Ingo Schulze, Orangen und Engel, Berlin Verlag 2010, 189 Seiten, ISBN 978-3-8270-0916-6
Schon in seinen erfolgreichen Büchern „Simple Stories“ und „Handy“ hat sich der Schriftsteller Ingo Schulze als ein Meister der kurzen Geschichte als literarischer Form gezeigt.
Das neue Buch mit dem Titel
„Orangen und Engel“ ist das Produkt eines Aufenthaltes von Schulze als Stipendiat der Villa Massimo…mehrIngo Schulze, Orangen und Engel, Berlin Verlag 2010, 189 Seiten, ISBN 978-3-8270-0916-6
Schon in seinen erfolgreichen Büchern „Simple Stories“ und „Handy“ hat sich der Schriftsteller Ingo Schulze als ein Meister der kurzen Geschichte als literarischer Form gezeigt.
Das neue Buch mit dem Titel „Orangen und Engel“ ist das Produkt eines Aufenthaltes von Schulze als Stipendiat der Villa Massimo in Rom. „Italienische Skizzen“ nennt er seine Texte, die aufgelockert werden durch Bilder des Fotografen Matthias Hoch, den Schulze in der Villa Massimo traf.
Schulze Geschichten sind offen gehallten, sie verzichten auf eine abgeschlossene Handlung wie sie eine durchkomponierte Erzählung hätte. So wie auch die Fotos von Matthias Hoch, sind die Texte eher kleine Momentaufnahmen, wobei Schulze mit seinen Texten etwas tut, was dem Fotograf verwehrt bleibt: er wechselt in seinen Skizzen immer wieder zwischen der Gegenwart und einem informierten Blick auf die Vergangenheit. Doch philosophischen Reflexionen sind dabei, etwa wenn er über die eigene Sterblichkeit nachdenkt oder sich von Begegnungen mit einfachen Menschen und ihren Lebensgeschichten ins Nachdenken bringen lässt.
Schulze Texte nehmen einen sofort gefangen, laden ein zum Mitdenken und Mitschauen und ähneln eher Tagebucheintragungen als vollständigen Erzählungen, in denen er gekonnt und durchdacht äußere und innere Zustände verknüpft und damit ein dichtes literarisches Gewebe spinnt. So wie er selbst in seiner Leipziger Poetikvorlesung 2007 (veröffentlicht bei Suhrkamp) formulierte:
"Literatur ist dafür da, dass man mit bestimmten Erfahrungen nicht allein bleibt, mit Erfahrungen, die nicht im Gespräch oder einer wissenschaftlichen Erörterung sagbar sind, die in ihrer Universalität und Gleichzeitigkeit nur in einer Geschichte, einem Gedicht, einem Roman Ausdruck erhalten. Literatur ist nicht dafür gemacht, etwas zu erklären, aber sie darf und sollte für eine gesellschaftliche Selbstverständigung genutzt werden. Denn das Bild, das wir uns von unserer Zeit, von unserem Ort machen, hat Einfluss auf das, was wir wollen, was wir tun. In diesem Sinn halte ich diejenige Literatur für die wirksamste, die unsere Welt am differenziertesten beschreibt. Die Differenzierungen werden umso bedeutsamer, je grundsätzlicher die Fragen sind, die aufgeworfen werden. Ich will eine Literatur lesen, die nichts für selbstverständlich nimmt und die grundsätzliche Fragen stellt, eine Literatur, die zu den neuen und alten Vereinbarungen und Selbstverständlichkeiten dieser Gesellschaft vordringt, sie befragt und auch in Frage stellt ... Die Literatur müsste viel mehr staunen und sich wundern."