzählens - allein durch ihre Qualität selbst! Ich weiß auch nicht, wie solch eine "Autorisierung" möglich ist, wenn ich dies aber zu Ende denke, dürften sich wohl in der Konsequenz auch nur jeweils diejenigen zu Büchern äußern, die vom betreffenden Autor ausdrücklich dazu ermächtigt worden sind. Das Bedürfnis, Befugnisse zu erteilen, wie auch die Tatsache, daß sich Donna Leon standhaft weigert, ihre Venedig-Bücher ins Italienische übersetzen zu lassen, scheint mir darauf hinzudeuten, daß sie mit Kritik an ihren Werken nicht umgehen kann. Ich will es damit aber lieber beim Ausdeuten belassen, und mich an den Text halten.
So sei der Text an im Vorwort formulierten Anspruch geprüft: "In meiner Vorstellung ist Brunetti jemand, dessen Bild von seiner Stadt sich aus lauter solchen Anekdoten und Episoden zusammensetzt... Das vorliegende Buch begleitet Brunetti durch die einzelnen sestieri und blickt mit seinen Augen und Sinnen auf Orte, die ihm ein Leben lang vertraut sind." (S. 9f) Das kann ich voll und ganz bestätigen. Zwölf Rundgänge und eine Inselrundfahrt führen zu Handlungsorten der Brunetti-Bücher. Szenen und Örtlichkeiten werden vorgestellt, Textpassagen zitiert. Ordentliche Karten und Signaltexte auf der Randleiste machen alles gut übersichtlich nachvollziehbar. Bei allem Lob - ich hatte ziemliche Mühen, mich durch die 361 Seiten durchzukämpfen. Wahrscheinlich muß man alle - bislang 16 - Brunetti-Bücher gelesen und parat haben, um an der Vorstellung Sepedas seine reine Freude zu haben. Damit kann ich leider nicht dienen. Mir wäre es auch schwer gefallen, die Texte von Sepeda von den Original-Brunetti-Texten zu unterscheiden, wenn die Donna-Leon-Zitate nicht in blauer Farbe gedruckt gewesen wären. Sepeda reproduziert quasi Donna Leon. Man könnte fast zu der Auffassung kommen, die Lektüre Sepedas ersetze die der Bücher, auf die sie sich bezieht. Das ist vielleicht Ansichtssache, ob man dies für gut oder schlecht hält. Man findet bei Sepeda wenig über Donna Leon hinausgehende Gedankengänge und keinerlei kritische Erwägungen, selbst nicht zu den abfälligen Gedanken über Touristen, die Brunetti untergeschoben werden, oder etwa zu den immer wiederkehrenden Mäkeleien am Wetter, das sich buchstäblich jeweils nach Brunettis Stimmungen richtet. Ist es z.B. wirklich so, daß "die Laguna veneta dem Venezianer so unnahbar fern vorkommt" (S. 329)? Ist die Lagune wirklich "für einen Venezianer wie Brunetti weitgehend unbekanntes Terrain" (S. 336) oder vielleicht nur für Brunetti-Leon? Ich vermute vornehmlich das ist es, was ihr deren ganze Sympathie sichert. Entschuldigung, jetzt bin ich doch wieder in Mutmaßungen verfallen.